Zitat:spell bound schrieb am 15.05.2008 14:40 Uhr:
du unterscheidest zwischen "allgemein"(?) wahrnehmbar und sinnlich
wahrnehmbar. worin siehst du da einen unterschied?
Unter Wahrnehmung allgemein versteh ich jedes irgendwie geartete In-Beziehung-Treten mit der Welt. Aus dieser Wahrnehmung entsteht unter anderem unser mentales Konstrukt der Welt. Wahrnehmung dieses Konstruktes ist dann sinnliche Wahrnehmung. So gesehen könnte man also auch von direkter und indirekter Wahrnehmung sprechen.
Zitat:du sagst, das sinnlich wahrnehmbare sei physikalisch messbar. und ich kann dir da prinzipiell garnicht widersprechen. doch man sollte vorsichtig sein, wenn man von physikalisch messbar spricht: ich wuerde lieber vorschlagen zu sagen: intersubjektiv wahrnehmbar.
Ja, ich denke das ist im Grunde dasselbe. Die grundlegenden Daten der Physik sind empirische Daten, die der sinnlichen Wahrnehmung entstammen. Damit solche Daten als Ausgangspunkt für wissenschaftliche Forschung akzeptiert werden, muss die sinnliche Wahrnehmung aller Beteiligten hier eine Übereinstimmung haben. Diese Übereinstimmung muss keine völlige Gleichheit sein, aber ich denke es muss eine Isomorphie vorliegen, da hast du dann auch die Beziehungen und so drin, d.h. wenn ich einen Baum sehe der grösser ist als ein Mensch und du siehst das auch, so dass wir diese Beobachtung als objektives, empirisches Datum akzeptieren, dann gibt es in meiner Wahrnehmung etwas, dass ich als "Baum" bezeichne und das zu etwas, dass ich als "Mensch" bezeichne in der Beziehung, die ich als "grösser" bezeichne, steht und in deiner Wahrnehmung gibt es das auch. Wie der andere aber "Mensch", "Baum", "grösser" wirklich erfährt wissen wir nicht, wir wissen nur: da ist offenbar etwas über das wir kommunizieren können weil es in unserer sinnlichen Wahrnehmung isomorphe Strukturen bildet bzw, weil es eben intersubjektiv wahrnehmbar ist.
Zitat:wovor ich hier warnen will ist eine tendenz, den unterschied zwischen
"innen" und "aussen" zu verabsolutieren.
Ja, da stimme ich zu, ich denke, was "innen" und was "aussen" ist - was sich also von dem, was wir direkt wahrnehmen, in unserer sinnlichen Wahrnehmung manifestiert - hängt von unseren Erwartungen, Einstellungen, Weltbildern, kulturellem Umfeld usw. ab, es gibt da also keine absolute Trennung, dieses "innen" und "aussen" ist keine Eigenschaft der Welt sondern eben unserer Art, die Welt wahrzunehmen.
Zitat:im gleichen zuge macht es keinen sinn, die trennung von materie (aussen) und geist (innen) zu verabsolutieren oder eines davon als prinzipiellen grund der welt zu sehen.
Stimmt, ich glaube das hier auch ein Problem der deutschen Sprache vorliegt, in der der Begriff "Geist" mehrdeutig ist. "Materie" und "Geist" in diesem Sinne halte ich beide nicht für die letzte Realität, es sind komplementäre Aspekte von letztlich demselben. Z.B. Gehirn und Psyche. Geist steht hier also für das innere Erleben der Persönlichkeit, des Egos, Gefühle, Wahrnehmungen, Gedanken und so weiter, was etwas anderes ist als Geist im Sinne vom letzten Urgrund der Wirklichkeit.
Zitat:z.b.: "sich aergern" mag etwas geistiges sein, besteht aber materiell
gesehen darin, sich so und so auszudruecken, zu gebaerden, und auf bestimmte
situationen so und so zu reagieren.. (und das ist nun keine unbeholfene und
unvollstaendige erklaerung.)
Ja, da haben wir eben zwei komplementäre Aspekte der Wirklichkeit. Gehirn und Psyche. Und ich geb dir da völlig recht, weder das eine noch das andere ist das zugrundeliegende und generiert das andere, sondern beides sind eben verschiedene Modelle von etwas verbindendem, zugrundeliegenden (das eben oft auch "Geist" genannt wird, aber wenn jemand sagt, er nennt es "Materie", auch gut...). Also wie in der Quantenphysik, wo wir den Teilchen-Welle-Dualismus haben und sich die Physiker lange gestritten haben, ob ein Elektron nun ein Teilchen oder eine Welle ist, und Niels Bohr dann den Gedanken der Komplementarität hatte und sagte: das Elektron ist weder Teilchen noch Welle, es hat einen Teilchenaspekt und einen Wellenaspekt und je nachdem, wie wir gucken, können wir das eine oder das andere beobachten, aber nie das Elektron an sich.
Zitat:ich glaube aber garnicht, dass sich die welt (zumindest prinzipiell) irgendworin befinde
Nö, die Welt nicht. Aber unsere Wahrnehmung von der Welt, die VR sozusagen, schon, oder?
„I learned long ago, never to wrestle with a pig. You both get dirty, and besides, the pig likes it.“ - George Bernhard Shaw
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