Escaping the sugarswamp - Druckversion +- Klartraumforum (https://www.klartraumforum.de/forum) +-- Forum: Community (https://www.klartraumforum.de/forum/forumdisplay.php?fid=5) +--- Forum: Philosophie und Psychologie (https://www.klartraumforum.de/forum/forumdisplay.php?fid=20) +--- Thema: Escaping the sugarswamp (/showthread.php?tid=18115) |
Escaping the sugarswamp - Bultungin - 03.07.2020 Anlässlich eines bei mir sehr aktuellen Themas werfe ich folgende Fragen in den Raum: Bist du süchtig? Wonach suchtest du? Welche Erfahrungen hast du mit Sucht? Wie gehst du mit (deiner) Sucht um? Zur Definition: Mit Sucht meine ich alles, was mit dem Abhängigkeitssyndrom nach ICD 10 zusammenhängt. RE: Die Sucht und das Suchen - Lucinda - 04.07.2020 Hallo Aura, mir ist zudem die etymologische Bedeutung von Sucht als "siechen" bzw. dahinsiechen bekannt, also eine ursprüngliche Verwandtschaft zur Seuche. Sucht an sich hat ja eine gewisse Zwanghaftigkeit, etwas auf schädliche Art und Weise zu wiederholen, zu missbrauchen und endet im extremsten Fall erst im Tod. Möglicherweise wird da im Tod oder in einer anderen Welt etwas gesucht. Der Süchtige zieht zudem nicht nur sich selbst ins Siechen hinein, sondern genauso sein Umfeld. Ich denke dabei gerade an eine Nachbarin, die obwohl sie anscheinend eine chronische Bronchitis hat und dauernd hustet, immer direkt unter meinem Schlafzimmer raucht. Der Kippenbecher steht ganzjährig dort unter dem Fenster. Beim Lüften in der Sommerhitze dampft dann auch nachts das Zimmer mit Teerqualm zu. Was das Suchen betrifft, so war ich selbst Anfang 20 mehrere Jahre mit einem Mann zusammen, der gerne nach der Arbeit (war Handwerker) Kneipen besuchte und wie er es selbst nannte, dort "versackte". Er drehte sich seine Zigaretten ohne Filter, trank regelmäßig Bier, wie das bei manchen Berufsgruppen üblicher zu sein scheint, und wie sich erst nach einiger Zeit herausstellte, war er chronisch bei der Bank verschuldet, da er zudem spielsüchtig an Automaten war. Das war ein Kreislauf: Nach der Arbeit wollte er sich beim Bierchen mit Kumpels unterhalten und versuchte nebenbei sein verspieltes Geld neuerlich an Automaten wiederzubekommen. Spuckte der Automat mal was aus, trank er in dieser Zeit wieder vermehrt Bierchen oder trank und spielte am Automaten aufgrund seiner Schulden. Er war sehr unzuverlässig und hielt Verabredungen und Versprechen nicht ein. Jedoch war er immer mal wieder einsichtig und wollte anscheinend damit aufhören. Im Laufe der Zeit suchte ich ihn in den Kneipen und löste ihn auch schon mal aus. Die Warterei und Sucherei war erst mit der Trennung beendet. Nach einem Vierteljahr merkte ich erst, dass ich viel besser atmen konnte. Auch das Passivrauchen muss seine Spuren hinterlassen haben. Zudem ging ich wieder meinen Interessen und nicht mehr meinem Partner nach. Obwohl, es war zudem eine aufregende und intensive Zeit. Ach, ich vergaß noch etwas zu erwähnen - bzgl. präkognitiver Träume: Wir träumten beide schon vorher voneinander - ich in meiner Jugend und er ebenso bereits vorher von mir. Ich bin überzeugt davon, dass er es sich nicht ausgedacht hat - diese Verbindung damals war in verschiedener Hinsicht schon sehr speziell und mit einigen präkognitiven Elementen. RE: Die Sucht und das Suchen - spell bound - 04.07.2020 Sucht ist auch ein Begriff, der sehr stigmatisierend gebraucht wird. Deshalb meide ich ihn. Früher hab ich manches Verhalten von mir auch als Sucht diagnostiziert, bis ich bemerkte, was für eine religiös-asketisch-moralische Komponente hinter dieser Kategorisierung steht. Zwar gibt es Verhalten, das einen schädigt und von dem man nicht ablassen kann, die Sache wird allerdings noch schlimmer, wenn man sich dafür zusätzlich noch ständig selbst runtermacht. Dieses typische moralisierende Muster kommt ja nicht von ungefähr, sondern entsteht auch durch das gesellschaftliche Stigma. RE: Die Sucht und das Suchen - Bultungin - 04.07.2020 @Lucinda: Siechen trifft es auch sehr gut, ja. Ich habe aktuell auch das Gefühl, dass meine Sucht erst endet, wenn ich sterbe. Und dass ich im Grunde mein Leben lang dagegen kämpfen muss oder eben mit den (ebenso tödlichen) Konsequenzen leben muss. Eine schwierige Angelegenheit, zumal meine Sucht gesesellschaftlich legitimiert ist. @spell: Um ehrlich zu sein erzeugt der Begriff "Sucht" bei mir genau das Gegenteil von Stigma. Dadurch dass ich mein Verhalten als Sucht anerkenne fühle ich mich weniger schuldig und übel bezüglich dessen. Ich verstehe es als konditioniertes Kompensationsverhalten (Sucht), was mir eine Abgrenzung weitgehen ermöglicht und vor allem auch eine pragmatische Herangehensweise. Welches von deinem Verhalten hast du denn damals als Sucht angesehen und warum? RE: Die Sucht und das Suchen - ichbinmehr - 04.07.2020 Ich glaube, Sucht ist die Suche nach dem eigenen Selbst. Sucht ist ein kompensatorisches Verhalten, welches so lange ausagiert wird, bis das eigenen Selbst gefunden ist. Ich habe Erleichterung von meinen Süchten erfahren, als ich mich nicht mehr dafür verurteilt habe, dass ich diese Süchte besitze, selbst wenn diese selbstschädigend oder fremdschädigend sind. Selbst wenn ich weiß, die trenne mich von meinem Selbst. Das geling mir noch nicht immer. Der innere Zensor ist nicht so leicht auszumerzen. Kritiksucht zb oder Dominanz (als Form der Selbstregulation) wären zb Formen, wo Sucht fremdschädigend ist. Ich habe viele Süchte, manche sind ausgeprägter als andere. Wobei ich eher dazu neige mir selbst zu schaden. Ich bin als meist mit der Selbstschädigung konfrontiert. Essen. Sex. Kaufen. Fernsehen. Kommunizieren. Analysieren. Internet. Kaffee. Das alles sind formen der Regulation, die zu einem Gefühl führen, was mir ohne diese Aktivitäten fehlt. Ich mag die depressive Leere und die Unruhe nicht, die sich unter dem Entzug der Süchte auftut. Ich kann mich auch nicht zwingen, in dieser Leere oder Unruhe zu verweilen. Es funktioniert bei mir nicht. Süchte sind immer nach außen projizierte Versuche der Selbstregulation. Sehnsüchte nach Gefühlszuständen. Manchmal Ruhe und Frieden, manchmal Aufregung, Freude, manchmal Liebe und Geborgenheit. Ich frage mich warum ich mich nicht nach Innen richte, wo ich das doch weiß? Süchte trennen uns von unserer Mitte im Inneren, weil sie immer nach außen gehen. Man sicht sich selbst aber man sucht sich im Außen, obwohl man das Selbst nur im Innen finden kann. Ohne diese Regulation könnten wir jedoch nicht überleben, also sind Süchte auch Helfer. Selten werden sie jedoch wertschätzt, dafür dass wir durch die Sucht überleben konnten. Zb ein Kind dass keine Liebe bekam, konnte sich durch Schokolade regulieren. Wir sehen oft nur, wie schädlich emotionales Essen ist, aber wir sehen selten, dass wir durch dieses Verhalten überlebt haben. Warum sind wir Süchten eigendlich nie dankbar, da doch alles im Leben gute und negative Eigenschaften hat? Zu erkennen, wie sehr mir die Regulation durch Essen im Leben geholfen hat, hat mich sehr betroffen gemacht, so betroffen, dass ich Dankbarkeit für die Sucht entwickeln konnte. Und doch wäre ich dieses Verhalten gerne los. Ich weiß aber das geht für mich nicht mit Kontrolle. Das hatte ich lange versucht, aber das war keine Erlösung. Jedes Pendel das man aufhält, schwingt irgendwann zurück. Ich glaube, dass Süchte uns nicht ein ganzes Leben dominieren müssen. Wir können Süchte jedoch nicht im Kampf gegen die Sucht überwinden. Das ist wieder ein Kampf gegen das eigene Ich. Es ringen stets diese zwei Seiten ins uns: Die eine Seite will die Sucht überwinden, die andere will den Suchtstoff. Vielleicht brauchen beide Seiten Akzeptanz. Sie gehören beide zu uns. Ich frage michm, was ich noch brauche um das Thema ganz zu durchdringen? Ich musste da gerade nochmal an das Buch denken, was du mir mal empfohlen hattest Aura, den Dämonen Nahrung geben. Ich versuche mal ein Gespräch herzustellen. Hallo Sucht Dämon. Warum bist du da? Er wirkt freundlich, wie alle Dämonen die ich je aufgesucht habe. Er sagt, ich werde dich mit deiner inneren Stimme verbinden. Wie meinst du das? Dir ist aberzogen worden, dass du deine inneres Gefühl spüren konntest. Im Impuls der Sucht wirst du von einem Gefühl getrieben, etwas zu tun, was im Außen verurteilt wird. Indem du dich von den Urteilen befreist und der Sucht folgst, (ganz wichtig ist das ohne Urteil zumachen) findest du Befreiung von den Süchten. Denn dir fehlt ja nicht die Bewusstheit über die Schädigung, die fehlt die Akzeptanz des Bedürfnisses, das unter der Sucht liegt. Zb Liebe oder Freude oder Geborgenheit. Wenn du 100% im Mitgefühl mit dir bist, dann wirst du die Sucht nicht mehr verurteilen. Dann löst sie sich auf. Aber ich möchte dann sehen was das eigentliche Bedürfnis ist, was unter der Sucht liegt und das befreidigen. Oft kann ich das aber noch nicht. Ja dann bist du noch angewiesen auf die Kompensation, weil da noch ein Stückchen Zugang zu dem tieferliegenden Problem fehlt. Du willst es perfekt lösen, und daher hast du wieder kein Mitgefühl mit dir. Du verurteilst dich wieder und bist im Kampf mit dir. Deshalb musst du dir erlauben, dass die Sucht zur Zeit noch da ist. Süchte sind oft durch Verbote entstanden. Deshalb üben sie so einen Reiz auf dich aus. Überlege mal, schaue all deine Süchte an, und überlege, ob die nicht alle aus Verboten heraus entstanden sind? Deshalb kann da auch keine Kontrolle helfen, sondern einzig Annahme. Verstehst du jetzt, warum du dir diese Süchte erlauben musst? Nur so kannst du dich aus diesem Hin und her zwischen Kontrolle und Abhängigkeit befreien. Aber das macht auch Angst, weil ich dann Angst habe, mir zu schaden. Ich habe schon Übergewicht und soll mich weiterhin durch emotionales Essen regulieren. Es fällt mir schwer die Selbstschädigung anzunehmen. Selbstschädigung ist ein Folge von unterdrückten Bedürfnissen. Fremdschädigung ist eine Folge von abgewehrten Bedürfnissen, zb indem der Täter diese auf das Opger projiziert. In beiden Fällen, geht es um Bedürfnisse die man sich selbst nicht zugesteht, weil man sie nicht als erfüllt erlebt hat. Man spaltet diese ganz ab. Solange da ein Teil abgespalten ist, kann man sich diese bedürfnisse nicht vollständig erfüllen. Wenn du also unter der Schädigung durch Sucht leidest, oder andere leiden lässt, dann bedeutet dass, dass ein Teil von dir noch abgestalten ist. Es kann sein dass du dir schon ganz viel Selbstliebe gibst, aber zu einem Teil noch keinen Zugang hast. Solange das so ist, kann es sein, dass du Schaden nimmst. Du kannst dir auch mal angucken, welche Art von Schaden du nimmst, und ob das nicht ein Hinweis auf den abgespaltenen Teil ist. In meinem Fall das Übergewicht. Hm ja mir fällt dazu ein, dass meine Eltern mich immer sehr hart dafür kritisiert haben, obwohl das emotionale Essen ja eine Kompensation für die nicht erhaltene Liebe war, die sie mir auch schon vorenthalten hatte. Dann habe ich eine Kompensation gewählt und das war auch falsch. Ich habe mir selbst aus der Not geholfen, aber das wurde dann auch noch verurteilt. Ich merke dass sich da gerade Trauer löst. Das fühlt sich auch so an, wie eine erneute Demütigung, eine erneute Erniedigung. Und das habe ich übernommen, und lebe es noch heute wenn ich emotional esse. Das muss ich mir noch bewusster machen. Ich spüre mir fehlt da noch Mitgefühl. Vielelicht sollte man das Kind das damals zum Essen gegriffen hatte, und es heute immer noch tut, sogar beglückwünschen, dass es etwas gefunden hatte, damit es überleben konnte. Indem ich die Sucht immer wieder kritisiere, übergehe ich vielleicht ein Bedürfnis des Kindes nach bedingungsloser Annahme. Ja. Wenn es jetzt noch nicht geht, dann geht es jetzt noch nicht. Aber es wir einen Zeitpunkt geben, wo du es kannst. Solange du an Ge-und Verbote glaubst, wirst du gehindert werden, deine Innere Stimme zu hören. Du wirst dein Leben immer an irgendeiner Stelle begrenzen, weil du denkst, dass dort eine Gefahr droht. Wie gesagt, dass gilt für Menschen die sich der Gefahr bereits bewusst sind. Es gibt andere Menschen die völlig unbewusst leben, die die Folgen ihrer Sucht erst noch erkennen müssen. Bei ihnen ist es genau umgekehrt. RE: Die Sucht und das Suchen - Lucinda - 04.07.2020 (04.07.2020, 12:53)_ Aura schrieb: Ich habe aktuell auch das Gefühl, dass meine Sucht erst endet, wenn ich sterbe. Und dass ich im Grunde mein Leben lang dagegen kämpfen muss oder eben mit den (ebenso tödlichen) Konsequenzen leben muss.Ich weiß ja nicht, um welche Art von Sucht es geht, ob um Substanzen oder um eine stoffungebundene. So kann z. B. auch Sportausübung suchtmäßigen Charakter haben. Oder bei Magersucht handelt es sich trotz des Namens um eine Essstörung. Fragen, die mir dazu einfallen - diese kannst Du vielleicht im Stillen mal für Dich beantworten: Was lässt sich nicht (mehr) kontrollieren? Für was steht die Sucht? Was wird dadurch erträglicher? Welchen Ersatz wofür bietet sie oder das entsprechende Mittel? Wird man dadurch mutiger, aktiver, kreativer und / oder gedämpfter und kann dadurch leichter abschalten, verdrängen und / oder wird dadurch im Gegenteil emotionaler und kann mehr empfinden? Was fehlt oder welcher Verzicht besteht, wenn das Mittel nicht vorhanden ist? Was ändert sich gefühlsmäßig, gedanklich, körperlich? Also der Eine ist vielleicht eher ängstlich und nutzt das zur Entspannung und für mehr Geselligkeit, ein Anderer ist mehr depressiv, verkraftet einen Abschied nicht und braucht es zur Verdrängung. Meiner Ansicht nach hängt es mit einer Entfremdung von sich selbst zusammen. Hast Du Dir das schon mal in einer systemischen Aufstellung angeschaut? Ob dagegen ankämpfen so erfolgreich ist, weiß ich nicht, vielleicht wirklich erst einmal genauer hinschauen, worum es geht. Vielleicht fällt das Sein-Lassen oder der maßvolle Genuss dann leichter. RE: Die Sucht und das Suchen - ichbinmehr - 04.07.2020 Hm das Thema hat mich jetzt echt bewegt, weil ich gerade erkannt habe, dass der Versuch der Kontrolle genau das Problem ist. Als ich vom PC aufstand schoss mir eine Einsicht ins Bewusstsein. Ich denke über das Thema nämlich auch schon sehr lange nach. Wenn ich meine Sucht weg haben möchte, sage ich ja die ganze Zeit zu diesem kleinen Kind in mir, du musst aufhören mit dem emotionalen Essen, weil du dir damit schadest. Ich sage dem Kind in mir, wir müssen die emotionale Regulation auf ihren natürlichen Ursprung zurück führen, auf eine gesunde Selbstregulation, ohne Abhängigkeit. Ich sage dem Kind, du bist falsch mit deiner Strategie, denn das emotionale Essen ist eine Kompensation bzw. es ist nur eine Kompensation, aber es ist noch keine gute Strategie, denn es ist ungesund und du schadest dir mit der Strategie. Dieses Kind kommt aber aus einer anderen Welt, in der diese gesunde Selbstregulation, die ich etablieren möchte, nicht gab. Die kommt ja normalerweise durch die Mutterbindung und das Urvertrauen. Wenn diese gestört oder nicht vorhanden ist, dann muss das Kind umdisponieren oder sterben. Sowas vergessen wir ja schnell, bei unserer Kritik an der Sucht. Man muss sich vorstellen, das Kind kommt aus einem anderen Land, oder aus dem Jungle und es hat eben diese Strategie zu essen sein ganzes Leben befolgt, weil es damit überleben konnte. Diese Strategie gehört einfach zu meinem Leben. Das heißt, dass sich die Identifikation an die Strategie des Essens gebunden hat, so dass das wegnehmen der Strategie zu einem existenziellen Verlustgefühl und zu Widerstand führt. Ich kann mich zwar mit großer Disziplin einschränken und auf die Regulation durch Essen verzichten, und das kann auch ne Weile funktionieren. Das hatte ich alles schon probiert, aber das hatte auch nicht zur Erlösung geführt. Im Gegenteil das Pendel welches ich durch Kontrolle in eine Richtung gezwängt hatte, schlug Jahre später erneut aus, mit noch mehr Wucht. Das Kind lernte zwar es stirbt nicht, aber das ist auch eine Form der Ignoranz gegenüber der Not die das Kind damals erlebt hat. Deshalb musste das passieren. Es total arrogant gegenüber dem Kind, welches damals aus sich heraus eine Möglichkeit erfinden musste, um zu überleben. Wenn wir jetzt einen Menschen treffen würden, der aus dem Urwald kommt und sein ganzes Leben lang auf eine bestimmte Weise gelebt hat, um zu überleben, dann würden wir es als sehr hochmütig ansehen, diesen Menschen mit unserer verkopften Besserwisserei zu belehren. Mit uns selber gehen wir aber oft so um. Ich zumindest. Ständig meinen wir uns verbessern zu müssen, weil das was wir sind nicht gut genug ist. Dann entstehen solche Ideen, wie ich kann nicht im Frieden mit mir sein, solange ich emotional esse. Wir sind Hochmütig uns selbst gegenüber. Wie soll den so Heilung passieren? Gar nicht. Man kann das Essen wieder in den Schatten hineinschieben, solange bis er wieder hervorbricht. Man denke nur mal an christliche Missionare, die dachten auch sie würden den armen Menschen das Glück der Zivilisation bringen. Die meinten es vermutlich auch nur gut, als sie sahen, wie einfach und rückschrittlich manche Ureinwohner lebten. So wie ich es ja auch gut meine mit mir, weil ich es besser weiß. Aber heute wo wir die negativen Folgen des Missionierens kennen, sehen wir auch kritisch auf diese zwanghafte Überzeugen und aufdrängen des vermeintlich Guten. Das im Namen des Guten viel Gewalt in der Welt geschene ist, haben wir ja meist irgenwo schonmal erkannt. Dass wir im Namen des Guten mit uns selbst schlecht umgehen, dass war bei mir bis gerade eben noch unbewusst. Und mit genau dem gleichen Hochmut, wie die Missionare ganze Urvölker ausrotteten, behandle ich mein inneres Kind, wenn ich ihm sage, es wir müssen dieses emotionale Essen irgendwie aufgeben, weil das ungesund ist. Was ich dem Kind damit sage ist, du bist nicht erwünsch so wie du bist. Dein Leben, deine Überlebensstrategie zählt für mioch nicht, denn sie ist minderwertig. Ich sage ihm erneut, ich liebe dich nicht, solange du dieses emotionale Essen betreibst. Dabei hat das Kind die Strategie mit dem Essen ja überhaupt nur gewählt, weil es nicht erwünscht war! Das ist ein Kreislauf. Ein Kreislauf aus fehlender bedingungslosen Liebe. Wie kann Bedingtheit ein Kind heilen, welches auf Grund der fehlenden bedingungsloses Liebe Kompensationsstrategien entwickeln musste? Da beißt sich die Katze in den eigenen Schwanz. Das geht nicht. Was wäre denn, wenn wir nochmal denken würden, dieses Innere Kind wäre ein Ureinwohner aus dem Jungle. Dann wäre es ziemlich respektlos alles was dieser Ureinwohner als Lebensstrategie erworben hat korrigieren zu wollen. Denn vermutlich würde der Ureinwohner sich nicht respektiert fühlen. Warum sollte er unter diesen Umständen unsere westlichen Strategien annehmen wollen? Solange wir uns lieblos und respektlos zeigen, wird er unsere Strategien zu Recht ablehnen und sich an seine eigene bewährte Strategien halten. Das Essen als Kompensation beinhaltet ja die bedingungslose Selbstliebe. Warum sollte man darauf verzichten, wenn es im Außen nur bedingte Liebe gibt? Das wäre ja ein schlechtes Tauschgeschäft. Fair tauschen kann man nur, wenn auf beiden Seiten ein gleicher Wert vorhanden ist. Was wäre also, wenn wir den Ureinwohner so wie er ist akzeptieren? Mit dem emotionalen Essen und dem daraus resultierenden Übergewicht samt aller Folgen? Aus Respekt seinem Leben gegenüber. Ich fühle gerade große Betroffenheit, dass ich das immer übersehen hatte. Da fehlte einfach der Respekt mir selbst gegenüber, dass ich durch das emotionale Essen überleben konnte. Es ist schwer das zu sehen, bei all den Vorstellungen die man hat, von einem perfekten, schönen, schlanken und gesunden Körper. Überall sieht man dieses Idealbild und wenn man selbst so ganz anders ist, dann fült man sich stets mindwerwertig. Und was wenn der Ureinwohner erfährt, dass er bedingungslos geliebt und geachtet wird? Nicht nur mit seiner Strategie des emotionalen Essen, sondern auch mit den Folgen, Übergewicht, kein perfekter Körper und gesundheitliche Folgen. Was wenn ich das ganze Packet, was ich nie haben wollte, anerkenne aus Respekt mir selbst gegeüber, weil ich weiß ich habe dadurch überlebt? Könnte es nicht sein, dass er irgendwann von selbst Interesse an unseren westlichen Strategien findet? Was ich mit diesem Vergleich sagen will, vielleicht erlöst sich Sucht, indem man sie einfach akzeptiert. Indem man die Strategie wertschätzt als das was sie ist, eine Methode wie wir in schweren Zeiten überleben konnten. Auch sehe ich, dass mir das hilft andere Menschen anzunehmen, zb Leute die sich über Agression und Dominanz regulieren. Das konnte ich bisher nicht akzeptieren, weil sie ja damit anderen schaden. Jetzt sehe ich erst, dass die Akzeptanz dessen, wenn überhaupt die Heilung ist. Wow. Ich bin gerade tief berührt über diese Erkenntnis. Vor allem weil ich mein ganzes Leben mit meinem Übergewicht gehadert habe und in mir gerade ein Knoten geplatz ist. Manchmal hinterlässt das ja auch Narben, die nie mehr verschwinden. Mein Freund hat mal zu so einer Narbe gesagt, dass sind Kriegsverletzungen. Man denke nur mal daran, wie stolz Menschen ihre Kriegsnarben zeigen. Er meinte damit Narben, die den Inneren Krieg zwischen Herz und Verstand bezeugen. Ich werde versuchen, meine Narben die durch das Übergewicht entstanden sind mit dem gleichen Stolz zu tragen. RE: Die Sucht und das Suchen - danceandfly - 05.07.2020 Die "Sucht" (den Zwang, Drang) an Sich zu benennen, um eine Verhalten zu beschreiben, bedeutet, "eine Folge" zu erkennen, welche hinter einer Ursache steht. Das Syptom ist austauschbar und hat sich aus der individuellen Lebensgeschichte entwickelt - sehr viel wichtiger ist doch, seine Aufgabe zu anzusehen, die es erfüllt. Das Wort "Sucht" wirkt eher unklar und nicht wertschätzend, denke ich. Ich finde es hilfreich die Ursache zu verstehen, um seine Folgen einordnen zu können. Die Ursache ist hier das Bedürfnis eines Menschen nach Sicherheit, Geborgenheit und bedingungsloser Liebe. Wenn dieses Bedürfnis als Kind nur unzureichend von der primären Bezugsperson erfüllt wurde, dann entsteht in dem Kind eine Überlebens-Strategie, die den Körper befähigt, dieses schmerzhafte, traumatische Erlebnis zu überleben. Der emotionale Schmerz, den dieser Mangel an Zuwendung auslöst, wird von der verursachenden Bezugsperson abgetrennt, damit das von ihm abhängige Kind nicht (an der Wahrheit, verlassen zu sein) verzweifelt und stirbt. In dieser Erstarrung des Nervensysthems des Kindes, der defensiv-Haltung des Organismus, fühlt sich der Körper nicht in Sicherheit. Sein Grundbedürfnis überträgt das Kind auf ein "Verhalten", das dieses Gefühl von Geborgenheit als Stellvertreter erfüllen soll. Diese Überlebens-Strategie ersetzt die Geborgenheit/Liebe durch die Bezugsperson niemals ausreichend genug und nicht langanhaltend (Wiederholung der Handlung ist notwenig), aber sie übernimmt eine überlebens-wichtige Funktion für den Körper des Kindes. Die "Ersatzhandung" befähigt eine relative Stabilisierung des Nervensysthems und somit eine gewisse Handlungsfähigkeit. Wenn ich z.B. den Drang verspüre, mir die Hände zu waschen (Stellvertreter: für liebevolle, beruhigende Eltern), weil sie mit einem Gegenstand in Berührung gekommen sind den ich als ekelig/bedrohlich/nicht sicher einordne (Übertragungs-Überlebensstrategie des Kindes. Wahrheit: meine Eltern sind real "nicht sicher"), dann versuche ich mit der Handlung des Waschens den Zustand der relativen Sicherheit (wieder-) herzustellen. Wenn mein Erwachsenen-Selbst Mitgefühl und Wertschätzung für meinen verletzten Kind-Anteil, mit seinen Strategien, empfindet, bin ich auf dem Weg der Heilung (Selbstliebe, Selbstannahme). Wenn ich meine Überlebensstrategie abwerte, dann ist dies nicht der erwachsene Selbstanteil, der dies tut, sondern ebenfalls der Kind-Anteil, der sich Selbst ablehnt (Übertragung auf sich Selbst, als wichtige Schutz-Strategie), statt die Bezugsperson, die das Kind abgelehnt hat (Schutz der überlebenswichtigen Beziehungs-Illusions-Strategie des von den Eltern abhängigen Kindes). Das erwachsene Ich kann neue, liebevolle Möglichkeiten finden, um sein Bedürfnis nach Sicherheit/Geborgenheit zu erfüllen, nicht jedoch der Kind-Anteil. RE: Die Sucht und das Suchen - Bultungin - 05.07.2020 Ich empfinde meine Sucht als den absoluten Endgegner. Gefühlt ist es die letzte Hürde vor dem Leben in Achtsamkeit und Ausgeglichenheit. Das soll an dieser Stelle nicht bedeuten, dass "am Ende" nur noch Frieden herrscht - ich bin ein soziales, dynamisches Wesen, das im Strom seiner Empfindungen lebt, ein Endstadium gibt es da für mich nicht. Wohl aber ein Stadium der bewussten Entscheidungen und Handlungsfähigkeit. Sucht erzeugt eher Brainfog und Unbewusstheit. In meinem Fall geht es um Zuckersucht. Dass es sich um eine Sucht handelt ist mir erst seit diesem Jahr bewusst. Vorher habe ich in viele Richtungen gebuddelt, gerade auch was Essstörungen und Körper(fehl)wahrnehmung angeht. Erst durch die Sucht und deren Konsequenzen habe ich allerdings essgestörte Gedanken und eine Unzufriedenheit mit meinem Körper entwickelt. Ich weiß aktuell, dass mein Körper mehr Schein ist als sein - ich trage gefühlt 30 Kilo unsichtbares Übergewicht mit mir herum, eben das Gewicht, das da wäre, wenn ich meiner Sucht ohne "Kontrolle" frönen würde. In diesem Zusammenhang ist mir auch klar geworden, dass es nicht darum geht, wie mein Körper gerade aussieht. Es geht darum, wie mein Körper aussehen würde, wenn ich die Sucht nicht kontrollieren würde. Das belastet. Weil es ein Gefühl von Ohnmacht auslöst. Eine Angst vor dem "Point of no return" wo alles kippen könnte und meine Sucht ausartet. Rein biochemisch ist es schon ein natürlicher Drang, zuckerhaltiges (Glukose) zuzuführen. Bei mir ist das Zuführen von Zuckerhaltigem emotional konditioniert. Ich denke auch, dass Sucht kompensiert. Ich halte mich selbst nicht aus, also konsumiere ich, um meinen favorisierten Kick zu bekommen. Was halte ich nicht aus? Oftmals Langeweile, interessanterweise. Ich dachte immer, dass ich vor allem Stress kompensieren will. Aber Langeweile ist ein großer Faktor. Meine aktuelle Strategie: Weglassen der favorisierten Droge und vollwertige Ernährung und zwar so, dass ich keine Blutzucker-Tiefs bekomme. Eine meiner Lieblings-YouTuberinnen in Punkto Esssucht/Vollwertige Ernährung sagte diesbezüglich: Man muss etwas finden im Leben für das man mehr brennt, als für seine Droge. Und das stimmt. Aber das zu finden ist eine tägliche Aufgabe. Manchmal brenne ich für das Schreiben, an anderen Tagen wieder nicht etc. Es ist ein enormer Lernweg. Und hinzu kommt ja nicht nur die Sucht selbst, die schon Leid bringt, sondern in meinem Fall auch die körperlichen Konsequenzen und das "Sichtbarwerden" der Sucht und meiner "Unfähigkeit" sie zu kontrollieren. Es ist hart zu wissen, wie ich aussehen könnte, wenn ich diese Sucht nicht hätte. Akzeptanz der Sucht ist der erste wesentliche Schritt, das denke ich auch. Und Verständnis für sich selbst aufbringen, ja. Im Grunde habe ich eine sehr kluge Strategie entwickelt: meine Droge hilft, sie ist legal, sie ist günstig, sie ist dauerhaft verfügbar - besser kann man seine Droge nicht wählen. RE: Die Sucht und das Suchen - Liri - 05.07.2020 Hm, sorry wenn ich so mit dem Holzhammer komme, aber hört sich für mich eher wie Kontrollsucht dir selbst gegenüber an. Als hättest du das Gefühl, wenn du dich nicht selbst permanent am Riemen reißt, verwandelst du dich in etwas, womit du keinesfalls einverstanden sein kannst. RE: Die Sucht und das Suchen - Bultungin - 05.07.2020 (05.07.2020, 13:35)Liri schrieb: Hm, sorry wenn ich so mit dem Holzhammer komme, aber hört sich für mich eher wie Kontrollsucht dir selbst gegenüber an. Als hättest du das Gefühl, wenn du dich nicht selbst permanent am Riemen reißt, verwandelst du dich in etwas, womit du keinesfalls einverstanden sein kannst. Schön wärs Das Problem ist, wenn ich mich nicht am Riemen reiße, dass ich dann mit Diabetes und Metabolischem Syndrom ende. Das weiß ich, weil ich schon gesehen habe was passiert, wenn ich der Sucht Freilauf erlasse. Meine Großmutter leidet an der gleichen Sucht und hat ihr Freilauf gewährt - sie ist massiv übergewichtig und Dialysepatientin. Mal ganz abgesehen vom "Aussehen" des Körpers - so möchte ich meine Zukunft nicht. RE: Die Sucht und das Suchen - Liri - 05.07.2020 Okay. Also wenn ich dich recht verstehe, hat dein Körper kein Signal dafür, wann es genug ist. Vielleicht bin ich deswegen so begriffsstutzig, weil ich das so nie erlebt habe. Ich bin jetzt nicht gerade gertenschlank, aber auf jeden Fall nicht fett und ich mach sehr viel Sport. Ich bin aber über Körperschema-Themen im Moment grade erhaben, ich hab ganz andere Prioritäten xD Prinzipiell hab ich mir angewohnt, nur dann was zu essen, wenn ich wirklich Appetit habe, und dann auch das, was ich möchte und soviel ich möchte. Industriezucker ist was, was mir gar nicht so schmeckt. Damit fahr ich ganz gut. Mir fällt auch keine Sucht (im Sinne von "schädlicher Abhängigkeit") ein, unter der ich leide. Ich trinke viel Kaffee, aber das schadet ja nicht. Tatsächlich brauchst du vermutlich anstelle dessen was anderes, um dein Leben zu versüßen. Das ist es auch, was ich mich manchmal frage, wenn ich anfange, so Ess-Attacken zu haben (also jetzt nicht krankhaft, aber du weißt schon). Was brauche ich grade wirklich? Bin ich müde? Gelangweilt? Brauch ich etwas Schönes? Muss ich runterkommen? Muss ich mir ein Nest bauen und mich von meiner Umgebung abgrenzen? Bei mir haben Farben diese Wirkung. Ich kann mich echt in Farben und Formen verlieren. Ich bin sozusagen farbsüchtig! Vielleicht geht es darum, sich nicht zu bestrafen und nicht ausstehen zu können, sondern sich selbst zu fragen: "Was kann ich dir Gutes tun? Worüber würdest du dich freuen?" Ist ja auch eine gängige Geschichte, Kindern was Süßes zu geben, um sie zu beruhigen und abzulenken. Anstelle dessen wär es eigentlich sehr viel besser, sie zu umarmen, ihnen Ruhe zu gönnen oder eine Geschichte zu erzählen. Vielleicht verselbständigt sich das irgendwann mal und man gibt sich selbst was Süßes, weil man es ja so erfahren hat. Keine Ahnung. RE: Die Sucht und das Suchen - ichbinmehr - 06.07.2020 Was ich auch interessant finde ist zb bei Esssucht dem Geschmack, den man haben möchte, auf seinen Ursprung zu verfolgen. Wo du sagst Zuckersucht, da musste ich daran denken, dass Zucker bei mir immer Müdigkeit ausgleichen will. Besonders an Arbeitstagen, wo ich mich erschöpft fühle, als hätte ich nicht genug Energie, greife ich zu Zucker, weil ich mir davon so einen Art Wach Kick wünsche. Und selbst wenn mir das bewusst ist, neige ich dann eher zum Zucker, als mir den Schlaf zu gönnen. So als wäre Zucker die sicherer Strategie, die auf jedenfall funktioniert, weil ich das kontrollieren kann. Ich glaube es geht oft um dieses Gefühl der Sicherheit, welches man durch das Gefühl der Kontrolle hat. Wenn ich mich selbstwirksam durch Essen regulieren kann, dann habe ich Macht über meine Gefühle. Das gibt man nicht so leicht aus den Händen, um etwas ungewisses dagegen einzutauschen. An Hand dessen merke ich auch, dass das Bedürfnis nach Beruhigung des Nervensystems bei mir essenzieller Natur ist, das Überwinden der Sucht ist sekundär. Ich vermute, weil das irgendwann in meinem Leiben einmal nötig war, das Bedürfnis nach Ruhe und Erholung auf diese Weise zu kompensieren. danceandfly hat das sehr gut beschrieben. Wenn ich hingegen Appetit auf salziges bzw. herzhaftes habe, dann sehne ich mich nach Geborgenheit und Sicherheit. Schokolade ruft in mir immer nach Liebe. Alkohol und andere Drogen suchen Freude, Ausgelassenheit, Euphorie und einen Kick. Vielleicht kann man die unterschiedlichen Gelüste und Sehnsüchte bis zu ihrem Ursprung verfolgen und so besser verstehen, wonach man sich sehnt. Ich finde die Strategie, die Maria Sanchez - Autorin des Buches Sehnsucht und Hunger - vorschlägt gut, ins Spüren zu gehen, wenn man Appetit bekommt. Sich das wonach man dürstet nicht verbieten, den Drang etwas zu konsumieren achtsam verfolgen, sowohl die Sehnsucht nach dem Stoff als auch den Genuss des Stoffes, wenn man ihn zu sich nimmt. Ja sogar den Genuss sehr aufmerksam betrachten und sich diesen blos nicht verbieten. Oft ist da ja auch so viel Urteil im Moment des Genusses, dass wir kaum noch genießen können. Selbst wenn wir ständig essen, dann geht das kaum noch mit Genuß. So wird das Mangelgefühl immer größer. Ja das mit der Langeweile geht mir ganz genauso. Ich sehne mich oft nach Grenzerfahrungen und gleichzeitig beinhaltet mein Leben wenige Möglichkeiten dazu. EInzig im geist kann ich mir das geben. Denn ich habe auch so eine andere sehr träge, körperlich nicht fitte, ängstliche und viel zu kontrollierte Seite in mir, die „gesunde“ Grenzerfahrungen nur sehr sehr selten zulässt. Ich habe aber auch verstanden warum das so ist. Ich hätte mit mit gesunder Kompensation zb über Sport oder Naturerfahrungen nie den Ursprung der Sucht angeguckt. Wobei sportliche Grenzerfahrungen zb in der Natur auch nicht ungefährlich sind. Es gibt Leute, die nach Sport süchtig sind, das sieht zwar erst mal gesund aus. Sportsucht hatte ich auch mal. Ich habe so hart trainiert, dass ich überhaupt keine Rücksicht auf meinen Körper genommen habe. Und wenn dem Sportsüchtigen der Sport genommen wird, dann drehen die am Rad. Die Gesellschaft sie Sport aber immer als positive Kompensation und Übergewicht als negative Form. Manchmal ist das auch so, da erkenne ich genau, was ich bräuchte, aber ich scheitere dann daran, es mir auf eine andere Weise zu geben. Ich glaube auch dass Essen als emotionale Regulation in einem gewissen Ausmaß normal ist. Wenn das Bedürfnis nach emotionaler Regulation wegfällt, braucht man fast gar nichts mehr essen. Das hatte ich in anderen Bewusstseinszuständen erlebt. Da ist sowohl Essen als auch Schlaf weggefallen. Da habe ich erstmal erkannt, dass das Bedürfnis zu Essen nur der Regulation dient. Wenn man das so betrachtet, regulieren wir uns fast alle übers Essen. Es ist nur bei manchen Menschen ausgeprägter. Und dann sieht es aus, als seinen, die einen Menschen süchtig und die anderen nicht, aber ich glaube alle Menschen sind süchtig. Sucht drückt sich nur sehr unterschiedlich aus. Bei manchen fällt die Sucht eben auf, wie zb beim Essen -> Übergewicht, aber bei Sportsüchtigen zb da denkt man doch, wow ist dieser Mensch fit. Es gibt auch veiel Süchte, die sich sozial ausleben, ohne dass dabei etwas konsumiert wird. RE: Die Sucht und das Suchen - Nuevo - 06.07.2020 Hallo Aura, Ich habe keine Ahnung von Süchten und wie man damit umgeht. Mir fehlt "glücklicherweise" die Erfahrung. Sicherlich ist es der richtige Weg, seine Situation zu erkennen und darüber zu reden. Auch die "Substanz" zu reduzieren, wenn möglich, ist gut. Aber, die tatsächliche Ursache erkennen und daran zu arbeiten, ist meiner Meinung nach der "Endgegner" und nicht die Sucht. Mir ging der Satz durch den Kopf, "ich halte mich selbst nicht aus". Ich versuche mir vorzustellen, wann ich mich nicht aushalte, in Phasen der Langeweile? - Sicherlich. Aber sich nicht aushalten, sitzt tiefer. Langeweile bringt es nur hervor. So ad hoc kann ich das nicht sagen. Ich würde in diese Richtung suchen. Vielleicht auch die Träume darauf hin untersuchen. Wie gesagt, das ging mir so durch den Kopf und vielleicht ist das nicht das Thema das Dich betrifft oder die falsche Herangehensweise. LG Nuevo RE: Die Sucht und das Suchen - ichbinmehr - 07.07.2020 Zitat:Mir ging der Satz durch den Kopf, "ich halte mich selbst nicht aus". Dieser Satz spricht mich auch an. Wobei ich das heute gar nicht mehr so arg empfinde, aber früher war das sehr arg. Das fällt mir jetzt erst auf, wo ich es schreibe. Wer kann mir denn mal erklären, warum Langeweile für ein kleines Kind sich so lebensbedrohlich anfühlt? Leider verstehe ich das noch nicht so ganz. Welche Bedrohung überflutet einen denn da? Oder ist es vielleicht so, dass in einem Moment der Langeweile, sich alte ungesehene Emotionen ins Bewusstsein bewegen? Entsteht im Nichtstun eine Öffnung, die alten Schmerz hervorbringt? Papilio Projekt https://www.papilio.de/ Ich habe in der KiTa über mehrere Jahre ein Projekt gemacht, das hieß Papilio. Dazu habe ich eine zweijähige Ausbildung gemacht. Das war ein langzeit evaluiertes Programm zur Sucht- und Gewalt Pävention in KiTas. Es gibt Papilio aber auch für die Grundschule. Kinder die die Papilio Maßnahmen in der Kita durchlaufen haben, konnten den Übergang in die Grundschule besser bewältigen. In dem Alter wo Kinder und Jugendliche Erfahrungen mit Suchtmitteln machen, haben diese Kinder eine geringere Anfälligkeit für Sucht- und Gewaltverhalten aufgewiesen. Papilio bestand aus 3 Interventionen, die in die Kindergruppe eingeführt wurden. 1. Sich an Regeln halten können. Dazu gab es ein Spiel. Das habe ich allerdings nie durchgeführt. Ich hatte das Gefühl, dass es in unserer KiTa genug Regeln gab. 2. Paula und die Kistenkobolde. Kinder werden unterstützt Emotionen da sein zu lassen. Sie lernen sich und andere Menschen liebevoll emotional zu begleiten, indem sie Verständnis für Emotionen entwicklen und lernen diese zu verbalisieren. Die 4 Kobolde, die die 4 Emotionen Freude, Angst, Trauer und Wut durch kindgrechte Geschichten, Handpuppen, etc verkörperten, motivierten die Kinder Emotionen bewusst zu verarbeiten. Außerdem gab es Gefühlswände, an denen sich die Kinder mit einem Foto positionieren konnten. All diese Maßnahmen führten dazu, dass die Kinder ihre Gefühle frei ausdrückten. 3. Der Spielzeug macht Ferien Tag. Langeweile ist das Gefühl, welches beim Spielzeug macht Ferien Tag aufkommt und mit dem ein Umgang gefunden wird, indem das Kind lernt aus der Langeweile eigene Kreative Ideen zu entwicklen und umzusetzten. Ich habe das Projekt 3 Jahre lang geleitet und jeweils 3x ein halbes Jahr mit einer KIndergruppe von 2-6 Jahren nach Papillio gearbeitet. Es gestaltete sich in der Einrichtung in der ich arbeite leider als schwierig, weil meine Kollegen sowohl mit der Annahme und Wertschätzung der Emotionen, als auch mit dem Chaos des Spielzeug mach Ferien Tages, nicht klar kamen. So viel Raum für Freiheit zu geben, stellte für die eine Überforderung dar. Deshalb habe ich das Projekt dann leider aufgegeben müssen. Trotzdem konnte ich in den drei Jahren sehr wertvolle Erfahrungen für mich sammeln. Ich bin nach wie vor total überzeugt von der Methode, weil ich gesehen habe, wie positiv sich Kinder durch Papilio entwickelt haben. Papilio findet bewusst in der KiTazeit statt, weil dort das Zeitfenster für die erlernen Fähigkeiten noch weit auf ist. Ich bin aber überzeugt, dass es niemals zu spät ist für eine glückliche Kindheit. Man muss sie sich nur selbst geben. Gerade wenn man mit dem inneren Kind arbeitet, kann man das Wissen über die heutige Pädagogik sehr gut auch zur Selbstheilung anwenden. Mir hilft das immer wieder, um positive Vorbilder zu finden, an denen ich mich orientieren kann. Die Einführung in den Spielzeug macht Ferien Tag geschah durch eine Geschichte. Das Spielzeug schrieb den Kindern einen Brief, indem es erklärte, dass es an einem Tag in der Woche Urlaub braucht. Dafür dürfen die Kinder an diesem Tag andere Sachen machen. Zum Beispiel auf die Tische klettern (Das war besonders beliebt, weil man die Regeln brechen durfte. Sonst darf manja nicht auf den Tisch.) Die Erzieher haben an dem Tag alle Spielsachen weggeräumt. Es gab nur Zugang zu wertfreiem Material, aber auch nur wenn das Kind selbst eine Idee entwickelt hat. Für die Erzieher war es verboten Kinder zu bespielen. Impulse sollte man nur im äußersten Notfall geben. Die Kinder sollten aus sich heraus Impulse finden. Das Aushalten der Langeweile gehörte mit zu Programm. Ich musste da gerade dran denken, weil ich mich frage ob Kinder unter der Langeweile gelitten haben? Was ganz wichtig war, damit der Spielzeug macht Ferien Tag gelingen konnte, war das nicht nur Spielsachen weggeräumt wurden, sondern dass auch neue Handlungsmöglichkeiten, die sonst nicht zugänglich sind, eröffnet explizit wurden. Wenn Erwachchsen meinen Kindern bräuchten nicht so viel Spielzeug, dann vergessen sie oft den Zugang zu alternativen und attraktiven Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen. So kenne ich das zumindest aus meiner Kindheit, alternativen waren nie attraktiv. Daher haben wir oft das Gefühl, wenn uns etwas genommen wird, als werden wir gehindert uns zu leben. Und das spüre ich manchmal bis heute noch. Ich bin dann verschlossen für viele Möglichkeiten, die da wären, aber diese scheinen immer noch verboten oder auf Grund von negativen Erfahrungen verschlossen zu sein. Wenn das so ist, kommt ein Gefühl der Langeweile auf. Deshalb kann es helfen, dem Inneren Kind die Möglichkeiten zu offerieren, die bisher außerhalb des Möglichkeitsraumes lagen. Da muss man als Begleiter erstmal kreativ und auch mutig sein. Und manchmal braucht das Kind auch erstmal eine Begleitung in einen neue Tätigkeit, bis sich das Kind sicher fühlt. Exploration kann nur stattfinden, wenn das Sicherheitsbedüfnis befriedigt ist. So muss man auch dahin schauen, ob alle Grundvoraussetzungen gegen sind, damit das Kind aktiv werden kann. Denn das Kind kann erst ins Spiel finden, wenn es sich sicher und geborgen fühlt. Dieses ist nur gegeben wenn die Mutterbindung stabil ist. Wenn das fehlt, dann muss man erstmal an verbundenheit arbeitem. Deshalb habe ich das Verbot Kinder zu inspireiren auch nicht ganz befolgt, wenn ich merkte dass manche Kinder durch ihre Unsicherheit blockiert waren. Der Großteil meiner Kindergruppe Gruppe hat sich jedoch nicht zweimal eimnladen lassen. Wenn die Erzieher sagen man darf heute auf die Tische klettern, dann machen wir das doch. In meiner Ausbildungsgruppe gab es auch einige KiTas die absolut hinter Papilio standen. Dort sind die Kinder teilweise über die Tische gerannt oder mit sind mit Kartons die Treppen herunter gefahren. Das ganze kann ja immer nur so weit gehen, wie der Mut der Begleiter ein Kind unterstützen kann. In meiner Kita musste ich das sehr wilde ausleben von Körperlichkeit und Kreativität leider auf Grund meiner Kollegen etwas begrenzen. Wegen mir hätte das noch viel weiter gehen können. Aber dazu hätte ich Unterstützung gebraucht. Nach kurzer Zeit entwicklete sich ein Budenbau Wahn. Tische wurden zusammengeschoben mit Decken, Kissen, Kartons und Turnmatten verbunden, bis ganze Kriechnunnel quer durch den Raum entstanden, so dass 25 Kindern teils unter oder auf den Tischen spielten. Einmal hatte ich eine "tolle" Idee Styropor anzubieten. Es hat ewig gedauert die Stypromorkugeln die durch die ganze KiTa geweht sind, wieder einzufangen. Ja so ein Spielzeug macht Ferien Tag ist immer chaotisch, wild, kreativ, und jenseits von Regeln gewesen. Nach der 3-4 Woche gab es kein einziges KInd mehr was sich am Spielzeug mach Ferien Tag nicht selbst beschäftigen konnte. Den Kindern hat das richtig Spaß gemacht. Die haben das mitgebrachte Star Wars Lego Männchen liegen gelassen, weil sie lieber aus leeren Pappbechern eine Wurfanlage bauen wollten. Und so stelle ich mir das vor, müsste man sich selbst erstmal von allen Beschränkungen befreien, wenn man unter Langeweile leidet. Ich glaube man muss sich den Lebensraum zurück erobern, der einem irgenwann einmal genommen wurde. Ich arbeite arbeite an mir selbst noch, um mir diese Freiheit wieder zurück zu erobern. Denn für mich ist es nicht so einfach, nach Draußen zu gehen und etwas kreatives und verrücktes zu machen. Ganz besonders meine Körper hat Angst seine Grenzen zu erkunden. Genau das fehlt mir aber. Ich muss jedoch immer noch an der Verbundenheit arbeiten, damit ich überhaupt ein Gefühl der Sicherheit entwicklen kann. Exploration braucht erst Sicherheit. Auch muss ich an meiner Achtsamkeit arbeiten, weil sonst meinem Körper schade. Zb als ich Sportsüchtig war, habe ich die ganze Zeit Grenzen gesucht, bis ich mich nur noch verletzt habe und der Körper jetzt gar keinen Sport mehr machen möchte. Ich hatte dafür nie ein Gefühl entwicklen können. Das alles macht es unglaublich schwer, seine inneliegen Aktivität wieder zu finden. Aber es ist schön, zumindest einen Weg zu sehen. Und den sehe ich immer wieder durch meine Arbeit mit externen Kindern. Manchmal ist es so, als sehe ich ihn ihnen die Freiheit, die ich irgendwann mal erreichen werde. Sie sind meine Lehrer. Denn sie sind frei. Manchmal fühlt sich eine vermurkste Kindheit an, als ob die eigene Lebendigkeit unwiederbringlich zerstört wurde. Ich glaube das wirkt nur so, weil man dann noch im Traumabewusstsein und in der Hilflosigkeit hängt. Ich glaube man kann alles heilen. Nur dauert das mit unter sehr lange und man sieht erst auf dem Weg, wie viel dazu gehört. Die menschliche Psyche ist sehr komplex. Das geht viel tiefer, als unsere Vorstellungen von Selbstoptimierung normalerweise reichen. Und weil das nicht alle Menschen verstehen ist es oft noch schwerer, gerade wenn man aus dem Kreislauf der Selbstoptimierung aussteigen möchte. Manchmal bin ich ungeduldig, und dann fehlt mir Vertrauen, dass ich diese Freiheit wie ich sie mir in meinem Träumen vorstelle, überhaupt noch mal finde. Doch dann funktioniert plötzlich wieder irgenwas, womit ich schon gar nicht mehr gerechtet hatte. Jedenfalls, solange ich Langeweile in mir finde, solange meine gesunde Aktivität durch Traumata blockiert ist, bleibt mir nichts übrig, als mich auch mit Suchtmitteln zu regulieren, wo sich noch keine gesunde Regulation ergeben hat. Und ich bin wirklich jemand der dem Schmerz ins Auge sieht, wo es nur geht, aber kein Mensch kann jahrzentelang nur Schmerz schauen. Wir brauchen auch eine gewisse Menge positive Emotionen, die wir uns manchmal durch Suchtmittel beschaffen. Ich finde das legitim. Das Thema hat mich dazu gebracht, mich mit dem Thema Sucht auszusöhnen. Danke dass du es angesprochen hast Aura. |