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Trauma

RE: Trauma
#76
13.03.2025, 23:16 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 16.03.2025, 04:43 von ichbinmehr.)
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Entwicklungstrauma Teil 9: Die Schwere anerkennen – Das Trauma Würdigen

Was mich immer wieder triggert, ist, wenn Menschen die Schwere meines Traumas nicht anerkennen. Es fühlt sich an, als würde man einen gehbehinderten Rollstuhlfahrer ignorieren und so tun, als könnte er problemlos laufen. Das verletzt mich.

Nur durch intensive Unterstützung in der Traumatherapie und durch einen spirituellen Lehrer, der selbst tiefgehende Ohnmachtserfahrungen gemacht hatte und mir zeigte, wie man sie sinngebend erträgt, (nämlich als Kreuzigung) habe ich überlebt.

Ich glaube, ohne diese Hilfe wäre ich an den Folgen meiner nach innen gerichteten Wut gestorben – nicht durch Suizid, sondern durch Krankheiten, die aus unterdrückter Wehrhaftigkeit und nicht gelebter Wut entstanden sind. Ich bin ein Kämpfer - ich bin niemand der sich einfach so aufgibt, aber unbewusst hatten sich alle meine Krankheiten als Folgen des Traumas gegen mich gerichtet. Unbewusst habe ich mich zertört.

Und manchmal brauche ich eine Würdigung dafür, dass ich all das überlebt und um mein Leben gekämpft habe. Dass ich all diese Wege gegangen bin, durch Therapie und jedem Arzt und jeder Behörde mein Trauma erläutert habe und für meine Rente gekämpft habe. Das war ja gar kein leichter Weg.

Dass ich trotz dieses massiven Traumas hier stehe, mich offen ausdrücke und meinen Schmerz zeige. Dass ich mich – trotz all der schlechten Erfahrungen mit Menschen – wieder darauf einlasse, vorsichtig Kontakt zu wagen, verdient Respekt.

Es verletzt mich, wenn mein Trauma bagatellisiert wird. Denn ich habe die Hölle auf Erden erlebt und wäre beinahe an ihren Folgen gestorben. Ich möchte nicht, dass mir die Schwere meines Traumas abgesprochen wird – ich möchte volle Anerkennung dafür, dass ich trotz allem überlebt habe.

Und dass ich, trotz meiner Eltern, ein guter Mensch geworden bin. Dass ich vernünftig und rational bin und mir gleichzeitig mein offenes Herz bewahrt habe. Das alles war in meinem Elternhaus nämlich keine Selbstverständlichkeit. Da gab es weder Rationalität noch offene Herzen. Das alles habe ich mir mühsam erkämpft oder es trotz der Umstände bewahrt.

Aber vielleicht könnt ihr das gar nicht nachvollziehen – weil ihr meine Eltern nicht kennt. Ihr wisst nicht, aus welcher Hölle ich komme. Und vielleicht könnt ihr deshalb auch nicht ermessen, welche immense Kraft es mich gekostet hat, der Mensch zu werden, der ich heute bin.

Auf jeden Fall möchte ich nicht, dass meine sozialen Ängste als „normal“ dargestellt werden, denn das, was ich erlebt habe, war nicht normal. Es war extrem.

Ich verstehe, dass sich nicht jeder mit solch einer Geschichte auseinandersetzen will oder kann. Jeder hat seine eigenen Grenzen und Themen, und das respektiere ich. Gleichzeitig gibt es auch meine Grenzen – und meine Freiheit endet dort, wo die des Nächsten beginnt.

Wenn mir jemand die Tragweite meines Traumas abspricht, dann wird eine Grenze überschritten. Doch in dem Moment als das wiedermal passierte wusste ich gar nicht, wie ich damit umgehen sollte, und habe mich innerlich zurückgezogen.

In der Traumatherapie spricht man von Freeze – dem Einfrieren. Wenn weder Angriff noch Flucht eine Option sind (oder man nicht will, weil man die Beziehung nicht verlieren möchte), bleibt oft nur dieser Mechanismus. Man stellt sich tot. Und wer sich nicht spürt, kann sich weder wehren noch abgrenzen.

Deshalb kommen meine Reaktionen manchmal spät. Es dauert oft lange, bis ich mich nach einem solchen Kontakt wieder selbst spüren kann. Ich möchte einfach nur, dass ihr das versteht – nicht, weil ich irgendetwas Besonderes von euch erwarte, sondern weil ich erklären möchte, warum ich euch jetzt diesen langen Text schicke.

In dem Moment konnte ich es nicht ausdrücken, also hole ich es jetzt nach.

Und das das ungewöhnlich ist, dass ich so offene Texte über meine Traumatisierung schreibe, wie das nur wenige Menschen tun, ist mir ja selbst klar. Ich weiß schon wo ich aus der Norm falle. Ich finde ich falle ganz wunderbar aus der Norm.

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Traumatisierte Menschen brauchen vor allem Mitgefühl und Würde.


Doch das bedeutet nicht, sie einfach wie „normale“ Menschen zu behandeln – als wäre ihr Leid nie geschehen. Es bedeutet, anzuerkennen, was sie alles ertragen haben, welchen Schmerz sie durchlebt haben und wie sie dennoch das Beste daraus gemacht haben.

Würde bedeutet, die Geschichte eines Menschen nicht kleinzureden, sondern sie in ihrer ganzen Schwere zu sehen – ohne ihn darauf zu reduzieren. Es bedeutet, Raum zu geben, anstatt jemanden dazu zu zwingen, sich anzupassen.

Ich habe viele schwer traumatisierte Menschen kennengelernt, die gar nicht so angepasst leben können, wie es die Gesellschaft oft als „normal“ betrachtet – mit Haus, Familie, Kindern und einem geregelten Leben.

So geht es auch mir: Ich kann mich nicht vollständig in normative Verhaltensweisen einfügen, sondern breche immer wieder aus ihnen aus.

Das bedeutet aber nicht, dass meine Ausbrüche ins Ungewöhnliche grundsätzlich negativ zu bewerten sind. Denn ein Teil davon ist auch eine Ausdrucksform des posttraumatischen Wachstums aus denen sich eben auch besondere Befähigungen entwickeln.

>>>

Wahre Heilung geschieht nicht durch das Verdrängen, sondern durch das Anerkennen und Würdigen dessen, was ein Mensch durchlebt hat. Was man annimmt kann man dann möglicherweise transformieren und vielleicht sogar loslassen.

Ich wünsche mir keine falsche Rücksichtnahme oder dass ihr mich mit Samthandschuhen anfasst. Ich wünsche mir einfach nur, dass meine Realität als das gesehen wird, was sie ist: eine Folge von Dingen, die kein Kind hätte erleben dürfen.

Und ich hoffe, dass ich mit diesem Text nicht nur für mich spreche, sondern vielleicht auch für andere, die sich in ähnlichen Gefühlen wiederfinden – die auch zu oft gehört haben, dass sie „doch einfach mal lockerer sein“ oder „es nicht so schwer nehmen“ sollen. Ich möchte ernst genommen werden.

>>> weiter zu Teil 10 >>>


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RE: Trauma
#77
13.03.2025, 23:52 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 16.03.2025, 04:45 von ichbinmehr.)
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Entwicklungstrauma Teil 10: Schmerz macht Sprachlos – Trauma macht sprachlos

Die Traumatisierungen, die ein Mensch aufgrund eines Entwicklungstraumas erlebt hat, zu beschreiben, ist schier unmöglich. Es sind einfach zu viele prägende Erfahrungen, die meine damalige Entwicklung sowie mein heutiges Leben nicht nur einmalig, sondern täglich beeinflusst haben und immer noch beeinflussen.

Ich müsste vermutlich ein ganzes Buch schreiben, um einem Außenstehenden auch nur ansatzweise nahezubringen, was ich in meiner Kindheit erleiden musste. Das macht mich oft so sprachlos und ohnmächtig, weil ich mit nichts, was ich sagen kann, einem Gegenüber vermitteln kann, was ich erlitten habe. Ich habe lange gebraucht, um überhaupt Worte zu finden.

Seit dem Ausbruch meiner Psychose im Jahr 2016 mache ich kontinuierlich Psychotherapie – allein schon, um überhaupt Worte für das zu finden, was in mir vorgeht. Doch jetzt, wo ich endlich Worte habe, merke ich: Die Worte reichen nicht. Denn die Auswirkungen der Erlebnisse sind überwältigend.

Nichts, was ich sagen könnte, würde dem Leid gerecht werden, das ich erlebt habe.

Und dennoch gibt es immer wieder Menschen, die mir trotz meiner umfassenden Erklärungen mein Trauma absprechen oder glauben, man könne es mit einfachen Floskeln wie „Du musst die Vergangenheit loslassen“ einfach auflösen. Wäre das so einfach, bräuchte es keine Psychotherapeuten.

Ja, ich weiß, solche Vorstellungen sind naiv – aber in der Häufigkeit, in der mir solche Sprüche begegnen, ist das auch eine Belastung für mich.

Derartige Worte konfrontieren mich immer wieder mit der Ohnmacht, nicht verstanden zu werden. Und ohne dieses Verständnis gibt es keine Grundlage für echte Gespräche. Denn bevor ich mich auf einen Austausch einlassen kann, muss meine Realität erst einmal anerkannt werden. Es gibt dann keine Grundlage für echte Verbindungen.

Das Trauma beginnt ja schon damit, dass ich als Baby und Kleinkind, als ich auf Körperkontakt angewiesen war, nicht auf den Arm genommen wurde, weil meine Mutter emotional nicht fähig zu Körperkontakt oder emotionaler Nähe war.

Bis heute fällt es mir schwer, mich wirklich mit Menschen verbunden zu fühlen. Selbst wenn ich in spirituelle Verbundenheitszustände eintauche, verliere ich sie schnell wieder – als wäre da etwas in mir, das keine Verbindung halten kann.

Im Grunde bin ich chronisch auf der Suche nach dieser Tiefe, weil sie mir so elementar gefehlt hat.

Wenn ich mich verbunden fühle, kann manchmal schon eine kleine Unsicherheit meinerseits ausreichen, um das Gefühl des Kontakts wieder zu verlieren. In solchen Momenten rutsche ich dann schnell in das Muster, mich zu fragen, ob ich etwas falsch gemacht habe.

Das liegt daran, dass es als Kind für mich die einzige Möglichkeit war, wieder in Verbindung zu kommen – indem ich die Schuld bei mir gesucht und angenommen habe, dass ich etwas falsch gemacht habe. Denn dass meine Eltern von sich aus auf mich zugegangen wären, habe ich nie erlebt. Deshalb ist diese starke Selbstkritik so tief in mir verwurzelt und nur schwer zu überwinden. Ich habe die Tendenz immer alle anderen zu verstehen, und mich selbst zu verleugnen. (Ennegramm Typ 5 und 2)

Gleichzeitig ist es unglaublich schwer, Menschen zu finden, die mich in meiner ganzen Tiefe und Höhe überhaupt sehen können. Genau das habe ich nie erlebt und das suche ich.

Ich versuche, mich selbst zu sehen, für mich einzustehen – wie jetzt, indem ich diesen Text schreibe. Doch natürlich fehlt mir auch menschlicher Kontakt. Aber nicht irgendein Kontakt – sondern einer, der wirklich in die Tiefe geht und in die Höhe.

Ich suche eine Verbindung in der Tiefe, die sich mit den meisten Menschen aber nie herstellen lässt, weil auch bei ihnen das Trauma im Weg steht.

Richtige Verbundenheit erlebe ich aber nur in absoluter Authentizität. Dazu sind aber nur wenige Menschen fähig. Dieses Trauma reinszeniert sich immer wieder. Immer wieder erlebe ich Gefühle der Kontaktlosigkeit, oft auch in mitten von Menschen.

Das Trauma zieht sich über meine gesamte Kindheit hinweg: die Folgen der Suchterkrankung meines Vaters, die körperliche Gewalt sowie der emotionale, narzisstische und gewalttätige Missbrauch meiner Mutter.

Während meiner gesamten Kindheit hatte ich keine sichere erwachsene Bezugsperson, die für mich da war, mit der ich einen sichere Verbindung erleben konnte.

Ich hatte niemanden, der für mich da war, als ich in Not war. Das musste ich alles immer selbst bewältigen irgendwie. Es gab wenig Verständnis für meine kindlichen Bedürfnisse, kein Mitgefühl, keinen Trost, keine Liebe, keine soziale Anerkennung. Ganz besonders massiv hat sich der Umstand auf mich ausgewirkt, dass mir meine Bedürfnisse von meiner Mutter permanent abgesprochen wurden. Das mir meine Not abgesprochen wurde.

Das Tragische am Entwicklungstrauma ist: Es hört nie auf. Entwicklungstrauma ist wie ein nie endender Albtraum.

Es sei denn, man ist ein Alchemist und lernt, mit dem Trauma zu leben. Ja es sei denn man lernt das Licht in der Dunkelheit zu sehen. Das ist der Weg den ich genommen habe - ich habe mein Trauma voll anerkannt und leben mit ihm, und definiere mich als Mensch mit Entwicklungstrauma und das obowhl ich ein zutiefst spritueller Mensch bin, der auch anders könnte. Der auch sagen könnte alles ist leer, alles ist Illusion, alles ist ein Traum, und ich bin nur ein Gedanke. Trotzdem habe ich mich mit meinem Inneren Kind und meinem Entwicklungstrauma solidarisch gezeigt. Ich habe mich nicht verlassen.

Ich bin aus den höchsten Samadhi Zuständen wieder herab gestiegen, um ganz bei mir zu sein. Und ich glaube auch dass, sich meine sprituelle Selbsterkenntnis dadurch nur noch vertiefen kann.

Das Trauma ist Teil meiner Identität, denn ich bin als Mensch, der das erlebt hat – der nie Sicherheit, Schutz, Verständnis, Geborgenheit, Liebe und Anerkennung erfahren hat – gehandicapt gegenüber einem normalen psychisch gesunden Erwachsenen, der in einem intakten Elternhaus aufgewachsen ist.

Ich glaube ja auch dass wir alle ein Stück weit traumatisiert sind, aber nicht jeder hat so ein umfassend schweres Trauma wie ich. Mich hat es wirklich ziemlich hart getroffen.

Im Alltag führt das immer wieder zu vielen Einschränkungen.

Doch man sieht mir mein Trauma nicht an, denn Trauma ist für die meisten Menschen unsichtbar. Es sei denn man kann die Körpersprache eines Menschen lesen (siehe Körpertherapie: Willhelm Reich, Alexander Lowen). Aber in dieser Dimension des Sehens bewegen sich ja die wenigsten Menschen. Ein geschultes Auge kann mir das natürlich sofort ansehen.

Die körperliche Unsichtbarkeit, ja die teilweise Unaussprechlichkeit, wenn ich wieder Menschen erklären muss, wie ich misshandelt wurde und warum ich vor alltäglichen Situationen Angst habe und mich überfordert fühle, führt leider oft dazu, dass das Leben für Menschen mit Traumafolgen unfair und entwürdigend bleibt.

Und falls euch der Text überfordert, dann wisst bitte: Mich überfordert es, das alles immer wieder schreiben und erklären zu müssen, jedes Mal, wenn mir jemand die Schwere meines Traumas abspricht, kann ich entweder die schmerzliche Kontaktlosigkeit aushalten und dann dreht sich mein Trauma wieder wie eine Reinzinierung im Kreis, oder ich renne mit Anlauf nach Vorne und gebe all meine Energie und Leidenschaft, um auf mein Problem aufmerksam zu machen.

Dieses Verleugnen passiert auch ganz oft mit „schwerst spirituellen Menschen“ die irgendwie meinen, dass man der Schwere entkommen könnte. Mit diesen Menschen erlebe ich auch immer wieder eine Art Retraumatisierung.

Ich habe heute 6 Stunden meiner Lebenszeit investiert, um diesen Text zu schreiben, weil es mir so wichtig ist, zumindest von den Menschen, mit denen ich öfter in Kontakt bin, richtig verstanden zu werden. Damit wir eine echte Grundlage für Austausch und Verbindung haben.

Und weil eine Beziehung auf der Grundlage, dass Menschen von mir erwarten, „normal“ zu sein, für mich nicht möglich ist. Ich bin nicht normal.

Ich brauche es, dass meine Bekannten und Freunde die Schwere meiner Traumatisierung voll anerkennen. Denn ohne diese Anerkennung gibt es keine Grundlage, für Freundschafft und authetischen Austausch.

Und genau deshalb schreibe ich das hier – weil ich nicht weiß, ob ich mich mündlich so klar ausdrücken könnte. Weil mir im direkten Gespräch oft die Worte fehlen, meine Gefühle so klar zu benennen.

Weil ich im direkten Kontakt oft Ohnmacht erlebe und nicht weiß, wie ich meinen Raum halten kann. Während ich beim Schreiben den Raum habe, meine Gedanken zu sortieren und mich sicher zu fühlen.

Das schaffe ich sonst nur, wenn mir jemand den Raum dazu gibt. Das ist nicht immer der Fall. Deshalb nehme ich jetzt einmal diesen Raum. Mögen die Menschen die ernsthaft an einem Kontakt mit mir interessiert sind, diesen Text lesen.

>>> weiter zu Teil 11 >>>

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RE: Trauma
#78
14.03.2025, 00:13 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 16.03.2025, 04:46 von ichbinmehr.)
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Entwicklungstrauma Teil 11: Danke für die Gelegenheit

Ich möchte, dass ihr versteht: Mein Trauma ist nicht einfach nur eine schwierige Vergangenheit. Es ist etwas, das mich bis heute begleitet, mich in meinem Alltag gesundheitlich einschränkt und mir oft das Gefühl gibt, nicht wirklich teilhaben zu können.

Es ist kein „normales“ Maß an Ängsten oder Überforderung – es ist das Ergebnis von jahrelangem psychischem Missbrauch, von existenzieller Bedrohung, von einem Leben, das mich gezwungen hat, mich unsichtbar zu machen, um zu überleben.

Ich wünsche mir, dass ihr das mit offenem Herzen lest – nicht mit dem Gedanken, dass ich übertreibe oder mich in etwas hineinsteigere, sondern mit echtem Zuhören.

Ich wünsche mir, dass ihr versteht, warum ich so bin, wie ich bin. Warum mich bestimmte Dinge so tief treffen, warum ich oft erschöpft bin, warum es mir schwerfällt, in Gruppen physisch präsent zu sein oder spontan zu reagieren.

Ich möchte dass ihr versteht, warum ich oft erst im Nachhinein Worte finde und – am liebsten schriftlich oder per Sprachnachricht, weil ich mit etwas (sicheren) Abstand viel besser spüren kann, was in mir vorgeht.

Und damit ihr versteht, warum es dann mit dieser Intensität kommt, zb. in Form von ausufernden Texten. Bitte nehmt das nie persönlich, es kommt dann mit dieser Wucht, weil das so lange zurück gehalten wurde. Ich habe ja als Kind gar nicht mehr gesprochen. Mein authetisches Selbst kam erst 2016 mit der dem Ausbruch diese multikausalen Erleuchtungs-Psychose wieder ins Bewusstsein.

Das ist all das was soo lange zurückgehalten wurde. Das ist das was so lange nicht gehört wurde, was unsichtbar sein musste.

Und wenn ein echter Mensch vor mir sitzt, falle ich oft noch in meine Muster zurück. Und in besonders schlimmen Fällen werde ich dann physisch krank. Da kann niemand etwas dafür.

Und ich suche wirklich den Ausweg – und der kann nur ein Schritt nach vorne sein, ein Schritt in die Sichtbarkeit, auch indem ich meine Wutenergie offen ausdrücke, indem ich ausdrücke, was mir gegen den Strich geht und den Raum für mich einfordere, den ich brauche. Indem ich Dinge klar stelle. Indem ich widerspreche und Nein sage. Indem ich meine Grenzen benenne.

Wenn ich in direkten Kontakt gehe, verliere ich oft das Gefühl für mich selbst. Dann passiert es, dass ich mich übergehe, weil ich gar nicht weiß, wie ich meinen Raum halten soll.

Wahrscheinlich ist es meine Aufgabe, genau das zu lernen: meinen Raum zu spüren, ihn zu verteidigen und mir zurückzuholen, was mir einst genommen wurde – den Raum, den ich als Kind nicht hatte. Ich bin dabei, das zu lernen.

Und die Situation, die hier entstanden ist, war kein Fehler, sondern eine Gelegenheit, mich sichtbar zu machen. Deshalb danke für die Gelegenheit an die Person die diese Reaktion von mir ausgelöst hat.

Mein Ärger richtet sich ja vor allem gegen meine eigene Selbstunterdrückung und nicht gegen dich.

Danke für die Chance.

blumen

>>>

Ich hoffe aber auch, dass es mir irgendwann mal gelingt, diesen offenen Widerspruch mündlich ausdrücken zu können. Und zwar genau in dem Moment, in dem es geschieht – und nicht zwei Tage später einen zehn Seiten langen Text zu schreiben.

Und manchmal versuche ich das bereits, aber ich fühle mich dann wieder genauso ohnmächtig, wenn ich nicht gehört werde. Ich weiß dann einfach nicht was ich machen soll und in dem Moment verliere ich meinen Raum, und meinen Gefühl für mich Selbst.

Und ehrlich gesagt, weiß ich auch nicht, wie ich all das mündlich ausdrücken soll – einfach so, in einem Gespräch. Einen so großen Raum nehme ich bisher nur ein, wenn ich schreibe oder einem einzelnen Menschen eine Sprachnachricht schicke.

Ich weiß gar nicht wie man so ein komplexes und emotional tiefes Thema mündlich ausdrücken soll. Ich habe noch nicht gelernt, mir diesen Raum in einer offenen Gruppendiskussion zu nehmen, auch weil ich tief in mir das Gefühl habe, ich dürfte es nicht.

Und ich habe jetzt weit über 6 Stunden über diesem Text gesessen und hatte ihn auch nur mit Hilfe von ChatGPT so strukturieren können, weil ich irgendwann selbst völlig hilflos über meinem chaotischen Text saß. Er hat mir geholfen dem ganzen eine Struktur zu geben.

Wie hätte ich das denn mal so eben mündlich ausdrücken sollen? Ich fühle mich damit auch so hilflos. Also wenn ihr euch damit hilflos fühlt, keine Sorge - das macht jeden Hilflos.

>>>

Ich brauche diese Tiefe, die ich oft nur beim Schreiben finde – oder in Audionachrichten, wo ich meinen Raum spüre –, um mich in dieser Tiefe und Komplexität auszudrücken. Aber alles andere würde mir nicht gerecht werden.

Doch wer würde überhaupt noch in meinem Raum verweilen wollen, wenn ich diese Tiefe konsequent einfordern würde?

Ich habe bisher noch kein Vertrauen, dass es überhaupt Menschen gibt, die genau diese Tiefe suchen, die mich ausmacht.

Mich umkreist immer noch das Gefühl, dass ich mit meiner Tiefe nicht erwünscht bin. Falls ihr das anders seht, lasst mir doch bitte einen Kommentar da - damit ich spüren kann, dass meine Tiefe erwünscht ist.

Genau deshalb schreibe ich auch diese elend langen Texte – um meine Tiefe auszudrücken, ohne das Verlassenwerden zu riskieren, das diese Tiefe vielleicht provozieren könnte.

In normalen Gesprächen kann ich mir oft nicht wirklich gerecht werden, besonders wenn ich mit mehreren Menschen spreche. Dann verliert sich meine Tiefe schnell in der Oberflächlichkeit des Austauschs, und ich spüre, wie sie mir entgleitet. Oder Menschen antworten einfach nicht und lassen mich alleine.

Mir ist das so oft passiert, dass ich gar nicht weiß, wie ich das in ein lebendiges Gespräch einbringen soll.

Dabei empfinde ich die Tiefe als eine meiner größten Stärken. Doch in Gruppen scheint es oft unmöglich, meine größte Stärke wirklich sichtbar zu machen – und das frustriert mich.

Falls ihr Ideen dazu habt, schreibt mir gerne oder lasst uns beim nächsten Treffen darüber sprechen.

Ich musste das jetzt schreiben. Und jetzt kann ich es ein Stück weit loslassen.

Vielen Dank fürs Lesen.

Liebe Grüße

Steffi
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RE: Trauma
#79
18.03.2025, 08:00 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 18.03.2025, 08:00 von ichbinmehr.)
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MUTISMUS - Teil 1

Selektiver Mutismus – Die Sprachlosigkeit der Todesangst

Ich möchte hier nicht nur erklären, was selektiver Mutismus ist, sondern vor allem, was er für mich bedeutet. Denn für mich ist Mutismus nicht einfach eine Kommunikationsschwierigkeit oder Schüchternheit – es ist eine in den Körper gebrannte Erfahrung von existenzieller Not, von Todesangst, die mich bis heute begleitet. Mutismus ist eine Traumafolge.

Selektiver Mutismus bezeichnet eine Symptomatik mit Phasen der psychologisch bedingten Sprachlosigkeit (mute = stumm), in denen ein Mensch tatsächlich nicht sprechen kann. Es kommt in diesen Phasen einfach kein Ton aus der Stimme, selbst wenn er oder sie es bewusst beabsichtigt.

Mutismus ist, wenn Kinder nicht mehr sprechen. Kann man sich merken vom „Mute“-Knopf an der Stereoanlage. Man könnte sagen, Mutismus bei Kindern ist eine Art Ausdruck einer Depression. Da sind die Lebendigkeit und der authentische Selbstausdruck unterdrückt. Das Halschakra ist blockiert, um nicht zu sterben.

Viele der lebendigen inneren Anteile hatten sich in meiner Kindheit zurückgezogen, weil sie nicht gehört wurden. Und die Wut, die ich nie ausdrücken durfte, war nicht weg – sie war nur eingefroren. Freeze nennt man das in der Traumatherapie. Wenn uns lebensbedrohliche Gefahr droht, können wir:

1. angreifen,
2. fliehen,
3. uns totstellen,
4. Freezen (unsere Gefühle einfrieren und dadurch jeglichen Kontakt zu uns verlieren, damit geht auch die Unfähigkeit zu sprechen einher),
5. uns unterwerfen (uns selbst aufgeben) oder
6. einen Verlust der Kraft erfahren, wozu auch das Krankwerden gehört.
Das sind zumindest Theorien, die in der modernen Traumatherapieforschung aktuell sind.

Nicht jeder schwerist traumatisierte Mensch erlebt Mutismus über Freeze, mein Freund zb. erlebt den Mutismus viel mehr über das Tot stellen. Es kann also auch anders sein als bei mir.

>>>

Gewalt als Ursprung der Sprachlosigkeit


Ich bin mit Gewalt aufgewachsen. Gewalt, die nicht nur meinen Körper, sondern vor allem mein innerstes Wesen gebrochen hat. Meine Worte wurden nicht nur ignoriert – sie wurden bestraft. Wenn ich meine Meinung sagte, wenn ich mich gegen Ungerechtigkeit wehrte, wenn ich einfach nur „zu viel“ war, dann wurde ich zum Schweigen gebracht. Und das nicht nur durch Drohungen oder Beschimpfungen – sondern durch physische Gewalt.

Meine Mutter hat mich als Kind so lange festgehalten, bis ich mich nicht mehr bewegen konnte. Sie hat meinen Arm auf den Rücken gedreht, mich auf den Boden gedrückt, geschlagen – und mich so lange nicht losgelassen, bis ich aufgehört habe, mich zu wehren. Bis ich keinen Mucks mehr gemacht habe. Bis mein Wille gebrochen war. Bis ich für immer geschwiegen habe, wenn es darum ging zu sagen, was ich fühle, brauche, denke.

Dann wurde mir zusätzlich gedroht dass ich nicht sagen durfte, dass sie mir das angetan hatte. Sie schnitt mit damit jede Möglichkeit ab, mir Hilfe zu holen.

Und wenn ich versuchte, meine Verletzung irgendwem zu zeigen, wurde mir mit noch mehr Gewalt klargemacht, dass meine Realität nicht existiert. Wehe, du sagst das dem Papa. Ich will von deinem Trauma nichts wissen.

Das war keine einzelne Episode. Es war ein Muster. Immer wieder.

Ganz besonders aggressiv und ablehnend wurde nicht nur auf meine Verletzlichkeit, sondern auch auf meine Stärken reagiert. Jedes Aufkeimen eines gesunden, natürlichen Selbstbewusstseins brachte meine Mutter dazu, mich mit Gewalt klein, ohnmächtig und sprachlos zu machen. Jeden Versuch über meine Bedürfnisse anzusprechen, wurden ignoriert oder Ausbruch von Agression verhindert. 

Also lernte ich zu schweigen.
Mich unsichtbar zu machen.
Nicht zu existieren.

Jedes Mal, wenn ich sprach, riskierte ich Schmerz. Jedes Mal, wenn ich mich äußerte, riskierte ich Vernichtung.

>>>

Mutismus als Überlebensstrategie

Das war nicht einfach eine bewusste Entscheidung – es war eine Überlebensstrategie. Ich habe nicht „entschieden“, still zu sein. Mein Körper hat es für mich entschieden. Mein Nervensystem hat gelernt: Sprechen bedeutet Gefahr. Sprechen bedeutet Tod.

Also tat ich das, was mir am besten Schutz bot: Ich wurde still.

Und ich könnte heute immer noch im Dreieck springen wenn mir sprituell Suchende raten, still zu sein, weil da der Frieden ist.

Aber Still und Stummsein bedeutete nicht, dass ich nichts fühlte. Im Gegenteil. Ich fühlte ALLES – nur dass es in mir eingeschlossen (eingefroren) blieb, gefangen in einem Körper, der sich nicht traute, es nach außen zu bringen.

Denn wenn ich das tat, wurde ich ignoriert oder mit Gewalt ruhiggestellt.

>>> weiter zu Teil 2 >>>
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RE: Trauma
#80
18.03.2025, 08:20 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 18.03.2025, 08:23 von ichbinmehr.)
MUTISMUS - Teil 2

Die Absurdität des Schweigens

In der Schule sagten die Lehrer*innen stets, ich würde mündlich nicht mitarbeiten. Dabei war ich innerlich voll da, aufmerksam,  – ich wusste nur nicht, wie ich das nach außen zeigen und beweisen sollte.

Also ermutigten mich die Lehrer und Lehrerinnen, während meine Mutter, die mir das Sprechen verboten hatte, am Elternsprechtag neben mir saß und mich bedrohte, sobald wir zu Hause waren.

Dann schimpfte sie mit mir, weil meine mündliche Mitarbeit nicht wahrgenommen wurde. Dieselbe Mutter, die mir nie einen Raum zugestanden hatte, die mich mit Gewalt zum Schweigen gebracht hatte, verurteilte mich nun dafür, dass ich nicht mehr sprechen konnte.

Wie hätte ich auch? Ich hatte solche Angst.

Dieses geschah sehr häufig: Ich wurde für die Folgen meines Entwicklungstraumas kritisiert und verurteilt.

Deshalb schrieb ich schon in meinem letzten Text über Entwicklungstrauma:

Das Tragische am Entwicklungstrauma

Es hört nie auf.

Entwicklungstrauma ist wie ein nie endender Albtraum.

Die Traumatisierungen, die ein Mensch durch ein Entwicklungstrauma erlebt hat, zu beschreiben, ist fast unmöglich. Es sind zu viele prägende Erfahrungen, die nicht nur meine damalige Entwicklung, sondern auch mein heutiges Leben täglich beeinflussen – und zwar nicht einmalig, sondern immer wieder.

Und man kann von niemandem, der so etwas erlebt hat, erwarten, dass er diese unaussprechlichen Gewalterfahrungen mündlich erklärt.

Ich müsste vermutlich ein ganzes Buch schreiben, um einem Außenstehenden auch nur ansatzweise begreiflich zu machen, was ich in meiner Kindheit erleiden musste.

Und genau das macht mich oft so sprachlos und ohnmächtig:
Mit nichts, was ich sagen kann, kann ich meinem Gegenüber wirklich vermitteln, was ich durchgemacht habe.

Ich habe lange gebraucht, um überhaupt Worte dafür zu finden – und bisher finde ich diese Worte nur schriftlich.

Die Unsichtbarkeit des Entwicklungstraumas

Die körperliche Unsichtbarkeit meiner Erfahrungen – und die teilweise Unaussprechlichkeit, wenn ich wieder einmal erklären muss, wie ich misshandelt wurde, warum ich vor alltäglichen Situationen Angst habe oder mich überfordert fühle – führt oft dazu, dass das Leben für Menschen mit Traumafolgen unfair und entwürdigend bleibt.

Ich schreibe meine Texte auch deshalb.
Weil sich das ändern muss.

Ich möchte diese Sprachlosigkeit auflösen – die Sprachlosigkeit, die in unserer Gesellschaft wie ein Tabu über der Gewalt liegt, die manchen von uns in der Kindheit zugefügt wurde.

Diese Sprachlosigkeit, die Menschen mit Trauma immer noch verstummen lässt und sie in die Unsichtbarkeit zwingt.

Für dieses Ziel arbeite ich seit vielen Jahren.

Ich bringe mich mit meiner ganzen Persönlichkeit ein, um zu erklären, was mir geschehen ist – und um all jenen, die ebenfalls betroffen sind, einen Weg in die Freiheit aufzuzeigen.


Gefühle, die erst später auftauen

Meine Gefühle kommen oft erst im Nachhinein zurück – wenn der soziale Kontakt vorbei ist. Ich kann mich erst wieder spüren, wenn ich in Sicherheit bin.

Dann taut das Eingefrorene auf, der Freeze-Zustand löst sich, und je nach Schwere der Retraumatisierung kann es Stunden oder sogar erst Tage später sein, dass ich plötzlich spüre: Da ist Wut. Das ist tiefe Ohnmacht. Da ist Todesangst.

Aber im Moment des Kontakts bin ich erstarrt, unfähig zu reagieren, weil mein Körper sich schützt.

Erst wenn die Bedrohung vorbei ist, wenn die Angst nachlässt, kehrt mein Bewusstsein zurück – und mit ihm all das, was ich in diesem Moment nicht ausdrücken konnte.

>>> weiter zu Teil 3 >>>
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RE: Trauma
#81
18.03.2025, 08:58
MUTISMUS - Teil 3

(Schwerpunkt - Triggerpunkt - Gaslightning)

Wenn Sprache unmöglich wird

Wenn ich in eine Situation komme, die mich an die alte Gewalt erinnert – wenn ich mich bedroht, unter Druck gesetzt oder existenziell angegriffen fühle – dann passiert genau das wieder: Mein Körper schaltet auf Überleben um. Mein Hals schnürt sich zu, meine Stimme verschwindet, ich friere innerlich ein.

Ich habe in meiner Kindheit eine extreme Form des Gaslighting erfahren.

Gaslighting ist eine Form der psychologischen Manipulation, bei der eine Person systematisch an ihrer Wahrnehmung der Realität, ihrem Gedächtnis oder ihrem Verstand zweifeln soll. Typische Gaslighting-Techniken sind:

Leugnen von Tatsachen („Das ist nie passiert.“)
Verdrehen der Wahrheit („Du erinnerst dich falsch.“)
Herunterspielen von Gefühlen („Du übertreibst nur.“)
Inszenieren von Schuldgefühlen („Du bist doch diejenige, die immer Drama macht.“)

Die tiefste Kränkung war für mich nicht die Gewalt selbst – nicht die Schläge, nicht der Missbrauch. Sondern das Verleugnen dessen, was mir passiert ist.

Dass meine Mutter mich misshandelt hat, war eine Sache. Aber dass sie mir mein eigenes Erleben abgesprochen hat, hat mich zutiefst verunsichert, verwirrt, verletzt. Sie hat so getan, als wäre nichts geschehen, als hätte ich mir alles nur eingebildet. Und mein Vater? Der behauptete, er hätte die Gewalt nie gesehen.

Das Verleugnen von Erfahrungen ist eine der tiefsten Formen von Gewalt, weil es den inneren Kompass zerstört. Wenn einem über Jahre hinweg gesagt wird, dass das, was man erlebt hat, nie geschehen ist, fängt man an, sich selbst zu hinterfragen. Man verliert das Vertrauen in die eigene Wahrnehmung, in die eigene Realität.

Und genau das war für mich der schlimmste Schmerz.
Nicht die Schläge. Nicht der Missbrauch.

Sondern das Gefühl, dass niemand anerkennt, dass es überhaupt geschehen ist.

Und auch heute ist dass eine meiner schlimmsten Retraumtisierungserfahrungen, wenn mir jemand meine Wahrnehmung abspricht oder sie verdreht, und mich mit meiner Wahrheit nicht hören mag. Wenn jemand nicht versteht wie schwer es überhaupt für mich ist Worte zu finden, um mir selbst beizustehen.

Wenn man mich mit meiner Not nicht sieht, und mir wenn ich es denn dann schaffe mich auszudrücken, mir jegliche Unterstützung versagt. Das ist für mich die schlimmste Ohmachtserfahrung, die man sich nur vorstellen kann. Der Supergau. Und genau das ist mir letzte Woche passiert. Das war eine Todeserfahrung.

Die Folgen von Gaslighting und psychischem Missbrauch

Gaslighting hinterlässt tiefe Spuren – nicht nur während des Erlebens, sondern oft über viele Jahre oder ein ganzes Leben hinweg. Es geht nicht nur darum, dass eine Person manipuliert wird, sondern darum, dass ihr die Fähigkeit genommen wird, ihrer eigenen Wahrnehmung zu vertrauen.

Wenn dir immer wieder gesagt wird:

- Das ist nie passiert.
- Du übertreibst.
- Du erinnerst dich falsch.

…dann beginnt dein Gehirn, an sich selbst zu zweifeln. Mit der Zeit entsteht ein massiver Vertrauensverlust – nicht nur in andere Menschen, sondern in die eigene Wahrnehmung der Realität. Dadurch kann ein Identitätsverlust entstehen. Und wenn das über Jahre passiert, dann geht es nicht mehr nur um einzelne Situationen – sondern darum, dass dein ganzes Selbstbild erschüttert wird. Es kann sich anfühlen, als ob du keinen stabilen Boden mehr unter den Füßen hast. Als ob du nicht mehr weißt, wer du bist. Deshalb müsst ihr wissen, dass ich sensibel darauf reagiere, wenn jemand meine Wahrnehmung umdeutet, anzeifelt, mich nicht ernst nimmt.

Eine der schlimmsten Folgen von Gaslighting ist die Sprachlosigkeit.

Denn wenn du gelernt hast, dass deine Wahrheit immer wieder angezweifelt oder verdreht wird, dann verlierst du mit der Zeit den Mut, überhaupt noch zu sprechen.

- Warum sollte ich etwas sagen, wenn es sowieso niemand glaubt?
- Warum meine Gefühle ausdrücken, wenn sie am Ende nur abgewertet, angegriffen oder in Frage gestellt werden?
- Warum mich wehren, wenn ich mit Gewalt (anschreien) immer wieder zum Schweigen gebracht werde?

So kann es passieren, dass Menschen mit diesen Erfahrungen auch später – in anderen Beziehungen, im Beruf, in Freundschaften – oft das Gefühl haben, nichts sagen zu dürfen, was sie denken und fühlen.

Gaslighting erschafft eine Realität, in der du keinen Halt mehr hast.
Und wenn dazu noch Angst, Abwertung oder Gewalt kommen, dann entsteht eine tiefe Ohnmacht.

Ein besonders zerstörerischer Aspekt von Gaslighting ist, dass es nicht nur Zweifel an der Realität erzeugt, sondern auch an der eigenen Wertigkeit als Mensch.

Und an diesem Punkt sind wir ganz schnell bei suizidalen Gedanken.

Allerdings bin ich niemand, der aufgibt.
Ich bin ein Kämpfer.

Wer mich kennt, weiß, dass ich mich an manchen Stellen des Internets seit mehr als einem Jahrzehnt durchkämpfe – indem ich schreibe. Und dass ich nicht aufgehört habe, auch wenn ich manchmal kaum Rückmeldungen bekomme.

Aber ihr müsst wissen, ich stehe dann mit dem Rücken zur Wand und falle zurück in die Depression, in die Isolation, in das Misstrauen gegenüber mir selbst und der Welt, wenn ich nicht schreiben kann.

Ich erlebe dann das Gefühl, dass es egal ist, wie sehr ich mich bemühe, mein Trauma transparent zu machen.

Dass ich einfach nicht verstanden werde.
Dass mir niemand die Hand reicht und sagt:

„Hey, ich habe dich verstanden, Steffi.“
„Ich hab jetzt verstanden, wo ich dir auf die Füße getreten bin. Sorry.“

Mehr erwarte ich ja gar nicht.
Mehr brauche ich nicht.

Nur ein kurzes Signal.

Ein Zeichen, dass ich gesehen werde. Dass meine Not wahrgenommen wird.
Dass meine Grenzen respektiert werden.

Und ich weiß auch, dass es nicht absichtlich passiert.
Es geht nicht um Schuld.

Es geht darum, einen Weg zu finden, …

Ja, was brauche ich eigentlich?

Vielleicht einfach nur das:

Dass mein Erleben nicht wieder unsichtbar gemacht wird.
Dass mein Schmerz nicht kleingeredet oder wegdiskutiert wird.
Dass ich nicht wieder und wieder die Schwere meines Trauma beweisen muss.

Vielleicht brauche ich nur das:

Gesehen werden. Anerkannt werden. Nicht mehr alleine damit sein.

Würde.

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Die unsichtbare Gewalt, die mich sprachlos macht

Es sind nicht nur physische Gewalterfahrungen, die mich stumm machen.
Ich lebe heute in einer Welt, in der körperliche Gewalt unwahrscheinlich ist.

Aber es sind diese subtilen Formen der Gewalt, die so schwer nachweisbar sind – und die mich noch immer sprachlos machen. Deshalb habe ich in meinem letzten Text über Entwicklungstrauma geschrieben:

Ich möchte das Thema nicht nur der Person gegenüber ansprechen, die meinen Gaslightning Trigger ausgelöst hat, sondern gegenüber dem ganzen Raum, der in dem Moment anwesend war – weil das etwas mit meinem Selbstbild zu tun hat.

Ich habe das Gefühl, als müsste ich mein Selbstbild im Nachhinein noch einmal vor allen Anwesenden richtigstellen, denn ich fühle mich, als hätte mich jemand geframed.

Es ging dabei um eine Aussage über mein Trauma, und ihr müsst wissen, meine Eltern hätten mich lieber sterben lassen, als dass sie meine Not anerkennt hätten.

Und genau dieser Trigger wurde gedrückt, wenn auch völlig unabsichtlich.

Doch in dem Moment selbst war es mir nicht möglich, mich für mich einzusetzen. Ich konnte nicht dafür sorgen, dass ich richtig wahrgenommen werde.

Ich bin eingefroren (Freeze) und habe die Verbindung zu Welt verloren. Das Schreiben war der Einzige Weg den ich hatte um zurück in die Verbindung mit der Welt zu finden.

Ich brauche den Abstand, um das in aller Deutlichkeit sagen zu können.
Und genau das ist der Grund, warum ich so viel schreibe.
Weil ich im Schreiben den Abstand – und damit die Sicherheit – habe, mich frei auszudrücken.
Was mir im direkten Gespräch oft nicht möglich ist, denn da verstumme ich (selektiv). Selektiver Mutismus eben.

Jedes Mal, wenn meine Realität in Frage gestellt oder heruntergespielt wird, trifft es mich tief, weil ich dann Angst habe, dass:

Dass mein Schmerz nicht gesehen, nicht ernst genommen, nicht gewürdigt wurde.
Ich schreibe das, weil ich das Bedürfnis habe, mein inneres Kind zu schützen.

Ihm endlich die Stimme zu geben, die es früher nie haben durfte.


>>>
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RE: Trauma
#82
18.03.2025, 09:21 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 18.03.2025, 09:25 von ichbinmehr.)
MUTISMUS - Teil 4

Wenn Sprache nicht mehr möglich ist

In einer akuten Situation passiert dann Folgendes:

Ich KANN nicht sprechen.

Es ist, als wäre mein Körper nicht mehr unter meiner Kontrolle. Ich verliere den Kontakt zu meinem Körper. Ich erlebe einen Freeze-Zustand, in dem meine Gefühle eingefroren werden – weil es als Kind der sicherste Weg war, keinen Mucks mehr zu machen.

Ich dissoziiere mich von meinem Körper. Ich erlebe tiefste Ohnmacht.

Dann bin ich nur noch still.

Ich lösche mich selbst aus.
Ich existiere nicht mehr als Person.

(Dass ist auch der Grund warum ich mit der sprituellen NON- Exitstenz im Konflikt stehe. Da denke ich immer: TOD WAR ICH JA SCHON.)

Man sieht mir das vielleicht gar nicht an – es passiert innerlich. Ich sterbe innerlich. Lösche meine Persönlichkeit aus. Ich bin dann von allen Menschen abgekoppelt, kann nicht mehr um Hilfe rufen, fühle mich verlassen und allein.

Aber mein Körper ist immer noch darauf trainiert, dass Kampf und Widerstand zum Tod führen.
Also bleibt mir oft nur das innere Erstarren und Verstummen.

Warum ich manchmal nur schreiben kann

Vielleicht erlebt ihr mich in anderen Situationen ganz anders – wenn ich mich sicher fühle. Wenn ich euch vertraue. Wenn ihr sensibel mit mir umgeht.

Vielleicht, wenn ihr meine Texte lest, denkt ihr: „Sie hat doch eine besondere Sprachbegabung! Das kann doch nicht sein, dass sie völlig verstummt.“

Doch, das ist möglich.

Das nennt sich selektiver Mutismus – ein selektives Verstummen, das durch bestimmte Auslöser aktiviert wird, die mein Nervensystem als Gefahr einstuft.

Gaslighting ist einer dieser Auslöser bei mir persönlich. Bei einem anderen Menschen kann etwas anderes der Auslöser sein.

Stellt euch vor, jemand spricht über euch auf eine Weise, die überhaupt nicht mit eurem Selbstbild übereinstimmt. Und genau in diesem Moment verstummt ihr aus einem Überlebensreflex.

Ihr könnt das falsche Bild nicht geraderücken.
So war das in meiner Kindheit – andauernd.

Man hat mir ein falsches Selbstbild aufgedrückt, gegen das ich mich nicht wehren durfte. Denn die Alternative dazu war: getötet zu werden.

Deshalb habe ich mein Hals Chakra verschlossen. Um nicht zu sterben wenn ich meine Wahrheit sage. Im Herzen bin ich ein sehr wahrhaftiger Mensch und das ist oft ein großer innerer Konflikt, weil meine Wahrheit oft durch Gewalt beantwortet wurde.

Schreiben ist mein Rettungsanker

Ich bitte euch deshalb um Verzeihung, wenn ich in Situationen, in denen jemand (oft unabsichtlich) meine Triggerpunkte drückt, nur noch die Möglichkeit habe, zu schreiben, um aus dieser existenziellen Ohnmacht herauszufinden.

Das Schreiben ist dann mein einziger Weg, in die Welt und in den Kontakt mit euch zurückzufinden.
Und wenn ich dann einen langen, ausführlichen und tiefgründigen Text schreibe, dann ist das nicht, weil ich mich hinter Worten verstecke.

Es ist mein Weg, euch so authentisch und echt wie möglich zu begegnen.

Es ist mein Weg zu sagen: „Du bist mir so wichtig, dass ich mir die Mühe mache, dir genau zu erklären, wo meine Schwierigkeiten liegen – damit du die Chance hast, mich zu verstehen. Damit wir – nachdem ich den Kontakt zu dir / euch verloren habe – wir wieder in Verbindung treten können.“

Und wenn ich dann für mein Schweigen kritisiert werde, wenn mir vorgeworfen wird, ich hätte doch „einfach etwas sagen können“, statt so einen Text zu schreiben, dann ist das, als würde man einem Ertrinkenden sagen, er soll „einfach schwimmen“.

Wenn ich als Reaktion auf einen Kontakt schreibe, statt verbal zu sprechen,
dann ist das, weil ich mit dem Rücken zur Wand stehe.

Weil ich keinen anderen Weg mehr sehe.

>>>

Das Schreiben als letzter Ausweg

In meiner Traumatherapie wurde ich ermutigt, das, was ich nicht verbal kommunizieren kann, zu schreiben – weil ich beim Schreiben ein Gefühl von Sicherheit empfinden kann. Und ohne dieses Gefühl von Sicherheit kann ich mich selbst nicht fühlen, ich kann meine Grenzen sonst nichtmal spüren.

Ich habe etwas gefunden, das mich rettet: das Schreiben.

Schreiben ist mein Sprechen.

Es ist manchmal die einzige Möglichkeit, meine Wut, meine Grenzen, meine Verletzungen, meine Bedürfnisse und meine Stärke auszudrücken, ohne dass mein Nervensystem einen Kollaps erfährt.

Es ist die Sprache, die mir geblieben ist, wenn alles andere versagt.

Deshalb schreibe ich.

Deshalb formuliere ich Dinge in Ruhe aus, die ich nicht sagen kann.

>>> weiter zu Teil 5 >>>
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RE: Trauma
#83
18.03.2025, 09:52 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 18.03.2025, 10:04 von ichbinmehr.)
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MUTISMUS - Teil 5

Vom Klarträumen zur Selbstermächtigung

Das Schreiben begann für im Traumtagebuch. Ich wollte klarträumen, um meiner andauernden Ohnmacht in der physischen Welt zu entfliehen. Ironischerweise ist es nun das Schreiben im Wachbewusstsein, das mir meine Autonomie nach und nach zurückgibt.

Seit über zehn Jahren schreibe ich mich durch meine Traumata.
Ich schreibe Texte über meine Innenwelt und meine spirituelle Suche.

Ich habe sehr hart daran gearbeitet, so schreiben zu können, wie ich heute schreibe.

Ich habe keinen außergewöhnlich großen Wortschatz.
Aber ich kann offen und radikal ehrlich über meine Gefühle und Bedürfnisse schreiben.

Wenn ich schreibe, zeige ich mich euch mit meiner größten Authentizität und Wahrhaftigkeit.
Das ist eine Stärke, die ich mir in den letzten Jahren mühsam erarbeitet habe.

Und deshalb werde ich mich nicht mehr dafür entschuldigen, dass ich diesen Weg für mich gefunden habe.

Mein Schweigen ist kein Rückzug – es ist ein Schutzmechanismus

Ich rede oft verbal mit euch.
Ich suche Wege, mich weiterzuentwickeln.
Ich tausche mich mit euch aus – auch über Sprachnachrichten, die ich an diejenigen richte, denen ich vertraue. Ich zeige mich trotz meiner Ängste seit ungefair eineinhalb Jahren in diversen Videochat Gruppen und beteilige mich dort.

Aber ich bitte euch, mich nicht zu verurteilen, wenn ich vom direkten verbalen Austausch wieder ins Schreiben falle. Und einen Sicheren Ort brauche, um mit euch zu sprechen, wenn mein Trauma mir wieder jeden Weg des direkten Austausches abgeschnitten hat.

Wenn das passiert, dann ist etwas vorgefallen.
Etwas, das für mich so massiv traumatisch war, dass ich völlig verstummt bin und mich nicht mehr spüren konnte.

Etwas, das mich für einen Moment den Kontakt zur Welt verlieren ließ.
Denn mein Schweigen ist keine Feigheit.

Wer mich kennt, weiß: Ich stelle mich jeder Auseinandersetzung – solange ich sie schriftlich führen kann.
Verbal bin ich dazu nicht immer in der Lage.

Mein Schweigen ist der Abdruck einer Vergangenheit, die mich fast zerstört hat.

Und mein Schreiben ist der Beweis, dass ich trotzdem noch hier bin.
Ich habe auch durch mein Schreiben überlebt.

Schreiben als Rettung in der existenziellen Krise


Ihr müsst euch vorstellen, wie es für mich war, als ich zwischen 2012 und 2016 so schwer an Depression, Asthma und Psychose erkrankte, dass ich nicht mehr arbeitsfähig und auch nur noch schwach lebensfähig war. Ich habe eine KPTBS - Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung, als Folge von immer wiederkehrender Gewalt und psychischen Missbauch (Gaslightning, Narzissmus und Borderline Störung der Mutter.)

Ich stand vor einem existenziellen Abgrund.

Meine Not musste ich damals gegenüber Arbeitgebern, der Krankenkasse, dem Arbeitsamt, der Rentenkasse, der Schwerbehindertenstelle – all diesen Behörden – erklären.

Und ich musste all das trotz meines selektiven Mutismus meistern.
Ich bin in dieser Zeit durch die tiefsten existenziellen Ängste gegangen.
Und ich habe es nur geschafft, weil ich meine Not schriftlich erklären konnte.

Denn ich habe eine tief verwurzelte Angst vor Autoritäten. Mit denen habe ich ja immer nur Machtmissbrauch erfahren.

Glücklicherweise haben alle Behörden meine schriftlichen Erklärungen akzeptiert.

Sogar beim Gutachter der Rentenkasse, bei dem ich persönlich erscheinen musste, der ein schwieriger Typ war. Es war ein mündlicher Termin – ich saß vor ihm in voller Präsenz.

Und ich war verstummt.

Und ich sage euch: Das war die Hölle.

Zu wissen, dass dieser Mann darüber entscheidet, ob ich eine Rente bekomme oder in die Armut abrutsche – und nicht in der Lage zu sein, zu sprechen.

Aber ich hatte Wochen zuvor einen Text geschrieben.
Einen Text, in dem ich meine Not und meine Bedürfnisse genau beschrieben hatte.
Als ich in Tränen aufgelöst vor dem Gutachter saß, gab ich ihm diesen Text.

Das hat mich gerettet.

Er hat meinen Text gelesen. Mich verstanden und die Rente beführwortet.

Warum ich mir die Mühe mache, so ausführlich zu schreiben


Wenn ich mich hinsetze und manchmal stundenlang an einem Text feile, um meine Bedürfnisse oder Grenzen transparent auszudrücken, dann tue ich das, weil ich mit euch in Verbindung bleiben möchte.

Weil ihr mir wichtig seid.

Weil die Verbindung zu euch für mich wichtig ist.
Weil Schreiben meine Verbindung zur Welt ist.

Transparenz

Wie ich bereits in meinem Text über Entwicklungstrauma gesagt habe, ist dieses Thema nicht mal eben so zu erklären. Nicht jeder kennt sich mit Entwicklungstraumatisierungen, Komplexen Posttraumatischen Belastungsstörungen oder Mutismus im Detail aus.

Deshalb reicht es nicht, wenn ich einfach sage: „Ich habe Mutismus.“ "Oder ich bin traumatisiert."

Es ist ja nicht so, dass mein Umfeld dann automatisch für die Folgen dieser Erkrankungen sensibilisiert wäre und mir mit entsprechendem Verständnis begegnen würde.

Ich denke, es braucht eine fundierte Aufklärung über das Thema, damit Menschen, die mit mir in Kontakt sind, auch wirklich verstehen, was mit mir geschieht, wenn ich plötzlich vom Sprechen ins Schreiben wechsle – und dort über meine Not rede, die ich verbal nicht mehr ausdrücken konnte.

Wenn ich also schreibe, dann versuche ich, maximale Transparenz zu erzeugen – damit wir uns wieder besser verstehen können.

Wenn ich schreibe, wo vorher Schweigen war, dann deshalb, weil ich mich bemühe, eine Brücke zu bauen. Und das ist in der Regel immer ein Ausdruck meiner Sympathie für dich, für euch, dass ich mir diese Mühe mache.

Damit du und ich – wir wieder in Kontakt treten können.

Ich brauche dann von dir, dass du meinen Text liest – und dass wir auf dieser Grundlage noch einmal ins verbale Gespräch zurückkehren können. Dass sich das hier alles vorher einmal sagen durfte, weil ich im verbalen Gespräch oft nur einen Bruchteil dessen ausdrücken kann.

Und ich brauche dass du, das ihr gewaltfrei auf meine Bekundung meiner Not reagier(s)t.

Und bitte, bitte, bitte:

Interpretiere es niemals als einen Angriff, wenn ich dir schreibe!

Mein Anspruch, Texte öffentlich zu teilen und mit vielen Menschen zu verbreiten, ist kein persönlicher Angriff, sondern mein allgemeines Bestreben, die Welt um mich herum über Entwicklungstrauma aufzuklären.

Ich arbeite ganz hart im Team Aufklärung.

Ich schreibe nun seit Zehn Jahren in der Öffentlichkeit Texte, weil ich verstanden werden möchte. Weil ich verbunden sein möchte.

Und ich schreibe nicht nur für mich.
Ich schreibe für alle, die bis heute keine Stimme haben.

Ich schreibe für alle Inneren Kinder, die bis heute nicht gesehen oder gehört wurden.

Ich schreibe für alle, die sich noch gar nicht ausdrücken können – für diejenigen, die meine Texte vielleicht lesen und dadurch endlich verstehen, was mit ihnen oder anderen nahestehenden Menschen geschehen ist.

Ich bin dazu berufen über Entwicklungstrauma aufzuklären.

Ich brauchte einen Lebenssinn. Mir wurde alles genommen, meine Familie, meine Arbeit, mein Gestaltungsraum in der physischen Welt, mein Lebenssinn.

Über Spiritualität und Trauma zu schreiben ist seither mein Lebenssinn.

Es gibt immer zwei Möglichkeiten, sich das Verhalten eines Menschen zu erklären:

Entweder man geht davon aus, dass er es tut, um anzugreifen.
Oder man geht davon aus, dass er es aus den besten Motiven heraus tut.

Die Geschichte, die du dir in deinem Kopf erzählst, warum ich dir so einen langen Text schreibe – vielleicht ist sie gar nicht wahr.

Ich kann nur sagen, was meine Beweggründe sind:

Maximale Transparenz
Radikale Ehrlichkeit  – in dem Rahmen, den ich leisten kann.

Absolute Authentizität (mit meinem Entwicklungsrauma und deren Einschränkungen)

Und ich möchte damit Verbindung schaffen.

Es gibt nicht nur eine richtige Art zu kommunizieren.


Und niemand sollte sich dafür schämen müssen, wenn seine Stimme auf eine andere Weise Ausdruck findet.

Das Schreiben ist meine Stimme.

Das Schreiben ist manchmal das Einzige, was mich wieder in Verbindung bringt – denn ich habe selektiven Mutismus aufgrund schwerster Trauma-Erfahrungen.

Und ich wünsche mir, dass dies im Rahmen der Barrierefreiheit für behinderte Menschen anerkannt wird.
(Ich bin zu 60 % schwerbehindert.)

Dass gesehen und anerkannt wird, dass ich jeden einzelnen Tag mein Bestes gebe, um mit euch in Verbindung zu sein – und das seit Jahren.

Ich ringe schon mein ganzes Leben darum, die richtigen Worte zu finden, damit ich nie wieder Angst haben muss, mich auszudrücken. Deshalb begann ich, diese Texte zu schreiben.

Und schaut mal, was daraus geworden ist:

Eine Stärke, die mir Hoffnung gibt, Verbundenheit zu erfahren.


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