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Traumelfs Philosophiewald

RE: Traumelfs Philosophiewald
#16
13.08.2009, 11:00
(13.08.2009, 10:40)spell bound schrieb: die ergebnisse der quantenphysik gelten doch nur auf einer mikroskopisch kleinen, ganz bestimmten physikalischen ebene.

Das ist eine sehr strittige Frage :-) Wo würdest du denn die Grenze ziehen wischen der Welt der klassischen Phänomene und der der Quanteneffekte und vor allem: woher kommt diese Grenze eigentlich?

Ich denke ich hab meine Meinung dazu oben erläutert und die Konsquenzenen für die Möglichkeit oder Unmöglichkeit der Willensfreiheit, die ich aus dieser meiner Sicht der Dinge ziehe, dargelegt.

Zitat:daraus so allgemeine folgerungen zu ziehen wie "objekt und subjekt kann man nicht trennen" halte ich für überheblich (selbst wenn es stimmen würde, die argumentation bleibt hinfällig).

Vielleicht empfindest du es nur als überheblich, weil hier eine Disziplin, die dich nicht so interessiert und in der du dich auch nicht so auskennst, Aussagen macht über Gegenstände, die du als sehr wichtig empfindest? Hey, Willensfreiheit, das ist mein Thema, wie kann diese blöde Physik es wagen, darüber so hochtrabende Aussagen zu machen!

Zitat:erstmal muss man bedenken, dass es sehr viele verschiedene ebenen von determinanten gibt (nicht nur physikalische, sondern z.b. auch gesellschaftliche, wirtschaftliche, biologische, biographische..).
dann muss bedacht werden, dass nicht determination im allgemeinen einen gegensatz zur freiheit darstellt. freiheit ist immer relativ, genauso wie determination; es kommt aber auch immer auf die ebene der betrachtung an.

Richtig, hier ging es um den klassischen Determinismus ala Laplace und um eine relative Freiheit von der physikalischen Welt (Billardkugeln).

Zitat:z.b.: wenn ich mich befreie von dem zwang, immer etwas konsumieren zu müssen, bin ich freier darin, das zu tun, was ich eigentlich will. dieses eigentliche könnte z.b. sein, dass ich das leben mehr genieße. das zu mögen ist natürlich auch wiederum durch irgendwelche vorgaben festgelegt, vielleicht nun eher biologische. aber das heisst ja nun nicht, dass ich wegen dieser determination nicht in der lage wäre, meinen willen ansonsten frei auszuleben. es heisst bloß, dass ich nichts anderes will.

Und ich denke, dass ich deine Ansicht unterstütze, wenn ich dagegen argumentiere, dass wir durch die Billardkugeln, aus denen wir bestehen sollen, determiniert sind. Aus dieser Behauptung folgt nämlich, dass jegliche Freiheit, von der du da redest, reine Illusion ist.

Wenn ein physikalischer Determinismus, durch den alles vorherbestimmt ist, behauptet wird (siehe oben dieser Thread), und ich diesen dann auch auf dieser physikalischen Ebene zu widerlegen suche, solltest du nicht daraus folgern, dass ich denke, dass z.B. der Freiheits-Begriff ausschliesslich physikalisch definiert sei.

Zitat:die ganze frage also, ob man seinen willen frei ausleben kann oder nicht, basiert immer schon auf der unterscheidung zwischen erzwungenem oder kompromissbereitem willen und eigentlichem willen. und wo man diese unterscheidung machen will (was sicher oft auch sinn macht), bleibt immer die möglichkeit von freiheit, wenn das, was man als eigentlichen willen betrachtet, frei entfaltet werden kann, trotz aller sonstigen determinationen.

Gäbe es diese Form von Freiheit für dich auch in einem Laplaceschen Billardkugel-Universum, in dem alle Ereignisse in Vergangenheit und Zukunft 100% determiniert sind?

Tschüss,
Riky
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RE: Traumelfs Philosophiewald
#17
13.08.2009, 11:28
(13.08.2009, 11:00)ricky_ho schrieb: Wo würdest du denn die Grenze ziehen wischen der Welt der klassischen Phänomene und der der Quanteneffekte und vor allem: woher kommt diese Grenze eigentlich?
ich würde die grenzen erstmal dort ziehen, wo die physikalische forschung selbst verschieden funktioniert, also z.b. dort, wo man keine unschärferelation mehr beobachten kann bzw. nicht mehr mit einberechnen muss. eine andere grenze ziehe ich aber auch noch:

Zitat:Vielleicht empfindest du es nur als überheblich, weil hier eine Disziplin, die dich nicht so interessiert und in der du dich auch nicht so auskennst, Aussagen macht über Gegenstände, die du als sehr wichtig empfindest? Hey, Willensfreiheit, das ist mein Thema, wie kann diese blöde Physik es wagen, darüber so hochtrabende Aussagen zu machen!
es hat weniger mit meinen persönlichen präferenzen zu tun. wie gesagt ist quantenphysik ein extrem kleiner bereich des "lebens" oder der welt, und die zweite grenze, die ich ziehen wollte ist, dass selbst physik im allgemeinen eben physikalische phänomene untersucht, und nicht solche allgemeinen konstrukte wie "freiheit", "subjekt", "objekt" - alles was sie über diese vermeintlich allgemeinen dinge herausfindet, bleibt speziell, bezogen auf die physik, oder quantenphysik, und ist daher nicht ohne weiteres auf den rest des lebens übertragbar. das ist auch der grund, warum es mich stört, wenn man eine debatte um den "freien willen" an dieser billardkugel-argumentation festmacht; wie wenn alles weitere daraus folgen würde. wenn man solche folgerungen tatsächlich machen will, sollte man sie nicht, wie so oft, stillschweigend und selbstverständlich durchführen, sondern begründen. - wieso sagt denn die freiheit oder unfreiheit von billardkugeln etwas über meine persönlichen freiheiten aus? wie kommt man von der physikalischen ebene zu all den anderen ebenen und wieso sollte man nicht von einer anderen aus starten? welchen sinn hat es übrigens, überhaupt von der freiheit oder unfreiheit einer billardkugel zu reden? hat sie denn überhaupt einen willen? wie sollte man es sich vorstellen, dass eine billardkugel frei ist? was würde sie dann tun können müssen? - was ist eigentlich euer kriterium für freiheit? und gibt immer es nur eines?


Zitat:Und ich denke, dass ich deine Ansicht unterstütze, wenn ich dagegen argumentiere, dass wir durch die Billardkugeln, aus denen wir bestehen sollen, determiniert sind. Aus dieser Behauptung folgt nämlich, dass jegliche Freiheit, von der du da redest, reine Illusion ist.
genau den letzten schluss verstehe ich nicht. wieso wird (und auch noch jegliche!) freiheit durch (bloß physikalische!) determination zur "reinen illusion"?

Zitat:Wenn ein physikalischer Determinismus, durch den alles vorherbestimmt ist, behauptet wird (siehe oben dieser Thread), und ich diesen dann auch auf dieser physikalischen Ebene zu widerlegen suche, solltest du nicht daraus folgern, dass ich denke, dass z.B. der Freiheits-Begriff ausschliesslich physikalisch definiert sei.
okay, das leuchtet mir ein. allerdings scheint die ganze debatte sich dennoch nicht auf physik zu beschränken. denn wieso sollte man überhaupt über sowas mit so einem eifer nachdenken? wieso fühlt man sich durch sowas persönlich betroffen? ich glaube ja, wegen den kategorienfehlern.


Zitat:Gäbe es diese Form von Freiheit für dich auch in einem Laplaceschen Billardkugel-Universum, in dem alle Ereignisse in Vergangenheit und Zukunft 100% determiniert sind?
es ist ziemlich schwer, auf das bild von billardkugeln den begriff von erzwungenem und eigentlichem willen anzuwenden. wenn ich es versuche, kommt eigentlich nur murx heraus.
Bin nicht mehr hier, aber noch erreichbar.
Bitte keine coronaleugner
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RE: Traumelfs Philosophiewald
#18
13.08.2009, 12:52 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 13.08.2009, 12:53 von ricky_ho.)
(13.08.2009, 11:28)spell bound schrieb:
(13.08.2009, 11:00)ricky_ho schrieb: Wo würdest du denn die Grenze ziehen wischen der Welt der klassischen Phänomene und der der Quanteneffekte und vor allem: woher kommt diese Grenze eigentlich?
ich würde die grenzen erstmal dort ziehen, wo die physikalische forschung selbst verschieden funktioniert, also z.b. dort, wo man keine unschärferelation mehr beobachten kann bzw. nicht mehr mit einberechnen muss.

Das heisst, du ziehst die Grenze da, wo die Grenze verläuft.

Zitat:die zweite grenze, die ich ziehen wollte ist, dass selbst physik im allgemeinen eben physikalische phänomene untersucht, und nicht solche allgemeinen konstrukte wie "freiheit", "subjekt", "objekt" - alles was sie über diese vermeintlich allgemeinen dinge herausfindet, bleibt speziell, bezogen auf die physik, oder quantenphysik, und ist daher nicht ohne weiteres auf den rest des lebens übertragbar.

Das ist völlig richtig und natürlich macht die Physik auch keine Aussagen über diese Dinge. Aber trotzdem werden solche Schlüsse eben gezogen, man könnte das physikalistisch nennen, Reduzierung der Welt auf die Physik. Gibt es genauso wie Reduzierung auf Biologie und so weiter.

Wenn ich sage, dass die Physik nicht das Universum beschreibt ist das wohl kaum als Reduzierung des Universums auf die Physik zu bezeichnen, sondern im Gegenteil, ich weise ja grade daraufhin, dass die Physik eben NICHT das Universum beschreibt sondern unser Modell des Universums.

Und das gilt auch für die Quantenphysik, wenn man hier auch leichte Unterscheidungen machen müsste, aber letztendlich sind die Wellengleichungen auch nur ein mathematisches Modell für einen Bereich des Universums, in dem unsere klassischen Modelle sich einfach nicht mehr als gültig erwiesen haben.

Die Grenze zwischen Quantenwelt und klassischer Welt ist die Beobachtung. Die Quantenphysik ist ein Modell des Menschen für den Teil der Welt, den er nicht beobachtet. Die klassische Physik ist ein Modell des Menschen für den Teil des Universums, den er beobachtet. Weder das eine noch das andere beschreibt DAS Universum.

Zitat:was ist eigentlich euer kriterium für freiheit? und gibt immer es nur eines?

Freiheit ist, wie du sagst, immer kontextabhängig und bedeutet einfach, dass eine Handlung nicht allein von den Parametern dieses Kontextes determiniert wird, sondern dass Einflüsse aus anderen Kontexten sich innerhalb des ersten manifestieren können.

Zitat:
Zitat:Und ich denke, dass ich deine Ansicht unterstütze, wenn ich dagegen argumentiere, dass wir durch die Billardkugeln, aus denen wir bestehen sollen, determiniert sind. Aus dieser Behauptung folgt nämlich, dass jegliche Freiheit, von der du da redest, reine Illusion ist.
genau den letzten schluss verstehe ich nicht. wieso wird (und auch noch jegliche!) freiheit durch (bloß physikalische!) determination zur "reinen illusion"?

Du unterschlägst jetzt irgendwie den Teil "aus denen wir bestehen sollen". Die Behauptung von Traum11 ist ein klassischer Syllogismus:

1. Wir bestehen aus Billardkugeln und sonst nix.
2. Diese Billardkugeln verhalten sich 100% determiniert.
Aus 1.+2. folgert 3: Wir und unser Verhalten sind 100% determiniert.

Wenn ich nur 2. behaupte oder zugebe, aber sage, dass 1. nicht stimmt, dann folgt natürlich auch nicht 3.

Wenn jemand so einen Syllogismus behauptet, ist es völlig legitim, diesen durch Widerlegung der ersten, der zweiten oder auch beider Prämissen zu widerlegen.

Du scheinst zu beklagen, dass sich meine Antwort auf die 2. Prämisse konzentriert hat und die 1. vernachlässigt. Ist stimme dir aber sofort zu, dass ich auch die 1. für ungültig halte.

Insgesamt finde ich eigentlich, dass sich deine Kritik an die Vertreter der "Der Freie Wille ist Illusion"-Theorie richten müsste, die beide Prämissen für gültig zu halten scheinen.

Zitat:
Zitat:Gäbe es diese Form von Freiheit für dich auch in einem Laplaceschen Billardkugel-Universum, in dem alle Ereignisse in Vergangenheit und Zukunft 100% determiniert sind?
es ist ziemlich schwer, auf das bild von billardkugeln den begriff von erzwungenem und eigentlichem willen anzuwenden. wenn ich es versuche, kommt eigentlich nur murx heraus.

Was wohl daran liegt, dass dieses Bild von den Billardkugeln Murx ist. Ich behaupte mal, dass es in so einem Universum überhaupt keinen Sinn machen würde, von irgendeiner Art von Freiheit zu sprechen. Dieses Universum wäre eine Machine und sonst nichts. Es gäbe in so einem Universum auch keinerlei fühlende oder denkende Wesen, die sich über Freiheit überhaupt Gedanken machen würden. Es ist ein 100% objektiviertes Universum, dass sich das Subjekt dann anguckt und sich wundert, wieso es darin nicht mehr vorkommt. Dummerweise schliesst es daraus dann nicht, dass dieses objektivierte Bild des Universums vielleicht doch nicht das Universum ist, sondern es schliesst daraus, dass es selber nicht real ist - und mit ihm alle seine Eigenschaften und Potentialen (wie z.B. Kreativität, Freiheit...), die es in jeder Sekunde seines Lebens spürt. Das alles ist Illusion, denn es kommt im objektivierten Bild des Universums ja nicht vor.
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RE: Traumelfs Philosophiewald
#19
13.08.2009, 14:12
(13.08.2009, 12:52)ricky_ho schrieb: Wenn jemand so einen Syllogismus behauptet, ist es völlig legitim, diesen durch Widerlegung der ersten, der zweiten oder auch beider Prämissen zu widerlegen.

Du scheinst zu beklagen, dass sich meine Antwort auf die 2. Prämisse konzentriert hat und die 1. vernachlässigt. Ist stimme dir aber sofort zu, dass ich auch die 1. für ungültig halte.

okay, nun sehe ich was du machen wolltest. dennoch scheint es mir nicht genug damit zu sein. ich wollte nicht bloß bezweifeln, dass wir bloß aus billardkugeln bestehen. für mich geht die argumentation von traum11 noch weiter:


1. Wir bestehen aus Billardkugeln und sonst nix.
2. Diese Billardkugeln verhalten sich 100% determiniert.
Aus 1.+2. folgert 3: Wir und unser Verhalten sind 100% determiniert.

4. determination bedeutet unfreiheit
aus 3 + 4 folgt 5: freier wille ist eine illusion

ich hatte das gefühl, diesem zusatz stimmst du auch zu, ricky. allerdings halte ich das aus gründen, die du selbst schon genannt hast, für unsinnig:

Zitat:Was wohl daran liegt, dass dieses Bild von den Billardkugeln Murx ist. Ich behaupte mal, dass es in so einem Universum überhaupt keinen Sinn machen würde, von irgendeiner Art von Freiheit zu sprechen.
es würde eben keinen sinn machen zu sagen, die kugeln seien frei. aber genausowenig kann man deswegen sagen, sie wären unfrei. insofern ist das ganze billardkugelmodell für mich keine echte gefahr für den freien willen, die es zu widerlegen gilt, sondern vielmehr unsinn, vor dessen verwirrungen man schützen muss.
Bin nicht mehr hier, aber noch erreichbar.
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RE: Traumelfs Philosophiewald
#20
13.08.2009, 15:16
Ja, die Billardkugel-Vorstellung halte ich auch für eine Verwirrung.

Ich hab grad noch die folgende Frage von Traum11 entdeckt, die bisher vielleicht ein bischen untergegangen ist:

(10.08.2009, 18:33)Traum11 schrieb: Die letzte frage ist, besteht unser gehirn, unsere entscheidungsmöglichkeit, wie wir sie nennen, doch weil es aus etwas ganz anderem besteht, von etwas anderem angetrieben wir, von etwas, was manch einer seele nennen mag?

Ja, so ungefähr sehe ich das und hab es hier auch schon mal geschrieben... kannst dir ja den ganzen Thread mal reinziehen big
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RE: Traumelfs Philosophiewald
#21
13.08.2009, 18:38
Was hat man denn durch die Quantenphysik herausgefunden?
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RE: Traumelfs Philosophiewald
#22
13.08.2009, 21:52
Entschuldigt wenn ich mich jetzt nicht direkt in eure Diskussion einschalte. Ich hab da vielleicht eher was allgemeineres zu sagen bzw fragen.

Mir ist nicht so klar was ihr genau unter dem Freien Willen versteht, aber für mich ist es ein Produkt unseres Organismus, ebenso wie die Ich-Erfahrung. Man könnte dieses Konstrukt ja unter Bewusstsein zusammenfassen.
Und um es vorweg zu sagen, ich glaube, dass sich sämtliche Funktionen des Geistes auf physikalische und chemische Prozesse zurückführen lassen. Keine Seele. Das ist für mich die erste Prämisse für meine Überlegung - könnt ihr selbstverständlich angreifen.

Wenn ich davon ausgehe, dass das Bewusstsein ein Ergebnis von Hirnprozessen ist, dann kann ich auch annehmen, dass der Freie Wille nur ein Ergebniss davon ist, wie unsere Wahrnehmung zusammenspielt. Die Ich-Erfahrung ist ja für einen Organismus nicht notwendig (Pflanzen etc), die Vorstellung des Freien Willens auch nicht.

Worauf ich hinaus will: Ist der Freie Wille nicht einfach mit unserem Bewusstsein entstanden und dementsprechend genauso illusionär, wie die Ich-Erfahrung? Warum ist der Freie Wille so ein großes Ding? Vielleicht ist tatsächlich nur ein Ergebniss unseres bestimmten Denkprozesses und andere Wesen (beispielsweise Aliens) kennen ihn gar nicht, weil ihre geistige Interaktion mit dem Universum vollkommen anders aussieht.

Vielleicht ist die Vorstellung des Freien Willens und vor allem die Idee, diesen haben zu müssen, ein rein menschlicher Aspekt und gar nichts Fundamentales. Unabhängig von der Frage, ob es den Determinismus gibt oder nicht.
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RE: Traumelfs Philosophiewald
#23
14.08.2009, 10:16
Ich denke nicht, dass man die Frage völlig unabhängig vom Determinismus betrachten kann. Für mich sieht es nach wie vor so aus, dass in einer völlig determinierten Welt kein Platz für einen freien Willen ist.

Auf der anderen Seite stellt sich, wenn man behauptet, das Universum sei nicht völlig determiniert und vorherbestimmt, die Frage, woher denn das nicht determinierte kommen soll.

Ich denke, dieses nicht determinierte kann nur der freie Wille sein.

Dabei verstehe ich unter freiem Willen nicht irgendein subjektives Gefühl von freier Entscheidung (hängt natürlich schon damit zusammen), sondern Kreativität. Etwas neues wird ins Universum gebracht, dass vorher nicht hätte aus dem Zustand des Universums berechnet werden können. Der kreative Impuls kommt sozusagen "von aussen" (er kommt von ausserhalb des Kontextes, von dem wir oben sprachen, und ist darum relativ frei - nämlich nicht durch diesen Kontext (das materielle Universum) determiniert).

In uns Menschen, wie in allen lebenden Wesen, manifestiert sich der freie Wille wie gesagt z.B. in Form von Gedanken, dann Handlungen... diese Handlungen und auch die Gedanken sind determiniert. Sie sind nicht der freie Wille selbst. Sie sind nur sein Ausdruck. Darum hat es für mich gar nichts mit der Frage nach dem freien Willen zu tun, wenn z.B. Libet feststellt, dass sich ein Aktivierungspotential im Gehirn soundsoviel Millisekunden vor der als bewusst wahrgenommenen Entscheidung aufbaut, einen Knopf zu drücken (abgesehen von allen sonstigen Kritikpunkten an diesen Experimenten und den Folgerungen daraus, die ja mittlerweile Libet selbst relativiert hat und eingeräumt hat, dass seine Experimente keineswegs die Nichtexistenz des freien Willen beweisen - was aber trotzdem noch viele heute behaupten).

Ein anderes Argument gegen die Annahme, Bewusstsein, freier Wille und insgesamt alles innere Erleben sei nur eine Illusion, eine wirkungslose Begleiterscheinung materieller Prozesse: warum gibt es das dann überhaupt? Wieso ist es im Laufe der Evolution enstanden und hat sich behauptet, wenn doch alles genauso ablaufen würde, wenn es nur die materiellen Prozesse alleine gäbe, ohne die komischen inneren Begleiterscheinungen, von denen sich übrigens bis heute niemand wirklich erklären kann, wie diese aus rein äusserlichen materiellen Prozessen emergieren sollen?

Man kann die Frage auch so stellen: würde wirklich alles exakt genauso ablaufen, wenn es keine inneres Erleben gäbe? Wenn ja stellt sich eben wieder die Frage, warum dieses innere Erleben dann da ist. Wenn nein bedeutet dass, dass das innere Erleben eben doch nicht eine vollständig auf materielle Prozesse reduzierbare Begleiterscheinung ist, sondern "wirkt", also "wirklich" ist.

An der Stelle mal eine kurze Frage an die Profi-Philosophen: Von Schopenhauer gibt es ja das Hauptwerk "Die Welt als Wille und Vorstellung". Ich hab es nicht gelesen, aber ich frage mich seit längerem, ob der Titel nicht genau dies aussagt: die "Vorstellung" ist eben unser Modell von der Welt, dass wir uns vor-stellen. Das ist die Welt der klassischen Physik. der "Wille" ist der kreative Impuls, dessen Ursprung nicht innerhalb dieser "Vorstellung" liegt. Darum: die Welt als Wille und Vorstellung. Aber wie gesagt, ich hab das nicht gelesen und mich auch sonst nicht näher mit dem Inhalt beschäftigt, kann natürlich sein dass diese Parallele nicht wirklich so gemeint ist.
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RE: Traumelfs Philosophiewald
#24
14.08.2009, 12:14 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 14.08.2009, 12:16 von spell bound.)
(10.08.2009, 18:33)Traum11 schrieb: Die letzte frage ist, besteht unser gehirn, unsere entscheidungsmöglichkeit, wie wir sie nennen, doch weil es aus etwas ganz anderem besteht, von etwas anderem angetrieben wir, von etwas, was manch einer seele nennen mag?
wieder ein kategorienfehler: der geist oder die seele (was ich jetzt mal synonym verwende) als quasi-körperliche wesenheit (sozusagen fein-stofflich) ist eine fehlleitende metapher. sie entsteht dadurch, dass man ganz richtig erkennt, geist ist nicht das selbe wie materie. dann aber kommt der falsche schluss: "wenn geist kein materieller körper ist, dann ist er wohl ein immaterieller!" aber geist ist gar keine solche wesenheit, kein eigener körper, sondern vielmehr eine komplexe ausprägungsweise der körper. es ist eine andere kategorie der betrachtung. nicht die einzelne hand, das gehirn, nicht die zellen, die atome etc., sondern die art und weise, wie es sich als ganzes verhält. wenn man das wieder in einer (wenn man will auch irreführenden) metapher darstellen will kann man es auch wie aristoteles sagen: geist ist die form der materie. wie z.b. der abdruck des siegels auf dem wachs, nicht aber der stoff des wachses. (irreführend: geist ist aber nicht die anordnung der chemischen bestandteile im hirn; eher noch das verhalten von wesen; aber nicht nur das einzelne, konkrete verhalten, sondern auch z.b. dispositionen)


(13.08.2009, 21:52)Gorthaur schrieb: Und um es vorweg zu sagen, ich glaube, dass sich sämtliche Funktionen des Geistes auf physikalische und chemische Prozesse zurückführen lassen. Keine Seele. Das ist für mich die erste Prämisse für meine Überlegung - könnt ihr selbstverständlich angreifen.
kannst du dann dies widerlegen?: "ich glaube, dass sämtliche funktionen des gehirns und physikalische gesetze allgemein sich auf den geist zurückführen lassen. keine materie." biggrin


(14.08.2009, 10:16)ricky_ho schrieb: An der Stelle mal eine kurze Frage an die Profi-Philosophen: Von Schopenhauer gibt es ja das Hauptwerk "Die Welt als Wille und Vorstellung". Ich hab es nicht gelesen, aber ich frage mich seit längerem, ob der Titel nicht genau dies aussagt: die "Vorstellung" ist eben unser Modell von der Welt, dass wir uns vor-stellen. Das ist die Welt der klassischen Physik. der "Wille" ist der kreative Impuls, dessen Ursprung nicht innerhalb dieser "Vorstellung" liegt. Darum: die Welt als Wille und Vorstellung. Aber wie gesagt, ich hab das nicht gelesen und mich auch sonst nicht näher mit dem Inhalt beschäftigt, kann natürlich sein dass diese Parallele nicht wirklich so gemeint ist.
lol, profi, da muss ich ja.. äh.. naja. ich hab schopenhauer zufällig eben schon gelesen, und muss sagen, dass das insofern schon was für dich sein könnte. genau, er identifiziert die welt der vorstellungen mit der kausalen welt, und der wille ist frei davon, bringt sie erst hervor - allerdings eher in form eines welt-willens, nicht einer persönlichen seele; weil die persönlichkeit auch teil der vorstellungswelt (und daher mit leiden und illusion verbunden und zu überwinden) ist. .. hmm, wobei er trotzdem noch von platonischen ideen ausgeht. naja.

klingt ganz attraktiv, bin aber froh, ihn überwunden zu haben ^^ is doch noch vollgepackt mit metaphysik..
Bin nicht mehr hier, aber noch erreichbar.
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RE: Traumelfs Philosophiewald
#25
14.08.2009, 15:07
Naja, wer Philosophie studiert, den bezeichne ich schon als "Profi"... derjenige hat im Normalfall einen ganz anderen Zugang, andere Sachen gelesen und so. Also z.B. Schopenhauer: ist sowas denn für einen Laien überhaupt lesbar? Würde mich dann nämlich schon mal interessieren. Habe zwar mal seine "Aphorismen zur Lebensweisheit" gelesen, aber ich denk mal das ist ein ganz anderes Kaliber...
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RE: Traumelfs Philosophiewald
#26
14.08.2009, 19:11 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 14.08.2009, 19:13 von spell bound.)
jo ist lesbar. ich hab das meiste übrigens auch ausserhalb meines studiums bzw. davor gelesen, von daher..
schopi selber sagt, man sollte v.a. kant kennen und die weisheit der upanishaden. naja letzteres wird dir sicher gewissermaßen bekannt vorkommen. ich kam aber auch ohne kant mit ihm zurecht.
Bin nicht mehr hier, aber noch erreichbar.
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RE: Traumelfs Philosophiewald
#27
15.08.2009, 14:26
(14.08.2009, 12:14)spell bound schrieb:
(13.08.2009, 21:52)Gorthaur schrieb: Und um es vorweg zu sagen, ich glaube, dass sich sämtliche Funktionen des Geistes auf physikalische und chemische Prozesse zurückführen lassen. Keine Seele. Das ist für mich die erste Prämisse für meine Überlegung - könnt ihr selbstverständlich angreifen.
kannst du dann dies widerlegen?: "ich glaube, dass sämtliche funktionen des gehirns und physikalische gesetze allgemein sich auf den geist zurückführen lassen. keine materie." biggrin
Die Annahme, dass es Materie "gibt" und das alle anderen Dinge aus deren Wirkung heraus entsehen scheint mir irgendwie die einzige verlässliche Grundlage an die wir uns klammern können. Sonst können wir ja gleich die gesammte wissenschaftliche Diskussion auslassen.

Aber wenn ich den vorherigen Text verstanden habe, meinst du mit Geist im Prinzip das gleiche wie ich mit dem Bewusstsein. Das Zusammenspiel der Materie und die daraus entstehende Wahrnehmung. :?:


ricky_ho schrieb:Dabei verstehe ich unter freiem Willen nicht irgendein subjektives Gefühl von freier Entscheidung (hängt natürlich schon damit zusammen), sondern Kreativität. Etwas neues wird ins Universum gebracht, dass vorher nicht hätte aus dem Zustand des Universums berechnet werden können. Der kreative Impuls kommt sozusagen "von aussen" (er kommt von ausserhalb des Kontextes, von dem wir oben sprachen, und ist darum relativ frei - nämlich nicht durch diesen Kontext (das materielle Universum) determiniert).
Vielleicht verstehe ich dich nicht richtig, aber wie soll denn etwas von außerhalb des Universums kommen? Wie kann denn etwas unabhängig der Materie des Universums bestehen?
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RE: Traumelfs Philosophiewald
#28
16.08.2009, 10:47 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 17.08.2009, 09:49 von ricky_ho.)
(15.08.2009, 14:26)Gorthaur schrieb:
ricky_ho schrieb:Dabei verstehe ich unter freiem Willen nicht irgendein subjektives Gefühl von freier Entscheidung (hängt natürlich schon damit zusammen), sondern Kreativität. Etwas neues wird ins Universum gebracht, dass vorher nicht hätte aus dem Zustand des Universums berechnet werden können. Der kreative Impuls kommt sozusagen "von aussen" (er kommt von ausserhalb des Kontextes, von dem wir oben sprachen, und ist darum relativ frei - nämlich nicht durch diesen Kontext (das materielle Universum) determiniert).
Vielleicht verstehe ich dich nicht richtig, aber wie soll denn etwas von außerhalb des Universums kommen? Wie kann denn etwas unabhängig der Materie des Universums bestehen?

Indem man die Gleichsetzung Universum=Materie als das erkennt, was es ist: eine unbeweisbare (im wissenschaftlichen Sinne) und ziemlich problematische weltanschauliche Grundannahme. Das sie dir als die einzig sinnvolle erscheint, sagt mehr über dich (oder besser: unsere Kultur) aus als über das Universum.

Für Philosophie, Mystik und so war das schon immer klar, die Wissenschaft ist erst im letzten Jahrhundert auf diese Wahrheit gestossen, als sich eben die Billiardkugeln unter den immer feinere Instrumenten in grösstenteils leeren Raum auflösten.
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