Zitat:Ich frage bei Facebook.
Wie könnten wir Menschen ermutigen, ihre Standpunkte zu überdenken um auf eine gemeinsame Basis der Diskussion zu gehen, ohne dass es zu Feindseligkeiten kommt?
Zitat:Ein Besucher antwortet:
Erstmal in dem wir unsere eigenen Standpunkte überdenken, und zudem eine gemeinsame Basis anbieten.
Ein guter Gesprächseinstig ist für gewöhnlich, "Ja - da hast Du recht.. und ich versteh auch, dass Du das so und so siehst, auch wenn ich das etwas anders sehen mag. Man kann ja unterschiedlicher Auffassung sein..."
(pacing)
Wichtig dabei ist eben auch die innere Einstellung - also ersteinmal den Standpunkt des anderen zu respektieren und grundlegend anzuerkennen.
Was dann helfen kann, ist, bessere Argumente für den Standpunkt des Gegenübers zu finden, als dieser so vorbringt.. Also seinen Standpunkt eben auf eine Basis zu stellen, die man selbst auch anerkennen kann. (leading)
Wenn der Gegenüber nicht völlig weggespaced ist, geht das,
denn letztlich will er ja durchaus gerne faktenbasiert und fundiert argumentieren,
und merkt oft selbst, dass manches was er so sagt, auf wackeligen Beinen steht,
bzw bei anderen nicht so ankommt.
Das kostet eben mehr oder weniger viel Selbstüberwindung, wenn man ja eigentlich den Gegenüber von seinem Standpunkt abbringen will, und will, dass der den Standpunkt vertritt, den man selbst vertritt.. (was der ohnehin nicht will, und nicht machen wird )
Zitat:Ich: Das ist eine tolle Antwort. Nur wer kann das immer leisten?
Der Besucher ist jemand, mit dem ich oft kontroverse Themen diskutiere. Er neigt dazu, eine Gegenposition zu meiner Haltung einzunehmen, aber immer in einer sachlichen Weise, ohne Anfeindungen. Er hat eine NLP Ausbildung ist ist geschult auch bei schwierigen Themen mit Menschen, das Gespräch aufrecht zu erhalten.
Ich finde unsere Diskussionen immer sehr bereichernd, gerade weil er oft eine andere (auch politische) Perspektive einnimmt als ich. Manchmal bringt er mich an meine Grenzen. Das berührt aber gleichzeitig auch meine Gefühle, die ich dann verarbeiten kann.
Es gibt Momente, in denen ich in der Diskussion eine Pause brauche, besonders wenn ich emotional zu sehr mitgenommen bin. Zum Beispiel, als wir über die Missbrauchsvorwürfe diskutiert haben. Er vertrat die Seite der unschuldig verurteilten Männer, während ich auf der Seite der Opfer stand, die keine Anerkennung bekommen, weil ja alle immer frei gesprochen werden.
Ich weiß, dass ich aufgrund meiner eigenen Erfahrungen in vielen Themen sensibilisiert und voreingenommen bin. Ich denke jedoch, dass es in einer Diskussion in Ordnung ist, meine persönliche Betroffenheit und Grenzen anzusprechen. Oft werde ich dann besser verstanden, warum ich so emotional reagiere, eine Pause brauche und auch mal den Boden der Sachlichkeit verliere, weil es eben wichtiger ist, etwas emotionales auszudrücken, als korrekt zu sein. Ich kann mich dann im Anschluss korrigieren und das wieder richtig stellen.
Es gibt natürlich auch Menschen, die kein Verständnis dafür haben. Es gab Situationen, in denen mir die Lust an einem Austausch vergangen ist. Aber in diesem Thread möchte ich darüber sprechen, welche Optionen wir haben, um im Gespräch und in Verbundenheit zu bleiben.
Eigentlich steckt dahinter ein alter Schmerz der Zurückweisung und der fehlenden Auseinandersetzungsfähigkeit meiner Eltern, der mich dazu veranlasst hat, mich in Gesprächen mit anderen Menschen zu vertrauen, auch wenn es mal schwierig wird, weil wir unterschiedlicher Meinung sind.
Ich habe mich darauf spezialisiert, aus meinem Schmerz möglichst konstruktive Schlüsse zu ziehen. Daher entscheide ich mich bewusst dafür, gerade bei kontroversen Themen anders zu reagieren und übe regelrecht, in allen Gesprächssituationen klarzukommen. Das übe ich jedoch nur im Internet, weil das Internet für mich ein sicherer Raum ist, in dem ich mich jederzeit ausloggen kann. Hier fühle ich mich frei, mich so tief einzubringen, wie ich möchte, und mich abzugrenzen, wenn ich etwas überfordert bin.
Im physischen Leben habe ich dieses Gefühl des sicheren Raums nicht. Zum Beispiel mit meiner Mutter habe ich das nicht. Da ich die Beziehung abbrechen musste, weil die Destruktivität dieser Frau die Grenzen des Erträglichen für mich überschritten hat.
Schwierig ist wohl, dass ich mir immer noch etwas erhoffe von der Konstruktivität, die ich verkörpern möchte. Ich wünsche mir, dass Menschen solche konstruktiven Ansätze übernehmen und umsetzen. Deshalb bin ich oft enttäuscht, wenn Menschen lieber Anfeindung oder eisernes Schweigen wählen. Das macht mich traurig, denn es konfrontiert mich mit dem Fehlen einer sprachlichen Verbindung mit Menschen in meiner Kindheit.
Vielleicht muss ich hier noch einmal in diesen Schmerz zurückkehren, um der Ur-Wunde zu begegnen, so wie ich es bereits in dem anderen Thread beschrieben hatte.
Ich glaube jedoch, dass ich nicht die Einzige mit dieser Wunde bin, denn sonst würden sich Menschen nicht so verhalten. Vielleicht bin ich jedoch eine der wenigen Personen, die den Schmerz ins Gegenteil umgekehrt hat und ihre Eltern in aller Konsequenz in Frage gestellt haben. Ich glaube, dass nicht viele Menschen das tun. Viele verhalten sich genauso und führen das Schweigen, das ihnen in Form einer Strafe angetan wurde, weiter fort, indem sie andere Menschen bestrafen, wenn diese eine andere Meinung haben als sie selbst.
Ich denke, sie tun das, weil sie selbst keine Erfahrung haben, sprachlich verbunden zu bleiben, und sie wiederholen das unbewusst. Dies ist ein Thema, das mich oft beschäftigt, weil es mich in meinem Ur-Trauma berührt hat und seit der Pandemie um sich gegriffen hat, dass die Leute nicht mehr miteinander reden. Es war jedoch auch schon vorher da, nur etwas subtiler und vereinzelter.
Der Besucher hat eine Technik beschrieben, wie man im Gespräch bleiben kann, und es scheint einfach zu sein, diese umzusetzen. Allerdings setzen sie nur wenige Menschen tatsächlich um, nämlich jemand anderes Recht zu geben, der eine andere Meinung hat.
Eine wertvolle Herangehensweise könnte sein, nicht immer nur darauf aus zu sein, andere zu überzeugen, sondern vielmehr von ihnen zu lernen - selbst dann, wenn sie Ansichten vertreten, die für uns abwegig erscheinen. Denn wer weiß, möglicherweise verbirgt sich in ihren Aussagen ein wahrer Kern, den wir herausfiltern und als Bereicherung nutzen können.
Kürzlich bat mich ein Freund, ein Video anzuschauen. Zunächst verfolgte ich eine innere Abwehr, da es in Richtung Verschwörungserzählungen zu gehen schien, und ich zögerte, mir die anderthalb Stunden anzusehen. Trotzdem beschloss ich mich dazu, weiterzuschauen. Und tatsächlich enthielt das Video einen Satz, der mitten unter all den unbrauchbaren Informationen für meine Selbsterkenntnis von großer Bedeutung war. Dieses Erlebnis zeigt mir immer wieder, dass ich von Menschen, deren Meinungen ich nicht verstehen oder anerkennen, viel lernen kann.
Es ist verständlich, dass manchmal die innere Abwehr auftritt, wenn uns Meinungen oder Ideen präsentiert werden, die unsere eigenen Überzeugungen widersprechen. Dennoch kann gerade in solchen Momenten, ein wahrer Schatz verborgen sein. Manchmal findet man inmitten von Dingen, die auf den ersten Blick unbrauchbar erscheinen, eine Perle der Selbsterkenntnis oder eine neue Perspektive, die unser Denken erweitert.
Vielleicht fehlt mir aber auch noch Verständnis, warum Menschen das gar nicht wollen. Ich kann das nicht verstehen. Dieses fehlende Verständnis ist schmerzhaft für mich. Ich fühle dann jedesmal die Ausgrenzung und Zurückweiseung meiner Kindheit. Bei aller Konstruktivität die ich diesem Thema bereits gewidment, habe, hat es sich in meiner Umwelt nicht verändert. Ich habe kaum jemanden erreicht. Ich sehe immer noch Menschen die sich gegeneinander abschotten und sich mit Schweigen betrafen, abwerten und bekämpfen. Mich macht das unglaublich traurig. Es macht mich traurig, dass mein konstruktiver Versuch mit dem Leid umzugehen, keine Veränderung gebracht hat. Das war aber mein Gedanke als Kind. Ich will nie so sein, wie meine Eltern. Ich werde es anders machen. Aber ich bin umgeben, von Menschen die so sind. Ich konnte dem Thema nicht entkommen, obwohl ich mit aller Kraft versuche konstruktiv und positiv zu sein.
Nur mit dem Unterschied, dass der Grad der sozialen Abhängigkeit heute entschieden kleiner ist. Aber ich kann nicht sagen, dass mich das nicht trifft. Es trifft mich.