Zitat:Im Zen-Buddhismus wird gepredigt, man solle zur Reinen Wahrnehmung durchbrechen, indem man aufhört zu denken. Ich habe das schon oft versucht. Bisher ohne großen Erfolg.
Auch ich habe das schon oft versucht, jedoch ebenfalls ohne großen Erfolg, weil das mit meinen persönlichen Werten auch gar nicht im Einklang steht.
Kürzlich habe ich eine wichtige Lösung für mein Problem mit der Leere gefunden. Nach jahrelanger Suche (an der falschen Stelle) habe ich einen Weg entdeckt, wie ich die Würdigung und Wertschätzung des Ichs, samt seiner menschlichen Bedürfnisse und Gefühle mit der Leere (der Nicht Existenz), die ich immer wieder in den Schatten gedrängt hatte, miteinander vereinen konnte.
Ich habe mal gelesen, dass ein Therapeut keine erfolgreiche Therapie gegen die persönlichen Werteüberzeugungen (Mems) eines Klienten machen kann.
Vielleicht ist das bei der Erkenntnis von der du spricht auch so?
Und man kann niemandem etwas nehmen, was nicht vorher gewürdigt wurde.
Ich habe Techniken zum Aufgeben des Denkens praktiziert und das auch temporär geschafft, aber ich fühlte dann immer, dass das eine ungute Dissoziation hervorruft und bin stets zurück in meinen Denker gekehrt.
Allerdings erlaube ich dem Denker zwischenzeitlich Urlaub zu machen, ohne ihn völlig abschaffen zu wollen. Ich erlaube ihm eine temporäre Pause sozusagen.
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Hinzu kommt, dass all diese spirituellen Anweisungen auch nur Vorstellungen sind.
Selbst spirituelle Anleitungen sind Konzepte, die von jemandem erdacht wurden. Also auch wieder nur Gedanken.
Tatsächlich (denke ich) kann man nicht genau sagen, wie oder warum jemand Erleuchtung findet.
Jeder Gedanke, zu wissen, wie das funktioniert, ist bereits ein Gedanke zu viel.
Jedes Wissen darüber ist Zuviel.
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Aber wer kann dieses Nicht Wissen in aller Konsequenz ertragen?
Das würde ja bedeuten, die volle Ohnmacht des Lebens und Leidens ganz anzunehmen.
Für die Menschen die das noch nicht können, weil die noch etwas tun müssen, um die Ohnmacht und das Leid abzuwenden, gibt es spirituelle Wege.
Ich kann mich der Ohnmacht auch nur langsam nähern.
Aber wer weiß, vielleicht ist das wie bei einer Reise. Wenn man zu Fuß geht, sieht man etwas anderes von der Landschaft, als wenn man mit dem Auto fährt oder das Flugzeug nimmt.
Ich glaube auch dass wenn man sich sehr schnell hingeben kann, dann muss man den ganzen Weg nochmal zurück gehen und sich alles angucken, was man nur überflogen hat.
Ich denke Niemand hat einen Vorteil und jeder kann das Spiel gewinnen.
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Ich glaube es gibt nur DEINEN Weg und den kannst nur DU gehen und finden.
Ich glaube das ist das Allerschwerste, was wir alle oft nicht (be)greifen wollen, denn den eigenen Weg zu gehen, bedeutet ganz alleine zu sein.
Solange wir uns noch einer spirituellen Tradition anschließen, vermeiden wir das Allein sein und damit auch das ALL-EIN-SEIN.
Das Allein-sein ist für mich auch so ein Gefühl von naja fast Wahnsinn.
Manchmal kann ich es ertragen (kommt auf die Situation an), manchmal habe ich noch Strategien es zu vermeiden, weil ich nicht loslassen kann.
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Ich glaube, das Problem mit diesen spirituellen Anweisungen liegt zudem darin, dass sie aus einer Zeit stammen, in der die meisten Menschen noch nicht so differenziert dachten, wie das heute aber immer mehr zunimmt. Siehe das Stufenmodell von Spiral Dynamics oben.
Schau dir an, wie viele Menschen heutzutage schon differenziert denken können, und stelle dir dann vor, wie das wohl vor 1500 Jahren war, als der Zen-Buddhismus entstand. Man brauchte damals vielleicht einfache Lehren. Ich denke, dass Lehren auch modernisiert werden müssen. Heutzutage sind deutlich mehr Menschen in der Lage, auf differenziertem (orange) oder sogar integralem (gelb) Niveau zu denken als früher. Das muss berücksichtigt werden.
Den alten Traditionen kann man keinen Vorwurf machen, doch es ist notwendig, mit der Zeit zu gehen und die Individualität des Einzelnen (seine eigene Individualität) stärker in den Prozess einzubeziehen.
Eine spirituelle Lehre, die meine grünen und gelben Mem-ebenen nicht integriert, kann mich nicht in den Zustand der Akzeptanz und Hingabe bringen. Im Gegenteil, die bringen mich in den Widerstand und im Widerstand ist die Verbindung mit dem absoluten Zustand schwer.
Es gibt andere Menschen die sind mit den standartisierten Lehren erfolgreich, weil diese sie zufällig genau auf ihrem Mem abholen. Nicht in die Welt zu passen ist eine Herausforderung. Dann passen nämlich auch oft die Hilfsangebote, Lehrer und Lehren nicht und man muss alles selbst finden. Es bleibt einem gar nichts anderes übrig. Dann ist man wieder allein - oder ALL-EIN.
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Das Denken war früher viel mehr auf einfache, schwarz-weiße Aussagen beschränkt. Es gab nur das Denken (A) und das Nicht-Denken (B), aber die Möglichkeit eines grenzenlosen Denkens © fehlte.
Obwohl die Sufis das mit ihrem Enneagramm durchaus schon erkannt hatten. Es ist auch so dass die östlichen und westlichen sprituellen Lehren unterschiedliche Aspekte des Erwachens betonen und manchmal sucht man auf der falschen Seite vergeblich.
Ich bin der Meinung, dass diejenigen, die grenzenlos denken können, weiterdenken sollten.
Wer jedoch ein eingeschränktes Denken hat, sollte vielleicht das Denken aufgeben. Es gibt für jeden Menschen den passenden Weg. Gute Denker sind auf dem Integralen Weg und in den westlichen Lehren meiner Ansicht nach besser aufgehoben. Herzmenschen sind in den östlichen Lehren besser aufgehoben.
Für einen guten Denker, das Denken aufzugeben, ist vergleichbar mit dem Wegwerfen eines scharfen Schwertes, nur weil andere Menschen noch mit stumpfen Werkzeugen arbeiten.
Ich habe mein Schwert schon so oft weggeworfen, weil mir Menschen andauernd dazu geraten haben (
ich war so blöd immer auf andere zu hören, weil ich nicht allein sein wollte!), doch es kam wie ein Bumerang immer wieder zu mir zurück, weil es zu mir gehört. Weil es meine Stärke ist.
Ich betrachte das Schwert des Denkens als äußerst funktional, da es mir hilft, einen Rahmen meiner Realität zu strukturieren, der mir Halt und Orientierung gibt.
Mein Denken ist dabei so flexibel, dass ich mir regelmäßig erlaube, die Struktur meines Ichs und meiner Realität zu erneuern und zu erweitern – allerdings behutsam, um nicht erneut überflutet zu werden, wie damals, als ich alle Türen zu den grenzenlosgen Möglichkeiten des Geistes auf einmal geöffnet habe.
Mein Geist ist grenzenlos, aber ich beschränke ihn absichtlich, weil ich mich lieb habe. Ich habe immer noch Traumafolgen zu verarbeiten und muss Rücksicht auf mich nehmen.
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Das Aufgeben des Denkens dient jedoch auch dazu, dass Menschen jenseits ihrer Gedanken wieder mit ihren Gefühlen und ihren authentischen Bedürfnissen in Kontakt kommen können. Das ist der Sprung von Orange (Thema Rationalität) nach Grün (Thema Gefühle und Bedürfnisse). Es gibt Menschen, bei denen das Denken so sehr im Vordergrund der Aufmerksamkeit steht (Fixierung auf Orange), dass sie ihre eigenen Empfindungen nicht mehr wahrnehmen können. Doch das Spüren ist auch ein entscheidendes Sensorium.
Spüren und Denken sind eigentlich eins, aber wir erleben diese eben als getrennt, weil uns jemand gesagt hat, das eine ist eine Gedanke und das andere ist ein Gefühl. Da entsteht schon eine konzeptionelle Trennung. Viel wichtiger ist aber, ob wir einen Widerstand gegen diese Gefühle oder Gedanken haben, oder ob wir sie akzeptierend bezeugen, ausdrücken, fließen oder ziehen lassen können.
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Viele Spirituelle die diese alten Traditionen idealisieren verstehen das nicht. Ihnen fehlt meiner Meinung nach oft eine Würdigung des Verstandes. Und ich passe oft einfach nicht in ihr veraltetes Weltbild (in ihr Mem).
Ich habe mich an der Stelle schon unzählige Male in Frage gestellt, nur um das Schwert das ich immer wieder weggeworfen habe, dann doch wieder zu erhalten. Aber wie oft haben diese Menschen, die mich in Frage gestellt haben, ihr abwertendes Denken über das Denken in Frage gestellt? Meist nämlich gar nicht.
Oft plappern Menschen irgendwem irgenwas nach, was sie selbst gar nicht verstanden haben. Aber es ist eine ganz andere Sache zu eigenen Erkenntnissen zu kommen.
Ich habe immer mehr Vertrauen gefunden, an meine eigenen Erkenntnisse zu glauben, auch wenn diese den Meinungen meiner Umwelt manchmal widersprechen. Es ist immer die Angst wieder ganz alleine zu sein, mit seinen Erkenntnissen, warum man an sich selbst zweifelt.
Aber eigendlich kennt man alle Antworten. Die Erkenntniss liegen alle im Inneren, nur wenn man sich diesen voll zuwendet, dann eckt man Außen an, weil man dort auf seinen Schatten trifft. Wer kann das aushalten? Wer kann aushalten ganz alleine zu sein?
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Als mich einmal wieder jemand für mein Streben nach dem höheren Verständnis kritisierte, dachte ich daran, dass man das Schwert vielleicht nur aus dem Stein ziehen kann (eine Anspielung auf die König-Artus-Saga), wenn man dazu berufen ist. Das kann vielleicht gar nicht jeder. Es gibt immer Voraussetzungen und die Entscheidung ein Versteher, als Haupt Ego Struktur zu werden, die habe ich als Kind schon getroffen.
Manchmal bin ich auch neidisch auf die Berufung anderer, vor allem dann, wenn sie etwas leben können, was mir im Leben verwehrt blieb und was ich ebenso liebe. Auch deshalb weil ich selten verstanden werde und mein Leben lang eine Anerkennung für meine Talente vermisst habe. Aber manchmal sind Menschen auch neidisch auf mein Schwert und dann sprechen sie mir vielleicht aus ihrem Neid heraus etwas ab, was sie selbst nicht verstanden noch selbst (be)griffen haben.
Neid ist ein schwierige Sache, auch für mich. Ich möchte nicht neidisch sein, aber manchmal liegt ein unaufgelöster Schmerz dahinter, der dazu führt, dass man einem anderen seinen Weg, seine Stärken, seine Erfolge abspricht.
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Ja, und an dieser Stelle habe ich mich schon oft gefragt, ob ich wirklich vollständig verstanden bzw. begriffen habe, was du oben im Text bezüglich der Wahrnehmung gesagt hattes?
Meine Antwort: Ich weiß es nicht. Für mich ist das mehr eine Reise in die Unendlichkeit meines Seins und wie könnte ich behaupten, dass ich angekommen wäre?
Ich finde es eher befremdlich, wenn Menschen behaupten, sie seien irgendwo (in einem letzten Zustand) angekommen oder hätten die letzte Erkenntnis erreicht.
Ich weiß nicht, wie man das Unendliche erreichen oder begreifen soll? Es ist ein Reise und es gibt immer wieder Erkenntnisse, die einem ein Gefühl von Ankommen und Bedeutsamkeit vermitteln, aber es gibt kein Ankommen, weil dann wieder neue Themen auftauchen.
Ich glaube Menschen sagen dass sie angekommen sind, weil das ihr Selbstwertgefühl oder irgendwas anderes befriedigt.
Wenn man hingegen sagt, man weiß nicht ob und wie man je ankommen soll, dann bleibt man leer.
Und dieses leer sein, dieses unerfüllt sein, dieses nicht wissen, verwechseln wir dann mit einer menschlichen Vorstellung von Versagen und Mangel anstatt zu erkennen, dass genau hier das Ankommen statt findet.
Naja ich hoffe ich bin jetzt nicht zu weit von deinem Psychologie Thema abgewichen. Mich haben eben diese Punkte zum Thema Selbsterkenntnis in deinem Text sehr interessiert. Danke für die Inspiration.