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Trauma

Trauma
#1
30.09.2020, 18:51 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 30.09.2020, 20:45 von ichbinmehr.)
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Ich habe heute einen Vortrag gehört, der mich sehr berührt hat, weil ich es immer wieder so erlebe. Es geht um Traumatisierung von Kindern und die Ignoranz dessen in der Gesellschaft.


Zitat:Was ist Traumatisierung?

Was ist Trauma?


Trauma heißt Verletzung.
Traumatisierung heißt verletzt werden.


Die Frage ist, wie kann ein Kind sich selbst und ihre Umwelt hervorbringen, wenn das passiert?
Wie bin ich?


Wie ist mein Körper?
Wer tut was mit mir?


Und was wenn das ständig wieder passiert, immer wieder schädlicher Sachen.
Sachen, die mehr kaputt machen als Materie, Gehirn, Körper und Geist.


Was wenn es kein Schutz gibt?


Was wenn die Familie da ist, aber nichts sieht, nichts hört, und nichts wahrnimmt?


Das Kind ist alleine.


Wie kann ein Kind was durch und durch sozial ist und in affektiver Beziehung wachsen muss,
wie kann es sich normal entwickeln?


Und wenn es auch noch Schweigen muss, niemals davon reden darf.


Wenn du davon redest, dann werde ich dich töten und dann wird es noch schlimmer?


Das Kind hat nur noch in der Stille zu leben, nicht laut.


Und dann ist es noch so, dass die Familie, Nachbarn und auch professionelle Menschen,
sowie Ärzte, Psychologen, Psychiater es lieber nicht sehen wollen.


Das ist die Geschichte der Psychologie. Ich könnte lange davon reden.


Aber wir wollten es lieber nicht wissen.
Die Gesellschaft will es nicht wissen.


Wie kann es sein, dass Tardieus Artikel über Kindesmissbrauch im 19 Jahrhundert, wo sich um körperliche Verletzungen handelte, überhaupt erstmal nicht publiziert werden konnte?
Und als es publiziert wurde, nur mit viel Mühe und dann hat keiner es gelesen.


Wie konnte es sein, dass Sigmund Freud seinem Schüler Ferenczi verboten hatte, seine Artikel, die sich auf Kinder bezogen haben zu publizieren?


Warum ist das Wort Trauma erst Ende des 19 Jahrhundert, das erste Mal auch im geistigen Bereich gebraucht wurden?


Warum ist Anerkennung für Traumata, zum größten Teil durch Kriege gekommen?
Und dann immer wieder vergessen worden?


Alles was gelernt wurde über Trauma in der Psychiatrie, nach dem Ersten Weltkrieg war vergessen, als der Zweite Weltkrieg anfing. Und dann wurde wieder alles vergessen und in Vietnam musste alles wieder aufs Neue erfunden werden.


Und warum denn dieses Interesse bei Männern, wo sind denn die Frauen und Kinder?


Wurde 1859 nicht die Hysterie durch Briquet untersucht und klar beschrieben,
dass die meisten Kinder und Frauen von schlimmer Traumatisierung berichten?


Warum sollten wir das nicht wissen?


Ignoranz ist überall.


Bei Tätern herrscht Ignoranz von Opfern.


In der Familie herrscht die Ignoranz der Bedürfnisse der Opfer.


Nachbarn, professionelle Leute, Gesellschaft, überall die gleiche Sache.


Warum hat es so lange gedauert, dass in Boston anerkannt worden ist,
wie viele Priester Kinder systematisch missbrauchen?


Und die Kirche war sehr aktiv in der Verneinung.


Das ist die Traumawelt.


Ignoranz.


Warum?
Weil wir fragil sind.


Wenn wir fragil sind, müssen wir es bewältigen.


Also reden wir von der Trauma Trinität:


Ignoranz – Fragilität und Kontrolle."


Zitat Ende.

Ellert Nijenhuis – Vortrag: Chronische Traumata. Ellert Nijenhuis Ph.D. ist Psychologe, Psychotherapeut, Traumaforscher und Experte in Diagnostik und Behandlung schwerer Traumata.


Mich hat diese Textpassage heute sehr sehr berührt, weil er genau das wieder spiegelt, was sich als schwerst traumatisierter Mensch mein ganzes Leben lang schon in meinem Umfeld erlebe.


Ignoranz für mein Leiden. Ignoranz für meine Empfindsamkeit.


Ignoranz für meine bis heute anhaltende Zerstörung meines lebendigen Selbst.
Ich bin um überhaupt mit dieser Erfahrung umgehen zu können, um weiter leben zu können, sehr früh in eine Haltung des Verstehens der Täter gerutscht. Sowie in eine Haltung der Kompensation durch das Helfen andere Betroffener.


Ich habe viele Jahre im Kindergarten als Erzieherin gearbeitet, weil ich mir erhoffte, andere Menschen, ja vor allem Kinder vor der Gefahr der Traumatisierung zu bewahren. Aber ich sah, dass das überall geschieht und niemand etwas unternimmt. Immer dann wenn ich diese Vorfälle angesprochen habe, wurden Vorfälle bezweifelt und geleugnet.


Ich habe es vielfach erlebt, wie Eltern als auch Erzieher sich Kindern gegenüber übergriffig verhalten haben, wie das Wohl argloser Kinder immer wieder gefährdet wurde, weil Kinder für viele Menschen anscheint keinen Wert haben.


Weil sie ihre eigene (unbewusste) Wertlosigkeit im Kind sehen und drauf hauen, ob physisch oder in Form eines perfiden emotionales Missbrauchs. Und dann sagen sie, wieso es war doch nichts. Ich sehe nichts. Stell dich nicht so an. Sei nicht so Über-Sensibel.


Und lange Zeit habe ich mich auch noch schuldig gefühlt, als wäre ich zu sensibel. Als wäre meine Empfindsamkeit das Problem.


Ich habe erlebt, wie ein ganzes System wegschaut, wenn man diese Situationen in denen Gewalt und Ignoranz gegenüber Schwächeren geschieht, anspricht. Immer wieder habe ich das erlebt. Und immer wieder war das für mich ein erneuter Schlag ins Gesicht, denn die Ignoranz bedeutet für mich eine kontinuierliche Retraumatisierung.


Wieder werde ich dazu verdammt zu Schweigen, obwohl ich nicht mehr schweigen will. Ich habe erlebt, wie Kollegen wegschauen, wie Chefs wegschauen, wie Jugendämter wegschauen. Wie Eltern wegschauen. Wie Freude wegschauen.


Ich habe erlebt, wie meine Eltern weggeschaut haben, als ich versucht habe mit ihnen aufzuarbeiten, was in meiner Kindheit an Gewalterfahrungen geschehen war. Aber sie haben die Gewalt alle geleugnet. Sie haben mir ein Gefühl gegeben, als sehe ich da etwas nicht richtig. Als sei ich zu übersensibel. Als sei ich Schuldig.


Ich habe erlebt, wie meine Freunde weggeschaut haben, als ich begann von meinen frühen Traumatisierungen und dessen Folgen zu sprechen, die ich über sehr viele Jahre still erdulden musste.


Über die ich viele Jahre still geschwiegen habe, weil ich spürte, wie unangenehm, dieses Thema allen ist. Als ich anfing zu reden, wendeten sie sich ab. Wieder fühlte ich mich schuldig.


Ich habe erlebt, wie Menschen die diese Muster der Gewalttätigkeit haben, mich nicht gehört haben, als ich sagte, du tust mir mit deinem Verhalten weh. Du ignorierst mich, mit dem was ich dir mitteile. Sie haben meine Bedürfnisse einfach ignoriert.


Um so verletzlicher ich mich gezeigt habe, um so mehr haben sie drauf gehauen. Das schlimmste an der ganzen Gewalt war für mich immer die Verleugnung der Tat.


Ich lasse mich nicht mehr verleugnen.
Das ist der fehlende Teil der in meinem Schatten lag.


Ich habe vor kurzem meinen Job hingeworfen, begleitet von einem lauten Befreiungschrei. Und wieder wurde ich verständnislos angeschaut. Wieder gab man mir die Schuld, als ob mit mir irgendwas nicht stimmt. Ich hab gesagt ich kann hier nicht mehr arbeiten, weil ich Pädagogin bin.
Ich habe die Missstände lauthals angesprochen,. Aber sie haben alles wieder verdrehen wollen, als wäre ich die die etwas nicht richtig sieht. Und lange Zeit habe ich das geglaubt.


Ich kann dieses System, welches die Bedürfnisse von Kindern systematisch ignoriert nicht länger unterstützen. So fühle ich mich schon mein ganzes Leben lang. Aber ich hatte Angst meine Wahrheit auszusprechen. Wenn ich von meinen authentischen Bedürfnissen und meinen Gefühlen spreche, dann werde ich regelmäßig ignoriert. Man verdreht die Augen über meine Empfindsamkeit.


Weil alle weggeschaut haben, konnte ich nur selbst hinschauen. Wo in mir ist die Gewalt, die Gewalt und die Ignoranz ich tagtäglich im Außen sehe? Wo ist der Täter in mir? Wenn es da noch etwas gibt, möchte ich es sehen.


Was mir jedoch fehlte, war mich selbst ernst zu nehmen. Ich tat es nicht, weil ich mich dann noch ohnmächtiger fühlte, einer Welt zu begegnen die Ignorant ist gegenüber der Gewalt, die Kindern zugefügt wird.


Warum schafft es eine ganze Gesellschaft, dieses Thema fortwährend von sich zu weisen, als ob das nichts mit ihr zu tun hätte?


Was muss passieren, dass ihr endlich hinschaut?


Was wäre die Folge dessen?


Müsste ihr dann nicht euer Herz öffnen?


Aber vielleicht geht es euch genauso wie mir?

Ihr wüsste dann gar nicht wie ihr das aushalten sollt,
mit einem empfindsamen Herzen durch diese Welt zu gehen und all dieses Leid zu fühlen.
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RE: Trauma
#2
06.10.2020, 11:52 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 06.10.2020, 12:21 von Lucinda.)
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Ich höre mir ganz gerne die youtube-Clips über Trauma (-Therapie) von Dami Charf an:

https://www.youtube.com/watch?v=hA6bHHVxcng

https://www.youtube.com/watch?v=YVwItBeayVg

https://www.youtube.com/watch?v=pdJPvH5Tu7c

https://www.youtube.com/watch?v=LbYN_e8_KX0

Bzgl. Gestaltung einer eigenen pädagogischen Praxis gibt es doch auch die Möglichkeit, sich mit anderen zusammenzuschließen, Räume anzumieten und eine gemeinsame - erst mal kleine - Einrichtung zu eröffnen. Es ist natürlich immer erst mal eine finanzielle Frage. 
Aber ich habe auch schon Kindertagespflegepersonen kennengelernt, die mit einer eigenen Einrichtung Erfolg hatten.
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RE: Trauma
#3
06.10.2020, 15:25 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 06.10.2020, 15:46 von ichbinmehr.)
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Ja die Dami Charf kenne ich. Die hat auch ein gutes Buch über Trauma geschrieben.

Und danke für die Idee mit der Tagespflege, aber ich glaube ich muss jetzt auch mal etwas ganz anders machen. Da kommen viele Faktoren zusammen. Erstens, dass ich Kinder nicht mehr auf diese Weise verwahren möchte, wie das in öffentlichen KiTas geschieht. Zweitens mein Hörsturz. Drittens langweile ich mich intellektuell und brauche eine Aufgabe, die mehr zu mir passt. Wo ich ganz ich sein kann. Wo ich meine Stärken besser ausleben kann und meine Hochsensibilität eine Ressorce ist, die auch Verwendung findet. Und wo meine analytischen Fähigkeiten einen Sinn machen.

In der KiTa egal in welcher, ist man Dienstleiter für Eltern, die ihr Kind betreut sehen wollen. Ich möchte jedoch auf die Bedürfnisse des Adressaten eingehen und ihm eine passendes Gegenüber in der Beziehung anbieten. Das konnte ich oft nicht, weil es ja immer den Spagat zwischen den Erwartungen der Gesellschaft, des Trägers, des Chefs, der Kollegen, der Eltern, sowie enorme Widrigkeiten auf Grund von Personalmangel und schlechten Arbeitsbedingungen, gab.

Und so fühle ich mich schon lange, als geht mein Interesse an denen einer Kindertagesstätte vorbei. Ich möchte Menschen helfen positive Veränderungsprozesse an Gang zu bringen. Das ich in so vielen Fällen nicht helfen konnte, weil das meine Kompetenz als Erzieherin überschritten hat, auch weil das teils systemische Probleme sind,  hat mich auch schon viele Jahre gestört und natürlich immer ans eigene Trauma erinnert. Da wo ich dann immer aufhören musste einzugreifen, fand ichs erst interessant. Da war dann aber Ende, weil ich bin ja nur die Erzieherin des Kindes.

Ich möchte auch Erfolge sehen, die ich als Erfolge verstehe. Die gab es damals als ich noch Gruppenleitung war und über meine Gruppe entscheiden konnte. Da hatte ich viele Erfolge. Ich hatte dann aus gesundheitlichen Gründen meine Leitungsfunktion abgeben müssen und seither, komme ich überhaupt nicht mehr dazu, dort Erfolgserlebnisse zu spüren. Meine Kollgen verstehen ihre Arbeit anders als ich. Als ich keine Leitung mehr hatte, hatte ich nichts mehr zu sagen.

Im Gegenteil, es gab immer wieder Vorfälle von Kindeswohlgefährdung aus dem Team, die von allen Seiten ignoriert werden. Das widerspricht allem, wofür ich diesen Job mal aus Berufung ergriffen hatte. Und natürlich triggert das mein eigenes Gewalttrauma und triggert meine Nervensystem so, dass ich ständig überregt oder unterregt bin. Zusehen zu müssen, wie alle, aber wirklich auch alle wegschauen, wenn sowas passiert und ich alleine nichts ausrichten kann. Immer wieder habe ich das erlebt und ich weiß nicht, ob ich mir das weiter zumuten sollte. Ich kann die Welt nicht ändern, aber ich kann mir einen anderen Ort/Job suchen, wo ich vielleicht erfahre, dass ich etwas bewegen kann. Das brauche ich, um eine Sinnerfüllung zu erleben.

Ich fand die stark beeinträchtigten Kinder immer schon am interessantesten und hatte immer große Freude gerade dort die passende Intervention zu finden. Als ob ein Kind so ein Art Rätsel ist, dass man lösen darf. Um so schwieriger das Rätsel, um so größer die Freude, wenn man so einem Menchen helfen konnte. Deshalb möchte ich versuchen irgenwas in Richtung Beratung, Coaching, Therapie zu lernen, weil ich denke, dass ich da mit meiner Hochsensibilität und der Begeistung für Analyse vielleicht besser aufgehoben bin.

Und ich liebe Kinder total. Es lag nie an den Kindern! Nichteinmal habe ich daran gedacht wegn der Kinder dort aufzuhören, es waren immer die widrigen Umstände, die ich einfach nicht aushalte. Es macht mich auch traurig die Kinder zu verlassen. Ich glaube es war ein gegenseitiges geben und nehmen. Ich habe auch viel von denen bekommen. Das wird mir fehlen. Aber ich brauche einen Ort, wo ich mich mit meinen Fähigkeiten erwünscht fühle, wo ich nicht so viel Energie täglich verliere, um gegen die Windmühlen des Systems zu kämpfen. Ich kam da ja aus dem Frust nicht mehr aus.

Um so mehr ich mich aus der Zwangsanpassung an das System selbst befreie, um so wenige Lust habe ich, Kinder in dieses System hinein zu erziehen. Es war ja auch mein Job Kinder auf die Schule vorzubereiten. Das alles war Konflikthaft für mich, weil ich nichts von diesem Schulsystem halte. Ich denke ich möchte lieber Menschen helfen, das System zu verlassen, sich zu befreien, Menschen wie mir, die sich vielleicht schon immer unverstanden fühlen.

In der KiTa ist das auch eine pausenlose Reizüberflutung für mich. Die Anforderungen an die eigene emotional Belastbarkeit ist enorm hoch. Dazu die Geräuschkulisse und ich habe schon einen Hörsturz.  Zuzusehen wie die u3 Kinder teilweise nichtmal ausreichend gepflegt (Wickeln/Schlafen) werden können, egal wie man sich bemüht, man die elementaren Bedürfnisse oft nicht befriedigen kann, schon gar nicht die emotionalen, das ist nur noch frustrierend. Und das jeden Tag, ohne Aussicht auf Besserung.

Ich weiß das schon ein paar Jahre, dass das auf Dauer so nicht mehr weiter geht, aber ich habe eben auch ängstliche Anteile in mir, die noch in Erstarrung verharren mussten. Das gehört zu meiner Traumafolgestörung, dass ich Veränderungsprozessen gegenüber sehr ängstlich bin und lieber in der Qual verharre, als mich in unbekanntes Gebiet zu bewegen. Aber auch das sind sehr interessante Erfahrungen, zu sehen wie schwer es manchen Menschen fällt, so etwas zu überwinden. Gerade dass ich eine komplexe Traumatisiertung habe, ermöglicht es mir, andere Menschen besser zu verstehen. Gerade weil ich so vieles, was für andere normal ist, nicht mal so eben kann.

Um sich aus der Sicherheit des Jobs zu lösen braucht man Ressorcen, weil das Loslösen auch immer von den Ressorcen abhängig ist. Und weil ich schon lange unter all dem leide, geschah es eben abrubt, weil ja ein Teil von mir das eigentlich schon lange nicht mehr aushält. Scheinbar sind die Ressorcen jetzt da, dass ich abspringen konnte. Es kommt mir zwar zur Zeit mehr so vor, als habe ich mich total ins aus manövriert, weil ich eben noch nicht weiß wie ich das bewerkstelligen soll, aber jede Krise findet auch ein Ende. Ich bin froh, dass ein Teil in mir nun bereit ist neue Wege zu gehen, wohin auch immer.

Und es ist auch krass wie viel gerade nochmal aus der Kindheit hochkommt. Es kann erst jetzt kommen, weil ich alles losgelassen habe. Ich habe nicht nur meinen Job losgelassen, sondern ich bin aus dem Funktionieren ausgestiegen. Das begann ja schon in meiner Kindheit, nicht erst im Job. Das Funktionieren zog sich seit der Anpassung an meinen narzisstische Mutter (wie im Buch von Alice Miller - Das Drama des begabten Kindes beschrieben) über die Schulzeit, durch die Ausbildung, durch die Arbeitsjahre. Ich habe nicht nur einen Job verlassen, sondern bin aus einem 40jährigen Gefängnis ausgestiegen. Das kann ganz schön Angst machen, ich kannte ja nur dieses Gefängnis. Und jetzt ist der Käfig weg, aber auch jede Sicherheit. 
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RE: Trauma
#4
06.10.2020, 20:36
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Spannend und interessant, was du schreibst, es ist jetzt die Zeit des Aufdeckens aller Lügen in der Gesellschaft,
es wird aufgezeigt was so lange als Tabu versteckt blieb, so viele Pädophile und Vergewaltiger wurden verhaftet und es geht noch weiter, ich hoffe, dass ich noch erlebe wie sie alle fallen.
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RE: Trauma
#5
07.10.2020, 11:59
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Nicht immer muss es ja so extrem sein, dass es sich um Pädophile und Vergewaltiger handeln muss. Das ist ja auch mein Problem mit der Sache. Dass es eben auch oft Formen der Gewalt gibt, die sich in einem Grenzbereich befinden, so dass diese von Menschen bagatellisiert werden. Nach dem Motto, ich erziehe meine Kinder, wie ich das will oder das ist eben mein Erziehungsstil. 

Der letzte Vorfall in der KiTa der für mich zb eine klare Kindeswohlgefährdung war, der aber vom gesamten Team ausgeblendet und bagatellisiert wurde, bestand daraus, dass eine Erzieherin ein 3 Jähriges Kind regelmässig zum Essen zwang bis es sich erbrach. Das Kind hatte zu Hause kleine Hinführung zu normaler Nahrungsaufnahme gehabt, also teilweise noch das Milch Fläschchen bekommen. Es konnte nicht richtig kauen. Immer wieder erbrach es sich, wenn man ihm zu harte Nahrungsteile anbot. Die Erzieherin hatte dann versucht dem Kind das Essen, mit Gewalt einzuflößen bis sich das Kind erbrach, Panik Anfälle bekam, sobald es zum Mittagessen gehen sollte. Immer wieder. 

Das sind dann so Situationen, wo der eine so eine Situation toleriert, sich wegdreht und sagt, nicht mein Bier. Das Kind ist nicht in meiner Gruppe, da bin ich nicht für verantwortlich. Andere Menschen, so wie ich, die können das nicht aushalten, weil ich ein leidendes Kind sehe und denke hier läuft etwas total schief. Das ist nicht fachlich und nicht menschlich und ich will das das aufhört. Ich möchte nicht dass Kinder in meiner Gegenwart auch hinter der verschlossenen Türe so behandelt werden. Stopp. Finde eine andere Lösung, wenn du willst das das Kind isst. 

Leider war die Erzieherin sehr dominant, hat das sobald ich nicht im Raum anwesend war, weil das entsprechende Kind in einer andere Gruppe aß als ich, wieder gemacht. Ich habe mit der Erzieherin gesprochen und ihr Alternativen aufgezeigt, ihr meine Hilfe angeboten. Das alles hat sie abgelehnt. Sie wollte das so. Ich habe mir bei der Leitung Hilfe geholt, die hat es ignoriert. Die anderen Kollegen haben weggeschaut. Zu Anstrengend sich damit auseinander zu setzten. Mit dem Jugendamt hatte ich mehrmals die gleiche Erfahrung, keine Hilfe in solchen Situationen. Man schaut weg, weil man sich nicht mit sowas auseinander setzten möchte. Und dann triggert diese Hilflosigkeit eben massiv mein eigenes Gewalttrauma. 

Hier eine gute Erklärung von Dami Charf, warum Menschen wegschauen. 

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RE: Trauma
#6
07.10.2020, 17:06 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 07.10.2020, 17:53 von Lucinda.)
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(07.10.2020, 11:59)ichbinmehr schrieb: Der letzte Vorfall in der KiTa der für mich zb eine klare Kindeswohlgefährdung war, der aber vom gesamten Team ausgeblendet und bagatellisiert wurde, bestand daraus, dass eine Erzieherin ein 3 Jähriges Kind regelmässig zum Essen zwang bis es sich erbrach. Das Kind hatte zu Hause kleine Hinführung zu normaler Nahrungsaufnahme gehabt, also teilweise noch das Milch Fläschchen bekommen. Es konnte nicht richtig kauen. Immer wieder erbrach es sich, wenn man ihm zu harte Nahrungsteile anbot. Die Erzieherin hatte dann versucht dem Kind das Essen, mit Gewalt einzuflößen bis sich das Kind erbrach, Panik Anfälle bekam, sobald es zum Mittagessen gehen sollte. Immer wieder. 

Haben die Eltern davon erfahren bzw. das gewusst?

Da wollten sich die Mitarbeiter / Leitung vermutlich nicht mit der Kollegin anlegen.

Man könnte sich zudem an die nächst höhere Instanz wie an die Trägerleitung wenden.

Bei einer Anzeige müsste auch das JA tätig werden. 

Vermutlich ist es zudem nicht "nur" bei der Essenssituation geblieben.

BR / Artikel von 2019: Psychische Gewalt an Kindern: in Bayerns Kitas keine Seltenheit: 
https://www.br.de/nachrichten/bayern/psy...ag,RePnQIQ

SEELENPRÜGEL - Was deinem Kind in der KITA wirklich passiert und was du dagegen tun kannst:
konkret ab Min. 35:00
https://www.youtube.com/watch?v=YhY2z093svk
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RE: Trauma
#7
07.10.2020, 19:06 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 07.10.2020, 19:11 von ichbinmehr.)
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Das war nicht das erste Mal, dass ich sowas erlebt habe und ich bin vor ein paar Jahren einmal durch sehr viele Instanzen gegangen. Ich war auch bei diversen Trägervertretern, die jedoch Teil des Problems sind, denn es kommt ja ganz viel Druck von oben, wenn zb wieder entschieden wird, dass in einer Gruppe mit 25 Kindern dann doch noch U3 Kinder aufgenommen werden. Dann gibt es ebene ne Sondergenehmigung vom Landesjugendamt, das das möglich macht. Auch wenn das personell oder räumlich nicht zu stemmen ist, ohne dass man grobe fachliche Fehler macht.

Das sowas passiert hat ja eine systemische Dynamik, die es leider unmöglich macht, ganz grundsätzlich etwas daran zu ändern. Solange wirtschaftliche Interessen im Vordergund stehen, wird sich das nicht ändern. Man kann den Druck nicht von den Kindern nehmen, ohne dass man den Druck von den Mitarbeitern, von der Gesellschaft nimmt. Die Mitarbeiter bekommen aber immer nur mehr Druck. Das Verhältnis zum Träger, wo eben auch das Jugendamt sitzt, ist leider nicht vertrauensvoll. Und dann gibt es eben die einen Erzieher, die die Gewalt nach unten weiter geben und die anderen, die die Gewalt dann gegen sich selbst richten, zb in Form von Erkrankung, Burnout oder sonstwas.

Es geht auch nicht um diesen Vorfall. Ich möchte da auch nicht weiter ins detail gehen, es sollte nur mal ein Beispiel sein. Das Kind ist glücklicherweise im Sommer umgezogen. Ich habe einfach keine Kraft mehr, dass das immer wieder passiert. Und es passiert immer wieder. Und immer wieder läuft die Auseinandersetzung damit gleich. Solange das Sytem das aber dultet indem es wegschaut, habe ich keine Chance da was auszurichten.

Mich triggert ja auch dass Kinder in Kitas grundsätzlich nicht gut aufgehoben sind, weil sie unter Bedingungen betreut werden, die Traumata verursachen. Jeder der sich nur ein bisschen mit Entwicklungspsychologie und dem entstehen von Traumata auskennet, muss klar sein, dass das nicht ohne das Kinder Schaden nehmen funktioniert, wenn sie in viel zu großen Gruppen, teils auf zu engen Raum, teils nicht Altersgerecht zb kein Schlafraum und oft eben unter schlechten personellen Bedingung betreut werden. Solange da ein ganze Gesellschaft noch wegschaut, möchte ich nicht mehr diejenige sein, die die Lösung dafür finden muss.

Aus dem Mindset das Lösen zu müssen,  bin ich raus. Zum Glück, denn das brennt mich total aus, weil ich ja nichts bewegen kann, ohne die Unterstützung der Gesellschaft. Ich habe da ja viele Jahre gekämpft in der Hoffnung etwas bewirken zu können. Ich bin froh, dass ich diesen Kampf jetzt aufgeben konnte, denn der ist ja auch immer ein Ausdruck einer eigene Projektion. Ich bin ja Erzieherin geworden, weil das die Kompensation für meine eigene Kindliche Ohnmacht war. Jeder vernünftige Mensch wäre da schon seit Jahren weg gewesen, aber ich wollte eben gegen Windmühlen kämpfen, weil dieses eine Funktion für mich hatte. Solange man sich für andere stark macht, muss man nicht fühlen wie es um einen selbst steht. Aus diesem Zwang, bin ich jedoch schrittweise immer mehr ausgestiegen. Das Aufgeben anderer ist daher ein Zeichen, dass ich immer stabiler werde und mit meiner eigenen durch Traumata verursachte Ohnmachtsgefühle leben kann, ohne Kompansation.

Nichtsdestro trotz helfe ich Menschen gerne, aber ich möchte eben nicht mehr gegen Windmühlen kämpfen müssen. Ich möchte erleben, dass ich mit meinem Wertesystem mal am richtigen Ort bin. Ich weiß, schon ich habe einen hochen Anspruch an humanistische Werte, auch das ist eine Traumafolge weil ich dadurch eben Hochsensibel bin. Ist nicht leicht damit durch die Welt zu gehen und eine Ort zu finden, wo diese Sensibilität toleriert wird. Man erlebt leider sehr wenig, dass andere Menschen darauf Rücksicht nehmen können. Und deshalb geht das leid für traumatisierte Menschen oft immer weiter, weil es eben nicht Vergangenheit ist. Wenn man eine sehr sehr dünne Haut hat, dann tun Dinge weh, die andere gar nicht spüren.

Ich sehe es aber mitlerweile so, dass ich diese Traumafolgestörungen zwar versorgen kann, so dass es etwas besser wird. Aber erstens dauert das Jahre, zweitens wird das nie ganz weg gehen. Deshalb denke ich, es ist besser sich eine Umgebung zu schaffen, wo man genauso wie man ist, zb mit einer sehr dünnen Haut, dafür aber mit einem feinen Gespür erwünscht ist. Das ist eben die Frage die ich mir noch Stelle, wo ist dieser Ort?

Im Buch von Alice Miller - Das Drama des begabten Kindes, wird die Entstehung der Hochsensibilität beschrieben. Ein Kind das zb von Gewalt oder Missbrauch bedroht ist, erspürt ob es eine Gefahr gibt. Es erspürt feine Nuancen. Dieses ist ein Überlebenprogramm und dient dazu den Täter zu beschwichtigen, ihm jeden Wunsch an den Augen abzulesen.

Wenn du in so eine Familie hineingeboren wirst und seitdem du Baby bist, gelernt hast, ich muss die Menschen in der Umgebung erspüren, dann entwicklest du über sehr viele Jahre eine systematische Hochsensibilität. Diese kann dann aber in einer normalen Situation schon zu einer Reizüberflutung führen.

Ich habe lange versucht mich an das anzupassen, was gesellschaftlich von mir erwartet wird. Ich hatte ja früher auch selbst kein Verständnis für mich und vor allem keine Alternative. Jertzt habe ich Verständnis für mich, aber noch keine Alternative. Seitdem ich verstanden habe was ich eigendlich brauche, habe ich Schritt für Schritt darauf hingearbeitet. Mein Leben hat sich schon an vielen Stellen positiv verändert. Die Arbeit war der letzte Aspekt, der mir noch echt Angst gemacht hatte. Denn es macht mir noch existentielle Angst, so zu sein wie ich bin.

Ich hoffe ich finde, einen Ort wo gerade das feine Wahrnehmen anderer Menschen als Gabe verwendung findet. Diesen Ort der Akzeptanz den habe ich bisher nur bei mir zu Hause, weil ich mir das selbst gebe, aber da draußen, da sehe ich diesen Raum noch nicht. Möglicherweise ist das auch immer noch eine Projektion, auf Grund der Traumafolgestörung, also eine Täterintrojektion. Dieser Aspekt ist mir aber noch unbewusst. Diesen Ort der Akzeptanz nicht zu haben, erzeugt halt immer wieder das Gefühl, dass ich in der Welt nicht erwünscht bin. Und ich möchte erwünscht sein, und mir das geben, fühle mich aber noch hilflos, mir diesen Raum in der Welt da draußen zu geben. 
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RE: Trauma
#8
08.10.2020, 08:50 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 08.10.2020, 17:30 von Lucinda.)
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(07.10.2020, 19:06)ichbinmehr schrieb:
Das sowas passiert hat ja eine systemische Dynamik....

Solange wirtschaftliche Interessen im Vordergund stehen, wird sich das nicht ändern....

Die Mitarbeiter bekommen aber immer nur mehr Druck. 

Und dann gibt es eben die einen Erzieher, die die Gewalt nach unten weiter geben und die anderen, die die Gewalt dann gegen sich selbst richten, zb in Form von Erkrankung, Burnout oder sonstwas. 


Ich möchte erleben, dass ich mit meinem Wertesystem mal am richtigen Ort bin. Ich weiß, schon ich habe einen hochen Anspruch an humanistische Werte.... Ist nicht leicht damit durch die Welt zu gehen und eine Ort zu finden, wo diese Sensibilität toleriert wird. Man erlebt leider sehr wenig, dass andere Menschen darauf Rücksicht nehmen können. 


Wenn du in so eine Familie hineingeboren wirst und seitdem du Baby bist, gelernt hast, ich muss die Menschen in der Umgebung erspüren, dann entwicklest du über sehr viele Jahre eine systematische Hochsensibilität. Diese kann dann aber in einer normalen Situation schon zu einer Reizüberflutung führen.

Ich habe lange versucht mich an das anzupassen, was gesellschaftlich von mir erwartet wird. Ich hatte ja früher auch selbst kein Verständnis für mich und vor allem keine Alternative. Jertzt habe ich Verständnis für mich, aber noch keine Alternative. Seitdem ich verstanden habe was ich eigendlich brauche, habe ich Schritt für Schritt darauf hingearbeitet. Mein Leben hat sich schon an vielen Stellen positiv verändert. Die Arbeit war der letzte Aspekt, der mir noch echt Angst gemacht hatte. Denn es macht mir noch existentielle Angst, so zu sein wie ich bin. 

Ich habe den Eindruck, dass man letztlich wirklich nur allein - sein mit sich selbst sein kann. Ich finde nicht nur an einem Ort, bei einem Menschen die Bestätigung oder Heimat, die ich benötige, sondern finde nur "Einzelteile" an verschiedenen Orten bei verschiedenen Menschen. big  

Ich halte ja Hans-Joachim Maaz bzgl. der Narzisstischen und normopathischen Gesellschaft für recht aufschlussreich.

Warum sollten eigentlich "Hochsensibilität" und "Rücksichtnahme" nicht richtig sein, wenn die gesellschaftlichen Werte vielleicht eher pathologisch sind? - Mal provokant gefragt. cool  

Hans-Joachim Maaz: Das falsche Leben, unsere normopathische Gesellschaft: https://www.youtube.com/watch?v=tJlZNmqMcD4

Ergänzend in kürzerer Form im Interview (2017): Wir dürfen nicht sein, wie wir sein möchten: 
https://www.youtube.com/watch?v=-fFJf5Y_D2I&t
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RE: Trauma
#9
09.10.2020, 00:45 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09.10.2020, 01:07 von ichbinmehr.)
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Zitat:Ich habe den Eindruck, dass man letztlich wirklich nur allein - sein mit sich selbst sein kann. Ich finde nicht nur an einem Ort, bei einem Menschen die Bestätigung oder Heimat, die ich benötige, sondern finde nur "Einzelteile" an verschiedenen Orten bei verschiedenen Menschen.

Ja stimmt natürlich. Und es ist ja auch logisch, weil das eben Ausdruck der eigenen Individualität ist. Ich denke, ob man bekommt, was mich sich wünscht, hängt auch davon ab, ob man es sich wert ist und wie viel Mühe man auf sich nimmt, so einen Ort zu finden, wo man der Mensch sein kann, der man ist. Die Gesellschaft kann einem nur pauschale Angebote unter die Nase halten. Ich glaube man braucht erstmal ein Bewusstsein für die eigenen Individualität, um Wünsche überhaupt formulieren zu können. Das hatte ich zb vor einigen Jahren noch gar nicht. Und schon gar nicht, als ich vor 25 Jahren meinen Beruf gewählt hatte.

Und wenn man bei den Pauschal Angeboten zugreift, obwohl es nicht so ganz passt, vielleicht auch, weil man noch gar nicht weiß wer man ist und wie man leben will, kann es eben sein, dass das oft ein fauler Kompromiss entsteht. Man braucht sehr viel Selbsterkenntnis und Mut, diese pauschalen Angebote abzulehnen und zu sagen, nein ich muss mich nochmal verändern, ich brauche da etwas ganz spezielles, damit ich glücklich werde.

Ob man diese Möglichkeit einen Ort zu finden überhaupt in Betracht zieht, hängt sehr stark vom eigenen Selbstwert ab. Ich hänge da leider immer noch etwas in meiner Erziehungstrance, wo es eben nie die Möglichkeit für mich gab, Kompromisse für mich heraus zu handeln. Ich erfahe es generell sehr selten dass sich Menschen auf mich einlassen, aber ich denke, dass liegt bestimmt noch an negativen Introjekten. Das ist auch eine typische Traumafolge, dass man die Welt als schwarz und weiß sieht.

So hat sich dieses Selbstbild, dass ich falsch bin und mich anpassen muss, dadurch verfestigt. Ich bin zb sehr oft an meinen Eltern gescheitert, die überhaupt nicht auf mich eingegangen sind. Ich hatte immer nur die Möglichkeit mich anzupassen, eigene Bedürfnisse zurück zu stellen, ja zu verdrängen und den anderen zu verstehen. Das war eben eine Überlebenstrategie und es braucht sehr viel innere Wandlung, um diese Strategien, die so Angstbesetzt sind, zu verändern.

Ich bin diesbezüglich auch nicht unrealistisch. Aber was ist Realismus und was ist Pessimismus?
Gibt es nur den Träumer und den Realisten? Oder gibt es den Träumer, den Optimisten und den Pessimissten? Und ist nicht der Realist, der aus allen erträumten Optionen eine Mitte konstruieren muss?
Wie das "Ich" in Freuds Modell, welches aus "ES" und "Über- Ich" einen Konsens finden muss.

Ich muss für mich herausfinden, was gehen könnte. Ja was könnte denn alles gehen? Wie glücklich könnte ich denn werden? Ich habe nicht gelernt glücklich zu sein. Meine Eltern waren nicht glücklich, haben nicht selbstbestimmt gelebt, wie sollte ich also eine selbstbestimmtes Selbstbild entwicklen?

Vor allem, seit mein Körper-Psyche-System eindeutig sagt, so geht es nicht mehr, bleibt mir keine andere Wahl, als vorwärts zu gehen, ins Unbekannte. Ist auch nichts was mir grade Spaß macht, im Gegenteil, es triggert all die Ängste der Zurückweisung meiner Persönlichkeit. All meine Existenzängste haben sich um mich heraum versammelt. Aber ich kenne keinen Umgang damit. Das habe ich nie gelernt. Wie geht man mit Existenzängsten um?

Die Menschen die ich kenne, die realtiv selbstbestimmt leben, die haben sich schon immer sehr frei gefühlt. Ich kann nur da raus finden, wenn ich es wage, erneut zu scheitern und erneut abgelehnt zu werden. Ich glaube dass es für meine Persönlichkeit letztlich sehr heilsam sein kann, mich durch diese Phase der Unsicherheit zu begleiten. Scheinbar ist etwas in mir, der Meinung ich könnte das jetzt schaffen.
Und ich glaube auch, dass das Leben mich unterstützen wird, Lösungen zu finden. Und möglicherweise begegne ich anderen, positiven Erfahrungen, die meine Sicht auf die Möglichkeiten erweitern werden.

Das Denken bezieht sich ja immer, auf das was man erlebt hat und ist daher ziemlich eingeschränkt. Ich glaube, dass sich auch die Wahrnehmung der eigenen Möglichkeiten mit dem Grad der Selbstakzeptanz erweitern können. Dann sieht man evtl nicht nur schwarz oder weiß, sondern immer mehr Grautöne. Nicht nur Hürden und Wänder die einem alle Wege verschließen, sondern immer mehr Möglichkeiten, Durchgänge, Kompromisse, Lösungen, etc. Der Weg ergibt sich evtl erst beim Laufen. Müch mich ist es nicht leicht, unter solchen Bedingungen loszugehen. Das ist für einen Menschen wie mich, der sehr viel Sicherheit braucht (eine weitere Traumafolge), sehr schwer, aber es kann sich nur so lösen. Ich werde eben gerade geschubst, damit ich den nächsten Schritt mache. Ohne meine spirituellen Erfahrungen und das das dadurch gewonnene Vertrauen in mich, würde ich das gar nicht schaffen, auch nur einen Schritt in Unbekannte zu gehen.

Vor allem beginnt man wie ich vermute, immer mehr Möglichkeiten zu sehen, die zuvor durch die Angst blockiert waren. Also muss man an der Stelle wohl durch die Angst. Aber vielleicht findet man dann dahinter, einen „Ort“ wo man findet was man von Herzen sucht. Ich schreibe "man" weil ich mich noch nicht damit identifiziere. Lol. Also ICH hoffe dass ich hinter der Angst den Ort; Job meiner Träume finde! Ich bin schon gespannt wie leicht sich das realisieren wird. wink1

Ich glaube dass man sich zumindest so viel wert sein sollte, dass man wichtig Teilaspekte auch durch den Job erfüllt sehen möchte. Ich habe bisher zu viele Kompromisse gemacht, weil ich mich nicht ernst genug genommen hatte und auch weil ich mich noch gar nicht genug kannte. Ich habe das früher auch nie für möglich gehalten, dass ich mich nochmal so graviered verändern würde. Ich habe wohl im Mindset meiner Eltern gelebt, die einen Job hatten, bis zu Rente. Solche Mindsets geben sehr viel Sicherheit. Um so mehr Sicherheit man hat, um so schwerer kann es sein, für sich einzustehen. Deshalb ist die Erfahrung der Unsicherheit, vielleicht auch gut, um beweglicher zu werden. Ich bin im geistigen sehr beweglich, aber was das alltägliche Leben angeht, ist da noch einiges, man könnte sagen erstarrt, geronnen, verdichtet, abgespalten, zugeschüttet.

Schicksaalschläge wie Krankheiten, Burnout und Co können daher Veränderungsprozesse begünstigen und sind aus Sicht der Weisheit Helfer, die ein nicht mehr lebenswertes Leben systematisch umbauen. Auch das ist ein nennenswerter Aspekt. Man muss das Leben evtl gar nicht umbauen und selbst Lösungen mühsam finden. Vielleicht kann ich erfahren, wie mein Leben umgebaut wird, weil sich Lösungen von selbst finden werden. Es ist zurzeit noch schwer für mich, bei meiner derzeitigen Emotionalität ins Loslassen zu finden, aber ich denke mit etwas Gewöhnung an unsichere Zustände, kann ich das auch in dieser Situation so erfahren. Das ist dann aber wieder eine spirituelle Sichtweise. Ich frage mich, wie ich trotzd der momentanen Anspannung durch diese Situation loslassen kann?

Die Antwort die da direkt kommt, ist es sollen nochmal alle Ängste ins Licht geholt werden, und dann darfst du loslassen. *Puh Schweiß abwisch von der Stirn.* Ich hoffe das ist ganz bald. normal



Zitat:Warum sollten eigentlich "Hochsensibilität" und "Rücksichtnahme" nicht richtig sein, wenn die gesellschaftlichen Werte vielleicht eher pathologisch sind? - Mal provokant gefragt.

Ja genau. Früher dachte ich immer mit mir wäre was falsch. Ich erkenne immer mehr, dass ich ein sehr gutes Gespür habe und mir ein Art authentisches Fühlen bewahrt habe. Und ich bin nicht falsch, sondern viele Menschen haben ihr authetisches Gespür verloren, verdrängt und erleben eben genau wie ich aus Angst in einer Anpassung an die gesellschaftliche Funktionalität.

Ich sehe das Gesellschaft durchweg von Traumafolgestörungen betroffen ist, jedoch sind diejenigen die Gesellschaft lenken, diejenigen die sich am erfolgreichsten und dreistesten durchsetzten. Und wenn man durchsetzungsfähig und erfolgreich ist, dann leidet man nicht indem Maße wie ein weniger erfolgreicher und durchsetzungsfähiger Mensch. Wer sich eine harte und funktionale Schale zugelegt hat, der geht anders durchd ie Welt wie ein Mensch dessen Herz offen ist, dessen Wahrnehumgssystem hochsensibel ist. Je nachdem welche Überlebensstrategien ein Mensch ausgebildet hat, jenachdem nimmt er/sie eine ganze andere Welt war.

Die erfolgreiche Strategie, man könnte auch sagen die narzisstische Stratgie wird allgemein anerkannt und bewundert. Und es macht eine ungeheurer Angst, sich aus diesem funktionalen Rahmen den das Kollektiv bevorzugt zu befreien um den eigenen Weg zu suchen. Ich fühle mich an der Stelle, zurück versetzt in die Kindheit, weil ich es mit einer übermächtigen Macht zu tun habe. Wo soll man da Hoffnung schöpfen, den eigenen Weg zu finden? Wenn ich erhrlich bin, ich persönlich habe nicht viel Hoffnung zu r Zeit, aber ich kann im Notfall alles aufgeben und eben Hoffnungslos sein. Und ganz ähnlich wie Bartosz das in seinem Video gesagt, hat den Traum machen lassen. Loslassen. Sterben. Nicht weiter wissen. Im Notfall, kann ich immer diesen Joker ziehen.

Es bringt aber in eine Haltung der Hilflosigkeit zu verfallen. Das bringt einen nicht weiter. Besser ist keine Haltung zu haben. Mit Loslassen, meine ich ein offenes Nicht Wissen, was neben der Akzeptanz zu scheitern auch all positiven Möglichkeiten enthält. Erst das ist Nichtwissen. Nichtwissen, ist nicht Pessimissmus, sondern Offenheit für alle eintretenden Fälle.

Ich vermute, dass man diesen Weg nicht im Kampf gegen die Ellenbogenmentalität finden wird. Vermutlich findet man den Weg durch Selbstakzeptanz und ja sogar durch Mitgefühl für die Menschen, die eher den offenen Narzissmus als Überlebens - Strategie gewählt haben. An ihrer Wahl ist nichts falsches. Die Erfahrung zu machen, sich in Notsituationen zu wehren, ist genauso ein Ego-Muster, wie in Angst zu erstarren. Niemand ist besser oder schlechter. Sie kommen grundsätzlich einfacher besser weg. Nur letztlich eben nicht. Letztlich hat der Versager, die größere Freiheit. Der Erfolgreiche, wird nämlich seinen Weg nicht verlassen. Das tut man nur, wenn man keine andere Wahl hat.

Für mich findet die Lösungsfindung zum Teil immer in mir selbst statt. Als erstes muss ich mich selbst mit meinen Bedürfnissen ernst nehmen. Alleine das war jetzt schon ein Weg über viele Jahre, weil die Selbstakzeptanz immer von der Angst, dann die ganze Welt gegen sich zu haben, behindert wurde. Meine Sichtweise ändert sich Schritt für Schritt. Wenn die Selbstakzeptanz stabil genug ist, dann kann man evtl kleine Schritte im Außen wagen, die einen näher an das Ziel ersehnte bringen können. Ich denke man muss versuchen Nischen zu finden, wo man als der Mensch der man ist, zb ich mit der Hochsensibilität seinen Ort findet.

Ein Gespräch mit dem Höheren Selbst:


Steffi: Ich möchte mein Selbstbild, dass ich falsch bin verändern. Ich möchte erfahren, dass ich mit meinen Anlagen erwünscht bin. Wie mache ich das?

HS: Du kannst der Welt zeigen wer du bist. Dann wird sie dir eine Resonanz spiegeln. Wer sich nicht zeigt, kann nicht bekommen, was er sucht. Logisch oder? Resonanzgesetz. Deshalb hat sich deine Unterwerfung, Selbstablehnung, die durch das Trauma geschehen ist, immer wieder von neuem reinszeniert.

Danke für die Links und Inspiration. LG Steffi
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RE: Trauma
#10
13.10.2020, 23:11
Warum traumatisierte Menschen spirituelle Zustände oft nicht integrieren können?

Mir wurde die letzten Tage am eigenem Leib bewusst, warum traumatisierte Menschen, ganz gleich ob beim Klarträumen oder beim Meditieren, erworbene Bewusstseinszustände manchmal nicht vollständig in ihre Persönlichkeit integrieren können und immer wieder zwischen Alltags- Persönlichkeit und dissoziierter spiritueller Grandiosität schwanken.

Wer traumatisiert ist, bildet eine Art energetische Spaltung zwischen seinen spirituellen Erfahrungen und problembehafteten Persönlichkeitsanteilen. Nun das wusste ich schon länger, jedoch nicht was genau diese beiden Anteile in mir immer wieder trennt. Mich beschäftigt schon seit Jahren, die Frage, wie ich die beide Anteile zusammen führen kann und habe mich daher vermehrt mit dem analysieren meiner person beschäftigt, als weiterhin hinaus aus der Person zu wollen. Ich hatte Bewusstseinszustände von gleichzeitiger allmachts Gradiosität und absoluter Unhähigleit auch nur mein Leben zu meistern, dass ich eingesehen habe, dass noch mehr Spiritualität erstmal nichts mehr bringt. Jetzt habe ich es wie ich glaube gefunden. Noch nicht geschafft, aber gefunden.

Zitat:Menschen mit einem großen Toleranzfenster können mehr Gefühle, das heißt, Erregung zulassen, ohne dass es sie stresst. Sie können stärkere Glücksgefühle empfinden und auch mehr Stress und Freude aushalten als Menschen mit einem schmalen Toleranzfenster.


Zitat Darmi Charf

Was mich im Moment sehr beschäftigt, ist das Konzept des Window of Tolerance und die Übererregung. Ich werde nachfolgend noch etwas dazu posten. Mir ist das Konzept welches sich in mehreren Büchern über Traumatherapie beschrieben wird, zb bei Bert Heller, Darmi Charf, Ruise Reddemann u.a. schon länger bekannt, aber mir hatte bisher immer etwas entscheidendes zum echten Verstehen und Integrieren  der Selbstregulation gefehlt, damit ich meine Über- und Untererregungszustände die eine Traumafolge sind, als diese identifizieren konnte.

Das was gefehlt hatte, das war Freiheit!
Zeit für mich. Keine Verpflichtungen. Keine Anpassung.

Mir hat gefehlt, dass ich aus dem funktionalen Gefängnis der gesellschaftlichen Anpassung aussteigen durfte, denn solange ich angepasst war, konnte sich mein Window of Tolerance nicht selbstständig regulieren, so dass diesbezüglich keine vollständige Heilung eintreten konnte. Ich kenne es nicht anders, als durch Anforderungen reguliert zu werden und mich diesbezüglich ohnmächtig zu fühlen. Ich wurde so erzogen, ich bin so aufgewachsen. 

Ich bin total erstaunt, welche überflutenden Gefühlszustände ich zur Zeit erlebe, die unter dem Deckel der gesellschaftlichen Anpassung, erstarrt waren. Wiedereinmal ein schönes Beispiel dass die rein rationale Auseinandersetzung mit inneren Zuständen, sowie eine spirituelle Praxis und Therapie alleine nicht reicht, um das Ruder herum zureißen. Es war der konkrete Schritt im Außen notwendig, das verlassen der destruktiven Situation, der aber erst jetzt reif war. Erst jetzt hatte ich die Kraft dazu. Obwohl ich teilweise zweifel ob ich die Kraft wirklich habe, aber naja es ist ja jetzt passiert. Wird wohl so sein.

Das Phänomen der Über- und Untererregung, konnte sich erst jetzt wo ich aus dem Funktionieren im System ausgestiegen bin, in vollem Ausmaß zu zeigen. Wenn mir die Folgen meines Traumas vorher zu 80% bewusst waren, erlebe ich jetzt 100%, weil alle funktionalen Tätigkeiten die zur Abwehr des Traumas dienten, weggefallen sind. Es brach initial über mich herein, als ich begann diesen Thread zu schreiben. Seitdem stehe ich unter dauerhafter Überflutung. Das kenne ich sonst nicht. Ich habe mich in den letzten Jharen sehr intensiv mit meinen Trauma Erfahrungen beschäftigt, vieles verarbeitet und durchgefühlt, aber überflutet wurde ich noch nie.

Somit darf ich gerade einen bewussten Umgang damit finden, um mich auf bewusste Weise im Window of Tolerance zu bewegen. Was das ist, dazu folgt gleich noch ein Text. Bzw ich schaue zur Zeit zu wie ich mich von selbst darin bewege, aber anders als früher. Es ist als ob ich frei schwingen darf. Das konnte ich bisher nie, weil das Korset aus Erziehung, meine intrinsische und natürlich funktionierende Selbstregulation, behindert hatte. Co Regulierung, also eine Selbstregulierung durch Eltern hatte ich nicht, die waren ja selbst traumatisiert ohne ein Bewusstsein dafür zu haben. Die tägliche Reizüberflutung auf der Arbeit hat mich kompensatorisch immer wieder in die Untererregung getrieben. Und so ging das schon mein ganzes Leben lang. Seit der Schulzeit, konnte ich mich nicht mehr selbst regulieren. Davor konnte ich das noch durch das freie Spiel, aber seitdem nicht mehr. Bis vor kurzem. Ich verstehe immer mehr wodraus ich überhaupt ausgestiegen bin. 

Mit Überrerregung ist ein Zustand der inneren Unruhe gemeint, der sehr stark an die Symptome eines Menschen mit ADHS erinnert. Ich bin in diesen Zustand sehr kreativ, aufgeschlossen, neugierig, freudig, habe aber leider auch massive Konzentrationsstörung, wenn ich etwas ausdauerndes machen möchten. Oft bin ich nicht mal in der Lage eine Tätigkeit zu Ende zu führen, zb ein Buch zu Ende zu lesen, ist für mich oft nicht zu schaffen. Das ist ein Thema was mich sehr stark beeinträchtigt, ich brauche immer möglichst alles als Hörbuch, weil ich die Konzentration nicht aufrecht erhalten kann längere Zeit zu lesen.
Ich werde dann so extrem unruhig, dass ich immer wieder aufstehen muss, mich bewegen muss, etwas anderes machen muss. Das ist sehr leidlich, wenn man gerne mehr wissen würde. Es gibt ja auch leider nicht alles als Hörbuch. 

Texte schreibt es sich im Zustand der Überregung sehr gut. Das kann ich aktiv machen. Zeit für Rechtschreibung habe ich da da nicht, lol, aber der kreative Fluss ist gut. Ich muss das kreativ sein dürfen, wenn ich Lese ist es als müsse ich still halten und bekomme, Beklemmungen. Die Unruhe jedoch ist oft extrem groß, so dass ich mich oft durch dysfunktionale Ressourcen regulieren muss, weil die funktionalen Ressourcen nicht ausreichen, bzw. nicht schnell und zuverlässig genug greifen. Zb Essen, wirkt zuverlässig, sicher, unverzüglich, Zum Meditieren ist es immer erst ein sich aufraffen. Dauert zu lange. Kostet erstmal Energie bis es Energie bringt. Ist nicht direkt verfügbar. Ist nicht zu verlässig. Übererregung und Untererregung führt somit auch zu Süchten, die zur Regulation verwendet werden. Häufig kann ich Abends nicht einschlafen, weil ich nicht runter komme.

Man baut solche Über- und Untererregungs-Symptome ja auch funktional in die Persönlichkeit ein. Das ist einerseits gut. Man nennt das in der Therapie auch utilisieren, als nutzbar machen, aber auf der anderen Seite führt es eben dazu, dass es einem gar nicht auffällt, weil es so normal erscheint. So habe ich diese Übererregung auch oft zum Schreiben und Konstruieren von Ideen genutzt. Das ist eiN teil von mir, den ich auch nicht missen möchte. Aber ich hätte gerne die Macht über ihn. Untererregung kann dann wiederum zum Entspannen, Müßiggang und Ausschlafen nutzen. Übererregung taugt eben nur, für schnelllebige Tätigkeiten, alles was Ruhe, Geduld und Ausdauer benötigen ist nicht zu bewältigen.

Und dann kippt, es auch oft ins Gegenteil, in total Erschöpfung, weil ich dann gar nicht mehr spüre, wenn ich Ruhe brauche. Symptomatisch betrachtet erinnern meine Symptome an ADHS und PTBS nur bin ich eben nicht an einer symptomatischen Diagnose interessiert, weil diese am eigentlichen Problem vorbei führt. Für mich sind diese Phänomene Traumafolgestörungen, weil ich sie nicht steuern kann. Mir fehlt die Fähigkeit mich diesbezüglich zu regulieren.

Witzigerweise von 4 Jahren hatte ich Bekanntschaft mit der extremen Untererregung gemacht, der Depression. Der Antriebslosigkeit als Folge einer dauerhaften Überreizung, Überarbeitung, Übererregung. Beidem geht ein Mangel an Regulationsfähigkeiten voraus.

Die intrinsische Regulationsfähigkeit wurde in meiner Erziehung bekämpft, weil meine Bedürfnisse in der Familie keinen Platz hatten. So habe ich diese zurück gestellt, um zu überleben. Meien Disregulation hat mich also überleben lassen. Manchmal heftig das alles immer wieder zu sehen.

Tja und jetzt kommt das alles zurück. Faszinierend zu beobachten. Ich bin wirklich wie ein Roboter der ein Programm zur Selbstreparatur hat. Das Selbstreperatur Programm springt sofort an, wenn man keine anderen Aufgaben hat. Mehr ist für Heilung nicht notwenig. Es geht darum, sich diesen Raum zu gehen. Das Verständnis. Das Mitgefühl, so zu sein, wie man eben ist, mit allen Defiziten. Nichts tun.

Die Depression ist durch Annahme und Akzeptanz der Erschöpfung geheilt. So gehe ich davon aus, dass die Zustände extremer Unruhe ebenfalls auf diese Weise in die Persönlichkeit integriert werden können. Ich glaube nämlich das ist das Problem,das  hier ist etwas nicht verarbeitet und daher nicht integriert werden konnte.

Kürzlich hatte ich eine sehr interessante Erfahrung. Ich war über-erregt, hatte aber genug Rückzug, Ruhe, Sicherheit, Schutz, um mich ganz bewusst durch dieses Gefühl zu begleiten. Wie gesagt es ist jetzt erst seit ca einer Woche so extrem und naja das macht eben auch Angst, so dass ich dann automatisch dazu neige diesen Gefühlszustand abzuwehren. Aber an diesem Tag, war etwas in mir so gewahr, dass es damit sein konnte. Ich machte auf der emotionalen Ebene innere Kind Arbeit und verstand zum ersten Mal, dass ich mich durch die Gefühle der Übererregung durch gleichzeitiges Vertrauen begleiten kann. Zum ersten Mal hebelte ich damit ein Umschlagen ins andere Extrem aus. Und was dann geschah war noch erstaunlicher.

In der vertrauensvollen Akzeptanz der Übererregung, in der Begleitung der Übererregung, durch den Inneren Erwachsenen, die sich in der Regel sehr leidvoll, überreizt, erschöpfend anfühlt, als werde ich von Emotionen teilweise auch von körperlichen Symptomen überschwemmt, zeigte sich durch die Haltung der Akzeptanz Freude. Das durfte nie da sein in meiner Kindheit, keine Wildheit, keine Übererregung, keine Freude. Dann kam sofort die Strafe. Das ist echt krass, welche Angst das machen kann, wenn das plötzlich so durchbricht und da sein will um integriert zu werden. Unfassbar, dass man vor sich selbst solche Angst hat.

In dem Moment verstand ich, intuitiv, dass in der Abwehr der Übererregung, durch Untererregung auch meine Fähigkeit Freude zu empfinden blockiert war. Zudem motiviert mich diese Erfahrung jetzt natürlich mich weiterhin mittels achtsamer Innere Kind Arbeit durch die Zustände der Übererregung zu begleiten.

Dieses halte ich für die Ursache, dass Ego und das Höhere Selbst noch nicht zusammen finden. Im Verstand sind sie schon zusammen. Da gibt es diese Trennung nicht. Aber ich kann das mit meinem Körper nicht. Noch nicht. Erst muss das Ego in der Lage sein die hohe Schwingung emotional auszuhalten.


Weil ich mich gerade mit Teile-Arbeit beschäftige und viel mit meinen inneren Anteilen kommuniziere. könnte ja mal fragen, welche Inneren Anteile die vollständige Integration des Einheitszustandes blockieren. Welche Funktion hat dieses? Sie antworteten prompt mit: Um dich vor Überflutung zu schützen. Ich weiß ich sollte ihnen dankbar sein, aber irgenwie macht mich das auch traurig, dass gerade die Menschen die sehr viel schlimmes erlebt haben, dann von ihrem Unbewussten auch noch vor Freude beschützt werden. EiIn Teil in mir findet das wirklich unfair. Ein ander Teil versteht dass das auch dem Überleben diente. Und traurig ist es doch.


Wo mir auch nochmal Monroes Gateway Audios einfallen und ich mich erinnere dass ich immer gut in die tiefenentspannten States kam, Fokus 15, nichts mehr war, aber nicht in Fokus21, das ist der Zustand bei dem man abheben soll, aus dem Körper heraus kommen soll. Da konnte ich nie mitgehen. Zu hohe Schwingung.

Vor 4 Jahren als das Unbewusste mit enormer Energie durchgebrochen ist, habe ich mich als Höheres Selbst erfahren, nicht nur im Geist verbunden (das bin ich oft), sondern mit dem ganzen Körper also voll energetisch, denn da waren alle Chakren auf, war ich dissoziiert. Das verstehe ich erst jetzt, weil ich verstehe was der Integration im Weg stand. Ich verstehe auf einmal wodran es haperte. Und gleichzeitig ohne die ganze Traumarbeit und Meditation, hätte ich es niemals durch das Trauma geschafft. Ich hatte gar keine Ressorcen. Ohne die Durchbrüche die mir die Referenzerfahrungen gegeben haben, hätte ich schon längt das Handtuch geworfen und wäre am Leben verzeifelt. Ich hatte mehrere Durchbrüche dieser Art. Nicht alle waren so umfassend wie ich das 2016 erlebt habe. Einige durch das Klarträumen, durch Klares Licht, durch das öffnen der Chakren, durch tantrische Energieübungen, durch ein bewusstes verschieben der Ego Grenzen.

Einige Male bin ich in sehr sehr beglückenden Einheitszuständen gelandet, aber ich konnte sie nie halten.
Ich vermute sehr stark, dass meine Traumafolgestörung dem noch im Weg steht. Mir ist nun auch ersichtlich, warum mein innerer Impuls mich mehr mit Psychologie als mit Mediation zu beschäftigen aus der inneren Weisheit heraus geschehen ist. Es hätte wohl nichts gebracht weiterhin, Klartraumübungen oder Meditionübungen zu machen, ehe diese Baustelle hoch erregte Zustände nicht aushalten zu können nicht aufgehoben sind. Ich glaube aber auch, dass dieses in beide Richtungen geht. Die andere Seite ist die tiefe Ohnmacht, die Depression das Extrem der Untererregung. Innerhalb der Persönlichkeit erlebt man das was in der Einheit das Erwachen oder Erleuchtung genannt wird, als innerhalb der Dualität. Und zu dieser Dualität gehört Licht als auch Schatten. Mit dem Schatten habe ich lange gearbeitet, jetzt fehlt wie ich vermute noch die Fähigkeit die hochenenergetische Zustände halten zu können und zu integrieren.

Und es macht mir auch total ersichtlich warum ich obwohl ich viele Abhängigkeiten bereits durchbrochen habe, immer noch Sehnsuchtsgefühl habe bzg Freude und anderen eher aufregenden Gefühlen. Die konnte ich nie in mir finden. Liebe ja. Aber immer fehlte etwas. Ich habe dafür bisher immer noch Projektionsflächen gebraucht, weil ich gesagt habe: Das bin ich nicht. Ha! Verrückt oder?
Also wie verliert man die Angst vor Freude und Euphorie?

Ich hab gedacht, dass das Thema für alle Menschen die Meditieren oder Klarträumen und wie ich ein Trauma haben, eine interessante Erklärung sein kann, warum erfahrene Bewusstseinszustände, Gipfelerfahrungen nicht vollständig integriert werden können.

Zu den Über und Untererregungszuständen, Schocktrauma, Entwicklungstrauma, Selbstregulation etwas im nächsten Post.
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RE: Trauma
#11
14.10.2020, 00:17 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 14.10.2020, 00:18 von ichbinmehr.)
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Hier etwas Hintergrund-Info zu meiner Erfahrung und der Theorie bzgl. spirituelle Integration bei Traumafolgen des letzten Text.

Zitat:
Darmi Charf – Auch alte Wunden können heilen Vgl. S. 20- 42

Eine Traumatisierung bedeutet im Grunde, dass der Körper nicht mehr aus einer Schreckreaktion herausfindet, die ein bestimmtes Ereignis ausgelöst hat, sondern darin verharrt.

Wie eine Traumatisierung entsteht

Wenn in der Öffentlichkeit über Trauma gesprochen wird, so ist in fast allen Fällen das Schocktrauma gemeint, und unter Trauma Therapien werden dementsprechend nahezu immer Schocktrauma Therapien verstanden. Ein Schocktrauma ist ein singuläres, also einmaliges Erlebnis im Leben eines Menschen. Es ist klar abgegrenzt und wird meist als überwältigende Erfahrung wahrgenommen, die lebensbedrohlich sein kann. Hier noch einmal die Stressreaktion in vertiefter Darstellung: Kampf oder Flucht: Solange unser Stammhirn noch eine Chance sieht, werden wir kämpfen oder fliehen. Immerhin hat sich unser gesamter Körper, wie oben beschrieben, dafür bereit gemacht. 

Vorübergehende Erstarrung: Werden wir jedoch überwältigt, so erstarren wir. Dabei ist es wichtig, zwischen zwei verschiedenen Formen der Erstarrung zu unterscheiden. Zunächst einmal fallen wir in eine Form von Erstarrung, die noch immer hochgradig sympathikoton ist (das heißt, vom sympathischen Zweig des Nervensystems gesteuert, der für Energie und hohe Erregung zuständig ist). Das bedeutet, dass unter der Erstarrung enorm viel Energie gehalten wird. Wohl jeder von uns kennt eine ähnliche Form von hoch angespannter Starre in einer Situation, in der man einen Moment lang nicht weiterwusste, aber dennoch komplett angespannt war.

Totstellreflex: Hält die Überwältigung an, so verlässt plötzlich jede Spannung den Körper, und der Mensch kollabiert. Diese Form der Erstarrung ist eine Art Totstellreflex, der vom parasympathischen Nervensystem gesteuert wird, also von dem Teil des autonomen Nervensystems, das für Entspannung zuständig ist. Es ist die älteste zur Verfügung stehende Reaktion auf Lebensgefahr, die wir in unserem Stammhirn gespeichert haben. Je jünger ein Mensch zum Zeitpunkt des traumatisierenden Ereignisses war und je hilfloser er sich in dieser Situation gefühlt hat, desto wahrscheinlicher hat die zweite, die parasympathische Reaktion stattgefunden. Es ist wichtig, die Unterschiede zwischen den beiden Formen der Erstarrung hervorzuheben: Im ersten Fall haben wir noch Kraft, wir sind noch bereit, uns zu verteidigen, auch wenn wir vorübergehend nicht weiterwissen. Im zweiten Fall ist jede Art von Energie verschwunden, und der Muskeltonus erschlafft.

Schauen wir uns noch einmal im Einzelnen an, was bei einem überwältigenden Erlebnis abläuft: Zunächst einmal wird unglaublich viel Energie im Körper bereitgestellt. Es ist so, als würde ein Blitz in ein Haus einschlagen. Zunächst einmal sind die Stromleitungen, die auf 220 Volt ausgelegt sind, vollkommen überlastet. Die Notabschaltung greift und die Sicherungen fliegen heraus. Etwas Ähnliches geschieht in dem Moment in unserem Körper, in dem ein Ereignis für uns nicht mehr handhabbar ist und alles viel zu schnell geht oder wir komplett überwältigt werden. Dann tritt unsere Notsicherung in Kraft und unser Körper schaltet über das parasympathische System ab. Dieser Vorgang, der uns auch vor den schrecklichen Gefühlen schützt, die mit dem Ereignis verbunden sind, kann sofort eintreten oder auch erst, nachdem wir gekämpft haben und nicht gewinnen konnten. Zu den zahlreichen klassischen Symptomen von Schocktraumata gehören zum Beispiel sogenannte Flashbacks und Intrusionen, das heißt, dass Erinnerungen und Bilder auf einen Menschen einstürmen. Sehr viele Klienten haben allerdings gar keine derart spezifischen Symptome, bei ihnen sind die Anzeichen der Traumatisierung subtiler ausgeprägt, ohne deshalb weniger Leid zu verursachen.

Um festzustellen, ob es sich bei einem Erlebnis wirklich um ein Schocktrauma handelt, achte ich darauf, ob die betroffene Person von dem auslösenden Ereignis erzählen kann. Wenn das der Fall ist – auch wenn sie dabei traurig ist und weint –, handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach zwar um ein schreckliches Erlebnis, aber nicht um eine traumatische Erfahrung. Bei traumatischen Ereignissen können Menschen nicht darüber reden, ohne zu sich selbst und zu ihren Emotionen auf Distanz zu gehen – zu dissoziieren. Ich möchte es so erklären: Wenn jemand von einem traumatischen Erlebnis erzählt, wird er oder sie von Gefühlen und Bildern überflutet und kann das genauso wenig aushalten wie bei dem Ereignis selbst.

Dann bleiben zwei Möglichkeiten: Einerseits kann die Person dissoziieren, sich also von ihren Gefühlen abspalten, um nicht mehr davon erdrückt zu werden. Das äußert sich zum Beispiel in einer sehr flachen Tonlage. Wenn ältere Menschen vom Krieg erzählen, wird ihre Stimme oft ausdruckslos. Ihnen fehlt dann völlig der Zugang zu den Gefühlen, die sie bei diesen Erlebnissen empfunden haben. Manchmal kommt es sogar vor, dass Menschen beim Erzählen an Stellen lächeln, an denen es einen als Zuhörer kalt überläuft. Oder sie erzählen von den Ereignissen in einer unpassenden Weise.

Die andere Möglichkeit besteht darin, dass die Gefühle beim Erzählen ganz und gar nicht abflachen. Sie sind so stark, dass der Mensch sie nicht halten kann und gewissermaßen unter ihnen zusammenbricht. Das geht über gewöhnliche Traurigkeit hinaus – es ist, als würde die betroffene Person weggeschwemmt.

Eine traumatische Reaktion entsteht, wenn der Körper keine Meldung bekommen hat, dass das Ereignis vorüber ist und eine Normalisierung der Stressreaktion stattfinden kann. Das Lebensgefühl des betroffenen Menschen entspricht dann einer Fahrt mit der Achterbahn. Sein Nervensystem befindet sich nicht mehr oder nur noch höchst selten im Gleichgewicht, sondern schwankt von einem Zustand der Übererregung zu einem Zustand der Untererregung. Unsere Physiologie bestimmt in hohem Maße unsere psychische Verfassung.

Wie erkennt man eine Traumatisierung?

In einigen Fällen normalisiert sich dieser Zustand nach spätestens einem halben Jahr wieder. Bei manchen Menschen jedoch besteht er für den Rest ihres Lebens weiter. Dies äußert sich in den verschiedenen eingangs erwähnten Symptomen, die auch in den Klassifikationsystemen aufgeführt sind, mit denen Ärzte und Psychotherapeuten arbeiten.1 An dieser Stelle möchte ich auf Auswirkungen traumatischer Erlebnisse eingehen, die wesentlich weiterverbreitet sind.

Symptome, die auf eine sympathikotone Übererregung hinweisen:


Ständig etwas tun und in Bewegung sein, nicht zur Ruhe
kommen können: »Ich tue, also bin ich.«
Nervosität
Konzentrationsschwäche
Wutausbrüche
Schlaflosigkeit
Angespanntheit
Schwierigkeiten, anderen zu vertrauen
Misstrauen
Vieles auf sich selbst beziehen
Arbeitssucht: »Ich arbeite, also bin ich.«
Suche nach dem »Adrenalin-Kick«
Probleme, den Fokus zu halten
Selbstmedikation mit allem, was beruhigt

Symptome, die auf eine parasympathische Übererregung hinweisen:

Depression
Ein Gefühl von Sinnlosigkeit
Sich »anders« fühlen
In Trance gehen (zum Beispiel vor dem Fernseher oder
Computer oder beim Lesen)
Kraft- und Energielosigkeit
Sich allein und abgeschnitten fühlen
Sich vom Leben wie durch eine Glaswand getrennt fühlen

Die betroffenen Menschen schwanken beständig von einem Zustand in den anderen. Der zeitliche Abstand ist dabei unterschiedlich, aber irgendwann finden sie sich auf der »anderen« Seite wieder. Durch den Achterbahneffekt gibt es nur selten Phasen, die von reiner Lebensfreude und Entspannung geprägt sind – und das macht das Leben ungeheuer schwer.

Entwicklungstrauma – alte Schmerzen, tief verborgen

Anders als beim Schocktrauma, das auf ein einmaliges Erlebnis zurückgeht, beruht das Entwicklungstrauma auf sich wiederholenden Ereignissen, die ein hohes Stressniveau ausgelöst haben.
Entwicklungstraumata sind meiner Meinung nach heute ein epidemisch auftretendes Phänomen. Sie sind inzwischen zu einem Merkmal unserer Gesellschaft geworden. Und leider ist die Art und Weise, wie wir mit Kindern, Babys und Geburten umgehen, nicht dazu angetan, dies zu ändern. Entwicklungstraumata können zum Beispiel entstehen, weil das Kind nach der Geburt aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Mutter durfte oder im Krankenhaus bleiben musste. Sie können entstehen, weil das Kind von klein auf zu wenig Körperkontakt bekommen hat und die Mutter oder die Bezugsperson nicht in der Lage war, empathisch zu reagieren. Immer noch werden Babys schreien gelassen oder im Nebenzimmer zum Schlafen »abgelegt«. All dies ist für die Kinder höchst bedrohlich. Wenn sie allein gelassen werden, empfinden sie förmlich Todesangst.

Solche sich wiederholenden Stressoren haben eine völlig andere Wirkung auf Menschen als ein Schockerlebnis, denn sie werden zu einem Teil ihrer Persönlichkeit. Ich versuche dies immer so zu
verdeutlichen: Ein Schocktrauma ist wie ein falschfarbiger Faden in einem sonst gut gewebten Teppich. Zieht man ihn heraus, ist der Teppich immer noch in Ordnung.

Bei einem Entwicklungstrauma müsste man so viele Fäden ziehen, dass sich der Teppich in Form und Farbe verändern würde. Durch lang anhaltenden Stress prägen sich das gesamte Weltbild und Selbstbild eines Menschen vollkommen anders und tiefgreifender als durch einen Schock.

Meine Erfahrungen in der Praxis haben mir allerdings gezeigt, dass die beiden Traumaformen nur sehr selten einzeln vorkommen. Unter einem Schocktrauma verbergen sich meist auch Entwicklungstraumata. 

Wir sind uns heute bewusst, dass es außer unserem Gehirn im Kopf noch ein »Bauch-Hirn« und ein »Herz-Hirn« gibt. Beide senden Informationen an unser Kopf-Gehirn, die wir unbedingt benötigen,
damit unser Leben gelingt. Man könnte diese Informationen als Intuition bezeichnen, da sie unterhalb der Bewusstseinsschwelle liegen und wir sie nur wahrnehmen können, wenn wir unseren Körper wirklich gefühlt wahrnehmen. 

Bei allzu großen – auch seelischen – Schmerzen verlassen wir unseren Körper. Diese Abspaltung oder Dissoziation kann zu einem bleibenden Zustand werden, der den meisten Menschen kaum bewusst ist, weil sie noch immer in der Lage sind, ihren Alltag zu meistern und zu »funktionieren«. Viele bemerken erst dann, dass etwas nicht stimmt, wenn sie Schmerzen haben, die sich nicht erklären lassen, ein Burn-out entwickeln oder ihre Urlaubszeit überwiegend mit Krankheiten verbringen.

Fehlt der Zugang zum eigenen Körper, spüren wir die eigenen Bedürfnisse und Gefühle wenig, und so werden diese oft vernachlässigt. Die innere Wahrnehmung des Körpers ist ein wesentlicher Bestandteil dessen, was wir für ein zufriedenes und erfülltes Leben brauchen. Wenn wir unseren Körper nicht mehr
spüren, entgehen uns viele Hinweise darauf, wann wir Grenzen setzen oder Pausen machen sollten, wann wir essen sollten oder nicht und vieles mehr. 

Leider besteht der Preis für die Abspaltung des Körpers auch in einer Verflachung aller Gefühle. Das ist natürlich einerseits sinnvoll, da alte Schmerzen auf diese Weise eingekapselt werden und nicht mehr wehtun. Andererseits können dann auch positive Gefühle nicht mehr in ihrer ganzen Fülle erlebt werden. Die betroffenen Menschen sind gewissermaßen im Kopf und in einer Welt des Intellekts gefangen. Sie empfinden das nicht zwingend als Gefangenschaft – als Freund oder Freundin erkennt man jedoch, dass dem anderen etwas fehlt.  

Ein Mensch, der seine Aufmerksamkeit beständig darauf richtet, Gefahren auszumachen, weil er die Welt aus Erfahrung für einen gefährlichen Ort hält, wird sich wesentlich anders durch sein Leben bewegen und auf andere Menschen zugehen als jemand, der davon überzeugt ist, dass ihm die Leute freundlich gesonnen sind und die Welt es gut mit ihm meint.

Dies ist sicherlich eine der gravierendsten Folgen aus traumatischen Erlebnissen. Am stärksten ausgeprägt ist sie bei Menschen mit sehr frühen Traumatisierungen. Bei ihnen ist diese innere Wahrnehmung von Gefahr sozusagen in die »PersönlichkeitsDNA« eingraviert.

Zwischen Über- und Untererregung – die traumatische Achterbahn

Es gibt allgemeine Symptome, die sowohl bei einem Schocktrauma als auch bei einem Entwicklungstrauma auftreten können. Sie haben mit Über- und Untererregung zu tun. Wie beschrieben können sie sich darin äußern, dass sich das ganze Nervensystem ständig auf einem sehr hohen Aktionsniveau befindet. Auch starke Wechsel zwischen extremer Erregung und einem Mangel an Erregung, wie zum Beispiel bei einer Depression, sind möglich. Ein Leben mit einer Traumatisierung ist sehr anstrengend, denn diese zeigt sich praktisch in allen Lebensbereichen. Sie beeinflusst den Umgang des Menschen mit sich selbst, mit seinen Lebenszielen und allen Beziehungen. Ein Trauma durchwirkt unser Leben auf eine so grundlegende Art und Weise, dass es kaum noch wahrgenommen wird, weil es so normal erscheint. Es gibt allerdings einige Symptome, die in unserer Gesellschaft immer häufiger in den Vordergrund treten: 

Schlafstörungen und Unruhe. 

Ein Körper, der ständig Gefahren erwartet, hat selbstverständlich Schwierigkeiten, zur Ruhe zukommen, sich zu entspannen oder gar einzuschlafen. Ich frage neue Klienten häufig, wie es sich für sie anfühlen würde, wenn sie sich einfach auf die Couch setzten und nichts täten. Die meisten können es sich nicht einmal mehr vorstellen, einfach nichts zu tun. In dem Moment, in dem sie äußerlich zur Ruhe kommen, spüren sie ihre innere Unruhe, die oft auch unangenehme Gefühle hochspült. Deshalb ist es viel leichter, tätig und in Bewegung zu bleiben. Manche Menschen werden auf diese Weise sehr erfolgreich – und unsere Gesellschaft belohnt Workaholics mit Karriere, Geld und Status.

Angst und Panik

Angstzustände und Panikattacken zählen für viele Trauma-Therapeuten zu den Symptomen von Traumata. Panikattacken können wir erklären, indem wir uns daran erinnern, dass der viel zu hohe innerliche Energielevel einer Person diese ununterbrochen in einem Zustand der Übererregung festhält. Diese Übererregung wird meist durch hohe Muskelspannung und viel Ablenkung und »Funktionieren« »gemanagt«.

Wenn durch die innere Brille ständig Gefahr erwartet und die sehr hohe Energie als Angst interpretiert wird, sucht das Gehirn nach einem Grund für diese Angst. Evolutionär gesehen, sind wir leider darauf geeicht, die Auslöser für Angst immer in unserer Umwelt zu suchen. Vereinfacht gesagt, sind Panikattacken Momente, in denen der innere Zustand der Übererregung nicht mehr zu halten ist und wie ein Dampfkessel hochkocht. Das Übersprudeln dieses bereits brodelnden Zustands kann dann durch praktisch alles ausgelöst werden. Nach einer Panikattacke kehrt kurz Entspannung ein, bis das alte Niveau der Übererregung wieder erreicht ist und es von vorne losgeht. 

Die meisten Betroffenen entwickeln eine genaue Selbstbeobachtung. Die eigenen Gefühle werden immer sensibler analysiert, und so entwickelt sich das Ganze zum Selbstläufer: Der Mensch nimmt Spannung wahr und interpretiert diese als Angst. Er will das Gefühl kontrollieren, merkt, dass er dazu nicht in der Lage ist, die Angst wächst, und so geht es weiter, wie bei einer Lawine, die langsam in Gang kommt.

Wut. 

Manche Menschen spüren keine Angst, haben dafür aber Wutanfälle. Sie sind für ihre Umgebung manchmal schwer auszuhalten und sehr unberechenbar im Umgang. Vom Ablauf her ist es wie bei den Panikattacken, aber die innere Übererregung wird anders interpretiert: Die Person reagiert auf alle Reize von außen mit Wut, weil sie sich angegriffen fühlt.

Eine Verbesserung dieser Symptome kann erst dann eintreten, wenn ein Mensch anfängt, seine innere Unruhe zu fühlen und wahrzunehmen, ohne sie zu interpretieren. Er oder sie lernt, die Unruhe rein physiologisch als Körperempfindung wahrzunehmen und nicht mit Gefühlen zu verbinden.

Sprunghaftigkeit, Schreckhaftigkeit und Hyperaktivität.
 
Dies können weitere Symptome nach traumatischen Ereignissen sein. Für manche Menschen ist es extrem schwierig, sich zu konzentrieren. Ihre innere Unruhe ist so groß, dass sie nicht sehr lange bei einer Sache bleiben können. Einige meiner Klienten kostet es beispielsweise große Mühe, ein Buch zu lesen.

Untererregung, Kollaps und Depression. 

Der Zustand der Übererregung ist enorm anstrengend. Nach einer Weile schaltet der Körper von
sich aus das Sicherungssystem ein. Die Sicherungen brennen durch, und die Person landet am anderen Ende der Achterbahn in der Untererregung oder im Kollaps und fühlt sich regelrecht »abgeschaltet«.

Sehr häufig fallen Menschen nach der Arbeit in diesen Kollaps. Erstaunlicherweise verwechseln viele diesen Zustand inzwischen sogar mit Entspannung. Dabei ist echte Entspannung ein angenehmer körperlicher Zustand, in dem der Muskeltonus nachlässt, man innerlich »runterfährt« und sich dennoch präsent fühlt.

Bei vielen meiner Klienten, bei denen Ärzte eine Depression oder sogar eine bipolare Störung – also eine manisch-depressive Erkrankung – diagnostiziert hatten, stellte sich heraus, dass dahinter traumatische Ereignisse lagen, die nicht integriert waren. Häufig empfinden Menschen in einem Zustand der Untererregung oder des Kollapses eine tiefe Sinnlosigkeit, das Gefühl der Abgeschnittenheit von anderen Menschen, emotionale Taubheit oder einen unergründlichen Schmerz, der nichts mit ihrem aktuellen Leben zu tun hat. Die tiefe Erschöpfung, die damit einhergeht, ist das Ergebnis der ständigen Übererregung, die irgendwann die Energiereserven eines jeden Menschen aufgebraucht hat. 

Der Wechsel von Über- und Untererregung kann in langen Abständen erfolgen oder auch in sehr kurzen. Manche Menschen sind in ihrem Beruf sehr leistungsfähig, während sie abends in ihrem Privatleben zu nichts mehr zu gebrauchen sind. Andere wirken während des Tages oft überhaupt nicht präsent und sind auch nicht emotional anwesend, können aber nachts durch innere Unruhe nicht schlafen. 

Bei all diesen Zuständen neigen wir zur Selbstmedikation. Wir greifen auf künstliche Beruhigungsmittel zurück, um bestimmte Dinge nicht wahrnehmen zu müssen: Alkohol, Essen, Computer, Fernsehen und Rauchen sind wohl die am weitesten verbreiteten Methoden, um die innere Unruhe nicht mehr zu spüren oder sie zumindest besser aushalten zu können. Je länger das Nervensystem in einem solchen dysregulierten Zustand bleibt, desto erschöpfter fühlt sich der betroffene Mensch. Kein System kann auf Dauer im Zustand der Erregung bleiben, und auch der ständige Wechsel zwischen extremer Über- und
Untererregung bleibt nicht folgenlos. Wer würde sich in einen Porsche setzen und gleichzeitig auf Gas und Bremse treten? Das Ergebnis wäre lediglich ein extrem hoher Benzinverbrauch und auch sonstiger Verschleiß, ohne dass man irgendwo hinkäme.

Bei Stress schöpft die Leber all ihre Reserven aus, um genügend Energie bereitzustellen. Geschieht dies allerdings ständig, ist sie irgendwann völlig erschöpft. Das Gleiche gilt für die Nebennieren, die viel zu häufig Adrenalin produzieren müssen. So werden auch die Nieren überanstrengt, und dies führt zu einem chronisch abgekämpften Zustand, in dem die nötige Energie fatalerweise nur durch noch mehr Adrenalin bereitgestellt wird. Medizinisch gibt es für diesen Zustand inzwischen den Begriff chronischer Erschöpfungszustand oder Burn-out.

All die beschriebenen körperlichen und seelischen Aspekte können Hinweise auf eine Traumatisierung sein. Sie müssen es aber nicht – die therapeutische Psychologie ist eben keine exakte Wissenschaft. Aber wenn jemand Leidensdruck empfindet, sich nicht mehr fallen lassen kann, Probleme mit Vertrauen hat und sich ständig in Anspannung befindet, dann ist das wohl ein guter Zeitpunkt, das Ganze näher zu untersuchen. Denn wenn wir zu lange im Funktionsmodus verharren, fühlen wir uns irgendwann
erschöpft, ausgebrannt und freudlos.


Selbstregulation – das Thermometer des Lebens

Leiden Menschen mehr, als sie aushalten können, suchen sie nach Lösungen. Sie sehnen sich danach, von ihrem Leiden beziehungsweise den Symptomen buchstäblich erlöst zu werden. Unser Denken über Symptome und die Kategorisierung in Krankheiten führt leider häufig in die Irre. Wir suchen dann nach einer Lösung, die das Symptom verschwinden lässt. Aber unsere Psyche funktioniert nun einmal nicht nach dem Prinzip von Ursache und Wirkung. Wir müssen damit beginnen, uns als einen Prozess, als ein vielschichtiges System zu verstehen. Die moderne Medizin geht nicht selten so vor, als hätte der Patient einen Stein im Schuh, der ihm Schmerzen bereitet. Also bekommt er Schmerztabletten. Aber wenn er die Schmerzen nun nicht mehr fühlt, ist die Ursache dann beseitigt? Selbstverständlich nicht – und doch ist das Denken, auf dem dieses Vorgehen beruht, sehr verführerisch.

In der Psychotherapie geschieht Ähnliches. Die Therapeuten widmen sich den Symptomen und den Problemen, die ein Klient mitbringt. Je nach Therapieform wird versucht, das Symptom – meistens die Symptome – dadurch zu mildern, dass man nach der Ursache forscht und diese aufdeckt. Es sollen also durch Erkenntnis Symptome zum Verschwinden gebracht werden. Ein anderer Weg besteht darin, die Verhaltensmuster der Klienten so zu verändern, dass die Symptome nicht mehr auftreten, oder Medikamente zu verschreiben, die die Symptomatik verschwinden lassen oder mildern.

Diese Ansätze gehen meiner Meinung nach auf unseren Wunsch nach Linearität und Logik zurück. Nicht selten allerdings auch auf die Ohnmacht, mit der wir letztendlich der Komplexität eines menschlichen Wesens gegenüberstehen. 

Bettina Schroeter, eine meiner ersten Ausbilderinnen, hat einmal gesagt: »Neurosen können wir ein ganzes Leben lang bearbeiten. Sie sind wie eine Hydra – haben wir eine bearbeitet, zeigt sich bereits die nächste.« Aus irgendeinem Grund hat mich dieser Satz besonders berührt, und ich habe ihn mitgenommen, obwohl ich ihn damals überhaupt noch nicht verstand. Doch ich habe gespürt: Darin liegt eine Wahrheit.

Der wichtigste Begriff, über den ich auf meiner Forschungsreise nach dem Kern unseres Leidens während einer Fortbildung gestolpert bin, ist Selbstregulation. Das erste Mal davon gehört habe ich durch meinem Kollegen Johannes B. Schmidt, und das Wort packte mich genauso wie Jahre zuvor die Sätze von Bettina. Selbstregulation – das klang wahrhaftig. Plötzlich fielen all die Puzzlestücke meiner Erfahrungen mit mir selbst und meinen Klienten an eine andere, richtigere Stelle. Die Beschäftigung mit den bewussten und unbewussten psychischen Vorgängen der Selbstregulation beantwortete die wichtige Frage, warum viele Menschen praktisch alles über sich wissen und verstehen und dennoch nicht glücklich leben können. Weshalb sie sogar häufig das Gefühl haben, dass sich nach Jahren der therapeutischen Arbeit fast nichts bewegt hat.

Was also ist Selbstregulation? Verkürzt gesagt, umfasst sie folgende Fähigkeiten:


die Fähigkeit, sich bei emotionalem Aufruhr selbst zu beruhigen,
die Fähigkeit, sich zu erholen und zu entspannen,
die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit auszurichten und zu halten,
die Fähigkeit, Impulse zu fühlen, zu kontrollieren und gegebenenfalls zurückzustellen,
die Fähigkeit, mit Frustrationen umzugehen,
die Fähigkeit, Absichten zu verwirklichen und Ziele zu verfolgen,
die Fähigkeit, Freude zu empfinden und die Welt erkunden zu wollen,
sowie die Fähigkeit, eine Pause zwischen Reiz und Reaktion zu machen.

Menschen sind den ganzen Tag über darauf angewiesen, sich innerlich so regulieren zu können, dass sie in einem guten Zustand bleiben. Das Leben hält ständige Herausforderungen für uns bereit und verlangt, dass wir uns dauernd auf Situationen einstellen, mit anderen Menschen umgehen, arbeitsfähig sind und uns sozial angemessen verhalten. Dabei unterscheide ich sehr stark zwischen gefühlter Lebendigkeit und einem »Funktionsmodus«. Viele Menschen bewältigen ihren Alltag in einem Funktionsmodus, in dem sie zwar noch allen Anforderungen genügen, sich aber kaum spüren und erst recht nicht ihr Leben genießen. 

Damit wir den Anforderungen unseres Lebens gerecht werden, greifen wir bewusst oder unbewusst auf Ressourcen – funktionale und dysfunktionale – zurück. Mit »Ressourcen« meine ich Dinge, mit deren Hilfe wir uns im Alltag ablenken, beruhigen, aufputschen oder auf irgendeine andere Weise unsere Stimmung verändern.

Funktionale Ressourcen. 

Das sind Aktivitäten, die uns wirklich guttun. Dazu gehören Spaziergänge, Meditationen, gute Gespräche, Kontakt, zur Ruhe kommen oder uns einem Hobby widmen.

Dysfunktionale Ressourcen. 

Genauso häufig wie die oben genannten Ressourcen nutzen die meisten Menschen auch solche, die sich zwar gut anfühlen, jedoch nicht unbedingt gut sind. Dazu gehören Rauchen, Alkohol trinken, Essen, vor dem Fernseher oder Computer sitzen, Shoppen gehen etc. 

Wie schnell ein Mensch auf Ressourcen zurückgreift und wie viel Glück und Stress er oder sie zulassen kann, hängt von der Fähigkeit zur Selbstregulation ab. Sie ist die ausschlaggebende Fähigkeit, die unser Leben schön oder anstrengend macht. Sie ist der tiefe Ozean, auf dem sich unser Leben abspielt, die Unterströmung unseres Lebens. Die Symptome oder Diagnosen sind nur die Dinge, die sich an der Oberfläche zeigen. Ganz gleich, wie viele von ihnen wir bearbeiten – solange wir die Strömung nicht verändern, wird sich unser Leben nicht grundlegend verbessern.

Nervensachen

Schauen wir uns also genauer an, was Selbstregulation ist und wie sie entsteht. Dafür müssen wir eintauchen in die Welt des Körpers und des Nervensystems.

Im täglichen Leben werden die meisten unserer Aktionen von den älteren Teilen des Gehirns und des autonomen Nervensystems, aber auch des endokrinen Systems gesteuert. Dabei hat das autonome Nervensystem die Aufgabe, unsere Erregung zu steuern und zu modulieren, also sowohl unsere Wach- als auch unsere Entspannungszustände. Es heißt »autonom«, weil es sich dadurch auszeichnet, dass es nicht direkt willentlich beeinflusst werden kann. Die beiden Zweige des autonomen Nervensystems (ANS) heißen Sympathikus und Parasympathikus. Der Sympathikus ist für Erregung und der Parasympathikus für Entspannung und Ruhe zuständig. Sympathikus und Parasympathikus, der hauptsächlich vom Vagusnerv repräsentiert wird, steuern praktisch alle Organe an und regulieren diese. Würde man alle Nerven der beiden Teile des ANS abbilden, so würden sie ziemlich genau unseren Körperumriss zeigen. Grob gesagt sind Sympathikus und Parasymphatikus Gegenspieler, die sich gegenseitig in Schach halten und die Aktivitäts- und Entspannungszyklen im Körper lenken. Ist der eine aktiver, so ist der andere inaktiver (dies ist eine vereinfachte Darstellung). Für unser Wohlbefinden sind beide gleich wichtig.

Ein angemessen innervierter (aktivierter) Sympathikus sorgt für:

angenehme Erregung,
Neugier,
Freude,
Wachheit,
Aktionspotenzial.

Sein Gegenspieler, der Parasympathikus, sorgt für:

angenehme Entspannung,
erholsamen Schlaf,
meditative Ruhe,
ein Gefühl von Verbundenheit.

Ein gesundes autonomes Nervensystem zeichnet sich vor allem durch Flexibilität aus. Es ist fähig, in beide Richtungen zu schwingen und sich den jeweiligen Gegebenheiten anzupassen. Die Schwingungsbreite des ANS, das heißt, dessen Möglichkeit, unterschiedlich weit zu schwingen, ist bei jedem Menschen verschieden. Wie stark sich die Schwingungsbreite herausbildet, hängt in sehr hohem Maße davon ab, wie die Geburt und die frühe Kindheit verlaufen sind.

Das Toleranzfenster – der Rahmen unseres Lebens

Man kann sich das Ganze wie einen Fensterrahmen vorstellen, in dem die Erregung mal schwach und mal stürmisch hin und her schwingt, sich dabei jedoch innerhalb des Rahmens bewegt. Das nennt man das Window of Tolerance. Menschen mit einem großen Toleranzfenster können mehr Gefühle, das heißt, Erregung zulassen, ohne dass es sie stresst. Sie können stärkere Glücksgefühle empfinden und auch mehr Stress aushalten als Menschen mit einem schmalen Toleranzfenster. Letztere stoßen sehr schnell im wahrsten Sinne des Wortes an ihre Grenzen.

[Bild: window-of-tolerance-300x179.png]

Wir alle fühlen uns am wohlsten, wenn wir uns im Rahmen unseres Toleranzfensters bewegen, und streben diesen Zustand an. Das bedeutet gleichzeitig, dass wir uns ununterbrochen so regulieren müssen, dass wir innerhalb des Fensters bleiben. Die ideale Voraussetzung dafür wäre, wenn wir uns die ganze Zeit spüren und Kontakt mit unserem Körper, unseren Gefühlen und Bedürfnissen halten würden. Dann wären wir in der Lage, eine innere Dysregulation sofort auszugleichen und würden nicht »ausdem Rahmen fallen«.Ein »gesundes«, anpassungsfähiges Nervensystem stellt sich etwa so dar: 

[Bild: Reguliertes-Nervensystem-300x180.png]
Die Schwingungen sind verschieden und unterscheiden sich in ihrer Intensität. Sie bewegen sich jedoch immer innerhalb des Rahmens. Während eines stressigen Tages hält sich die Schwingung mehr im oberen Bereich. An einem anderen Tag, den man auf der Couch verbringt, orientiert sich die Schwingung mehr nach unten, ohne größere Ausschläge nach oben. Am wichtigsten ist jedoch unsere individuelle Begrenzung nach oben und unten. Diese gibt vor, wie viel Erregung und Entspannung für uns möglich ist. Festgelegt wird das schon durch die Umstände unserer Geburt und die ersten Lebenserfahrungen. Die Schwingungsfähigkeit gibt vor, wie viel Gefühl eine Person in sich halten kann – sowohl angenehme als auch unangenehme Emotionen. Menschen mit einem sehr engen Toleranzfenster haben nur wenige Möglichkeiten, glücklich (hohe Erregung) zu sein, und
werden wahrscheinlich Situationen, die eine hohe Erregung mit sich bringen, lieber meiden. Gleichzeitig ist es diesen Menschen aber oft auch nicht möglich, sich tief zu entspannen, da auch dies ihr System überfordert.

Ein Entwicklungstrauma ist der hindernde Faktor für die Entstehung eines schwingungsfähigen, flexiblen und anpassungsfähigen Nervensystems. Geschieht etwas, das die Person in ihrer Bewältigungsfähigkeit, den sogenannten Coping-Fähigkeiten überfordert, so verändert sich die
Amplitude und das sympathische Nervensystem schlägt über die Grenzen des Toleranzfensters hinaus nach oben aus. Darauf folgt eine parasympathische Überreaktion, und der Ausschlag geht nach unten über die Grenzen hinweg in die Dissoziation oder Erstarrung. Dauert dieser Zustand an, führt dies zu einer Dysregulation im Nervensystem und dazu, dass die Ausschläge häufig außerhalb des Toleranzfensters liegen. Dadurch entstehen Symptome sowohl auf der körperlichen als auch auf der psychischen Ebene, die häufig für die Betroffenen vollkommen unverständlich sind. Ein derartig aus den Fugen geratenes Nervensystem kann man sich ungefähr so vorstellen:

[Bild: dysreguliertes-Nervensystem-300x194.png]


Menschen, die durch ein Schocktrauma, frühe Verletzungen, Bindungsverletzungen und ein Entwicklungstrauma bereits ein dysreguliertes Nervensystem haben und bei denen das
Toleranzfenster sehr eng ist, sind dadurch leider sehr anfällig für weitere Schocktraumata und Stress. Symptome und Beschwerden sind Ausdruck einer grundlegenden Dysregulation im System Mensch.

Traumafolgen, Angststörungen, Depressionen, Schmerzen und die meisten anderen »Störungs- und Symptombilder« sind der Ausdruck einer Selbstregulationsstörung. Statt in Begriffen von Symptomen und Diagnosen zu denken, sollten wir eher von Regulation und Dysregulation sprechen. Dysregulation ist wie ein Kontinuum eines inneren Zustandes, der dem Chaos gleichkommt. Das Leben fühlt sich an wie ein ständiger Kampf gegen den Absturz. Der Alltag ist davon geprägt, gegen Ängste, Schmerzen oder Depression anzukämpfen und einigermaßen zu »funktionieren«. Dysregulation kann bis hin zu Zuständen führen, in denen Menschen sich freiwillig in die geschlossene Psychiatrie einweisen lassen, weil sie sich selbst nicht mehr aushalten. 

Das Toleranzfenster kann in zwei Richtungen gesprengt werden: nach oben und nach unten hinaus. Manche Menschen befinden sich in ihrem Alltag mehr in der Übererregung, während andere sich eher im unteren Bereich befinden. Bei allen gibt es jedoch Wechsel, die als sehr anstrengend empfunden werden.

Zu hoch hinaus

Biologisch gesehen, wird die Bewegung nach oben vom Sympathikus gesteuert und sorgt für Mobilisation, die dann in Kampf oder Flucht mündet. Als Reaktion auf die Gefahr werden innerhalb
des Körpers die Stress-Systeme aktiviert, die hormonelle Veränderungen in Gang setzen. Die Dysregulation wird chronisch, wenn diese Reaktionssysteme beständig aktiviert bleiben, ohne dass
Gefahr besteht. Mit der Zeit kann der Körper diese ständige Alarmbereitschaft kaum noch bewältigen, und es entstehen Symptome und Verhaltensweisen, die charakteristisch dafür sind, dass das sympathikotone System des Menschen praktisch daueraktiv ist.

Eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist dabei nur die Spitze des Eisbergs. Die meisten Menschen, die an ihrem Leben leiden, zeigen trotz traumatischer Erfahrungen keine oder nur
wenige Anzeichen einer voll ausgebildeten PTBS und fallen deshalb häufig durch die diagnostischen Raster. Gerade frühe Verletzungen, Entwicklungstraumata und Bindungsverletzungen haben eine starke Dysregulation zur Folge, werden aber noch viel zu selten erfasst. 

Dies sind Merkmale, nach denen ich schaue, wenn ich Menschen begegne:

Wie viel Zeit verbringt er oder sie mit Arbeit?
Wie gut kann sich jemand konzentrieren, zum Beispiel ein Buch
in Ruhe lesen oder sich ganz einer Tätigkeit hingeben?
Wie ausgeglichen ist jemand – gibt es starke
Stimmungsschwankungen oder gar Wutanfälle?
Wie viel Angst hat jemand?
Kann jemand in die Zukunft planen und Dinge, die er/sie heute
tut, in ihrer Auswirkung auf die Zukunft einschätzen?
Wie unruhig ist jemand und wie viel Stress sucht er oder sie?
Kann jemand einfach mal nichts tun oder muss er/sie immer in
Bewegung sein?
Wie sprunghaft ist jemand in seinen Gefühlen, Gedanken und
im Handeln?
Wie gut spürt sich jemand in seinem/ihrem Körper?
Kann er oder sie anderen Menschen vertrauen?
Wie sieht es mit Hingabe, Loslassen und Entspannung aus?
Kann jemand echte Intimität zulassen oder weicht er/sie dann
aus?


Zu tief nach unten

Fallen Menschen nach unten aus dem Toleranzfenster, so ist das auf eine Übererregung des parasympathischen Systems zurückzuführen. Dies ist ebenfalls eine Dysregulation. Einen in
normalem Maße aktiven Parasympathikus erkennt man zunächst an folgenden körperlichen Anzeichen:

langsamere und tiefere Atmung,
langsamerer Herzschlag,
niedriger Blutdruck,
normale Hautfarbe, die Haut fühlt sich bei Berührung trocken
an,
niedriger Muskeltonus,
erhöhte Verdauungstätigkeit.

Diese Zustände empfinden wir normalerweise als positiv und angenehm, wir fühlen uns entspannt. Ist der Parasympathikus jedoch beständig überaktiv, verwandelt sich Entspannung in Kollabieren und Ruhe in Depression. Wir finden dann die folgenden Verhaltensweisen und psychischen Zustände, die sich ebenfalls stark auf das tägliche Leben auswirken. 

Ich stelle mir diesbezüglich die folgenden Fragen:

Fühlt sich der Mensch zugehörig?
Wie viel Energie hat er oder sie?
Hat er/sie das Gefühl, von anderen Menschen wie durch eine
Glasscheibe getrennt zu sein?
Neigt jemand zu Depression?
Ist jemand chronisch müde?
Fühlt sich jemand oft einsam, selbst wenn andere da sind?
Fühlt sich jemand öfter wie gelähmt?
Erstarrt jemand bei Stress, Konflikten, zu viel Nähe oder hohen
Anforderungen?
Kann jemand kaum Nein sagen und hat kein Gefühl für den
eigenen Raum?

Die parasympathische Überreaktion ist die älteste Reaktion auf Gefahr und wird, soweit möglich, vom Organismus vermieden. Ist diese Reaktion jedoch eingetreten, so ist die Wahrscheinlichkeit,
dass später Symptome auftreten, sehr hoch. Diese Reaktion wird so lange wie möglich vermieden, weil sie den Organismus den höchsten Preis kostet. Bei kleineren Lebewesen stirbt sogar ein bestimmter Prozentsatz der Tiere während des Totstellreflexes. Der Parasympathikus hat in diesem Fall einen so starken Ausschlag und der Organismus wird so weit heruntergefahren, dass die Organe nicht mehr versorgt und aktiviert werden und das Tier stirbt. Bei Menschen finden wir diese Reaktion beispielsweise beim multiplen Organversagen nach einem Schock, aber auch, wenn jemand aus einem sehr stressigen Berufsleben in Rente geht. Hier kommt es nicht selten zum plötzlichen Herztod als Reaktion auf die plötzliche Ruhe. In abgeschwächter Form kennen wir das wohl alle: wenn wir in den Urlaub fahren und dann krank werden oder an den Wochenenden Migräne bekommen. So etwas deutet auf ein Ungleichgewicht im autonomen Nervensystem hin,
das schon länger besteht.


Übergänge gestalten

In unserer Zeit haben viele Menschen keinen guten Bezug mehr zu ihrem Körper und seinen Reaktionen, oder sie haben es nicht gelernt, Übergänge zu gestalten. Sie leben ihr Leben am oberen
Rand ihres Toleranzfensters und sind nach Feierabend zu keinerlei Aktivitäten mehr in der Lage. Es ist wichtig, im Alltag Übergänge zu identifizieren und sie zu gestalten. Das können so banale Veränderungen sein wie von der Arbeit zur Freizeit oder von einem Zusammensein zu zweit zum Alleinsein. Wer schon einmal an einer intensiven Gruppenerfahrung teilgenommen hat, weiß, wie schwer es sein kann, wieder im Alltag anzukommen und sich neu zu orientieren. Viele Menschen »stürzen« dann »ab«, sie fallen gefühlt in ein Loch und verspüren unangenehme »Nachwehen« eines angenehmen Wochenendes. Das gilt vor allem für Menschen, bei denen die Selbstregulationsfähigkeit nicht gut ausgebildet ist. Man kann sogar sagen, hier hat das Nervensystem das Schwingen grundsätzlich verlernt. Statt zu schwingen und sich flexibel an die Begebenheiten des Lebens anzupassen, befinden sich die betroffenen Menschen entweder auf der übererregten Seite oder sie sind in die Untererregung abgeglitten. Das heißt, Menschen mit frühen Verletzungen und Traumatisierungen befinden sich selten im Rahmen des Toleranzfensters. Manche Menschen empfinden dies sogar als »langweilig«. Viele haben sich so sehr an die hohe Aktivierung ihres Nervensystems gewöhnt, dass sie Aktivismus und Dramatik mit Lebendigkeit verwechseln.

Stille und Ruhe werden dann fast als Bedrohung empfunden. Das Gehirn ist süchtig nach den Stresshormonen und Endorphinen geworden. Jede starke sympathische Erregung, die zur Adrenalinausschüttung führt, entlässt auch Endorphine in den Körper. Endorphine sind die körpereigenen, biologischen Schmerzmittel, und sie sind genauso mächtig und machen genauso
süchtig wie die synthetischen. Studien belegen, dass Menschen süchtig nach hoher Emotionalität und Dramen werden können. Es braucht Zeit und Geduld, sich von dieser scheinbaren Lebendigkeit
zu entwöhnen. Es gibt die Vermutung, dass das Gehirn von Menschen, die in traumatischen oder stressreichen Umgebungen aufgewachsen sind, süchtig ist und immer wieder nach seiner Dosis Endorphine verlangt. Die beständige Ausschüttung dieser Hormone hat zu einem Suchteffekt geführt, die den Betroffenen natürlich nicht bewusst ist, sich aber dennoch auf ihre Lebensgestaltung auswirkt. Diese »Dramasucht« kann gepaart sein mit einer starken Identifikation mit jenem Teil der Persönlichkeit, der von sich denkt, dass er starke Gefühle hat oder eben sehr impulsiv und leidenschaftlich ist. Je mehr ein Mensch dies als Teil seines Selbstbildes und seiner Persönlichkeit sieht, desto schwieriger ist an dieser Stelle die Veränderung, da wir immer identitätskonform, also im Einklang mit unserem Selbstbild, handeln wollen.


Mit Hilfe der Inneren Kind Arbeit installiere ich nachträglich die Fähigkeit zur Selbstregulation. 


[Bild: Das+Stress-Toleranz-Fenster-1920w.JPG]


Kleine Einführung in meine Erfahrung mit der Inneren Kind Arbeit: 

Das innere Kind Teil 1 - Einführung in eine Methode zu mehr Selbstmitgefühl
https://netzwerk-bewusstsein.com/2019/11...nd-teil-1/

Das innere Kind Teil 2 – Den Kritiker etwas entgegen setzten
https://netzwerk-bewusstsein.com/2019/11...es-kind-2/

Das innere Kind Teil 3 – Erste Kontaktaufnahme mit dem Kind und Begegnung mit dem Schatten.
https://netzwerk-bewusstsein.com/2019/11...-schatten/


Selbstregulation mit der Inneren Kind Methode

Was ich bisher an dieser Stelle mache, ist das Innere Kind durch Über-Erregungszustände zu begleiten und ihm Sicherheit geben das zu fühlen. So wie ich das Kind damals durch die Depression begleitet hatte. Das hatte gedauert, bis mir das keine Angst mehr gemacht hatte. Hier ist es bestimmt ähnlich. 

Ich möchte Sicherheit geben, statt direkt runter zu zu regulieren, wie ich das früher immer unbewusst gemacht hatte. Mit dem Ziel dass sich das Toleranzfenster erweitern darf. Regulieren tue ich, wenn es nötig ist, wenn es gefährlich oder destruktiv wird. Ich habe aber festgestellt mein Problem mit der Übererregung ist, dass ich hohe Erregungszustände nicht aushalten kann, weil ich sie als gefährlich empfinde. 

Ich kann auch gerade noch gar nicht abschätzen ob meine derzeitige Übererregung nur so stark ist weil ich sie jetzt 100% fühle, oder ob da gerade auch noch altes Trauma-material hochgeschwemmt wird, bzw. wie viel davon mit der derzeitigen Jobsituation zu tun hat. Das alles wird erst die zeit und die Erfahrung zeigen. 

Ich spiele mir jetzt den Inneren Erwachsenen der dem Kind sagt: Alles ist gut, du bist nur aufgeregt. Mach dir keine sorgen, du bist nur freudig. Alles ok, du bist nur aktiv.  Das darf alles sein. Ich glaube sogar dass ich meinen Körper intensiver spüre. Aber das muss ich noch erforschen. Das sind alles Gefühle und Zustände die in der Kindheit nicht da sein durften. Freude habe ich oft nur so richtig mit anderen Menschen gespürt, die diese freudige Rolle für mich gespielt haben. Aber ich konnte es nicht alleine. Es war nur sicher, wenn jemand dieses Gefühl begleitet hat. Faszinierend nicht wahr?

Oder aber ich habe Freude gefühlt, wenn sie von Innen kam, also bedingungslos war, im Zustand des Höheren Selbst. Verbunden. Glückseligkeit. Das hat sich nie so über erregt angefühlt, das war eher sanft. Aber um so mehr ich in mein Ego rutsche um so eingeschränkter bin ich für das Fühlen von positiven und aufregenden Gefühlen. Gleichzeitig hatte ich natürlich immer Sehnsucht nach Aufregung, Kick und Freude. Aber das ist nichts was außerhalb oder jenseits von mir ist, es ist nur blockiert. 

Und was ich ebenfalls lernen möchte, ist in Ruhe Lesen zu können und mich ins Bett zu schicken wenn ich müde bin. Ich habe noch Probleme mich am Abend runter zu regulieren. Ich kann sehr entspannt sein wenn ich es bin, aber am Abend bin ich wie ein kleines Kind, dass nicht ins Bett mag und aufbleiben möchte. Ich muss noch erforschen warum. Ja warum eigentlich? 

Falls jemand Ideen dazu hat, freue ich mich sehr. 
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RE: Trauma
#12
15.10.2020, 01:46
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Ich glaube wir können ein Trauma nicht auslöschen. 
Es wird vermutlich immer ein Teil von mir sein. 


Wir können die Erfahrung die einst so schwer, so schwarz, 
so schmerzhaft und so traurig war und immer sein wird, jedoch verarbeiten. 


Es ist niemals zu spät für eine glückliche Kindheit. 
Du musst sie dir nur selbst geben. 


Und ja noch mehr!

Wir können unsere Erfahrung nutzbar machen.  
Ich glaube das ist dann ein Ausdruck von wahrer Integration. 


Nicht indem wir das was wir sind überwinden. 
Nicht indem wir anders sind, als wir es sind. 
Sondern indem du bist wer du bist. 


Eine interessante Frage die du dir stellen kannst: 

Wozu befähigt dich dein Trauma?


Welche besondere Gabe hast du durch das erlangt, was dir auf schmerzvolle Weise zugefügt wurde?
Und was kannst du daraus machen, was nur du machen kannst, weil nur du diesen Schmerz kennst?
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RE: Trauma
#13
27.01.2021, 23:33 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 27.01.2021, 23:40 von ichbinmehr.)
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Eine Mentalreise mit der Ego State Therapie Methode

Ich schaue ein Video von Jochen Peichl über Ego State Therapie. Jochen Peichl´s Spezialthema neben Ego State ist außerdem die Täterintrojektion. Für diejenigen denen die Begriffe nichts sagen, habe ich unten etwas angehängt. Vielleicht könnt ihr die beiden Konzepte ja auch für eure Traumanalyse oder sonstige Innenschau verwenden, denn sie sind im Kern sehr leicht zu verstehen und anzuwenden, bewirken jedoch ein großen Umdenken und können somit Helfen innere Blockaden zu lösen. Ansonsten gehst jetzt hier zu meinem Erfahrungsbericht.

27.01.21


Herr Peichl lud in seinem Video zu einer Übung ein, sich einmal mit einem negativen Inneren Anteil (Introjekt) zu beschäftigen. Er schlägt folgende Themen vor, die er an Hand der Entwicklungskrisen laut Entwicklungsforscher Erik Erikson im Menschen vermutet. Er nennt:

Scham/Zweifel
Schuldgefühle
Innerer Antreiber
Es anderen Recht Macher
Innerer Kritiker

Ich spüre in mich, welcher Anteil passend erscheint, um heute einmal mit ihm zu arbeiten. Ich fühle das ist alles in mir. Ich kann mich aber von allen Anteilen willentlich distanzieren, außer vom Schuldgefühl. Ganz besonders zum Schuldgefühl fühle ich mich jetzt gerade hingezogen. Ich spüre eine emotionale Resonanz, eine emotionale Schwere, sowie eine Entsprechung auf der Ebene des physischen Körpers. Meine linke Schulter die, in ihrer Bewegung eingeschränkt ist und oft schmerzt, meldet sich. Schulter, Schuld, macht irgendwie Sinn, wenn man mal den Körper und seine Sprache beachtet.

Herr Peichl sagt, man solle sich ein Thema aussuchen und sich einen Satz aufschreiben. Ich nehme einen Zettel und schreibe folgendes auf:

Ich bin verantwortlich (Schuld).

Dann initiiert er eine hypnotische Trancereise. Er führt den Klienten an einen Inneren Konferenzraum. Dort solle man sich den Raum in der Imagination für sich passend einrichten und sich an einen Tisch setzten. Ich spüre Widerstände, denn alle Bilder eines Konferenzraumes, sowie alle Bilder mit Tischen lösen negative Assoziationen von Ohnmacht aus. Ich sehe mich und hilflos klein an einem riesigen kalten Tisch sitzen. Ich habe Angst. Zu viele unangenehme Gespräche, fanden an solchen Orten statt. Ich entscheide spontan, die Vorgabe mit dem Tisch zu verlassen und erschaffe einen individuellen Konferenzraum. Hier gibt es keinen Tisch. Stattdessen sitze ich in einem sehr bequemen Sitzmöbel fast auf dem Boden. Es ist sehr gemütlich. Die Sitzpositionen erzeugen das Gefühl von Augenhöhe. Unter mir befindet sich ein flauschiger Teppich. 

Dann sagt er, man solle den Anteil mit dem man kommunizieren möchte herein bitten. Dabei sei es wichtig eine freundliche und wertschätzende Haltung zu den Inneren Anteilen zu empfinden. Man soll den Teil der gleich reinkommt, mit freundlichen Augen anschauen. Es geht los. Der Anteil kommt rein.

Es ist eine Frau. Sie ist 28 Jahre alt. Sie hat blonde, lockige Haare. Sie ist schlank. Sie geht ein wenig wie ein Krabbe, seitwärts oder schielt zumindest mit ihren Augen sehr stark seitwärts. Sie wirkt sehr angestrengt, erschöpft, genervt. Sie schämt sich. Ächzend vor Anstrengung setzt sie sich. 

Ich begrüße sie und versuche meine bewertenden Gedanken über ihre Erscheinung loszulassen. Immer hin ist sie für meine Schuldgefühle zuständig. Trotzdem möchte ich ihr freundlich begegnen, denn Wertschätzung der Inneren Anteile ist der Kern der Ego State Methode. Ich zeige mich freundlich, wertschätzend und neugierig. Sie scheint auch auf mich freundlich zu wirken. Ich frage wie Herr Peichl in der Trancereise anregt, welcher Anteil bist du? Der Anteil antwortet: Ich bin so, wie ihr mich haben wollt.

Ich erkenne, dass der Seitwärtsblick immer auf andere Menschen gerichtet ist und dazu dient, den Wünschen der Eltern zu entsprechen. Dieser Anteil ist dazu da, das eigene Verhalten immer abzuwägen. Sie schaut quasi stets durch die Augen anderer Menschen, auf sich selbst, um sich bei Bedarf zu korrigieren. Mich nervt dieses Verhalten und ich versuche es schon seit einer ganzen Weile abzustellen. Ich verstehe jedoch sofort, dass dieses ein Überlebensprogramm ist. Es ist mir auch nicht neu, aber ich finde es krass, dass sie mir dieses Verhalten durch ihre Erscheinung so deutlich zeigt. Es wird mir sehr bewusst, dadurch dass sie das mit ihrem Körper darstellt. Sie kann gar nichts tun, ohne seitwärts zu schauen. Und das zeigt sie so deutlich. Sie kann nichts tun, ohne zur Seite zu schauen. 

Als nächstes fällt mir auf, dass sie sehr unter ihrer Rolle leidet, weil sie die Anpassungsleistung, die sie täglich erbringen muss, total erschöpft und auspowert. Sie schafft es gerade so, sich zu halten. Sie ist einem Zusammenbruch sehr nahe, denn sie steht permanent unter der Anspannung, sich anzupassen und den Erwartungen anderer Menschen zu entsprechen. Eine eigene Identität konnte sie aus diesem Grund nicht entwickeln. Als ich das begreife, bin ich sehr berührt und bewegt. Ich bin traurig. Es ist nicht so, dass ich da etwas neues von mir sehe, aber mich bewegt die Klarheit mit der diese Eigenschaft dargestellt wird. Oft weiß ich ja Dinge über mich, aber die Erkenntnis geht nicht tief genug, um eine Veränderung zu erwirken. 

Herr Peichl regt an zu fragen, wann bist du entstanden?

Sie zeigt mir eine Szene, bei der ich ca. 3-4 Jahre alt war. Meine Mutter schloss sich im Badezimmer ein und schrie weinend und völlig histerisch: Du ekelst mich an, zu meinem Vater, mit dem ich mich im Wohnzimmer befand. Ich hockte weinend und in großer Not vor der abgeschlossenen Badezimmertüre und konnte nicht verstehen, wie sie sich meine Mutter, ohne mich einschließen konnte. Ich konnte nicht verstehen was überhaupt los war zwischen meinen Eltern. Irgendwas war gestern geschehen als der Nachbar zu Besuch war, mit dem meine Mutter stets im Streit lag. Ich verstand nur eins, dass meine Mutter sich extrem gegenüber meinem Vater ausdrückte, ihr also etwas schreckliches geschehen war und ich das nicht zusammen brachte. Wenn er mein Vater, so eine große Gefahr für sie darstellt, wie sie das mit ihren Worten und ihrer Emotionalität ausdrückte, warum ließ sie mich dann alleine vor der Türe zurück? Ohne Schutz. Mein Vater hingegen redete beschwichtigend auf meine Mutter ein, als verstünde er gar nicht was mit ihr los war. Wem sollte ich glauben? 

Ich war irgendwie so dabei, aber keiner kümmerte sich um mich. Das erlebte ich sehr häufig. Ein Grund warum ich bis heute Streit nur schwer ertragen kann, denn er löst immer große Hilflosigkeit und Flashbacks aus. Ein Grund warum ich stets bemüht bin Brücken zu bauen. Oft gerate ich dann noch zusätzlich in Trouble, weil niemand sieht dass ich mit dem Brückenbau nur helfen möchte. Meine Brücken werden meist jedoch nicht mal erkannt. Wieder betrauere ich diesem Umstand. 

Als ich weiter über diese Szene nachdachte, erkannte ich, das so in meinem Leben im Prinzip immer wieder geschehen ist. Ein ganz großes Thema ist für mich immer wieder das Thema: Ich bin nicht geschützt. Ich habe keinen Schutz erhalten. Es gab keinen Schutz für mich im Elternhaus. Keine Schutz vor Überforderung. Keinen Schutz vor Gewalt. Ich war der Willkür meiner Eltern, dem Jähzorn meiner Mutter, der Verantwortungslosigkeit meines Vaters ständig ausgeliefert. Schutz gab es nirgends. Nirgends. Streit triggert das Gefühl nicht geschützt zu sein. Und irgendwas musste ich ja tun. Also fühlte ich mich verantwortlich. 

Wieder fühle ich Betroffenheit. Es ist für mich noch wichtig diese Betroffenheit ganz zu fühlen, denn die musste ja abgespalten werden, um zu überleben. Deshalb suche ich den Kontakt mit diesen schmerzhaften Gefühlen ganz bewusst, um Ganz zu werden. Große Betroffenheit ist daher immer befriedigend für mich, denn ich weiß dass ich in diesen Momenten heile. Ich glaube dass können nicht immer alle Menschen verstehen. Gerade die die den Schmerz selbst nicht suchen, verstehen nicht, warum ich freiwillig in den Schmerz gehe. 

Ich spüre plötzlich körperlich die schwere Schuld, die auf meinen Schultern liegt. Meine linke Schulter schmerzt. Sie hindert mich oft daran meine Körper aus dem Trauma zu führen. Viele Sportarten kann ich zur Zeit gar nicht machen, mit der Schulter. Meine Schulter hindert mich meinen Oberkörper aufzurichten und mich frei zu bewegen. Es gibt sehr große Schwankungen der Beweglichkeit und des Schmerzempfindens, die sehr stark mit meiner Energie und dem emotionalen Zustand zusammen hängen. 

Ich sage zu dem dem Anteil der vor mir sitzt: Du hast die Schuld auf dich genommen.
Du wusstest dir nicht anders zu helfen, als selbst die Verantwortung zu übernehmen. Das hat dich vor der großen Hilflosigkeit bewahrt, die du nicht ertragen konntest. Durch dich habe ich in dieser Situation überleben können. Ich danke dir für dein Eingreifen. Durch dich habe ich überlebt. Sie nickt. 

Ebenso hast du zugestimmt der Symptomträger für das System Familie zu sein, um die Familie zu stabilisieren. Und so bin ich bis heute in vielen Systemen der Symptomträger, weil ich es ja nur so kenne und weil die Urwunde, mich immer wieder in diese Rolle bringt. Sie nickt wieder. 

Plötzlich sah ich, dass ich die Schuld freiwillig auf mich genommen hatte und als Folge dessen das System Familie mir die Schuld gab und ja bis heute die Schuld gibt. Das ist jetzt wieder ein spiritueller Gedanke, wo es darum geht, wer die Realität letztlich erschafft. Dieser Gedanke war deshalb sehr wichtig für mich. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass ich die Verantwortung / Schuld loslassen kann, weil es in meiner Macht steht, dieses zu tun. Was man annimmt, kann man auch loslassen.

Ich erinnere mich an Piagets Entwicklungsphasen, in denen es auch darum ging, dass das Kind dazu neigt sich schuldig zu fühlen, wenn die Eltern streiten. Ich habe viele Kinder gesehen, denen es so ging, aber ich habe diese Theorie nie richtig auf mich angewendet. 

Herr Peichl rät dazu, mit dem betreffende Ego State täglich für 10 Minuten im Kontakt zu sein, um ihn kennen zu lernen. Er leitet die Teilnehmer aus der Trance. Ich möchte jedoch noch drin bleiben und strebe es an jetzt eine Verhandlung mit dem Anteil zu beginnen. Das funktioniert dann, wenn die Wertschätzung des Anteils gelungen ist, die Funktion des Symptoms erkannt ist und man gut im Kontakt ist. Dann kann man den Anteil fragen, ob und unter welchen Bedingungen, er bereit ist, sein Verhalten zu verändern. 

Ich bedanke mich nochmal bei dem Verantwortungs – State. Ich erkenne nochmal, dass es ihn unglaubliche Kraft gekostet hat, die Verantwortung so lange auf den eigenen Schultern zu tragen. Vor allem, weil sich das Thema ja in allen Lebensbereichen spiegelt. 

Darum frage ich ihn direkt: Meinst du, du könntest dir vorstellen, die Schuld /Verantwortung jetzt loszulassen?

Das Gesicht der Frau die mir gegenüber sitzt, beginnt zu strahlen. Sie guckt auf einmal nicht mehr seitwärts, sondern gerade aus. Das Licht im Zimmer erhellt sich gelb - golden. 
Sie sagt: Aber ja! Es wäre eine unglaubliche Erleichterung!

Ich freue mich, über ihre bereitwillige Zustimmung. Denn oft braucht es ein besonderes Verhandlungsgeschick, um Ego States zu einem neuen Verhalten zu bewegen. Aber ich merke, hier scheint alles klar zu sein. Die Veränderung war bereits reif. Sie schien nur darauf zu warten, dass ich mich heute anders entscheide. Ihr Wort Erleichterung ... ich hab das Gefühl dass sie damit auch einen energetischen Zustand meint, und das auch die Last auf der Schulter gemeint sein könnte. 

Ich sage ihr noch einmal: Ich danke Dir, dass du die Schuld (ich nehme das kindliche Wort) auf dich genommen hast. Durch dich habe ich überlebt. Ich habe auch sehr viel durch dich gelernt.

Ich denke dabei an den Archetypen des Bodhisattwa, und an die Leiden von Christus. Ich verstehe ohne diesen Anteil, hätte ich nie das Verständnis und das Mitgefühl entwickelt und nie versucht Brücken in Mitten von Uneinigkeit zu bauen. Ursprünglich tat ich das aus meiner Not. Aber ich verstand dadurch die Dualität. Ohne die Schildübernahme hätte ich nie der Mensch werden können, der ich sein wollte. Erst durch ihn bin ich ein Brückenbauer geworden. Ich sehe dass ein Großteil meiner Lebenserfahrung so nie möglich gewesen wäre, hätte der Anteil nicht die Schuld auf sich genommen. 

Die Augen der Frau die stets zur Seite geschaut haben, haben mir dazu verholfen eine umfassende Perspektive erlernen zu können. Eine Perspektive die später so weit wurde, dass meine Perspektive unendlich wurde. Ich denke an alles was ich durch diesen Ego State gelernt habe. Ich fühle große Dankbarkeit. Es sind nicht nur rituelle Worte, mir stehen Tränen der Dankbarkeit in den Augen.

Ich sage, doch jetzt ist es Zeit loszulassen! Ich reiche der Frau meine Rechte Hand zum Handschlag der unsere Vereinbarung besiegeln soll. Sie schlägt ein. Wir sagen zusammen: Du bist jetzt frei. Ich fühle Freude über das gelungene Ritual.

Ich bitte im Anschluss noch darum, ob meine Körperproblematik sich auflösen möge. Sie schaut ganz zuversichtlich und nickt. Sie suggeriert mir, dass sie als Ansprechpartner weiterhin zur Verfügung steht, bis alles gesagt ist. Die Frau schaut gerade aus. Sie hat aufgehört zur Seite zu schielen. Und sie schaut nicht mehr angestrengt. 

-Ende - 

Im Anschluss höre ich den Vortrag noch ein Stück weiter.

Das besagte Video gibt es übrigens hier: https://shop.auditorium-netzwerk.de/deta...icle/16975

Das Symptom ist nicht das Problem, sondern die Lösung des Problems. Die Frage lautet für welches Problem? Diese Erkenntnis ist meist so weit verdrängt, dass wir keinen Zugang mehr zur Ursprungsproblematik haben. Die Wertschätzung in der Ego State Therapie für den symptomatischen Teil, ermöglicht es einen Zugang zum ursächlichen Problem zu finden.

Frage dich mal: Was würde passieren, wenn du aufhören würdest dich verantwortlich zu fühlen?

Die Innere Stimme sagt: Du könntest aufstehen und gehen. Du kannst Situationen verlassen und frei wählen. Dann verlierst du deine Identifikation mit deinem Ich. Ich merke, dass da eine leere Stelle ist, wo ich mich sonst für das Leid der Welt verantwortlich fühlte. Es beunruhigt mich aber nicht. Ich denke mehr, es wird sich schon was neues finden. Momente wo ein Teil in mir fehlt, weil er nicht mehr notwendig war, habe ich schon oft erlebt. Manchmal können sie wie ein Schock erlebt werden, ja besonders wenn das loslassen zu schnell ging. Heute ging das locker. 

Das Täterintrojekt ist die Übernahme des verfolgten Feinbildes in das eigen Selbst. Es entsteht ein Innere Selbstanteil in Form des Bedürfnisses, welches die Eltern haben. Die Funktion hat ebenfalls eine Position im System Familie. Die Funktion der Verantwortungsübernahme ist der Schutz gegen die Hilflosigkeit. Es schafft die Sicherheit nicht gänzlich verlassen zu sein und die Illusion, wenn ich nur so bin, wie der andere mich will, werde ich geliebt. Das ist die Funktion des Täterintrojekts. Es ist die letzte Hoffnung in Bindung, die Hoffnung in Beziehung zu bleiben. Somit ist das Schuldgefühl, immer ein Symptom eines Wunsches nach Bindung (Aha!). Wiederkehrende Hilflosigkeit innerhalb der Entwicklungserfahrung bildetet dann schließlich den Ego State der „Verantwortlichen“, der bis heute Einfluss auf mein Leben nimmt.

Und warum erlebe ich das so? Muss man seinem Erleben überhaupt einen Sinn zusprechen?
Nein man muss nicht, aber man kann. Denn so integriere ich eine als negativ bewertete Situation, in ein positives Denken, welches wiederum Einfluss auf meine Realitätswahrnehmung hat.

Warum erlebe ich das alles so? Ich vermute um für die Menschen, die wie ich traumatisiert sind, und die ihr wahres Selbst erkennen möchten, eine Brücke zu sein. Denn es gibt sehr viele spirituelle Ansätze das Selbst zu finden, jedoch wenige nehmen diejenigen mit, die wie ich traumatisiert sind. Es geht ja in so vielen spirituellen Ansätzen darum das Ich zu überwinden. Was ist jedoch mit den Menschen die ihr Ich erst einmal finden müssen? 

So hat mein Trauma, nicht nur eine Funktion im System meiner Familie, oder im System meines Arbeitsplatzes, womöglich auch im System Forum, es hat darüber hinaus ein Funktion im System des Höheren Selbst. Denn das Selbst kreiert fortwährend, um über sich selbst und seine Beschränkungen hinaus zu wachsen. Es findet immer neue Wege um Lösungen zu finden. Jeder Mensch ist ein Teil dessen und jeder arbeitet an einem anderen Teil des großen Ganzen. 

Ich kann diese höhere Funktion, mühelos wahrnehmen, ohne dass ich diese als Last oder Arbeit wahrnehme, es passiert einfach, weil ich so bin. In kleineren System ist es manchmal eine Last den Symptomträger zu spielen. Im großen System ist es mehr eine Freude mit meinem Dasein, etwas zu bewegen. Ich hatte mir so oft gewünscht in der Welt etwas zu bewegen und oft habe ich mich als zu schwach erlebt. Aber wenn ich genau hinschaue, bewege ich in jedem Moment etwas und das einfach nur, weil ich da bin. So wie ich bin, mit all meinen Baustellen. Völlig mühelos. Zum Beispiel jetzt. Jeder tut das. Nicht für jeden Sichtbar, aber für diejenigen die es sehen sollen. Um so authentischer ich meine Persönlichkeit lebe, um so mehr kommt dieser höhere Sinn, meiner Persönlichkeit zum tragen.

Im Vortrag von Jochen Peichl erfahre ich dass man aus traumatherapeutischer Sicht, immer zu erst mit den mächtigsten Selbstanteilen (dem inneren Boss) in Kontakt tritt, weil es nichts bringt, sich zuerst um verletzte Innere Kind Anteile zu kümmern, wenn die Bosse (Wächter) die Bemühungen immer wieder zurück werfen. Ich frage mich, wer mein Boss Anteil ist und finde ganz klar meinen analytisch, rationalen, logischen Verstand. Und ich verstehe warum ich mir so viele Konzepte erarbeiten musste, die den Verstand und mein spirituelles Selbstbild zusammen führen. Diese haben den Weg vorbereitet. Mein Lehrer hat immer gesagt, der Verstand bereitet die Erlösung vor. Das Gefühl muss dann nachreifen. Es fallen gerade wieder so viele Dinge an den richtigen Platz und erzeugen so eine Stimmigkeit in mir, ich erfahre einen Sinn meiner Existenz der mich befriedigt. Und das alles geschieht am laufenden Bande von Selbst. 

Der Sinn war so wichtig für mich, weil ich immer zu spüren bekommen hatte, dass nicht erwünscht bin. Na klar, ich bin ja immer der Symptomträger gewesen, der den Schatten der Menschen verkörpert. Wer soll mich da mögen? Ich trete jedem durch mein Sein auf die Füße. Einfach nur indem ich ich selbst bin. Deshalb ist mein Lebenssinn so wichtig für mich. 




Woltemade Hartman - Was ist Ego-State-Therapie? (5 Min)




Zitat:
Kai Fritsche – Einführung in die Ego State Therapie, Vergl. Seite 61, 63

Das übergeordnete Ziel der Ego-State-Therapie ist die Integration als ein Zustand, in dem die einzelnen Ego-States in vollständiger Kommunikation miteinander stehen, mentale Inhalte austauschen und in harmonischen Beziehungen miteinander existieren.

Ziele der Ego-State-Therapie:

1) Kontakt zu inneren Anteilen
2) Aufbau von Kommunikation mit inneren Anteilen
3) Akzeptanz und Annahme von inneren Anteilen
4) Verständnis für innere Anteile
5) Unterstützung innerer Anteile/Hilfe/Entwicklungsarbeit /Reifung
6) Nutzung innerer Anteile/Kooperation/Bündnisse/innere Diplomatie"/neue Aufgaben
7) Entwicklung eines inneren Teams bzw. einer inneren Familie mit eigenen Unterstützungsfertigkeiten.


Zitat:
Vergl. Stangl, W. (2021). Stichwort: 'Täterintrojekte'. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik.

Täterintrojekte sind psychische Deformationen, die Opfern von ihren Tätern zugefügt wurden und sich durch dissoziative Aneignungsprozesse verfestigt haben und sich im Erleben und Verhalten von Menschen unbewusst festsetzen. Täterintrojekte sind dabei psychisch komplexe Leitbilder, die Opfer gegen ihren Willen durch die brutalen Grenzüberschreitungen des Täters verinnerlicht haben.

Täterintrojekte steuern den betroffenen Menschen häufig in schwer vermeidbare Wiederholungen selbst- und fremdschädigenden psychophysischen Verhaltens hinein. Betroffen sind dabei vor allem Kinder und Menschen in längeren Abhängigkeitsbeziehungen.

Täterintrojekte bzw. Widersacher sind Täter-loyale Anteile, die in der Regel der Abwehr von Ohnmacht und Scham und dem Erhalt der Bindung zum Täter dienen, wobei die Folgen häufig Selbstbestrafung, Autoaggression oder auch gefühlte eigene Täterschaft darstellen, etwa durch die übernommenen Ansichten der Täter: du bist selbst schuld, bist nichts wert, verdienst es nicht anders, bist ein Nichts, hast es ja so gewollt, wolltest es doch auch, hat dir doch Spass gemacht. Diese Ansichten übernehmen Traumatisierte oft selbst, ihr Selbstbild ist oft von Verachtung, Wert- und Respektlosigkeit und manchmal regelrechtem Hass auf sich selbst geprägt.

In der Traumatherapie werden diese entstandenen Gedanken und Empfindungen in der Regel Widersacher genannt. Das Charakteristische an Täterintrojekten ist das Verborgene, das Heimliche, ihr Agieren aus dem Hintergrund, wobei diese übernommenen Ansichten so tief verankert sind, dass sie ein Teil des Selbst geworden sind. Traumatisierte tragen dadurch sowohl Anteile des Täters in sich, wie auch Anteile des Opfers, wobei es schwer zu lernen ist, das zu trennen und zu erkennen, wer im Augenblick dominiert. 
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RE: Trauma
#14
14.03.2021, 14:59 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 14.03.2021, 15:06 von ichbinmehr.)
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Ich habe gerade folgenden Artikel gelesen.

https://www.zeit.de/arbeit/2021-03/heinz...obal-de-DE

Es ging um die Frage: Gibt es ein Problem, wenn Kinder auf Grund der Corona Beschränkungen Schule verlernen? Wie ich finde, ein sehr lesenswerter Artikel der mit differenziertem Blick auf die Pros und Contras von Schulschließungen und Schulöffnung, schaut.

Am Ende traf er mich ein Abschnitt jedoch nochmal ganz persönlich. Vielleicht kann mir da mal jemand helfen? Vielleicht hat jemand eine Idee, warum ich das immer wieder so empfinde?

Es ging um folgende Aussage:


Zitat:ZEITmagazin ONLINE: Haben die heutigen Schulkinder Nachteile gegenüber ihren Nachfolgern, die kein Schuljahr verpassen werden? Wird es eine abgehängte Generation geben?

Bude: Nein, abgehängt ist sie nicht. Aber sie hat schon Nachteile, die am besten dann ausgeglichen werden können, wenn diese Situation als eine kollektive und nicht nur individuelle Bewährungsprobe verstanden wird. Wenn also der Eindruck vorherrscht, wir haben hier alle zusammen ein Päckchen zu tragen, was dann zum gemeinsamen und nicht nur individuellen Handeln führt.

Der Abschnitt erzeugte Trauer in mir, weil es eben Themen gibt, die von der Gesellschaft als kollektives Päckchen verstanden werden und andere Themen, die einem als persönliches Versagen oder als Pech angerechnet werden, weil kaum Bewusstsein dafür herrscht. Dann ist man abgehängt.

Trauma ist so ein Thema bei dem ich mich von meiner mich umgebenden Umwelt nur sehr wenig unterstützt fühle. Die Ignoranz die das Thema in der Öffentlichkeit erfährt, führt mich immer wieder zu Verlassenheits- und Wutgefühlen und zu Retraumatisierungen.

Mir fehlt eine Einbindung meiner persönlichen Lebenserfahrung in das kollektive System, welches mir suggeriert, dass es ebenfalls an diesem Thema arbeitet und mein differenziertes Hinschauen würdigt. Mir fehlt das wir alle zusammen an diesem Thema arbeiten, weil es unser Thema ist und nicht das einzelner Menschen. Darum würdige ich mich heute selbst für meine Arbeit.

Es wäre sehr wünschenswert, wenn das was ich Umwelt nenne, Schritte geht, die dazu führen, dass Trauma als kollektives Päckchen angesehen wird, was uns alle angeht, weil es mit uns allen verwoben ist und nicht nur mit Einzelnen. Es wäre eine sehr große Erleichterung für all jene Menschen die besonders schwer von Trauma betroffen sind, wenn sie mir ihrer Erfahrungen, nicht alleine da zu stehen. Im Grunde ist jeder Betroffen, aber nicht jeder merkt dies.

Ich bin gespannt wie du das umsetzt liebe Welt. Ich bin schon gespannt darauf wie das sein wird. Ich freue mich auf die Veränderung, die du diesbezüglich hervorbringen wirst. Vielleicht kann ich dann endlich ein Teil von dir sein, Welt.
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RE: Trauma
#15
14.03.2021, 23:33
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(14.03.2021, 14:59)ichbinmehr schrieb: Mir fehlt eine Einbindung meiner persönlichen Lebenserfahrung in das kollektive System, welches mir suggeriert, dass es ebenfalls an diesem Thema arbeitet und mein differenziertes Hinschauen würdigt. Mir fehlt das wir alle zusammen an diesem Thema arbeiten, weil es unser Thema ist und nicht das einzelner Menschen. Darum würdige ich mich heute selbst für meine Arbeit.

Es wäre sehr wünschenswert, wenn das was ich Umwelt nenne, Schritte geht, die dazu führen, dass Trauma als kollektives Päckchen angesehen wird, was uns alle angeht, weil es mit uns allen verwoben ist und nicht nur mit Einzelnen. Es wäre eine sehr große Erleichterung für all jene Menschen die besonders schwer von Trauma betroffen sind, wenn sie mir ihrer Erfahrungen, nicht alleine da zu stehen. Im Grunde ist jeder Betroffen, aber nicht jeder merkt dies.

Ich bin gespannt wie du das umsetzt liebe Welt. Ich bin schon gespannt darauf wie das sein wird. Ich freue mich auf die Veränderung, die du diesbezüglich hervorbringen wirst. Vielleicht kann ich dann endlich ein Teil von dir sein, Welt.

Jetzt lese ich dies, nachdem ich im benachbarten Thread kritisch auf die Würdigung des Selbst eingegangen bin, das dieser Facette nicht wirklich gerecht wird. Deshalb noch ein paar ergänzende Worte.

Die Welt so zu verändern, dass man "hineinpasst", ist eine Herkulesaufgabe. Influencer mögen es da leichter haben (Influenza-Viren übrigens auch). Auch wenn man mancherlei Fortschritte beobachten kann, sieht man an anderer Stelle wieder Rückschritte. Leider hat die Welt noch immer einen langen Weg vor sich.

Deine Arbeit zeigt aber, dass die Welt auf dem Weg ist zu einer besseren Trauma-Bewältigung. Du hast die Gabe, die Welt dahingehend zu verändern. Das würde nicht funktionieren, wenn Du kein Teil von ihr wärst. Auch wenn die Fortschritte womöglich noch nicht spürbar oder messbar sind, denke immer an den Chaos-Effekt: der Flügelschlag eines Schmetterlings am anderen Ende der Welt hat das Potenzial, an hiesigem Ort einen Wirbelsturm auszulösen.
Ich spitze meine Farbstiftmine mit einer Farbstiftspitzmaschine.
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