(31.08.2011, 15:46)spell bound schrieb: daraus folgt: mit schaltkreisen eines computers entsteht ein anderes bewusstsein, als beim stein. in einer pflanze entsteht ein anderes, als mit den tierischen, insbesondere menschlichen, gehirnstrukturen (wobei natürlich nicht nur das hirn allein maßgeblich ist).
Ok, also das erscheint mir schon plausibel. So gesehen würde ich meine Skepsis, was Maschinenbewusstsein angeht, vielleicht etwas weniger grundsätzlich formulieren, in dem Sinne, dass Maschinen wahrscheinlich Bewusstsein haben könnten, dessen Ursprung dann für uns aber auch nicht völlig erklärbar ist, sondern nach wie vor teilweise ein Rätsel bleibt. Wir würden durch unsere auf der Beobachtung des Gehirns basierenden Modellierungen und Programmierungen vielleicht eine Art "Geburtshilfe" leisten, indem wir Strukturen schaffen, die die Entwicklung von Bewusstein begünstigen.
Metzinger schreibt in seinem Buch (z.B. S.21, S.40/41), dass die individuelle Welt, die wir wahrnehmen, ein extrem reduziertes Modell der unendlich höherdimensionalen Wirklichkeit ist, zu der wir (in unserem normalen Bewusstseinszustand, Einschränkung von mir) keinen Zugang haben.
Das sehe ich ja ziemlich ähnlich. Aber unter dieser Prämisse halte ich es für vernünftig anzunehmen, dass es weder möglich ist, durch Analyse dieses reduzierten Modelles (ich meine insbesondere das Gehirn) den Vorgang, durch den in der höherdimensionalen Wirklichkeit dieses Modell hervorgebracht wird, wirklich zu ergründen (darum stehen wir nach wie vor vor diesem ungelösten Rätsel), noch durch Synthese von Teilen innerhalb dieses reduzierten Modelles (Bauen und Programmieren von Robotern) dafür zu sorgen, dass neues Bewusstsein entsteht.
Zitat:gleichen nun die schaltkreise des computers der struktur des gehirns immer mehr, so gleicht sich auch das bewusstsein immer mehr an, nach dieser theorie.
Ja, nach dieser Theorie, dass die Struktur des Gehirns, die wir beobachten können, das Bewusstsein vollständig determiniert. Ich gehe davon aus, dass die Struktur des Gehirns, die wir wahrnehmen können, ein extrem reduziertes Modell im Bewusstsein ist.
Zitat:ob das bewusstsein erst ab einer bestimmten komplexität entsteht, oder in schwacher form schon immer da ist, nur dann eben immer reflektierter wird, ist wohl eine geschmacksfrage. ich finde letzteres nur plausibler.
Halte ich auch für plausibler, ich würde es aber nicht als reine Geschmacksfrage sehen. Denn wenn das Bewusstsein ab einer gewissen Komplexität entsteht (auf einmal anwesend ist), bedeutet das, dass die Materie vorher ohne Bewusstsein da ist. Dann muss man erklären, wie das Bewusstsein aus der Materie entsteht. Wenn dagegen beides immer und ausschliesslich zusammen auftritt, als 2 Seite derselben Medaille, 2 Perspektiven auf dasselbe zugrundeliegende, dann ist das doch eine ganz andere Situation, wie gesagt, aus meinen Augen wesentlich plausibler.
Ich gehe aber davon aus, dass beides, Materie und Bewusstsein, gemeinsam, sich gegenseitig bedingend, aus etwas umfassenderem, jenseits von Zeit&Raum, welche Kategorien des Geistes sind, liegendem, hervorgehen. Dieses "jenseits von Zeit&Raum" ist wahrscheinlich zumindest etwas ähnliches wie das, was Metzinger mit der höherdimensionalen Wirklichkeit meint.
Ein Hinweis darauf sind für mich insbesondere auch die vielen seltsamen Probleme in verschiedenen naturwissenschaftlichen Bereichen (Kantsche Antinomien?), wie: Was war vor dem Urknall, wenn mit dem Urknall Materie & Raum & vor allem Zeit erst entstanden sind?
Zitat:ich sehe dabei keine geist-materie-dualismus probleme.
- allerdings könnte das daran liegen, dass ich im gegensatz zu dasnetz sage: der geist kann nicht die maschine, den stein, das gehirn etc. besetzen. es passiert unweigerlich.
Ja, ich denke das ist ein entscheidender Unterschied. Im einen Fall gehören Bewusstsein & Materie sich gegenseitig bedingend zusammen, im anderen Fall existeren sie völlig unabhängig voneinander, würde ich sagen.
(31.08.2011, 18:00)DasNetzInDir schrieb: Zitat:der geist kann nicht die maschine, den stein, das gehirn etc. besetzen. es passiert unweigerlich.
Mmmh, ist n Gedanke!
Tendiere dazu zu behaupten, das Müssen oder nicht könne von Situation und Reifgrad des Geistes sehr abhängig sein!
Soll also heißen es gibt Situationen in denen man sich nicht verweigern kann seinen Geist in den Schweinekopf wandern zu lassen und solche Situationen der aktiven Mitgestaltung!
Wobei die Mitgestaltung in den meisten Fällen wohl kurzfristig und punktuell erfolgt!
Wie gesagt, ich denke das ist eine grundsätzliche Frage. Egal, ob du das jetzt auf diese Weise einschränkst, wenn du diese Möglichkeit zulässt, bedeutet das, dass ein Bewusstsein sich von einem Gehirn lösen und mit einem anderen verbinden kann, und dass bedeutet, dass das Bewusstsein im Grunde unabhängig vom Gehirn und somit der Materie ist und umgekehrt. Das ist meiner Ansicht nach eine völlig andere (und ich denke empirisch wesentlich schlechter dastehende) Grundannahme als die, dass Gehirn/Materie und Bewusstsein 2 Aspekte (ein äusserer und ein innerer) einer "Sache" sind.
(31.08.2011, 21:02)Leon schrieb: (31.08.2011, 14:48)ricky_ho schrieb: So gesehen könnte man natürlich durchaus auch die interessante Frage stellen, ob es möglich wäre, eine Maschine so zu konstruieren, dass man dieses Bewusstsein anzapfen und eine richtige Kommunikation zustandebringen könnte.
Was genau meinst du hier mit "Anzapfen"? Meinst du damit, dass wir nur über die äußere Beobachtung der Gedankenimpulse der Maschine ihr "Erleben" erkennen können, oder willst du die Maschine fragen, wie sie die Welt erlebt?
Letzteres - aber das wäre natürlich jetzt mal weit ins Extrem gedacht. Nur, wenn es möglich ist, Maschinen zu konstruieren (vielleicht ja auch organische Maschinen), die komplexes Bewusstsein entwickeln, einfach weil ihrer Struktur die Organisation der bei jeder Materie anwesenden Bewusstseinsfragmente begünstigt, dann sollte man das im Extremfall auch soweit perfektionieren können, dass irgendwann dabei Maschinen entstehen mit einem von der Komplexität her mit unserem vergleichbaren Bewusstsein, und dann (wohl auch schon weit vorher) würde man doch selbstverständlich versuchen, mit der Maschine zu kommunizieren.
Zitat:Letzteres ist fragwürdig bis paradox. Denn nur mal angenommen die Maschine wäre so komplex gebaut wie unser menschliches Gehirn und würde genauso differenzierte Berechnungsvorgänge durchführen wie unser Kopf: Wodurch würde sich die Antwort einer solchen Maschine MIT Bewusstsein von einer solchen Maschine OHNE Bewusstsein unterscheiden?
Das ist die Frage nach einem neuen Turing-Test, oder?
Ich denke, das ist aber eine andere Frage, wie man jetzt überhaupt feststellen kann, ob eine Maschine Bewusstsein hat oder nicht. Was ich meine ist ja nur, dass falls es möglich ist, eine Maschine zu bauen, die Bewusstsein hat, dass man dann mit der auch kommunizieren würde. Ich schliesse es ja nicht völlig aus, dass es wirklich mal möglich ist, solche Maschinen zu konstruieren (allerdings gehe ich davon aus, dass das dann aufgrund des in der Maschine vorhandenen Bewusstseins funktioniert und nicht, weil irgendein raffiniertes Programm plötzlich bewusst wird, weil man es geschafft hat, den Algorithmus des Gehirns zu implementieren oder so). Wenn ja wäre es jedenfalls ein faszinierender Gedanke, mit dieser Maschine z.B. solche Diskussionen zu führen. Und wer weiss, vielleicht könnte man die Maschine ja sogar weit über menschliches Bewusstsein hinaus tunen.
Zitat:Zu Letzterem würde ich gerne noch etwas hinzufügen.
Angenommen die Maschine besitzt ein Bewusstsein und sie antwortet mit "ja" und würde uns infolge dessen ihr Bewusstsein beschreiben wollen: Wie sollte es uns möglich sein, nachzuvollziehen, wovon die Maschine spricht?
Ich denke letztendlich wird man es bei einer Maschine genausowenig anhand ihres Verhaltens "beweisen" können, wie man es bei anderen Menschen kann. Das liegt wohl daran, dass man das Verhalten aus einer 3. Person Perspektive (objektiv) beobachtet und beschreibt, aus der man einfach keinen Zugang zur 1. Person Perspektive (subjektiv) des Bewusstseins hat.
Tschüss,
Ricky