(29.07.2009, 19:32)Randolph Carter schrieb: (28.07.2009, 15:39)ricky_ho schrieb: Ja, aber das ist für mich auch schon das Problem an dem ganzen Ansatz, zumindest wie er hier präsentiert wird. Es handelt sich um eine radikale Ideologie.
Radikalismus ist doch nichts schlechtes, wo soll man ein Problem angehen, wenn nicht an der Wurzel?
Gegen Radikalismus an sich habe ich prinzipiell auch nichts, aber gegen ideologisch verblendeten Radikalismus.
Zitat: (28.07.2009, 15:39)ricky_ho schrieb: Hinzu kommt eine etwas naiv wirkende Übersteigerung des ganzen in Richtung einer Heilslehre, die "ewigen Frieden", "Wohlstand für alle" und noch eine ganze Menge Wunder mehr bereithält. Wir müssen nur dieser Ideologie folgen, und alles wird gut.
Jetzt überleg mal, welche Grunde es für Krieg gibt.
Da versteh ich jetzt nicht ganz den Zusammenhang.
Zitat: (28.07.2009, 15:39)ricky_ho schrieb: Die freie Marktwirtschaft, ich vermute mal in privater Hand, soll alles regeln. Das ist im Grunde nichts anderes als die Ideologie des Neoliberalismus.
Bullshit.
Du kannst die ignoranten Ansichten der Neoliberalisten nicht mit denen von Freiwirten gleichsetzen, auch wenn beide für eine möglichst freie Wirtschaft sind.
Ich hab ja meine Begründung, meine Argumente genannt, insofern kann ich das wohl offenbar doch. Bei dem Film fällt es mir schwer, die Botschaft klar von neoliberalen Positionen abzugrenzen. Die zugrundeliegende Philosophie scheint mir nicht weit voneinander weg zu sein. Zum Beispiel scheint die Grundannahme, dass der Mensch von Natur aus ein egoistisches Wesen ist und nur die Förderung des egoistisch motivierten Handelns Wohlstand für alle bringt, bei beiden Gruppierungen vorzuherrschen. Da wundert es mich dann auch nicht, wenn teilweise ähnliche Ideen dabei rauskommen.
Das ist dann meine Kritik, die ich sowohl an Neoliberale als auch an die Macher des Films richte, dass sie unbewiesene und äusserst strittige Annahmen über die Natur des Menschen einfach als Fakt hinstellen und daraus dann ein Gesellschaftsmodell entwickeln. Diese Kritik kann man natürlich auch an Kommunisten oder andere Leute richten, allerdings machen die Kommunisten eben genau gegenteilige Grundannahmen.
Den Ideen vieler Freiwirte stehe ich durchaus positiv gegenüber. Dieser Film aber rückt sie meines Erachtens in ein eher negatives Licht, nämlich in Richtung einer radikal-egoistischen Ideologie. Das kenn ich sonst so gar nicht aus dieser Richtung, dass solche ideologischen Grundannahmen vorausgesetzt werden, eigentlich sind Ideen wie BGE, umlaufgesichertes Geld usw... ja grade sehr pragmatisch und unideologisch (meiner Meinung nach ein Grund, warum viele Linke mit solchen Ideen so ein Problem haben, sie entsprechen eben nicht der linken Ideologie und können darum nicht gut sein, Realität hin oder her).
Zitat:Neoliberalisten wollen nicht wahr haben, dass ihre Theorien Fehler aufweisen und schon längst von der Realität widerlegt worden sein. Freiwirte setzen genau dort an, decken die Fehler auf und bieten Lösungen an.
Das mag ja sein, aber auch die Freiwirte sollten dann offen gegenüber Kritik an ihren Theorien sein.
Zitat: (28.07.2009, 15:39)ricky_ho schrieb: Was vor allem völlig fehlt ist der Gedanke der Solidarität.
Wenn du Soidarität willst, kannst du zu den Kommunisten gehen.
Das halte ich nicht für zwingend nötig. Im übrigen müsste man jetzt klären, von welchen "Kommunisten" du redest. Da gibt es genauso radikale, fanatische Ideologen, die behaupten, der Mensch sei nur gut und kooperativ von Natur aus und die egoistischen Motive ausblenden oder ausrotten wollen. Das wäre dann sozusagen der Gegenpol. Es gibt aber auch andere Spielarten, die oft als "Kommunisten" bezeichnet werden, die mehr auf eine ausgewogene Betrachtung von auf Konkurrenz und auf Kooperation basierenden Motiven setzen und vor allem auf demokratische Bestimmung. Manche sagen dazu Kommunisten, manche Sozialisten, manche Sozialdemokraten und so weiter... ich halte diese Einteilung in Schubladen für langweilig und auch wieder für mehr ideologisch geprägt als an der Realität der Menschen orientiert.
Zitat:Der Mensch ist ein egoistisches Arschloch, das ist Fakt und darauf baut die Marktwirtschaft auf, deswegen ist sie ja so genial.
Ähm ja, is klar...
Also ich meine, unabhängig davon, ob diese Aussagen jetzt wahr sind oder nicht, ist doch wohl offensichtlich, dass das pure und fanatische Ideologie ist?
Zitat:Dass dies einige anzweifeln ist mir bekannt, doch doch bisher habe ich keine Diskussion zu dem Thema gesehen, bei der was anderes rausgekommen wär...
Jeder nimmt nur einen kleinen Teil der Realität war und man sollte vorsichtig damit sein, seinen Teil zu verabsolutieren und Hinweise von anderen Menschen, die möglicherweise anderes wahrnehmen, dabei einfach zu ignorieren.
Zitat: (28.07.2009, 15:39)ricky_ho schrieb: Was sind denn überhaupt die "wirklich grossen gesellschaftlichen Probleme"? Wie sorgt freie Marktwirtschaft für Verbesserung in der Bildung? Oder im Gesundheitssystem? Wir verhindert sie Angriffskriege zur Rohstoffsicherung? Wie sorgt sie für gerechte Verteilung innerhalb und zwischen Ländern? Und so weiter.
Richtig, die Politik führt die freie Marktwirtschaft (bzw. Freiwirtschaft) ein und benutzt sie um Probleme zu lösen. Bildung und Gesundheitssystem sind Dinge, die Geld regeln können, davon wird dann genug zur Verfügung stehen,
Geld kann gar nix regeln, Geld ist eine Illusion, oder besser, ein Symbol. Du kannst keine Probleme lösen, indem du nur genug Geld zur Verfügung stellst.
Die Probleme im Gesundheitssystem oder in der Bildung werden sich nicht lösen lassen ohne dass der solidarische Faktor in der Gesellschaft wieder mehr in den Vordergrund geschoben und die allein auf Eigennutz und Eigenverantwortung basierende jetzige Ideologie zurückgedrängt werden. Eine Gesellschaft ohne Solidarität zerfällt zwangsläufig.
Die jetzige egoistische Ideologie des Neoliberalismus durch eine andere egoistische Ideolgie zu ersetzen, wird meiner Meinung nach gar nichts bringen. Denn die Grundannahmen über die Natur des Menschen sind einfach fehlgeleitet, ob man jetzt die egoistische Natur verabsolutiert oder ob man die soziale Natur verabsolutiert, raus kommt immer nur ideologischer Murks.
Zitat: (28.07.2009, 15:39)ricky_ho schrieb: Ich verstehe nicht, wieso durch freie Marktwirtschaft Investitionen ohne Rendite attraktiv werden sollen.
Wir sprechen hier immernoch über Freiwirtschaft. Es geht hier im Konkurrenz, wenn du Kredite für 0% Zinsen oder sogar weniger bekommst, so ist es einfach eine Konkurrenz aufzubauen, es wird der günstiger Produzieren, der seine Rendite drückt.
Aber was motiviert mich denn überhaupt, ein Konkurrenzunternehmen aufzubauen? Doch nicht einzig und allein ein verfügbarer Kredit. Und selbst wenn, ist es doch nicht automatisch von Nutzen für die Gesellschaft, wenn möglichst viele miteinander konkurrierende Unternehmen entstehen.
Keine Frage, Investitionen zu erleichtern und nicht zu blockieren ist sinnvoll. Aber es kann doch nicht zum Selbstzweck sein und als Allheilmittel gelten. Das muss doch eingerahmt sein in gesellschaftliche Konzepte.
So erinnert es mich eben direkt wieder an typisch neoliberale Aussagen wie: "Wenns der Wirtschaft gut geht, gehts automatisch allen gut". Diese Automatismen sind aber von der Realität längst wiederlegt.
Zitat: (28.07.2009, 15:39)ricky_ho schrieb: Wenn man für das Giralgeld auf seinem Girokonto keine Banknoten mehr bekommt, dann wird man wohl auch seinen Chip nicht mehr aufgeladen bekommen.
Das Problem mit den Run auf Banken liegt in den verschiedenen Zahlungsmitteln, gibt es nurnoch ein Zahlungsmittel ist das Problem aus der Welt.
Warum? Auch wenn es nur ein gesetzliches Zahlungsmittel gibt, hängt es doch von der Art dieses Zahlungsmittels ab, wie vertrauenswürdig es ist. Das Problem des Runs auf die Banken hat gar nicht unbedingt was damit zu tun, dass die Leute das virtuelle Geld gegen Scheine austauschen wollen, denn die Scheine können ja auch ihren Wert verlieren und werden das auch, ob durch Inflation oder durch Entwertung.
Beim Bank Run geht es darum, dass die Leute ihr Geld von der Bank holen, um es in reale Werte umzuschichten. Natürlich, erstmal konkrete, greifbare Scheine in der Hand zu haben, ist ein Zwischenschritt, aber nicht das, worum es geht. Wenn es nur virtuelles Giralgeld gebe, würden die Leute, wenn ein Crash des Währungssystems droht, genauso möglichst schnell noch ihre Chipkarten aufladen gehen um sich reale Werte zu kaufen.
Die grundlegende Frage beim Bank Run ist die, wie es mit der Deckung des Geldes aussieht. Welche realen Werte stecken dahinter. Hat dieses Geld überhaupt einen realen Wert, oder platzt eine rein virtuelle Blase, wenn die Leute verlangen, dass der reale Wert vorgezeigt wird. Daran ändert sich doch gar nichts, egal ob es jetzt ein oder mehrere Zahlungsmittel gibt und egal ob man sich das Geld in Form von Scheinen oder in Form von Chips von der Bank holt.
Wie gesagt: ich sehe durchaus den grossen praktischen Vorteil des elektronischen Geldes bei der Realisierung einer Umlaufsicherung. Aber das ist auch alles.
Zitat:Natürlich würde damit die Mindestreserve sterben, weswegen ein neues System zur Geldschöpfung notwendig wäre. Ich würde dort gerne den Staat sehen, der die Umlaufgebühr kassiert und wieder unter die Leute bringt.
Ja, schön und gut, da kann ich schon zustimmen, aber ich seh nicht, was das jetzt prinzipiell mit der Frage zu tun hat, ob man Banknoten ausgibt oder Chips aufladen lässt.
Tschüss,
Riky