Gelegentlich überlege ich beim Brotessen, wo genau ich am besten abbeiße und was am Ende übrig bleibt, um den Genuß zu maximieren. (Wieviel Rand ist am besten? Liegt da noch genug Käse in der Ecke?) Im Endeffekt habe ich dann die ganze Schnitte aufgegessen, ohne einen Bissen davon wirklich genossen zu haben. Verrückt.
Rationalität und Irrationalität
Das mit den Bürgersteigplatten kenn ich, genau so! Ist nicht mehr so häufig, aber manchmal wenn ich gedankenversunken durch die Gegend gehe bemerke ich mich zwischen durch immer wieder dabei. Aber kein Grund damit aufzuhören. Ist aber auch nicht so, dass ich nicht damit aufhören könnte.
Ich tue das unbewusst.
Ich tue das unbewusst.
"Von den Sternen kommen wir, zu den Sternen gehen wir. Das Leben ist nur eine Reise in die Fremde." Danzelot von Silbendrechsler
(23.11.2011, 19:56)ricky_ho schrieb:(23.11.2011, 18:54)Jami schrieb: ist das eigentlich neurotisch, wenn man sich vor dem abendessen jedesmal 2 minuten die brote in einer reihenfolge zurechtlegt, damit das gleichgewicht zwischen käse- und salamibroten gewahrt wird, die beiden sorten sich aber nicht brot für brot abwechseln?
Ich würde sagen, das ist eine klassische Zwangshandlung. Könnte man vielleicht auch als neurotisch bezeichnen, aber keine Sorge, viele haben solche Zwänge. Ich hatte das früher mit dem Bürgersteig, ich musste immer bestimmte Muster befolgen, beim Auftreten auf die Platten. Und auf keinen Fall auf eine Rille zwischen zwei Platten treten, falls mir das aber doch mal passiert ist, musste ich es mit bestimmten Mustern ausgleichen.
Ich würde sagen, mit Neurosen hat das wenig zu tun, eher mit Langeweile...
Der Tag war gut -
Die Nacht wird besser !!
Die Nacht wird besser !!
Bei mir ist es so, dass ich bei Eintopf oder so den Teller immer von einer Seite zur anderen leer esse, d.h. erst exakt eine Hälfte, dann genau ein Viertel usw.
Auf Spalten treten kenne ich auch, aber irgendwann habe ich beschlossen, einfach auf die Ritzen zu treten.
Auf Spalten treten kenne ich auch, aber irgendwann habe ich beschlossen, einfach auf die Ritzen zu treten.
Eine andere Variante davon ist, dass die Fußspitze immer einen Referenz-Kontrastpunkt irgendwo am Rand braucht. Das heißt der Fuß darf z.B. so gesetzt werden, dass die Fußspitze auf gleicher Höhe mit der Kante eines Kellerfensters oder der Ritze zwischen zwei Bordsteinen, oder der Kante eines Parkautomats usw. ist.
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@ricky: Du bist mir da sehr ähnlich. Bei mir dreht sich aber selbst heute noch alles um Zahlen. Ich zähle auch immer meine Schritte, wenn ich laufe oder wenn ich meinen Haushalt mache, mache ich das auch nach einem bestimmten Zahlensystem etc. Ich sehe es aber nicht als Zwang an, da ich es nicht tun MUSS. Ich mach das eher gegen Langeweile. Ich putze auch mal wie eine 0815 Hausfrau, ohne groß nachzudenken oder heurmzuzählen.
(23.11.2011, 23:48)datzifrau schrieb: @ricky: Du bist mir da sehr ähnlich. Bei mir dreht sich aber selbst heute noch alles um Zahlen. Ich zähle auch immer meine Schritte, wenn ich laufe oder wenn ich meinen Haushalt mache, mache ich das auch nach einem bestimmten Zahlensystem etc. Ich sehe es aber nicht als Zwang an, da ich es nicht tun MUSS. Ich mach das eher gegen Langeweile. Ich putze auch mal wie eine 0815 Hausfrau, ohne groß nachzudenken oder heurmzuzählen.
Wahrscheinlich unterliegt jeder Mensch solchen dem Unbewussten entspringenden, irrationalen Zwängen, jedoch in unterschiedlicher Ausprägung. Manche bemerken sie gar nicht, manche registrieren sie nur, wenn ihnen ansonsten grade langweilig ist, manche werden so von ihnen beherrscht, dass sie Hilfe benötigen.
Diese eher lustigen Rituale, von denen wir hier sprechen, dass man seine Butterbrote sortiert oder die Stufen zählt, sind jedenfalls glaube ich sehr verbreitet. Bekannt ist ja auch der Kontrollzwang: obwohl man genau weiss, dass man die Kaffeemaschine ausgeschaltet hat, muss man es nochmal kontrollieren.
In schweren Fällen dann nochmal, und nochmal... bis man lieber ganz zu Hause bleibt.
„I learned long ago, never to wrestle with a pig. You both get dirty, and besides, the pig likes it.“ - George Bernhard Shaw
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(24.11.2011, 15:40)ricky_ho schrieb: Wahrscheinlich unterliegt jeder Mensch solchen dem Unbewussten entspringenden, irrationalen Zwängen [...]diese sichtweise ist aber nicht sonderlich hilfreich, um die rationalität dahinter zu verstehen, oder um das unbewusste bewusst zu machen, und die zwänge letztlich zu freien optionen zu machen.
vielleicht ist das auch nicht deine intention, immerhin redet ihr hier von sehr harmlos erscheinenden "macken", die ja sogar lustig sein können. aber spiele können auch lustig sein, wenn man nicht den zwang hat, sie zu spielen. dann sogar lustiger.
doch das prinzip ist dasselbe wie von schwerwiegenderen zwängen, und da ist meine frage, warum das gespräch bisher nicht darauf hinaus läuft?
Bin nicht mehr hier, aber noch erreichbar.
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(24.11.2011, 15:56)spell bound schrieb:(24.11.2011, 15:40)ricky_ho schrieb: Wahrscheinlich unterliegt jeder Mensch solchen dem Unbewussten entspringenden, irrationalen Zwängen [...]diese sichtweise ist aber nicht sonderlich hilfreich, um die rationalität dahinter zu verstehen, oder um das unbewusste bewusst zu machen, und die zwänge letztlich zu freien optionen zu machen.
Wenn ich dich richtig verstehe, interpretierst du meine Aussage, dass jeder Mensch solchen Zwängen unterliegt, dahingehend, dass ich sagen will, es sei "normal" und man solle es nicht weiter hinterfragen geschweige denn versuchen, es zu ändern? Bei dieser Interpretation hast du recht, wenn man das Unbewusste bewusst machen will, wäre so eine Sichtweise natürlich nicht hilfreich.
Ich bin hier aber davon ausgegangen, dass es darum nicht geht. Viel mehr, als dass solche Zwänge sehr verbreitet - und aus einer bestimmten Perspektive als harmlos anzusehen - sind, wollte ich nicht sagen. Letztlich muss jeder selber wissen, was er diesbezüglich für Ziele hat, wie er mit seinem Unbewussten umgehen will. Wer die totale Klarheit anstrebt, was das eigene Verhalten und das Selbstverständnis bzw. die Selbsterkenntnis angeht, der kann natürlich solche Zwänge, die er bei sich beobachtet, nicht einfach akzeptieren sondern muss auch ihnen auf den Grund gehen.
Zitat:Das vielleicht ist das auch nicht deine intention, immerhin redet ihr hier von sehr harmlos erscheinenden "macken", die ja sogar lustig sein können. aber spiele können auch lustig sein, wenn man nicht den zwang hat, sie zu spielen. dann sogar lustiger.
Ja. Vielleicht ist es z.B. bei Datzifrau ja wirklich nur ein Spiel, das sie aus Langeweile macht, ohne irgendeinen Zwang oder Drang dazu zu verspüren. Bei mir war dieser mir unerklärliche Drang aber immer dabei und bei Jami hörts sich für mich auch so an. Ich hab mich immer gefragt: wieso mach ich das? Warum lass ich den Quatsch nicht einfach? Irgendwann war es dann weg, und ich denke mal, dass das etwas mit der persönlichen Entwicklung zu tun hat, es könnte bei mir gut mit dem Ende der Pubertät gewesen sein, dass diese Zwänge aufhörten.
Zitat:doch das prinzip ist dasselbe wie von schwerwiegenderen zwängen,
Ja, darum sag ich ja, es sind unterschiedliche Ausprägungen. Was vielleicht der falsche Begriff war, ich meinte, dass es graduelle Unterschiede sind von etwas, was wie du sagst vom Prinzip her aber dasselbe ist.
Zitat:und da ist meine frage, warum das gespräch bisher nicht darauf hinaus läuft?
Weil du erst jetzt dazugekommen bist? :-)
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(24.11.2011, 16:17)ricky_ho schrieb: Wenn ich dich richtig verstehe, interpretierst du meine Aussage, dass jeder Mensch solchen Zwängen unterliegt, dahingehend, dass ich sagen will, es sei "normal" und man solle es nicht weiter hinterfragen geschweige denn versuchen, es zu ändern? Bei dieser Interpretation hast du recht, wenn man das Unbewusste bewusst machen will, wäre so eine Sichtweise natürlich nicht hilfreich.naja, ich hängte mich eigentlich mehr an der konstatierten irrationalität auf, die ich ja auch im vorletzten post thematisierte.
Zitat:Wer die totale Klarheit anstrebt, was das eigene Verhalten und das Selbstverständnis bzw. die Selbsterkenntnis angeht, der kann natürlich solche Zwänge, die er bei sich beobachtet, nicht einfach akzeptieren sondern muss auch ihnen auf den Grund gehen.wie ist in dem zusammenhang eigentlich deine frage nach den gründen zu verstehen, die du dir, nach eigenen aussagen, immer stelltest? strebst du nach "totaler" klarheit, oder sind die fragen eher rhetorisch zu verstehen? deine antworten jedenfalls, dass es mit persönlicher entwicklung zu tun haben muss, klingen nicht nach erschöpfenden antworten, sondern eher nach hinweisen, wo weiter zu suchen ist.
(24.11.2011, 16:41)Rhetor schrieb:der begriff "zwang" ist hier natürlich ziemlich problematisch. einiges sind sicherlich zwänge, aber nicht alles. der begriff des zwanges weist ja schon auf sein gegenteil hin, ohne den er nicht auskommt, dem der freiwilligkeit. man kann sich natürlich fragen, wie diese beiden begriffe zueinander stehen, inwiefern zwänge etwas mit dem eigenen willen, und inwiefern der freie wille doch wiederum nicht willkürlich ist. das macht aber grundsätzlich diese differenzierung nicht obsolet oder gar paradox.(24.11.2011, 15:56)spell bound schrieb: doch das prinzip ist dasselbe wie von schwerwiegenderen zwängen, und da ist meine frage, warum das gespräch bisher nicht darauf hinaus läuft?
Du denkst natürlich an den Selbst- und an den Arterhaltungs-"Zwang"
interessant finde ich in jeder hinsicht, nach den motiven zu fragen. sowohl bei der selbsterhaltung, wie bei der mustererkennung. man kann dann sicherlich auch dies miteinander verknüpfen. aber es gleichzusetzen wäre verkehrt.
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RE: was einen grad so bewegt
(24.11.2011, 17:03)spell bound schrieb: naja, ich hängte mich eigentlich mehr an der konstatierten irrationalität auf, die ich ja auch im vorletzten post thematisierte.
Damit meine ich, dass man sich nicht rational erklären kann, warum man das jetzt macht. Der rationalen Erkenntnis erscheint dieses Verhalten darum zunächst mal irrational. Ob es das wirklich ist, ist ne andere Frage und hängt wohl auch damit zusammen, was genau man jetzt mit rational/irrational meint. Ich verstehe unter dem rationalen Bewusstsein die in unser Kultur an der Oberfläche vorherrschende Struktur des Wachbewusstseins.
Ich glaube nicht, dass letztlich alles rational sein muss, und nur irrational erscheint, weil man es noch nicht genau genug erkannt hat, und für mich ist irrational auch nichts abwertendes. Ich gehe davon aus, dass es sowohl prärationale Strukturen des Bewusstseins gibt, die aber im Zuge der Entwicklung der rationalen Struktur ins Unbewusste gewandert sind, als auch postrationale Strukturen, die sich bei der überwiegenden Mehrheit der Menschen noch nicht herausgebildet haben. Wenn das mal der Fall sein sollte kann ich mir vorstellen, dass dann die rationale Struktur so wie die vorherigen im Unbewussten integriert wird.
Diese prärationalen Strukturen im Unbewussten steuern uns glaube ich dabei weit mehr als die rationale, bewusste Oberfläche. Marketingfachleute, Politiker und Rechtspopulisten zum Beispiel wissen das sehr gut und appellieren gar nicht erst an das rationale Bewusstsein sondern an die prärationalen Strukturen im Unbewussten (das hab ich hier schon mal beschrieben).
Die Zwangshandlungen sind meiner Meinung nach nur ein Beispiel, bei dem einem dies deutlich wird, weil man sich keine rationale Erklärung für sein Verhalten zusammenbasteln kann (möglicherweise wirds auch erst dann wirklich bedenklich, wenn man das doch tut...?). Eigentlich ist unser Verhalten viel mehr von den unbewussten Teilen der Persönlichkeit determiniert, als wir denken, nur können wir uns meistens halt nachträglich eine rationale Erklärung für dieses Verhalten zurechtlegen (im oben verlinkten Posting hab ich das für die kollektive Seite "Realpolitik" genannt).
Zitat:Zitat:Wer die totale Klarheit anstrebt, was das eigene Verhalten und das Selbstverständnis bzw. die Selbsterkenntnis angeht, der kann natürlich solche Zwänge, die er bei sich beobachtet, nicht einfach akzeptieren sondern muss auch ihnen auf den Grund gehen.wie ist in dem zusammenhang eigentlich deine frage nach den gründen zu verstehen, die du dir, nach eigenen aussagen, immer stelltest? strebst du nach "totaler" klarheit, oder sind die fragen eher rhetorisch zu verstehen?
Eigentlich weder noch. Ich finde das eigentlich naheliegend, dass wenn einem auffällt, dass man ständig irgendwelche Rituale vollführt, man sich mal fragt, warum man das eigentlich macht. An Klarheit oder Entwicklung des Bewusstseins oder so hab ich damals überhaupt nicht gedacht.
Zitat:deine antworten jedenfalls, dass es mit persönlicher entwicklung zu tun haben muss, klingen nicht nach erschöpfenden antworten, sondern eher nach hinweisen, wo weiter zu suchen ist.
Genau
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RE: was einen grad so bewegt
(24.11.2011, 18:34)ricky_ho schrieb: Ich verstehe unter dem rationalen Bewusstsein die in unser Kultur an der Oberfläche vorherrschende Struktur des Wachbewusstseins.verstehe. aber damit ist dein begriff von ration ebenso historisch und damit ziemlich eingeschränkt, wie z.b. der begriff von rechtsextremismus. würden die menschen z.b. einen bewusstseinswandel dahingehend erleben, dass bisher unbewusstes nun bewusst wird, wäre der begriff der rationalität hinfällig oder müsste neu definiert werden. ich denke es ist ungerecht, das unbewusste mit zum definiens der ratio zu machen, man sollte sie eher inhaltlich bestimmen, als faktisch.
Zitat:Ich glaube nicht, dass letztlich alles rational sein muss, und nur irrational erscheint, weil man es noch nicht genau genug erkannt hat, und für mich ist irrational auch nichts abwertendes. Ich gehe davon aus, dass es sowohl prärationale Strukturen des Bewusstseins gibt, die aber im Zuge der Entwicklung der rationalen Struktur ins Unbewusste gewandert sind, als auch postrationale Strukturen, die sich bei der überwiegenden Mehrheit der Menschen noch nicht herausgebildet haben. Wenn das mal der Fall sein sollte kann ich mir vorstellen, dass dann die rationale Struktur so wie die vorherigen im Unbewussten integriert wird.mit der integration sprichst du das an, was ich meine: nicht ist alles eigentlich rational, auch wenn wirs noch nicht wissen, sondern die rationalität ist nicht im widerspruch zu dem, was du z.b. vorrational nennst, sondern damit vereinbar. allerdings würde ich das auch wiederum nicht so entwicklungstechnisch deuten als vor- oder nachrational. was sollte eigentlich postrational sein? hast du n beispiel? ich fürchte ja, jetzt wirds wieder um mystik gehen...
Zitat:Die Zwangshandlungen sind meiner Meinung nach nur ein Beispiel, bei dem einem dies deutlich wird, weil man sich keine rationale Erklärung für sein Verhalten zusammenbasteln kann (möglicherweise wirds auch erst dann wirklich bedenklich, wenn man das doch tut...?). Eigentlich ist unser Verhalten viel mehr von den unbewussten Teilen der Persönlichkeit determiniert, als wir denken, nur können wir uns meistens halt nachträglich eine rationale Erklärung für dieses Verhalten zurechtlegen (im oben verlinkten Posting hab ich das für die kollektive Seite "Realpolitik" genannt).was du hier beschreibst als zurechtlegung rationaler erklärungen läuft im grunde auf rationalisierungen hinaus, die zwar mit rationalen mitteln arbeiten, allerdings an gewissen punkten doch falsche prämissen setzen. so würd ich das sehen. insofern auch ein gutes beispiel für die "irrationalität" der ratio. insgesamt aber kein gegenargument gegen die rationale erklärung dessen, was man bisher nicht versteht. v.a. wenn diese erklärung auf das erleben eingeht und es integriert, das bis dahin unbewusst war.
Zitat:Ich finde das eigentlich naheliegend, dass wenn einem auffällt, dass man ständig irgendwelche Rituale vollführt, man sich mal fragt, warum man das eigentlich macht. An Klarheit oder Entwicklung des Bewusstseins oder so hab ich damals überhaupt nicht gedacht.ich würde hier ja schon daran zweifeln, ob man sich diese frage dann tatsächlich stellt. - was bedeutet es, sich eine frage zu stellen?
Bin nicht mehr hier, aber noch erreichbar.
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RE: was einen grad so bewegt
(24.11.2011, 18:52)spell bound schrieb:(24.11.2011, 18:34)ricky_ho schrieb: Ich verstehe unter dem rationalen Bewusstsein die in unser Kultur an der Oberfläche vorherrschende Struktur des Wachbewusstseins.verstehe. aber damit ist dein begriff von ration ebenso historisch und damit ziemlich eingeschränkt, wie z.b. der begriff von rechtsextremismus.
Ich glaub da hab ich mich missverständlich ausgedrückt. Was ich sagen wollte ist, dass ich denke, dass in unserer Kultur derzeit die rationale Bewusstseinsstruktur dominiert (unser Bewusstsein, nicht unser Verhalten). Diese Struktur seh ich aber schon als inhaltlich bestimmt an und nicht durch die Tatsache, dass sie derzeit vorherrscht.
Zitat:würden die menschen z.b. einen bewusstseinswandel dahingehend erleben, dass bisher unbewusstes nun bewusst wird, wäre der begriff der rationalität hinfällig oder müsste neu definiert werden.
Nein, ich würde sagen, dann wäre die rationale Bewusstseinsstruktur nicht mehr die dominierende. Es käme dann etwas neues, das das rationale Bewusstsein integriert, wenn alles klappt, oder aber unterdrückt, wenn es schiefläuft.
Man könnte heute z.B. diskutieren, ob viele Probleme nicht daher rühren, dass die rationale Struktur dabei versagt hat, die vorigen Strukturen zu integrieren, weil es sie stattdessen als irrational unterdrückt (ins Unbewusste), und desweiteren die weitere Entwicklung zum postrationalen blockiert, weil es mit dem prärationalen als irrational gleichgesetzt wird.
Zitat:ich denke es ist ungerecht, das unbewusste mit zum definiens der ratio zu machen, man sollte sie eher inhaltlich bestimmen, als faktisch.
Ich denke eigentlich schon, dass ich die rationale Bewusstseinsstruktur inhaltlich definiere. Was jetzt nicht heisst, dass ich so eine Definition liefern könnte, aber Stichworte sind Kausalität, Logik, Objektivität. Ein Gerichtetsein auf eine dreidimensionale Aussenwelt. Zeit & Raum. Davon ist das rationale Bewusstsein bestimmt. Das wäre doch eine inhaltliche Definition oder?
Zitat:mit der integration sprichst du das an, was ich meine: nicht ist alles eigentlich rational, auch wenn wirs noch nicht wissen, sondern die rationalität ist nicht im widerspruch zu dem, was du z.b. vorrational nennst, sondern damit vereinbar.
Absolut! Was aber grade Menschen, die sich für besonders rational halten, ja oft strikt ablehnen. Ich denke beispielhaft zeigt sich das in dem Konflikt zwischen Spiritualität und Wissenschaft.
Vielleicht ist das Problem aber auch einfach, dass wir die rationale Bewusstseinsstruktur noch gar nicht richtig entwickelt haben. Das heisst auch integriert haben.
Wilber sieht es so, dass die Entwicklung immer so abläuft, dass zunächst differenziert wird, was vorher diffus undifferenziert war, und dann die so differenzierten Teile integriert werden. Das Ergebnis ist eine neue Struktur. Nun hat die Aufklärung den einen Teil des Prozesses erfolgreich abgewickelt und Kunst, Wissenschaft und Ethik differenziert. Dann aber erfolgte nicht die Integration dieser drei zu einer neuen Struktur, sondern die Wissenschaft unterdrückte die anderen beiden, setzte sich als Alleinherrscher ein und seit dem sitzt sie nun da und erklärt alles, was sie nicht erklären kann, als nicht-existent, unwichtig, falsch usw...
So gesehen leben wir derzeit nicht wirklich in der voll entwickelten rationalen Bewusstseinsstuktur, sondern in einem Zerrbild davon, und die Frage ist, ob dieser Entwicklungsschritt doch noch erfolgreich vollzogen werden kann oder aber das Ganze hier nun endet und abstirbt.
Zitat: allerdings würde ich das auch wiederum nicht so entwicklungstechnisch deuten als vor- oder nachrational. was sollte eigentlich postrational sein? hast du n beispiel? ich fürchte ja, jetzt wirds wieder um mystik gehen...
Wie gesagt, derzeit leben wir in einer rationalen Kultur (egal ob jetzt "gesund" oder "krank"). Ich denke, diese hat sich aus vorigen Kulturen, deren Bewusstseinsstruktur eine andere war, entwickelt. Da gibts viele Modelle bzw. Abstufungen, Gebser z.B. nennt die archaische, magische, mythische, rationale, integrale Struktur, und er beschreibt sie auch inhaltlich. Eine ähnliche inhaltliche Beschreibung dieser Strukturen sind die Leary/Wilson-Schaltkreise. Oder das AQAL-Modell von Wilber.
Für mich ist die Darstellung der Entwicklung von der archaischen bis zur rationalen plausibel und nachvollziehbar. Ich sehe nun keinerlei Grund, anzunehmen, dass die Struktur, in der wir uns jetzt befinden, die letzte sein soll. Höchstwahrscheinlich ist jede Kultur davon ausgegangen, dass sie das Ende der Entwicklung war.
Inhaltlich kann ich zu der nächsten Entwicklungsstufe nicht viel sagen. Verschiedene Autoren schreiben dazu, wie sie sich das vorstellen (auch Learys / Wilsons Schaltkreise gehen ja über den rationalen Schaltkreis hinaus), manche sagen, Leute wie Buddha oder Jesus hätten möglicherweise schon "höhere" Bewusstseinsstrukturen erreicht gehabt.
Zitat:was du hier beschreibst als zurechtlegung rationaler erklärungen läuft im grunde auf rationalisierungen hinaus, die zwar mit rationalen mitteln arbeiten, allerdings an gewissen punkten doch falsche prämissen setzen.
Ja, ich denke das ergibt sich jetzt auch aus dem was ich geschrieben habe, dieser Drang, alles zu rationalisieren, folgt eben genau daher, dass die Integration nicht funktioniert hat und nun alles nichtrationale als falsch angesehen wird. Darum werde die nichtrationalen Anteile unseres Bewusstseins nicht akzeptiert, wenn wir sie nicht irgendwie rationalisieren können.
Zitat:insgesamt aber kein gegenargument gegen die rationale erklärung dessen, was man bisher nicht versteht.
Aber ist die Behauptung, irgendwann könne man alles rational erklären, denn überhaupt falsifizierbar?
Zitat:ich würde hier ja schon daran zweifeln, ob man sich diese frage dann tatsächlich stellt. - was bedeutet es, sich eine frage zu stellen?
Nein, da hast du recht, so gesehen hab ich mich nie wirklich gefragt, was die Gründe meines Verhaltens sind. Ich hab mich einfach nur gewundert, dass ich sie nicht weiss. Du willst vielleicht darauf hinaus, dass ich, wenn ich der Frage nachgegangen wäre, vielleicht darauf gestossen wäre, dass das für anderes Verhalten genauso gilt.
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RE: was einen grad so bewegt
(20.11.2011, 00:21)snapman schrieb: Ja, solche Tumulte nutzen gewissen Herren sehr wohl, wie auch 9/11.
Hass (neben den Religiösen und kulturellen Differenzen) wird mit Sicherheit von den USA durch die Einmischung im Nahen Osten auch bewußt provoziert, da habe ich nicht viele Zweifel.
Naja, dass "Hass" provoziert wird ist eine logische Konsequenz. Traurig ist nur, dass im TV zugegeben wurde, dass man von Anfang an gewusst hatte, dass S.Hussein keine A-Bomben hatte (s. Youtube - gibts diverse Interviews). D.h. es war ein Angriffskrieg und da soll man sich über sog. "Terror" und "Hass" wundern?
Jetzt die Situation in Lybien (ebenfalls ein Angriffskrieg)? Dann die "Gängelei" mit Syrien und Iran?
Solange jeder mit den Finger auf andere zeigt dreht sich der Teufelskreis weiter und man befindet sich in einer Lose-Lose Situation.
@ datzifrau
Zahlen? Dann musst du mal Grabovoi lesen
(24.11.2011, 21:02)ricky_ho schrieb: Man könnte heute z.B. diskutieren, ob viele Probleme nicht daher rühren, dass die rationale Struktur dabei versagt hat, die vorigen Strukturen zu integrieren, weil es sie stattdessen als irrational unterdrückt (ins Unbewusste), und desweiteren die weitere Entwicklung zum postrationalen blockiert, weil es mit dem prärationalen als irrational gleichgesetzt wird.
Muss nicht erstmal wahrhaftige Rationalität sich durchsetzen? Vieles was als rational gilt ist lediglich auch nur ein "Glaubenskonzept".
Ich behaupte, dass die Probleme vondaher rühren, dass (kollektiv gesehen) vieles "naiv" bzw. "undurchdacht" (irrational / emotional) begründet wird. Somit würde ich sagen, dass die vorherrschende Strukturen mehr emotionaler Natur sind als rationaler.
Bei den meisten Menschen ist der Geist gespalten, fragmentarisch, und alles Fragmentarische ist korrupt.
(J. Krishnamurti)
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