RE: Zweites Leben
04.12.2014, 01:22
aber der sand kann neue muster annehmen. das ist aus mehreren gründen eine seltsame idee, denn man wäre geneigt zu sagen: ja, dann ists aber eine andere burg, ein neues leben, ein anderes leben, nicht dasselbe. aber was ist dasselbe? baut man der burg ein stück an, ist sie noch dieselbe? lässt man sie einen tag lang in der sonne trocknen, ist sie noch dieselbe? die anordnung macht's aus, ja aber auch die kann man sukzessive ändern, und ist's dann immer noch die selbe? und ab wann ist es eine neue? sicherlich ist es kein fester klarer schnitt, ab dem man das sagen würde.
außer, es geschieht halt keine allmähliche, sondern eine abrupte veränderung, wie bei der flut. das prinzip ist aber dasselbe, sofern nach der flut irgendwann aus dem sand wieder eine burg gebaut wird. hier gibt es zwei verrückte szenarien: erstens, die sandkörner, aus denen die burg vorher bestand, werden in verschiedenen neuen burgen oder anderen gebilden verwendet. zweitens, eine burg wird anhand des vorbilds der alten burg gebaut, aber mit ganz neuen sandkörnern.
absurd ist diese vorstellung eigentlich erst, wenn man das bewusstsein mit berücksichtigt. ein mensch verändert sich allerdings enorm. es kann sein, dass ich von meiner persönlichkeit mehr mit bestimmten leuten der gegenwart gemeinsam habe als mit meinem vergangenen selbst. was daraus folgt, muss jeder für sich entscheiden. die einen sagen, man ist halt der, der man mal war, die anderen sagen vielleicht, man ist AUCH DIE ANDEREN, zumindest die, mit denen man sich gut identifizieren kann. aber hier gibt es ja noch die schranke der abwesenheit von telepathie.
absurd erschien mir aber seit jeher die idee, oder die frage, was wäre, wenn meine eltern mich nicht gezeugt hätten, zumindest nicht zu diesem zeitpunkt, sondern, sagen wir, ein jahr später? es wären natürlich andere zellen miteinander fusioniert und somit eine andere person entstanden. das wäre ja auch schon bei nur ein paar tagen unterschied passiert. vielleicht ja sogar bei ein paar sekunden!
aber: wäre ICH dann diese andere person, oder jemand anderes? und wenn jemand anderes, was wäre dann mit mir? würde ich einfach NIEMALS existiert haben? krank ist das. das ist doch so ein großer zufall, dass jetzt genau diese zellen fusionierten zu genau jenem augenblick, dass das genau MICH ergeben hat.
und was ist mit all meinen potenziellen geschwistern, die niemals existiert haben? früher habe ich mich darüber gewundert, als sie zum geburtstag sangen: "wie schön dass du geboren bist, wir hätten dich sonst sehr vermisst." - ja, vermisst denn jemand all die, die nicht geboren wurden?
aber die aller seltsamste frage ist für mich nach wie vor: warum bin ich eigentlich ich und nicht wer anderes? ich meine natürlich nicht meine persönlichkeit, die kann sich ja auch ändern, aber warum bin ich "in diesem körper" bzw "in dieser persönlichkeit" mit meinem bewusstsein drinne? die worte streiken hier, die grammatik gibt diese frage eigentlich nicht her, und doch, ich glaube jeder weiß, was ich meine.
wenn aber diese frage nicht geklärt ist, dann ist auch die frage nicht geklärt, was mit einem passiert (und eben nicht, mit dem körper, oder der persönlichkeit, sondern dem subjekt selbst), wenn man stirbt.
und dann gibt es noch hoffnung vor der dunklen ewigen schwärze des nichts. denn die macht mir angst und ich konnte sie nie verstehen, doch nun "erinnere" ich mich an sie. wenn ich nur zurück denke an zeiten, in denen ich nicht existiert habe oder in denen erinnerungen fehlen.
ja, richtig, fehlende erinnerungen sind der schlüssel. denn wenn die wieder auftauchen, taucht mein bewusstsein in der vergangenheit auch plötzlich wieder auf. das führt mich zu dem punkt der empathie. es gibt momente, in denen ich so extrem mit anderen fühlen kann, ihre lage verstehe, von mir selbst kenne, mitleid habe, und weiß wie es ist, sie zu sein, dass ich versuche, ihnen zu helfen, als würde ich etwas um meiner selbst willen tun. in so momenten bricht der unterschied zwischen mir und anderen tatsächlich weg, zumindest in der wahrnehmung (nicht im handelnden subjekt, wenn man so will).
und was passiert beim beamen, wenn man in seine einzelteile zerlegt wurde und die dann woanders wieder zusammengefügt werden? bin ich das? tschau, nun drifte ich mal wieder in die ewige schwärze ab, von der ich allerdings weiß, dass zumindest diese spezielle (d.i. der schlaf) eigentlich keine schwärze ist, sondern mir nur die connection unterschiedlicher bewusstseine meiner selbst fehlt - woran ich im übrigen arbeite. hmmm.
Bin nicht mehr hier, aber noch erreichbar.
Bitte keine coronaleugner