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Dem Datenstrom folgen

Dem Datenstrom folgen
#1
16.07.2024, 16:31 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 16.07.2024, 18:32 von ichbinmehr.)
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Dem Datenstrom folgen

Es gibt verschiedene Datenströme, ein Begriff, den ich dem Physiker Thomas Campbell entnommen habe, der sich intensiv mit alternativen Realitäten beschäftigt. Wenn ich meine Realität betrachte, sehe ich verschiedene Datenströme oder Traumströme – Geschichten oder Teilaspekte meiner Persönlichkeit.

Diesen Datenströmen kann ich folgen. Wenn ich das tue, breiten sie sich aus und lassen eine festere und konstantere Realität entstehen.

Wenn ich zum Beispiel jeden Tag Fahrrad fahre, werden sich meine Beinmuskeln entwickeln, ich werde Kalorien verbrennen und wahrscheinlich Fett abbauen und Muskeln aufbauen.

Wenn ich auf meinem Balkon eine Tomatenpflanze säe, entsteht eine Geschichte, in der ich über Monate hinweg die Pflanze pflege und am Ende meine eigenen Tomaten ernte. Plötzlich wird es wichtig, wie oft die Sonne scheint und wie man die Pflanze richtig düngt. Aus dem ersten Erzählstrang entstehen neue Möglichkeiten und Fragestellungen.

Vielleicht gab es auch einmal einen Gedanken: Wie wäre es denn mal ein Mensch zu sein? Mittlerweile sind aus diesem ersten Gedanken viele Erzählstränge geworden.

Grundsätzlich habe die Freiheit, zu entscheiden, welchen Datenströmen ich Energie gebe. Manches Mal kleben wir mit unseren unaufgeösten Emotionen an einem bestimmten Datenstrom fest.

Wenn ich nur daran denke, Tomatensamen zu säen, diesen Gedanken aber nicht weiter verfolge, werde ich keine Tomaten ernten. Der Gedanke, einen Samen zu säen oder Fahrrad zu fahren, kommt mir im Raum der Möglichkeiten. So nenne ich diesen Bewusstseinszustand: Der Raum der Unendlichen Möglichkeiten.

Dort gibt es viele Gedanken und Möglichkeiten, von denen viele Ideen direkt wieder fallen gelassen werden: "Keine Lust", "zu anstrengend" oder "das ist alles Quatsch".

Da gibt es eine Instanz, die bewertet und selektiert, wie viel Energie es braucht, um einen Datenstrom zur Blüte zu bringen. Man sucht immer die Blüte, den Erfolg, die Vollendung einer Idee, aber manchmal weiß man auch schon, dass der Weg an sich wertvoll ist. Um so wahrscheinlicher die Idee, um so weniger Energie braucht es. Dann ist es etwas leichter, den Weg zu gehen, selbst wenn man nicht hunderprozentig dort ankommt, wo man es sich gedacht hat.

Bis hierher bewegen wir uns mit unserem Gedanken Experiment noch auf dem Boden der Tatsachen.

Es gibt aber auch Gedanken, die sich nicht auf dem sogenannten Boden der Tatsachen bewegen, weil sie aus unserer Bewertung heraus unwahrscheinlich sind und nicht mit unseren kultuelle geprägten Vorstellungen von Realität übereinstimmen. Es entsteht dann ein Konflikt zwischen unseren Vorstellungen von Realität und einer Idee. Dann sagen wir: "Das ist nicht realisierbar." In Wirklichkeit braucht so ein Unterfangen nur mehr Energie.

Meist werden diese Gedanken, sobald sie im Möglichkeitsraum auftauchen, direkt abgeschmettert: "Das geht nicht", "das ist Phantasie", "das ist unmöglich!" oder aber "das ist gefährlich", vor allem dann, wenn dieser Gedanke die konstante Realitätsvorstellung (der Hauptgeschichte) in Gefahr bringt.

Diese Datenströme sind genauso vorhanden wie die, die sich auf dem Boden der Tatsachen befinden, aber wir wählen sie meist nicht, weil wir an dieser Stelle selektieren und sagen: "Das geht nicht" oder das gefährdet unsere "Haupterzählung". Wahrscheinlich muss die Haupterzählung irgendwie im Einklang mit so einem Ausbruch aus der gewöhnlichen Geschichte stehen. Bei mir scheint das irgendwie der Fall zu sein.

Ich untersuche gerade, was passiert, wenn man das Bewerten und Bezweifeln an dieser Stelle mal unterlässt und einen Datenstrom verfolgt, der entgegen meiner Ego-Bewertungen fortgeführt wird.

Dabei habe ich herausgefunden, dass dies ein fragiles Unterfangen ist. Sobald das Ego zu zweifeln beginnt, bricht der Datenstrom wieder zusammen. Manchmal jedoch taucht er auch von selbst wieder auf. Es ist dann fast als ob ich von der anderen Seiten eine Einladung erhalte, der ich dann folgen darf. Manchmal gibt es kleine Erfolge.

Wichtig ist, diese kleinen Erfolge nicht als bloßen Zufall abzutun, sondern sie als Bestätigung, als kausale Folge der Handlung zu verstehen. Ebenso wichtig scheint es mir, die spontenen Einladungen die das Selbst als Reaktion auf die Bemühung ausspricht anzunehmen und sie nicht wieder als boßen Quatsch abzutun.

So wie es kein Zufall ist, dass man nach dem Fahrradfahren Muskelkater hat oder nach dem Säen der Tomate plötzlich eine kleine grüne Pflanze aus der Erde kommt, so ist es auch kein Zufall, dass Ereignisse geschehen, nachdem man einen Datenstrom verfolgt, der für unsere Kultur und unseren Zeitgeist unrealistisch ist.

Etwas Unbekanntes empfinden wir meist als magisch. Die Frage ist, ob wir uns dafür öffnen können? Tun wir das, erkennen wir womöglich, dass wir weniger über die Realität wissen, als wir glauben. Vielleicht erkennen wir sogar, dass wir so gut wie gar nichts wissen, und das kann uns Angst machen. Das ist der Grund dafür, dass ich die meisten Menschen lieber in ihreen festen Realitätsvorstellungen bewegen. Mich fanziniert dieser Gedanke mehr als dass ich mich davor fürchte.

Kaum jemand geht diese unbekannten Wege entlang, weil sie von Anfang an in Frage gestellt werden, ohne dass man es wirklich darauf ankommen lässt und diese konkret erforscht. Es scheint mir, dass man viel Geduld braucht, denn so eine Tomate wächst eben auch nicht an einem Tag. Man muss diesen Vertrauensvorschuss über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten und, wenn gerade nichts sichtbar ist, nicht gleich wieder alles hinwerfen. Man muss fokussiert bleiben. Das macht man ja bei einer Tomate auch, denn  die hat auch mal Phasen, in denen es aussieht, als ob nichts passiert. Und doch gießt man sie und glaubt an sie.

Ähnlich ist es beim Sport, aber bei der Tomate und beim Sport können wir uns an das Vertrauen des Kollektivs etwas Kraft leihen. Der Gärtner sagt uns, dass es normal ist, dass die Tomate so lange braucht, bis sich die ersten Blüten zeigen. Der Fitnesstrainer sagt uns, dass es normal ist, dass es auch mal ein halbes Jahr dauert, bis Ergebnisse sichtbar werden.

Wenn wir jedoch ein Experiment machen, das für das Kollektiv grundlegend als unmöglich gilt, müssen wir das Vertrauen aus uns selbst heraus schöpfen und die Kraft ganz alleine aufbringen. Es ist sogar so, dass wir das Kollektiv dann oft noch gegen uns haben, weil niemand glaubt, dass es möglich ist. Wir haben es dann mit dem Skeptiker in uns, und dem Skeptiker im Außen zu tun. So ähnlich ist es bestimmt auch für einen Forscher, der etwas völlig Neues erfindet und als Einziger an seine Forschung glaubt. Das braucht viel Energie, viel Liebe und auch eine gute Portion Wahnsinn.

Manchmal fühlt es sich sehr verrückt an, an etwas zu glauben, was alle anderen für unmöglich halten. Was passiert in diesem Moment, wenn du entgegen der kollektiven Prägung an einer Idee festhälst? Dein Ego beginnt hier zu sterben.

Und man steht manchmal ziemlich hilflos vor den Schwierigkeiten die auftreten, wenn du einem unbekannten Datenstrom folgst. Wenn du mit deinen Tomaten nicht weiter kommst, kannst du in einem Buch für Tomaten nach dem weiteren Vorgehen suchen. Aber wenn du einem unbekannten Datenstrom folgst, und stecken bleibst, wen kannst du dann fragen wie es weiter geht?

Der neue Boden der Tatsachen entsteht erst beim Laufen unter den Füßen. Aber man darf nicht hinunterschauen und zweifeln, sonst fällt man. Man muss also laufen, ohne zu wissen, wohin das führt und ohne zu wissen, ob man je ankommt.
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