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ADHS und exekutive (Dys-)Funktion

Exekutive Dysfunktion
#1
13.10.2017, 20:22
...in einer anderen Herde. pink
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RE: Exekutive Dysfunktion
#2
14.10.2017, 09:38
Also der erste Teil des Videos kommt mir extrem vertraut vor. Damit habe ich auch immer Probleme.

Beispiel:
Ausarbeitung eines Vortrages für die Schule steht an.
Dann verheddert man sich in YouTube-Videos.
[Eine Stunde später]
"Oh Gott, ich muss jetzt echt mal anfangen."
"..."
"Naja, eins geht noch..."

Auch was so mündliche Dinge merken angeht.

Und den Routine-Aspekten kann ich mich auch anschließen.

Apropos Dinge vor sich herschieben. In diesem Augenblick liegt vor mir ein Buch, was gelesen werden will.
Doch da ist sie, die Ablenkung...

Ich weiß ja, dass ich etwas zu autistischen Verhaltensmustern neige. Vielleicht liegt es ja auch etwas daran?
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ADHS und exekutive (Dys-)Funktion
#3
04.04.2018, 20:56
Blogpost von Miri Mogilevsky:
https://the-orbit.net/brutereason/2018/0...tually-is/

Ich fand den gut, und da ich vor kurzem (endlich) auch meine Diagnose auf ADHS bekommen habe, ist es mir ein Anliegen, darüber immer mal wieder aufzuklären. Da mir nicht so recht klar ist, wie und ob sich die Begrifflichkeiten im Deutschen und Englischen unterscheiden, finde ich es schwierig, manches zu übersetzen.

Den (für mich) wichtigsten Abschnitt krieg ich jedoch hin:

Miri Mogilevsky, übersetzt von gnutl schrieb:Also, was genau ist ADHS? Hier ist die einzige Erklärung von Bedeutung:

ADHS ist eine Störung der exekutiven Funktion.

Das war's. ADHS heißt nicht hyperaktiv sein, Dinge vergessen, Leute unterbrechen, Hausübungen vergessen, oder irgendwelche anderen spezifischen Symptome. Jemand kann ADHS haben, ohne irgendeines dieser klassischen Verhaltensmuster zu zeigen, aber jede Person mit ADHS erfährt eine Einschränkung ihrer exekutiven Funktion.

Was ist exekutive Funktion?

Exekutive Funktionen sind die Gehirnprozesse, welche entscheiden helfen, was du tust und wann du es tust. Viele dieser Prozesse laufen im präfrontalen Cortex ab, einer Gehirnregion, die sich evolutionär vor relativ kurzer Zeit entwickelt hat, und die uns bei höheren kognitiven Aufgaben hilft.

Es gibt viele verschiedene exekutive Funktionen, besonders wenn wir in's Detail gehen wollen, aber hier sind einige Beispiele:

- Unterdrücken von Impulsen, denen du nicht nachgehen möchtest
- Vorübergehendes Speichern von Informationen, die gerade gebraucht werden (Arbeitsgedächtnis)
- Entscheiden, worauf die Aufmerksamkeit gelenkt wird
- Ignorieren von ablenkenden Stimuli, von innen wie von außen
- Herausfinden, welche Schritte es braucht, um etwas zu erreichen
- Ein Sinn dafür, wie lange Dinge brauchen (z.B. wann du beginnen musst, zusammenzupacken, um rechtzeitig das Haus zu verlassen)
- Trennen von relevanter Information von nutzloser Information
- Flüssiges Wechseln zwischen Gedanken und Aufgaben (kognitive Flexibilität)
- Schnelles Anpassen, wenn ein Plan nicht aufgeht, oder neue Information dazukommt
- Aufmerksam sein gegenüber und Wahrnehmen von den eigenen Gefühlen und Impulsen

~

Seitdem ich den Begriff "exekutive Funktion" oder "exekutive Dysfunktion" gehört habe, ist mir einiges an meinem Verhalten klarer geworden... und die meisten meiner Probleme in der Schulzeit. (Hausübungen vergessen hab ich kilometerweise, und sehr oft eben wirklich vergessen.) Wenn die exekutive Funktion grad völlig kaputt ist, führt das zu paradoxen Situationen, in denen ich mehr oder weniger denke: "ich möchte X machen. ich kann auch X machen. aber ich mache X nicht. ???!?!" Der Impuls, die Sache anzufangen, kommt einfach nicht. Und natürlich ist die Erklärung, die von klein an von der Umgebung geliefert wird: Sei halt nicht so faul. augenroll
...in einer anderen Herde. pink
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RE: ADHS und exekutive (Dys-)Funktion
#4
21.04.2018, 10:44
Zweiter Teil von Miri Mogilevskys Blogposts über ADHS:
https://the-orbit.net/brutereason/2018/0...is-part-2/

Miri Mogilevsky schrieb:Finally, people with ADHD may do very well with tasks when they’re given a lot of structure rather than having to create that structure for themselves. A person with ADHD may love their work (or studies, or whatever) and have few issues focusing on it, but effectively completing complex tasks requires being able to structure them–break them down into smaller tasks, put those tasks in the right order, and keep the big picture in mind rather than getting bogged down in one specific tiny part of the project. (Sometimes called microfocus, this can really get in the way of one’s goals.)
It me. fear
...in einer anderen Herde. pink
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RE: ADHS und exekutive (Dys-)Funktion
#5
21.04.2018, 19:33
hmm, meinst du denn, dass diese unfähigkeit, etwas größeres zu organisieren, organisch veranlagt ist, oder dass man das auch lernen kann, wenn man es denn möchte?
Bin nicht mehr hier, aber noch erreichbar.
Bitte keine coronaleugner
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RE: ADHS und exekutive (Dys-)Funktion
#6
21.04.2018, 20:20
Zitat:hmm, meinst du denn, dass diese unfähigkeit, etwas größeres zu organisieren, organisch veranlagt ist, oder dass man das auch lernen kann, wenn man es denn möchte?
Naja, beides?

Fällt halt schwerer - um das Schwererfallen geht es ja. Ich denke, im Detail funktioniert exekutive Funktion bei jedem einzelnen Menschen ein bisschen anders, und jede*r reagiert daher ein bisschen verschieden auf verschiedene Problemstellungen. Generelle Tendenzen lassen sich aber beschreiben.
...in einer anderen Herde. pink
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RE: ADHS und exekutive (Dys-)Funktion
#7
21.04.2018, 20:26
ja, macht sinn. ich frage mich nur, was die diagnose ADHS z.b. für einen vorteil bietet. sie muss ja eine orientierung geben, vllt wie man mit den problemen die man eh schon hatte, nun besser umgehen kann. was ich nicht gut finde an diagnosen ist wenn man sie benutzt, um zu sagen: so bin ich halt, lässt sich nicht ändern - obwohl es möglich wäre und einem auch gut tun würde, selbst wenn es schwerer fällt als andere.
Bin nicht mehr hier, aber noch erreichbar.
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RE: ADHS und exekutive (Dys-)Funktion
#8
21.04.2018, 20:58 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 21.04.2018, 21:27 von Viltrudis.)
[+] 2 User sagen Danke! Viltrudis für diesen Beitrag
Zitat:ja, macht sinn. ich frage mich nur, was die diagnose ADHS z.b. für einen vorteil bietet. sie muss ja eine orientierung geben, vllt wie man mit den problemen die man eh schon hatte, nun besser umgehen kann.
Naja - mal abgesehen von sowas wie Medikamenten und Therapien spezifisch dafür - es hilft mir schon ungemein, zu wissen, dass ich mit bestimmten Problemen nicht allein bin, und ich sie mir nicht einbilde. Das ist bei ganz vielen psychischen Diagnosen so, denn das Psychische ist in unserer Gesellschaft quasi immer nur einen Schritt entfernt von der Fiktion. (Was sich ja auch z.B. in "Träume sind Schäume" oder "Klarträumen ist reine Einbildung, das gibt's gar nicht!" niederschlagen kann.)

Ne psychische Kondition ist aber genau so real wie eine physische - also wenn ich jetzt z.B. Senkfüße habe und aufgrund dessen Gehbeschwerden, dann gibt es genau den selben Prozess von "hm, irgendwas ist komisch, tut weh" hin zu "ach, das ist es also! wenn ich Schuheinlagen trage, dann geht das weg, wie cool!"

In dem Beispiel ist es auch so, dass die Senkfüße selbst nicht therapiert werden. Im Gegensatz zu so einer physischen Kondition sind psychische Sachen aber vielfältiger, und es ist oft nicht so, dass wirklich klar ist, dass eine Sache gut oder schlecht ist. Klar wünsche ich mir, mit mühsamen Symptomen besser umgehen zu können, aber wenn mich jemand von ADHS "heilen" wollte, würde ich ihn zum Erzengel jagen. grin Es ist halt auch ein integraler Bestandteil meiner Persönlichkeit.

Zitat:so bin ich halt, lässt sich nicht ändern - obwohl es möglich wäre und einem auch gut tun würde, selbst wenn es schwerer fällt als andere.
Ist, glaub ich, irgendwie ein Missverständnis. Wobei es schon Fälle gibt, wo ich das so formulieren würde - z.B. versuche ich nicht mehr, mich selbst dazu zu "erziehen", dass ich mich an Partys mit lauter Musik und Alkohol gewöhne. Wozu denn auch?^^ Genauso gibt es Teilaspekte an im Prinzip jeder Eigenschaft, wo ich mich hinstellen kann und sagen: "Nö, das änder ich nicht. Das gefällt mir so." - das heißt nicht, dass deswegen andere Sachen, die damit verknüpft sind, so akzeptiere und nicht verbessern möchte. Da die Gesellschaft oft einen starken Druck ausübt, in Richtung "jetzt pass dich gefälligst uns an!" tut es ganz gut, in die Gegenrichtung zu pushen. Da ist halt wieder der Aspekt, dass psychische Befindlichkeiten allgemein oft nicht ernst genommen werden, d.h. Gegenüber das "ich kann nicht" sowieso immer als ein "ich will nicht" interpretieren, ganz unabhängig vom Bemühen. Und leider fangen Betroffene irgendwann an, das selber zu glauben. sad

ADHS ist halt auch kein Fluch. Es gibt Dinge, die fallen Menschen mit ADHS leichter als anderen, auch wenn meist über die negativen Symptome geredet wird. Ich kenn mich noch nicht genügend aus, um darüber was zu sagen... glaube, dass da vermutlich auch im nächsten Jahrzehnt noch mehr an Forschung oder generellem Diskurs tun wird. Die umgekehrte Tendenz, dass ADHS (oder Autismus) insgesamt als ein Bonus dargestellt hat, der Menschen sogar besser macht als andere, finde ich aber genauso problematisch. Das Problem liegt in der tief in der Gesellschaft verwurzelten Denkweise, Eigenschaften immer als besser oder schlechter beurteilen zu müssen - statt sie einfach als unterschiedliche Varianten nebeneinander zu stellen, wie Haarfarben oder (mittlerweile allmählich) sexuelle Orientierungen. Vielfalt ist mir sehr sympathisch.^^

~

edit: Weil's mir grad einfällt:

Als Teenager hab ich zweimal meine Brillengestelle komplett ruiniert. Warum? Weil ich beim Lesen ständig damit herumgespielt hab, solange bis die Bügel gebrochen sind. Für ein, zwei Monate bin ich auch mal mit nur einem Bügel herumgelaufen, bis der zweite auch noch kaputt war.
Hätte ich damals gewusst, was ich heute weiß, hätte ich, anstatt (erfolglos) zu versuchen, mir das Herumspielen abzugewöhnen, einfach jedesmal irgendein Fidgettoy zum Lesen mitgenommen. wink1

edit2:
D.h. der Sinn einer Diagnose ist auch, sehr diverse und auf dem ersten Blick getrennt erscheinende Symptome so zusammenfassen zu können, dass die dahinterliegenden Prinzipien besser verstanden werden können. Dass ich für meine Finger eine Beschäftigung brauche, hatte ich mit 18 dann allmählich verstanden. Aber es stand halt sozusagen als Einzelinformation allein da, unverknüpft mit anderen Sachen. Viele Sachen dringen gar nicht ins Bewusstsein, aber wenn ich dann darüber lese, dass es jemand anderem so geht, dann ist das ein kleiner Aha-Moment: "ach ja, so geht es mir ja auch!". Ohne mehr Wissen gehen viele Menschen erst einmal davon aus, dass es anderen Menschen genauso geht wie ihnen, d.h. Probleme werden unter den Tisch gekehrt als "naja, andere kommen damit auch irgendwie zurecht, also mache ich etwas falsch!"
...in einer anderen Herde. pink
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