Zitat:spell bound schrieb am 03.09.2005 16:59 Uhr:
was fuer ein gehirn? oO
- "das gehirn ist eine konstruktion meines gehirns."
Natürlich kann man nicht logisch beweisen, dass nicht alle Wahrnehmungen durch Halluzination, eine Matrix oder die Taten fleissiger grüner Klabautermännchen zustandekommen, also jedenfalls auf ganz andere Weise, als es jeglichen aktuellen naturwissenschaftlichen Weltmodellen entspricht. Praktische Probleme, und zwar massive solche, hat jedes solipsistische Weltbild trotzdem, weil solche Weltbilder nämlich einerseits eine Reihe von Dingen nur mit erheblichen Verrenkungen erklären können, und weil sie es andererseits nie schaffen, Dinge korrekt vorherzusagen, die noch nicht bekannt sind.
Eine Tatsache, die ganz leicht experimentell zu überprüfen ist und die mit einem solipsistischen Weltbild nur schwer vereinbar sein wird, besteht etwa darin, dass die Aussenwelt offenbar Probleme lösen kann, die über die Möglichkeiten meines Verstandes bei weitem hinausgehen. Ich kann zum Beispiel unter Zuhilfenahme dieses Computers ganz leicht eine Zahl mit Länge 50 Dezimalstellen in ihre Primfaktoren zerlegen, und mit Papier und Bleistift könnte ich mit einiger Mühe das Ergebnis auch von Hand verifizieren - aber die Faktorisierung würde ich von Hand für eine einigermassen beliebige Zahl dieser Größe, die keine kleinen Faktoren hat, in diesem Leben nicht hinbekommen (von dem Versuch, das ganze im Kopf zu erledigen, will ich gar nicht reden). Mit anderen Worten, ich kann dieses spezielle intellektuelle Problem nur lösen, indem ich die Aussenwelt zuhilfe nehme, und es liegt andererseits durchaus im Bereich meiner intellektuellen Möglichkeiten, die von der (scheinbaren) Aussenwelt gelieferte Lösung zu bestätigen - ich weiss also am Ende des ganzen Prozesses mit mathematischer Sicherheit, dass das Problem, das ich nicht ohne Hilfe lösen kann, tatsächlich gelöst wurde. Es gibt viele andere ähnliche Beispiele - und zwar auch welche, in denen die Überprüfung wirklich leicht ist, ein paar Partien gegen das auf diesem Computer installierte Schachprogramm zeigen beispielsweise, dass es Dinge gibt, die objektiv wesentlich besser Schach spielen als ich - und sie alle sind nur schwer mit der Vorstellung in Einklang zu bringen, dass es nichts gebe abgesehen vom eigenen Verstand, denn wenn selbiger die Aussenwelt simulieren würde, dürfte letztere dem ersteren hinsichtlich Rechenleistung eigentlich nicht überlegen sein.
Ganz dementsprechend ist auch im Traum, und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen Klartraum oder um einen Trübtraum handelt, kein Teil der Traumumgebung zu Problemlösungsleistungen in der Lage, die über das menschliche Leistungsspektrum hinausgehen, und dieser Befund allein liefert bereits einen wesentlichen Unterschied zwischen Traumwelten und der Wirklichkeit.
Grüsse,
Wintermute