Nun möchte ich einige
Gedanken und grundlegende Konzepte und eine erste (und vielen Schamanen im mexikanischen Bereich sehr am Herzen liegende)
Technik vorstellen.
Die Konzepte beschäftigen sich dabei zuerst mit der menschlichen Psyche, dem "Hauptarbeitsgebiet" eines Schamanen, und seiner grundlegenden Liebe zu allem Leben und insbesondere zur Erde als einem lebenden System. Beides ist für einen "Medizinmann" untrennbar miteinander verknüpft, denn er fühlt sich sowohl geistig-emotional (Psychologie) als auch körperlich-faktisch (Systemtheorie) mit allem Leben verbunden. "Mutter Erde" ist sein Rückzugsort und sein Zugang zu allem, was existiert - auf welcher der bereits erwähnten "interdimensionalen" und zugleich interpsychischen Ebenen auch immer.
- Die erste Technik, die ich vorstellen möchte, habe ich bereits früher einmal an anderer Stelle im Forum hinterlegt. Für viele wird sie aber neu sein; und da sie für viele Praktizierende definitiv als wichtige Dreh- und Angelpunkt-Technik gilt, gehört sie definitiv in diesen Thread.
Das kollektive Unbewusste
C. G. Jung
Neben dem persönlichen existiert für Jung auch ein kollektives Unbewusstes, das grundsätzlich unabhängig vom individuellen Ich existiert und wirkt. Es wird seiner Ansicht nach ererbt und besteht aus präexistenten Formen, den => Archetypen. Seine Inhalte können erst
sekundär bewusst werden und verleihen dann dem Bewusstsein festumrissene Form.
Jung postulierte also im Gegensatz zu Freud, das Leben des individuellen "Ichs" beginne mit dem kollektiven Unbewussten und eben nicht als tabula rasa - der bewusste => Geist entwickle sich aus jener unbewussten Psyche, die älter sei als er und sogar ohne ihn Bestand habe. Damit setzt die Psychologie Jungs möglicher Weise ein Bindeglied voraus zwischen dem Individuum und dem gesamten Kosmos; und alles existiert als ein großes Gewebe von Zusammenhängen.
Die Seele liefert also apriori jene Bilder und Formen, die die Erkenntnis eines Objekts überhaupt erst ermöglichen. Jung versteht das Unbewußte als eine allen gemeinsame unpersönliche Psyche, obwohl es sich durch ein persönliches Bewusstsein äußert. Carl G. Jung: "Auch wenn der Einzelne atmet, so ist doch die Atmung kein persönlich zu deutendes Phänomen".
Die Archetypen
C. G. Jung
Die so genannten Archetypen sind laut C. G. Jung die Inhalte des => kollektiven Unbewussten; seelische "Lebensmächte", die zwar einen uns unbewussten Bedeutungskern haben, deren Sinn uns jedoch wahrscheinlich nie bewusst sein wird. Im weitesten Sinne kann man unter einem Archetypen jedes statische Muster und
Gebilde sowie jedes dynamische Geschehen in der Psyche verstehen, das transindividuell sein und universale Eigenschaften haben könnte. Archetypische Strukturen kann man als seelische Organe und psychische Strukturelemente erfassen. Sie sind vielleicht Formen ohne Inhalt, die nur die Möglichkeit gewisser Arten von Wahrnehmung und Handlung darstellen.
Als nach Jung angeborene Teile der Psyche stellen sie möglicher Weise die Urbilder menschlicher Vorstellungsmuster dar, die sich in Bildern manifestieren. Vor allem die elementarsten menschlichen Erfahrungen wie Geburt, Ehe, Mutterschaft und Tod haben in der Seele eine archetypische Verankerung; sie haben zu vielen Zeiten und in ungewöhnlich vielen Kulturen ähnliche Bilder hervorgebracht, die in Mythen und Sagen verewigt wurden, und könnten so als kollektive Menschheitserfahrungen gelten. Zu den wichtigsten "Figuren" dieser mythologischen Parallelismen gehören z. B. die Große Mutter, der Ewige Held, der Kindgott und der Trickster.
Archetypen gelten als die unbewussten Abbilder der Instinkte, die Grundmuster instinkthaften Verhaltens und die Erreger neurotischer und psychotischer Störungen. Wenn sich im Leben eines Menschen etwas ereignet, was einem Archetypus entspricht, wird dieser nach diesem Konzept aktiviert, da ihm Energie zugeführt wird, und im Leben des betroffenen Menschen könnte eine entsprechende Zwanghaftigkeit auftreten, die diesen Archetypus und sein "Drängen nach Gestalt" verkörpert. Dabei offenbart nach C. G. Jung die archetypische Struktur ihre Eigenschaft als schicksalhaft eintretender Erlebniskomplex.
Die Gaia-Hypothese
James Lovelock, ca. 1984
Diese Hypothese besagt, dass das Leben selbst aktiv Umwelt und Klima so beeinflusste, dass es über alle Zeiten und kritischen Phasen hinweg in einem erträglichen Gleichgewicht blieb.
Die Erkenntnis, dass Mikroorganismen in großer Anzahl in der Geschichte der Erde oft die Zusammensetzung der Gase in der Atmosphäre beeinflusst haben und keine der umwälzenden Veränderungen in der Erdgeschichte in der Lage war, das Leben als Ganzes grundlegend zu gefährden, ließ Lovelock seine berühmte These aufstellen, nach der die Erde und das Leben auf ihr nur zwei Seiten einer Medaille, nämlich ein und desselben Systems sind. Dabei sorgen die Organismen dafür, dass kein Ungleichgewicht lange bestehen kann und halten so die empfindliche Balance zwischen dem Leben und seiner Umwelt, seinem Planeten. Der Hypothese gemäß wäre ohne diese Selbst-Regulierung das irdische Leben schon lange ausgelöscht worden.
So wirken nach dieser Ansicht Biosphäre und Atmosphäre der Erde zusammen als ein System (=> Systemtheorie), das die Eigenschaften von => Autopoiese, => Selbstorganisation und Selbstregulierung aufweist. Die ältesten Einzeller, die sogenannten Prokaryoten, bilden
dabei die autokatalytischen Elemente des Systems Biosphäre plus Atmosphäre - sie brachten es nach Ansicht Lovelocks nach einer gründlichen Umgestaltung in eine globale autopoietische Stabilität, die seit anderthalb Milliarden Jahren anhält.
In den Jahren nach Lovelock spielte die Gaia-Hypothese eine bedeutende Rolle in der Systemtheorie, wobei - etwas freier interpretiert - das gemeinsame System aus Planet und ihn bewohnendes Leben als ein einziger großer Organismus angesehen wurde.
Seit Ende der neunziger Jahre gibt es wieder eine Koalition von Gaianern zweiter Generation. Sie sehen die Erde oftmals nicht mehr unbedingt als Lebewesen, sondern entwickelten die Idee eines globalen Metabolismus, eines lebensähnlichen Systems mit wechselwirkendem und rückkoppelndem Stoffwechsel. Sein Stoffkreislauf funktioniert wie ein Blutkreislauf, Produktion und Verbrauch von Sauerstoff und Kohlendioxyd gleichen der Atmung - um nur einige Beispiele zu nennen, wie moderne Gaianer das Konzept erfassen.
Die Koevolutions-Hypothese
Erich Jantsch, Ilya Prigogine, George Bateson, Paul Weiss, ca. 1976
Die Koevolutions-Hypothese, auch neue => Systemtheorie genannt, ermöglicht es vielleicht, die biologische, gesellschaftliche, kulturelle und kosmische => Evolution als einen wesentlichen Aspekt der Dynamik des => Selbstorganisations-Prinzips aller einzelner Systeme zu verstehen - auch, wenn die verschiedenen Arten der Evolution sehr unterschiedliche Mechanismen voraussetzen. Die Theoretiker begreifen hier Evolution im Zusammenspiel von Anpassung und Schöpfung, im gleichzeitigen Auftreten von Zufall und Notwendigkeit und in der subtilen Wechselwirkung zwischen Makro- und Mikroevolution als allseitige => Koevolution verschiedener Systeme.
"Koevolution" bedeutet in diesem Zusammenhang die Ausbildung von hierarchisch geordneter => Komplexität bis hin zur völligen Durchstrukturierung aller Ebenen der Hierarchie. Der These zufolge beruht die Dynamik der Evolution auf der Tatsache, dass ein lebendes System niemals absolut stabil ist, sondern sich in Homöostase befindet; einem Zustand dynamischen Gleichgewichts, das sich durch multiple, wechselseitig abhängige Fluktuationen auszeichnet und nur so lange aufrechterhalten werden kann, wie die Fluktuationen unterhalb eines gewissen kritischen Umfangs bleiben.
Der Systembegriff steht dabei für die => Kohärenz evolvierender, interaktiver Bündel von Prozessen, die sich nur zeitweise in global stabilen Strukturen manifestieren. Die Sichtweise lässt sich folglich als prozessorientiert bezeichnen - im Gegensatz zur Betonung "solider" Systemkomponenten und daraus zusammengesetzter Strukturen.
Aufgrund der postulierten ständig vorhandenen Fluktuationen ist das System zu jedem Zeitpunkt zur Evolution bereit. Da aber wiederum nach der Systemtheorie die Umwelt des evolvierenden Systems selbst ein zur Evolution befähigtes lebendes System ist, wird viel weniger Augenmerk auf die Evolution des Einzelorganismus gelegt als auf die Ko-evolution von Organismus plus Umwelt. Mit anderen Worten: Jedes System ist mit seiner Umwelt über Kreisprozesse verbunden, die eine Rückkoppelung in der Evolution beider Seiten bewirken.
Bei dieser Sichtweise liegt die Vorstellung einer Evolution zugrunde, die sich durch ein Wechselspiel von Anpassung und Schöpfung entfaltet. Sie ist offen und im Grunde absolut unbestimmt; sie verfolgt kein vorgegebenes Ziel, aber dennoch ist ein Ent-Wicklungsmuster erkennbar. In der Koevolutions-Hypothese wird der evolutionäre Prozess nicht vom "blinden Zufall" beherrscht, sondern stellt die Entfaltung einer Ordnung und Komplexität dar, die hier als eine Art Lernprozess mit Autonomie und
Freiheit der Wahl angesehen wird.
Nun aber zum praktischen Teil...
Die Technik der Rekapitulation
Toltekisch-mexikanischer Schamanismus
Es ist typisch und entspricht der Idee des Traumyoga, dass wir immer wieder in alte Themen unseres Lebens einsteigen. Unsere Träume werden geradezu komplett vereinnahmt von den Dingen, die uns oft so emotional verstricken und beschäftigen, dass wir gar nicht auf die Idee kommen, zu fragen, ob wir uns in einem Traum befinden oder Träume von Kraft und Licht und Freiheit zu träumen… Deshalb nutzen die Schamanen einiger Schulen den eigenen Atem, um ihr Traumuniversum von dem Ballast zu befreien, der durch die eigene Autobiographie verursacht wird.
Beginne damit, Dir eine kleine Liste von fünf Erfahrungen Deines Lebens zu erstellen, die Dich sehr geprägt haben, im angenehmen oder im unangenehmen Sinne. Dann beginne in einer ruhigen Minute mit dem ersten Ereignis und setze Deine Atmung ein, um Dir die Situation wieder genau in Erinnerung zu rufen, als ob Du sie durch Deinen Atem wieder mit Leben und Gefühl füllen würdest. Dabei atmest Du etwas tiefer und schneller ein und aus, um Dein Unbewusstes einzuladen, sich zu öffnen, und rufst Dir mit allen Sinnen in Erinnerung, was damals geschehen ist. Wer war damals bei Dir, wo warst Du, was hattest Du an, wie war das Wetter, wie hat die Umgebung gerochen, was für einen Geschmack oder Geruch erinnerst Du vielleicht?
Auch für diese Übung gilt wie immer: Mache sie nur, wenn Du dabei ein stimmiges Gefühl hast, und geh damit nur soweit, wie es Dir gut tut. Und atme so, wie es sich für Dich richtig und stimmig anfühlt. Wenn Dir schwindelig wird, könnte es sein, dass weniger Atem Dir gut tut. Fühlst Du rein subjektiv zu wenig, so könnte es gut tun, den Atem etwas zu intensivieren.
Sobald Du dann das Gefühl hast, in der Szene zu sein, fängst Du damit an, Dir beim Einatmen vorzustellen, dass Du die Energie zu Dir zurückholst, die Du vielleicht in Form starker Emotionen in der damaligen Situation gelassen oder an sie gebunden hast.
Das Wort „Energie“ ist dabei ein recht abstrakter Begriff, der nicht unbedingt wörtlich zu nehmen ist – er stellt eher ein Konzept dar, mit dem man mangels eines passenderen Begriffes arbeiten kann.
Benutze Deinen Einatem dabei wie eine Angel, um zurück zu holen, was Dir gehört. Im Gegensatz dazu atme aus, um das loszuwerden, was Du damals aufgenommen hast und was Dich heute noch beeinflusst, z. B. Gedankenkonzepte, die man Dir früher in bestimmten Prägephasen vermittelt hat. Hierbei kannst Du Dir vorstellen, dass Du mit dem Atem alles von Dir schiebst, was sich in Deinem System befindet und bisher nicht von Dir zu Deinem Wohl stimmig integriert werden konnte.
Dabei ist wichtig zu verstehen,
dass es keine fremde oder gefährliche "Energie" gibt, die Dir schaden könnte, weder innerhalb noch außerhalb von Dir. Es gibt Energie, die zu Dir passt und solche, die Du als unangenehm empfinden würdest. Dennoch kann sie Dir nichts tun. Was nicht zu Dir passt, nimmt Dein Körper auch nicht an. Es ist besser, solche Energie wahrzunehmen und durch sich hindurch fließen zu lassen, als sich dagegen zu sperren oder Blockaden aufzubauen. Da gleiche gilt für geistige Wesen, falls Du solche als real empfinden solltest. Hinter Angst machenden Wesen versteckt sich meist etwas ganz anderes, das vielleicht nur angenommen werden möchte.
- Die Technik der Rekapitulation klingt vielleicht zunächst kompliziert, ist aber tatsächlich ganz einfach: Lasse schlicht zu, dass Dein Körper in Gedenken an die betreffende Situation wie von selbst in einen Atemprozess kommt, der sich vielleicht befreiend anfühlen mag. Dabei brauchst Du gar nicht zu wissen, was genau dabei geschieht – mache Dich von den Gedanken frei, lasse Deine Gefühle und den Atem einfach fließen, und spüre dabei einfach, wie sich das Bild der Szene immer weiter auflöst, bis Du Dich anders oder tatsächlich befreiter fühlst. Dann kannst Du zum nächsten Punkt auf Deiner Liste übergehen und das nächste Ereignis zunächst als Erinnerung wieder durch den Atem beleben, um Dich und Deine Traumwelt dann mithilfe der Atemtechnik von seinem Einfluss auf die Gegenwart zu befreien.
Die Schamanen atmen dabei übrigens nach links, also zum Herzen hin ein und nach rechts aus, so dass eine leicht pendelnde Kopfbewegung entsteht. Das kann für viele aber zu kompliziert sein. Wie jede Technik gestaltest Du sie am besten so um, dass sie Dir dienlich ist. Liegt Dir der verstärkte Atem nicht, bleibe bei Deinem natürlichen Atemrhythmus und setze verstärkt Deinen Geist ein. Es kommt niemals auf eine scheinbar richtige Ausführung einer Technik an, sondern immer auf das zugehörige Gefühl.
Die Rekapitulation (kurz: „Rekap“) ist zwar geistig und evt. körperlich anstrengend, aber meist äußerst effektiv. Gönne Dir danach eine Auszeit von allem und tue etwas, was Dir Spaß macht, erfülle Dir z. B. einen Wunsch oder belohne Dich auf andere Art für Deine Bemühungen.
Gehe später dann mit dem Gefühl zu Bett, Dich von wichtigen Aspekten befreit zu haben und davon nicht mehr träumen zu müssen. Falls doch, so sollten diese Situationen wichtige Traumzeichen für Dich werden, weil Du Dich von ihnen befreit hast und sie deshalb in Träumen leichter als Dreamsigns identifizieren können solltest.
Die Technik kannst Du gerne im Laufe Deines Traumpfades immer wieder ausführen, um Dich und Dein Traumuniversum damit Schritt für Schritt von den Einflüssen Deiner Autobiographie zu befreien. Im Schamanismus arbeitet man damit, möglichst viele, wenn nicht alle wichtigen und scheinbaren unwichtigen Ereignisse seines Lebens zu rekapitulieren, damit möglichst viel darin gebundene Energie freigesetzt und nutzbar gemacht werden kann und Träume geträumt werden können, die nicht länger autobiographisch geprägt sind.
Hier sind sich Schamanismus und Traumyoga einig, wie sie auch in anderen Dingen sehr ähnlich sind.