Sich selbst lieben?

[B.]

"Man muss sich erst selbst lieben um andere lieben zu können."
So oder so ähnlich, hat sicherlich jeder schonmal gehört.

Was denkt ihr, stimmt das? Und wenn ja, wieso? Was hat das eine mit dem anderen zu tun?

Wäre nice wenn ihr mal schreibt was ihr dazu so meint.

[maxsensei]

Das ist wohl eine Variante der "Goldenen Regel":

http://de.wikipedia.org/wiki/Goldene_Regel

Sie ist wahr (kann man selten sagen...).

Mein eigenes Motto heißt: Weder sich selbst, noch anderen Schaden zufügen WOLLEN.

Es meint im Grunde dasselbe, nur verzichtete ich auf die emphatische Formel "liebe!", weil ich Realist bin. M.a.W., Liebe ist eine Grenzerfahrung, - wenn man sie erfahren hat, was selten ist. Ich kann nicht einfach abstrakt "andere" lieben, weil Liebe etwas persönliches ist und, - tja, weil ich leider der Ansicht des Bias von Priene zuneige..."Oi pleistoi anthropoi kakoi" (übersetzen mag ichs nicht

lg (trotzdem)
sensei

[lucidlou]

"Die meisten Menschen sind schlecht!"

soso =)
also ich glaube, dass egal wen du fragst
(vielleicht bis auf ein paar ausnahmen!),
wird dir niemand sagen, dass er sich selbst
liebt - dieser spruch klingt für mich eher
wie so eine pseudo-weisheit, die aber nur
für die leute sinn ergibt, die es wollen und
sich was darunter vorstellen können.
gefühle in worte zu verpacken ist ja bekannter-
maßen schwierig.

der spruch soll vermutlich dazu bewegen, sich
selbst mehr zu mögen und positiver zu sein,
weil einem sonst die liebe von anderen verwehrt
bleibt, frei nach dem motto: wer gut ist, wird
gutes erfahren.

oder vielleicht auch was ganz anderes!

[B.]

sensei schrieb am 12.08.2006 21:27 Uhr:
Das ist wohl eine Variante der "Goldenen Regel"...

hey sensei,

ich sehe die gemeinsamkeit zwischen der "goldenen regel" und dem von mir genannten spruch nicht wirklich...
die goldene regel sagt ja "du solltest so und so..."
wärend der von mir genannte satz eher ein "du kannst nicht ... wenn du nicht..." ist.

"Mein eigenes Motto heißt: Weder sich selbst, noch anderen Schaden zufügen WOLLEN. "
Handle stets so, dass du wollen kannst, dass die Maxime deines eigenen Handelns zugleich allgemeines Gesetz wird." oder wie war das?

mfg

[owa]

Ersetze "liebe" durch annehmen oder akzeptieren... damit würde der Sinn des Spruches wohl besser rüberkommen.

Ich denke aber auch dann nicht dass der so allgemeingültig ist.
Es ist durchaus möglich, sich selbst zu akzeptieren und andere nicht.
Auf der anderen Seite ist es auch sehr gut möglich, sich selbst nicht zu akzeptieren, aber dafür alle anderen (das könnte natürlich ungleich schwieriger sein).
Oder etwa nicht?

[Rhetor]

Ich liebe mich selbst

Und ich versuche so zu leben, daß ich es sagen darf ohne unter Egoismus-Verdacht zu geraten.

Aus eigener Erfahrung weiß ich noch, daß ich in Zeiten, wo ich nicht gut zu mir selbst war, mich auch wesentlich ekelhafter anderen gegenüber benahm.
Das war aber auch ein Teufelskreis:
Ich liebte mich teilweise genau deshalb nicht selbst, weil ich nicht meinen eigenen charakterlichen Prinzipien entsprach.

(verallgemeinern möchte ich aber lieber nichts)

[Randolph Carter]

der spruch ist schon richtig....
man muss daran denken, dass alle handlungen aus egoismus, also selbstliebe geschehen...
also muss ich mich erst selbst lieben um andere lieben zu können...


grüße

Carter

[Arepo]

Ich unterscheide zwei Arten von Liebe:

Die kleine Liebe; darunter verstehe ich die Liebe zwischen zwei Wesen.
Sie beruht auf Gegenseitigkeit, verlangt nach einem Echo.

Dann gibt es noch die große Liebe: Sie ist absolut und bedingungslos.

"Man muss sich erst selbst lieben um andere lieben zu können."

Um sich selbst zu lieben, muss man sich selbst erst mal erkennen ("gnothi se auton").

Und wenn man erst einmal seine eigene Situation erkennt und akzeptiert,
erkennt man, dass man nicht allein ist, sondern All-Ein.*

Das zu erkennen, ist große Liebe;
die kleine ist ein Phänomen der großen Liebe.


* Schon an der Betonung des dt. Wortes "a-llein" (engl. "a-lone" statt "all-one") kann man ablesen, wie sich die Herde selbst hypnotisiert / automatisiert - und die wahre Bedeutung vergessen hat.
Das Symbol scheint ihnen wichtiger als das, wofür es steht.

[philomonius]

Es ist richtig dass die "wahre" Liebe nichts anderes als Bedingungslose Selbstaufgabe ist. Folgedessen müsste man sich "sich selbst bedingungslos hingeben". Also blindes Vertauen in sich selbst haben, egal was das für Konsequenzen mit sich zieht.

Und wenn ich mir selbst nicht vertraue, wie soll ich dann einem anderen vertrauen; ich kenne mich besser als jeden anderen Menschen und noch krasser: ich habe im gegen satz zu allen anderen die volle Kontrolle über mich selbst.
Ich habe keine Chance Anderen das zu geben, was ich mir selbst an Achtung, Vertauen und Liebe nicht geben kann.

Das wird schnell als Egoismus abgestempelt, aber aus rein egoistischen Gründen und damit ist es hinfällig, so einfach sehe ich das.

[maxsensei]

@arepo; - ja, so deute ich mir das wort allein auch immer, nicht etwa im sinne von ich-fürcht-mich-so-weil-keiner-da-ist.
insofern kann einsamkeit eben auch gesehen werden als eins-mit-sich-sein, als zu-frieden-heit mit sich. erst dann ist ja sinnvoll teilen, auch mit-teilen überhaupt positiv möglich.

sonst: liebe ist eines der beschädigtsten wörter, weil sprache so schädigend oft gebraucht wird.

lg
sensei

[Arepo]

half-OT zum Thema "Sprache - schädigend"
Überhaupt habe ich den Eindruck, als wäre Sprache nicht vorrangig ein Mittel zur Kommunukation,
sondern ein fieses System, welches Massen von Menschen
gefangenhält: Suggestive Hypnose.

Das System ist so aufgebaut, dass viele nicht mal erkennen, dass sie Gefangene sind.

[Lyx]

Projektion(wie man handelt) und Selbst-Zuversicht(wie man sich empfindet) hängen *direkt* miteinander zusammen...... nicht bloß poetisch, nicht bloß philosophisch, sondern sogar statistisch mit einer fast 100% Quote an nahezu jeder x-beliebigen banalen Reaktion nachvollziehbar.

- Lyx

P.S.: Die "wahre Liebe" gibt es nicht. Oder eher gesagt - es gibt sie nur für Menschen, welche schwarz-weiß Denken. Für diejenigen, welche auf mehr als einer Ebene fühlen und denken können, gibt es hingegen viele verschiedene.