RE: "Sünde" im KT
13.08.2010, 08:21
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 13.08.2010, 08:46 von fiodra.)
Für mich ist die Träumerei ein Freiraum, der nicht an physikalische, logische ethische und moralische Gesetze gebunden ist, was grosse Möglichkeiten eröffnet. Freud postulierte einst, dass es im Traum einen Zensor gebe und dass die Traumarbeit im Traum darin bestehe, die Themen so aufzubereiten, dass der Zensor es nicht merkt und die Themen passieren lässt und so der Schlaf weitergeführt werden kann. Ich meine aber, dass gerade im Traum der Zensor, der am Tag dafür sorgt, dass wir uns gesellschaftskonform benehmen, geschwächt ist, oder gar fehlt. Auch die biologische Forschung stützt diese Sichtweise, da der Frontalkortex im Schlaf und im Traum nur reduziert funktioniert. Sünde gibt es also im Traum wohl nicht oder wir sündigen recht unbekümmert drauf los, pflegen die Vielweiberei oder Vielmännerei ohne ein schlechtes Gewissen zu haben etc.
Im luziden Traum ist das etwas anders. Der Frontalkortex ist partiell etwas aktiver als im normalen Traum, wir können besser auf unser Gedächtnis zugreifen und können bis zu einem gewissen Grad kritisch denken. Das führt dazu, das wir mehr Wahlmöglichkeiten haben und uns bewusst entscheiden müssen, was wir tun wollen. Da kommt Ethik und Moral ins Spiel, für einen religiös gläubigen auch die Sünde. Vögle ich nun die attraktive Frau, die es auch gerne mit mir treiben will, die aber nicht meine Ehefrau ist? Diese Entscheidung muss jeder selbst fällen.
Für mich bietet der Traum und der luzide Traum die Möglichkeit, Dinge zu leben, die ich im wachen Leben nicht leben kann oder will, aus verschiedensten Gründen, auch ethischen und moralischen. Das trägt zu meinem seelischen Gleichgewicht bei. Deshalb möchte ich mein Träumen nicht mit Regeln zukleistern, die ich aus der Wachwelt importiere. Vielleicht gibt es in Zukunft, wenn wir wesentlich mehr über die Klarträumerei wissen, einen Codex von Verhaltensweisen, die ratsam oder weniger ratsam sind. Bis dahin mag es aber noch eine Weile gehen.
Wir sind nur gekommen, ein Traumbild zu sehen,
wir sind nur gekommen, zu träumen,
nicht wirklich, nicht wirklich sind wir gekommen,
auf der Erde zu leben. - Tochihuitzin Coyolchiuhqui
Traumring.info