Viele Menschen, die zur Psychologie finden, haben eine ereignisreiche Selbsterfahrung, die womöglich viele Fragen in ihnen aufgeworfen hat. Diese Selbsterfahrung muss der Mensch irgendwie aufarbeiten, vor allem dann wenn diese leidvoll ist.
C.G. Jung liefert dafür ein sehr wertvolles Weltbild/Modell. Es ist sehr wichtig für die Integration von Erfahrungen eine Sprache zu finden, denn sonst müssen wir Anteile von uns zurückweisen. So mancher Mensch muss erstmal lernen, wie Emotionen in Symbole, also in Sprache umgesetzt werden kann, denn solange der Mensch sich nicht ausdrücken kann, wird er sich gespalten und innerlich zerissen fühlen. Dieses Bedürfnis sich Auszudrücken steht für Menschen mit diversen leidvollen Selbsterfahrungen häufig an erster Stelle!
Daher ist es für diese Menschen häufig nicht so entscheidend, ob die Psychologie von Jung letztlich mit den modernen Neurowissenschaftlichen Erkenntnissen zu vereinen sind. Dieses ist auch ein Grund warum sich Menschen mit Esoterik begnügen, weil es primär erstmal darum geht, seine leidvollen Zustände zu verlassen. Es gibt meiner Meinung nach eine Hierachie, eine Bedürfnishierachie, in wie fern uns rationale Konzepte interessieren oder auch nicht.
So eine Frage ist für Menschen wichtig, die sich mit Forschung beschäftigen, aber nicht für jene die in der Psychologie primär Heilung suchen, denn Heilung findet sich meiner Erfahrung nach nur wenn der Mensch bereit ist seine Subjektivität, sprich seine Gefühle und Bedürfnisse bedingungslos anzuerkennen. Die Wissenschaft, so wertvoll sie auch ist, wird dem Menschen nie diese bedingungslose Annahme geben können, weil sie sich nicht auf subjektive Bedürfnisse festlegen kann. Der Mensch der Heilung sucht, braucht aber genau das. Hm vielleicht ist genau das die Hingabe an das Unperfekte in uns.
Deshalb wäre es für mich auch wichtig, zu verstehen, was überhaupt dein Antrieb ist, dich mit Jungs Werken zu beschäftigen?
Zitat:Mit der Aufzeichnung meiner Träume befasse ich mich, seit eine Sterbende mich dazu beauftragt hat, nunmehr vor sieben Jahre.
Das ist ja auch eine spannende Geschichte. Wie kam es denn dazu? Was ist
deine Motivation, deine Träume aufzuschreiben?
Nihilismus und Jung liegen nach meiner Auffassen ja sehr weit auseinander. Wie kommt es denn dann, dass du dich für Jung interessierst? Wie vereinbarst du diese Gegensätze in dir?
Jung sagte ja das wir dem göttlichen nicht entkommen können, auch nicht als Atheist oder Nihilist und dass Menschen die die Göttlichkeit ablehnen, kompensatorisch etwas anderes vergöttert würden, eben stellvertretend. Ob das nun der Fußballverein ist, ein Musiker, ein Künstler, eine Frau, sich Selbst, die Wissenschaft, die Logik, die Natur, wie auch immer, irgendwo wird jeder Mensch eine leidenschaftliche Hingabe an eine Kraftquelle leben, die er über sich stellt und aus der er Ressourcen für sich schöpft. Dort befindet sich sein Zugang zu dem was andere Gott nennen.
Und natürlich kann das auch ein sehr nüchterner Nihilismus sein. Manchmal versteckt sich ein Anteil den wir ablehnen, sogar in seinem Gegenteil.