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Gedanken zur Messung von Klarheit

RE: Gedanken zur Messung von Klarheit
#16
06.06.2018, 22:51
Das Zählen von erinnerten Träumen und Klarträumen ist, sofern es wissenschaftlich geschieht ein Teil der Psychologie, aber die Psychologie als solche behandelt den Traum eher stiefmütterlich. Das liegt nicht an mangelndem Interesse, sondern an der Unlösbarkeit der Aufgabe. Bisher konnte nur die Psychoanalyse, die im eigentlich Sinne nicht zur akademischen Psychologie ein wenig Licht in das Geheimnis Traum bringen. 

Die Psychologie als solche gehört zu den Geisteswissenschaften und von denen ist bekannt, dass Zählen und Messen hier keine große Bedeutung haben. Die Dinge, mit denen die Psychologie es zu tun hat sind nun mal nicht messbar oder zählbar, obwohl einige Versuche unternommen worden sind, dies doch zu tun (Behaviourismus). Man kann Gedanken nicht zählen, Gefühle nicht messen, und ähnliches gilt auch für Träume. Man kann aus Gründen, die Spell Bound bereits angeschnitten hat die Zahl erinnerter Träume oder Traumereignisse nicht zählen, zumindest nicht nach den Standards einer strengen Wissenschaft, wie der Physik.  Träume denoch zu zählen kann aber denoch manchmal Sinn machen.. Ich z.B. zähle manchmal die Träume pro Nacht an die ich mich erinnere. Das ist aber nur eine subjektive Zählung und die Zahl hat keine große Aussagekraft, wenn man die dazugehörigen Traumberichte nicht gelesen hat. 

Für alle, die privat die Entwickllung ihrer Klartraumhäufigkeit und -qualtät messen wollen könnte man vielleicht für jede angefangene Minute eines Klartraums 5 Punkte geben und dann vielleicht noch Zusatzpunkte für besondere Leistungen,die man - hinausgehend über das Bewusstsein zu träumen - während der Zeiteinheit von einer Minute erbracht hat. Z.B. könnte man sich selbst einen Zusatzpunkt geben, wenn man sich im Traum ans Wachleben erinnern kann, oder sich mit einer Traumfigur unterhalten hat,ohne die Klarheit zu verlieren. (viele weitere Leistungen könnten festgelegt werden, je nach persönlichem Interesse oder Meinung).
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RE: Gedanken zur Messung von Klarheit
#17
07.06.2018, 06:47 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 07.06.2018, 06:50 von spell bound.)
(06.06.2018, 22:51)Likeplacid schrieb: Die Psychologie als solche gehört zu den Geisteswissenschaften
die psychologie gehört nicht zu den geisteswissenschaften. aber sie hat geisteswissenschaftliche anteile - diese sind, wie du mit der tiefenpsychologie schon andeutest, allerdings in den hintergrund getreten. heutzutage basiert die psychologie sehr stark auf empirie, d.h. man misst eben, was das zeug hält. insofern ist sie heute eher kognitions-, verhaltens- und neurowissenschaft. sicher hat das einige vorzüge, allerdings auch nachteile.

ebenso gibt es andere (früher so bezeichnete) "geisteswissenschaften", wie soziologie und geographie, die sich ebenfalls stark in die richtung der messungen bewegen.
Bin nicht mehr hier, aber noch erreichbar.
Bitte keine coronaleugner
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RE: Gedanken zur Messung von Klarheit
#18
14.06.2018, 02:19 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 14.06.2018, 03:41 von Likeplacid.)
In der angewandten Psychologie (d.h. im Berufsalltag der meisten Psychologen)  wird kaum gemessen und es wäre dort auch kaum sinnvoll irgendwas zu messen. In einem Teilbereich der psychologischen Forschung (an Universitäten)  wird durchaus gemessen. Der Sinn solcher Messungen ist es meiner Meinung beweisen zu WOLLEN, dass die Psychologie eine strenge Wissenschaft wie die Physik sei, also eine Wissenschaft, in der Messung und ihre ihre mathematische "Deutung" eine große  Bedeutung hat. Aber wer sich in Psychologie auskennt, der weiß, dass Messungen für die angewandte Psychologie kaum eine Bedeutung haben, sondern da geht es vor allem um subjektive Bedeutungen.. Angewandte Psychologie wird an Universitäten gelehrt und es gibt auch Forschung auf dem Gebiet der Angewandten Ps., aber da wird kaum etwas gemessen, zumindest nicht im naturwissenschaftlichen Sinn. Obwohl in der Psychologie  eigentlich nichts gemessen wird, wird gleichwohl (innerhalb bestimmter Teildisziplinen der Ps. )viel mit Zahlen herumgeworfen. Nach dem Motto: mit Zahlen kann man alles machen und es macht auch unheimlich Eindruck. Der größte Teil der. für die Gesellschaft "brauchbaren" Psychologie ist Angewandte Ps. und hat, wie schon erwähnt nicht viel mit Messen und Mathematik zu tun: 

https://de.wikipedia.org/wiki/Angewandte_Psychologie

Eine Psychologie des Traums und des Träumens gibt es meiner Meinung nach, innerhalb heutiger Universitäts - Lehrpläne nicht, oder ist zumindest nicht von der Mehrzahl der naturwissenschaftlich arbeitenden Psychologen anerkannt. Sondern, anerkannt ist  nur die Beschäftigung mit der Frage was Schlaf sei. Einen naturwissenschaftlich orientierten Psychologen interessiert maximal die Frage ob jemand träumt, aber kaum die Frage, was jemand träumt. Die Frage ist allerdings, was ein naturwissenschafticher Psychologe oder mit mathematischen Modellen arbeitender Psychologe überhaupt zu praktischen Problemen der Psychologie beitragen kann. Durch die viele Zählerei und Rechnerei wird doch sehr von den Problemen um die es eigentlich geht abgelenkt. 

Paul Tholey und Stephen Laberge sind beide Psychologen und haben sich beide wissenschaftlich mit dem Thema beschäftigt. in der Frühzeit der Arbeit von Stephen Laberge ging es darum, erst mal zu beweisen, dass es Klaträumen überhaupt gibt. Dies erfolgte mithilfe von EEG, also mithilfe eine Geräts, dass Messungen am Gehirn vornimmt. Später hat er sich dann schwerpunktmäßig mit Induzierungstecnniken und Traumsteuerung beschäftigt. Dabei wurden keine Messungen mehr vorgenommen und dies war auch gar nicht nötig. 

Diplom Psychologin Ursula Voss hat in gewisser Weise da weitergemacht wo Tholey und Laberge aufgehört haben. Sie induzierte mittels Gehirnwellen-Stimulation Klarträume ( Laberge hat den Weg der Induzierung mittels Geräten, wie mir scheint, wieder verlassen; Tholey hätte diesen Weg vielleicht beschritten oder ausprobiert, wenn er nicht schon so früh gestorben wäre). Ursula Voss Motivation Klarträume induzieren zu wollen ist, ähnlich wie bei Laberge und Tholey eine angewandt psychologische oder therapeutische. 

Außerhalb der akademischen Psychologie gibt es einiges an naturwissenschaftlich orientierter Forschung zum Thema Klartraum. Diese wird nicht von Psychologen sondern von Vertretern anderer Wissenschaften betrieben, im deutschen Sprachraum sind dies  Daniel Erlacher und Michal Czisch (kennt jemand noch welche?) 

Dr. Daniel Erlacher (er hat meines Wissens Philosphie und Sporwissenschaft studiert). 
Seine Doktorarbeit zur Erlangung des Dr. phil. kann man hier nachlesen
http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/vollt...seitig.pdf

Dr. Michael Czisch ist nach meinem Dafürhalten Arzt, und zwar Psychiater. Er arbeitet am Max Planck Institut und erforscht mithilfe von Klarträumern die Frage, ob es im Gehirn bestimmte Areale gibt, die für Bewusstsein zuständig sind (Suche nach den neuronalen Korrelaten von Bewusstsein). Für ihn ist das Klarträumen "nur" ein Mittel zum Zweck zu beweisen, dass es neuronale Korrelate des Bewusstseins gibt. An Trauminhalten ist er nur im Hinblick auf die Frage interessiert ob jemand IM SCHLAF bewusst ist und welche Gehirnaraele dabei, im Unterschied zum normalen Wachzustand aktiviert sind. 

Im folgenden Interview mit Michael Czisch verwendet der Interviewer Arvid Leyh den Begriff Wachtraum und meint damit Klartraum 
Teil 1
https://www.dasgehirn.info/aktuell/foxp2...ael-czisch
Teil 2 
https://www.dasgehirn.info/aktuell/foxp2...ael-czisch

Noch mal zurück zur eigentichen Frage dieses Threads. Kann man messen wie viel jemand geträumt hat? Jein, und zwar könnte man messen wie lange jemand im REM war und einfach davon ausgehen, dass er dabei geträumt hat (weil die meisten Leute,die aus REM geweckt werden von einem Traum berichten können). Wenn also jemand 30 Minuten im REM war, dann hat er 30 Minuten geträumt. So etwas ähnliches könnte man mit Klarträumen vielleicht auch bald machen. Vielleicht ist es heute schon möglich. Die Frage ist allerdings, was der Wert solcher Erkenntnisse wäre. Theoetisch köönnte in der Zukunft folgender Dialog ablaufen: 
Versuchsleiter: 
Unsere Messungen liefern starke Indizien, dass sie diese Nacht zwei mal luzid geträumt haben. Und zwar zuerst 12 Minuten und dann in einer späteren REM-Phase noch mal 4 Minuten. 
Versuchsperson (Labor-Klarträumer).
Ich erinnere mich nur an einen. Ich glaube, das war der längere, von ihnen gemessene."

In dem Fall wüsste der Versuchsleiter also mehr über das Klarträumen der Versuchsperson als diese selbst. Die Frage ist, so ähnlich wie bei REM, ob es wirklich möglich ist oder möglch sein wird, aufgrund von äußeren Beobachtungen oder Messungen auf das Vorhandensein besonderer psychischer Inhalte  zu schließen.

Zur Frage des Messens habe ich auf "psychologie48" einen interessanten Satz gefunden: Der steht am Ende eines längeren Artikel, in dem es eigentlich NUR um das Messen in der Physik geht

 In den Sozialwissenschaften kann auf fundamentale Messungen nicht zurückgegriffen werden.

http://www.psychology48.com/deu/d/messung/messung.htm

Damit ist wohl gemeint, dass man von außen nicht messen kann was innerlich jemand wahrnimmt, denkt, fühlt oder träumt. Man kann nur messen,was wärhrenddesen physioloisch passiert. Bisher ist es nicht gelungen aufgrund von physioloigischer Messung vorherzusagen was jemand gedacht hat oder denken wird. 
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RE: Gedanken zur Messung von Klarheit
#19
14.06.2018, 09:03 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 14.06.2018, 09:07 von spell bound.)
Moin! Interessante Gedanken äußerst du. Ich stimme dir zu, dass in der angewandten Psychologie kaum gemessen werden dürfte. Aber es ging ja nun um die Frage, wie man dies in der Forschung tun würde, nicht in der angewandten Psychologie. Auf die Forschung greift die AP allerdings ständig zurück. Wenn wir hier z.B. mal Klartraumtherapeut*innen hätten, würden diese natürlich auf den wissenschaftlichen Stand zurückgreifen, der das Klarträumen erforscht - wie kann man es herbeiführen, wofür ist es gut geeignet, gibt es Gegenindikationen bei labilen Personen? usw. Für all diese Fragen muss im Vorhinein möglichst klar erfasst worden sein, was Klarheit ist, wann sie auftritt, wie man sich mit den übrigen Variablen vergleicht. Auch als Klartraumtherapeut*in wird man seine Patient*innen dazu aufrufen müssen, z.B. Traumtagebuch zu führen, bestimmte Klarheitsübungen durchzuführen - d.h. auch in der Praxis braucht es dann eine Festlegung, was als Indikator für z.B. Klarheit im Traum gilt und in welchen Fällen man z.B. von Fortschritten in der Anwendung sprechen kann.

Dann zum Thema Messung von Trauminhalten: Da gibt es keinen physiologischen Standard, der entscheidet, was jemand geträumt hat, richtig. Das ist weiterhin eine Angelegenheit, die auf den Traumbericht fundamental angewiesen ist, sowobl bei Trüb- wie bei Klarträumen. Ein Problem ist das aber nicht zwingend, denn auch Traumberichte lassen sich auswerten und subjektive Einschätzungen der Proband*innen zu ihren Träumen lassen sich in Zahlen ausdrücken, die dann genug verlässliche statistische Aussagen zulassen. In der Traumforschung gibt es durchaus einige, die sich mit konkreten Inhalten von Träumen und Klarträumen befassen. Da werden Items validiert, die trennscharf nach bestimmten Trauminhalten fragen können.

Man sollte sich da nicht an Naturwissenschaften orientieren, wenn man von "Messungen" spricht, denn psychologische oder soziologische Phänomene sind eben anders als Materiephänomene und lassen sich dementsprechend grundsätzlich immer anders "messen". Zwas lassen sich physiologische Messungen durchführen, aber die sagen eben etwas physiologisches aus und sind immer nur Unterstützung bei psychologischen Fragestellungen, aber nie hinreichend. Wenn man versucht, das eine auf das andere zu redzuieren, verliert man komplett die Aussagekraft und die interessanten Fragen aus dem Blick. Da stimme ich dir eindeutig zu.

Insgesamt ist die Traumforschung sicherlich immer noch sehr in den Kinderschuhen, besonders wenn man sich nur im deutschsprachigem Bereich umsieht. Michael Schredl fällt mir spontan ein, der sich mit Trauminhalten intensiv in der Forschung beschäftigt hat. Ich bin leider noch nicht so belesen in dem Thema, aber es gibt auch viele Klartraumforscher*innen, v.a. wenn man englischsprachige mit einbezieht, die das Phänomen inhaltlich und nicht nur in physiologischen Erscheinungen, untersuchen.

PS: Erlacher hat Sportwissenschaft mit den Nebenfächern Psychologie und Pädagogik studiert (Link). "Dr. phil." bedeutet nicht "Dr. der Philosophie" - hier steht die Philosophie nur als Dachbegriff für z.B. "geisteswissenschftliche" Fächer / Fakultäten (was v.a. historische Gründe hat, da diese aus der Philosophie entstanden sind)
Bin nicht mehr hier, aber noch erreichbar.
Bitte keine coronaleugner
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RE: Gedanken zur Messung von Klarheit
#20
14.06.2018, 18:59
Zitat:In der angewandten Psychologie (d.h. im Berufsalltag der meisten Psychologen) wird kaum gemessen und es wäre dort auch kaum sinnvoll irgendwas zu messen. In einem Teilbereich der psychologischen Forschung (an Universitäten) wird durchaus gemessen.
Hm, ich weiß nicht so recht, wovon du hier sprichst.
Alle Psychologie-Vorlesungen, die ich bislang hatte, waren stark naturwissenschaftlich orientiert - außer Messergebnissen und Messmethoden war da nix.

Ich habe allerdings auch eine sehr schlechte Meinung von der Psychologie in ihrem derzeitigen Zustand - es gibt einerseits die Replikationskrise und andererseits eine Unzahl von Studien, die nur unzureichend gegen Biases der Forscher abgeschützt sind (wodurch zum Beispiel die Geschlechterforschung ständig Studien rausbringt, die ein paar Jahre später wegen methodischer Fehler wieder zurückgenommen werden - nicht ohne zuvor aber von Journalisten und Pop-Autoren in Büchern wie "Männer sind vom Mars" und derlei Bullshit verkauft zu werden.)
...in einer anderen Herde. pink
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