(Video 20 Minuten)
In diesem Video wird die Bedeutung von Musik und Kunst für die Bewältigung von Traumata behandelt. Es wird am Beispiel einer jungen Frau gezeigt, wie ihr die Texte von Rammstein geholfen haben, sich mit dem sexuellen Missbrauch auseinanderzusetzen, den sie erlebt hat.
Es erschüttert mich immer wieder zu hören, dass Menschen wie hier im Video, die ihren Täter anzeigen, oft kein Recht bekommen, da die Verfahren in der Regel eingestellt werden und es zu einer Aussage gegen Aussage Situation kommt. Dadurch hat ein Opfer von sexuellem Missbrauch kaum eine Chance, vor Gericht anerkannt zu werden. Da läuft meiner Meinung nach etwas schief, wenn man durch das "Bestreiten einer Tat" praktisch immer ungestraft davon kommt.
Es ist fast unmöglich, solche Fälle nachzuweisen. Zum Beispiel sind KO-Tropfen nur 6-12 Stunden im Blut nachweisbar, aber bis jemand, der Opfer einer solchen Straftat wurde, emotional in der Lage ist, seinem Gefühl zu vertrauen und Anzeige zu erstatten, gibt es oft keine Beweise mehr.
Wenn der Missbrauch auf eine Weise stattgefunden hat, die keine nachweisbaren körperlichen Schäden verursacht hat, kommen die Täter meist ungestraft davon. Ich glaube dass mich das persönlich so triggert, weil das im Falle von Entwicklungstraumata auch oft so ist.
Solche Taten finden in der Regel nicht vor Zeugen statt, sei es psychischer oder sexueller Missbrauch. Meine Mutter hat mich auch nie vor Zeugen geschlagen oder erniedrigt. Das tat sie, wenn sich sich unbeobachtet fühlte. Gewalt und Missbrauch geschehen meist hinter verschlossenen Türen, während sich die Täter in der Öffentlichkeit gut darstellen und rechtlich abgesichert fühlen. Das finde ich sehr problematisch, aber ich habe leider auch keine Lösung dafür. An der Stelle ist bei mir nur Ohnmacht.
Ich finde es sehr ehrlich von der jungen Frau im Video, dass sie zugibt, dass sie es nicht wahrhaben wollte, dass ihr Idol ein Täter sein könnte. Ich kann mich sehr gut in diese Situation hineinversetzen, da es auch für mich das Schwierigste war, mein eigenes Entwicklungstrauma aufzuarbeiten und mir einzugestehen, dass meine Eltern, die Täter waren, mir so etwas angetan haben.
Warum fällt es so schwer, sich das einzugestehen? Weil man in diesem Moment alles verliert: Die Beziehung, die Sicherheit, das Vertrauen, den Schutz, den Stamm, Privilegien und die Familie. Man wird förmlich dazu gezwungen, unabhängig auf eigenen Beinen zu stehen und die unglaubliche Enttäuschung über die Menschen, denen man vertraut hat, irgendwie zu verarbeiten.
Die junge Frau im Video beschreibt es genau so, wie ich es selbst erlebt habe, als hin- und hergerissen sein. Ich empfand es oft als ein innere Zerissenheit, denn in meinem Fall, wo meine Eltern die Täter waren, kann man sich nicht vollständig von ihnen distanzieren, da sie eben immer noch meine Eltern sind und immer ein Teil meines Lebens sein werden. In meinen Erinnerungen sind all die schönen Erlebnisse mit ihnen, durchtränkt von missbräuchtlichen Erfahrungen und ich habe nichts Heiles, Ganzes mehr, seitdem, ich mir das eingestehen musste, was ich erlebt habe.
Persönlich sehe ich eine starke Verbindung zwischen dem Thema Rammstein und gesellschaftlichen Aspekten die derzeit öffenlich angesprochen werden, die ich aus dem Kontext von Entwicklungstrauma auch kenne.
Menschen, die von ihren Eltern traumatisiert wurden, stecken oft genau in diesen inneren Konflikten fest, die hier anhand des Rammstein-Beispiels aufgezeigt werden. Ich möchte mich den Worten der jungen Frau anschließen und mich hinter die Opfer stellen, um sie zu ermutigen, ihre Stärke und Unabhängigkeit zu finden und ihr Schweigen zu brechen.
Ich denke jedoch auch, dass es in diesem Kontext kein eindeutiges "richtig" oder "falsch" gibt. Jeder Mensch muss seinen eigenen Weg finden, um mit seinem Trauma umzugehen. Wir haben alle unterschiedliche Ressorcen und nicht jeder der soetwas erlebt hat, hat überhaupt die Kraft dazu.
Was mich jedoch besorgt, ist die Tatsache, dass Menschen, die die Täter aus Löyalität legitimieren, oft selbst zu Tätern oder Mittätern werden. Hierbei spielt die Umkehrung der Rollen von Täter und Opfer sowie das Victim Blaming eine bedenkliche Rolle, die mit dem Grad der inneren Auseinandersetzung zusammen hängt.
Eine mangelnde Aufarbeitung des eigenen Traumas und der eigenen Opferrolle kann zu Victim Blaming führen, weil es eine ungesunde Verschiebung der Verantwortung mit sich bringen kann. Menschen, die ihr eigenes Trauma nicht vollständig verarbeitet haben, können unbewusst versuchen, die Schuld für das Geschehene auf das Opfer abzuwälzen, anstatt den eigentlichen Täter zur Verantwortung zu ziehen.
Dies kann verschiedene Gründe haben. Manche Menschen möchten möglicherweise nicht mit der eigenen Verletzlichkeit konfrontiert werden und suchen daher nach einer Möglichkeit, das Opfer zu beschuldigen, um sich selbst von jeglicher Schuld oder Verantwortung freizusprechen. Das Opfer, welches man selbst ist, wird dann sozusagen auf eine andere Person abgespalten, und häufig dort erniedrigt oder beschuldigt.
Die Täter-Opfer-Umkehr kann eine Rolle im Umgang mit Opfern spielen, wenn das eigene Trauma nicht ausreichend aufgearbeitet wird. Bei dieser Umkehrung der Rollen werden die Opfer fälschlicherweise als Täter dargestellt oder ihnen eine Mitschuld an ihrem eigenen Leiden zugeschrieben. Dies geschieht, wenn Menschen, die selbst traumatische Erfahrungen gemacht haben, sich nicht hinreichend mit ihrem eigenen Schmerz und ihrer Verletzlichkeit auseinandersetzen. Indem sie die Schuld und Verantwortung auf das eigentliche Opfer übertragen, versuchen sie möglicherweise, ihr eigenes Trauma zu entlasten oder zu verleugnen. Dies kann zu einer Verzerrung der Realität führen und das Leiden des Opfers weiter verstärken.
Das nicht verarbeitete Trauma kann dazu führen, dass das Opfer die Ansichten und Überzeugungen des Täters übernimmt, wie zum Beispiel die Selbstbeschuldigung (Du bist selbst schuld), das Gefühl des Nichtwertseins (Du bist nichts wert) oder die Rechtfertigung der Gewalt (Du hast es nicht anders verdient). Diese übernommenen Gedanken und Empfindungen werden zum Teil des Selbst.
Das Täterintrojekt beeinflusst das Erleben und Verhalten der betroffenen Person. Es kann zu wiederholten selbstschädigenden Verhaltensweisen führen und das Selbstbild von Verachtung, Wertlosigkeit und Selbsthass prägen. Das Opfer trägt somit Täter- und Opferanteile in sich, wodurch es schwierig sein kann, die eigene Identität und die Handlungen des Täters zu unterscheiden. Das hört man in dem Beispiel im Video auch heraus, dass bei der jungen Frau Opfer und Täter - Anteile noch vermischt sind. Sie ist da wohl gerade noch in der Klärung und hat es noch nicht geschafft sich ganz vom Täter abzugrenzen.
Die Verarbeitung des Traumas und die Bewältigung des Täterintrojekts sind wichtige Schritte in der Traumatherapie. Es geht darum, das Täterintrojekt als etwas Externes zu erkennen, die übernommenen Ansichten zu hinterfragen und eine gesunde Selbstwahrnehmung und Selbstakzeptanz aufzubauen.
Ein nicht verarbeitetes Trauma kann dazu führen, dass die Betroffenen Schwierigkeiten haben, die Welt in ihrer neutralen Realität und objektivität wahrzunehmen. Eine angemessene Traumaverarbeitung und therapeutische Unterstützung können helfen, diese Verzerrungen zu erkennen und zu überwinden, damit die Betroffenen wieder eine klarere und neutralere Sicht auf die Welt entwickeln können, die durch Traumaerfahrungen oft korrumpiert ist.
Wenn das eigene Trauma nicht vollständig aufgearbeitet ist und stattdessen spirituelle Praktiken als Fluchtmechanismus genutzt werden, können sich verschiedene Auswirkungen ergeben:
Vermeidung des Schmerzes: Spirituelles Bypassing kann dazu führen, dass man den tatsächlichen emotionalen Schmerz und die Herausforderungen des Traumas nicht vollständig angeht. Statt sich mit den schwierigen Gefühlen auseinanderzusetzen, versucht man, sie zu umgehen oder zu übergehen, indem man sich auf spirituelle Überzeugungen oder Praktiken konzentriert.
Unterdrückung von Emotionen: Durch das spirituelle Bypassing kann man dazu neigen, unangenehme oder schwierige Emotionen zu unterdrücken oder zu verdrängen. Man versucht möglicherweise, sich auf positive oder "höhere" Gefühle zu konzentrieren und die negativen Emotionen zu ignorieren. Dies kann dazu führen, dass man die eigene emotionale Heilung und Verarbeitung des Traumas behindert.
Fehlende Integration und Verarbeitung: Spirituelle Praktiken können eine wertvolle Ergänzung bei der Traumaverarbeitung sein, sollten aber nicht als Ersatz dafür dienen. Es ist wichtig, dass man sein Trauma auf der menschlichen Ebene integriert, bevor man sich von seinem Ego distanziert und nach höheren spirituellen Ebenen strebt.
Wenn das eigene Trauma nicht vollständig aufgearbeitet wird, besteht die Gefahr, dass man spirituelle Praktiken als oberflächlichen Trost oder als Möglichkeit zur Vermeidung tieferer innerer Arbeit nutzt. Dadurch bleibt das Trauma ungelöst und wird durch spirituelle Höhenflüge nur vorübergehend kompensiert.
Ich persönlich habe einen hohen Anspruch an mich selbst und glaube, dass nicht jeder diesem Anspruch gerecht werden kann. Es muss jedoch noch eine andere Möglichkeit geben. Vielleicht kann man dies als Gnade bezeichnen, ein Wort, das ausdrücken soll, dass es darum geht, die Unvollkommenheit eines Menschen mitfühlend anzuerkennen. Ich merke, dass mein Trauma mich manchmal sehr streng macht und mir die Gnade fehlt, nachsichtiger zu sein.
Leider habe ich auch viel passive Gewalt und Abwertung von Menschen erfahren, die sich ihren ungelösten Tätermechanismen nicht gestellt haben. Dadurch fällt es mir schwer, nachsichtiger zu sein.
Dennoch wünsche ich mir, dass ich es schaffe, etwas nachsichtiger mit anderen Menschen und mir selbst umzugehen, zumindest um 10 %.
Es erschüttert mich immer wieder zu hören, dass Menschen wie hier im Video, die ihren Täter anzeigen, oft kein Recht bekommen, da die Verfahren in der Regel eingestellt werden und es zu einer Aussage gegen Aussage Situation kommt. Dadurch hat ein Opfer von sexuellem Missbrauch kaum eine Chance, vor Gericht anerkannt zu werden. Da läuft meiner Meinung nach etwas schief, wenn man durch das "Bestreiten einer Tat" praktisch immer ungestraft davon kommt.
Es ist fast unmöglich, solche Fälle nachzuweisen. Zum Beispiel sind KO-Tropfen nur 6-12 Stunden im Blut nachweisbar, aber bis jemand, der Opfer einer solchen Straftat wurde, emotional in der Lage ist, seinem Gefühl zu vertrauen und Anzeige zu erstatten, gibt es oft keine Beweise mehr.
Wenn der Missbrauch auf eine Weise stattgefunden hat, die keine nachweisbaren körperlichen Schäden verursacht hat, kommen die Täter meist ungestraft davon. Ich glaube dass mich das persönlich so triggert, weil das im Falle von Entwicklungstraumata auch oft so ist.
Solche Taten finden in der Regel nicht vor Zeugen statt, sei es psychischer oder sexueller Missbrauch. Meine Mutter hat mich auch nie vor Zeugen geschlagen oder erniedrigt. Das tat sie, wenn sich sich unbeobachtet fühlte. Gewalt und Missbrauch geschehen meist hinter verschlossenen Türen, während sich die Täter in der Öffentlichkeit gut darstellen und rechtlich abgesichert fühlen. Das finde ich sehr problematisch, aber ich habe leider auch keine Lösung dafür. An der Stelle ist bei mir nur Ohnmacht.
Ich finde es sehr ehrlich von der jungen Frau im Video, dass sie zugibt, dass sie es nicht wahrhaben wollte, dass ihr Idol ein Täter sein könnte. Ich kann mich sehr gut in diese Situation hineinversetzen, da es auch für mich das Schwierigste war, mein eigenes Entwicklungstrauma aufzuarbeiten und mir einzugestehen, dass meine Eltern, die Täter waren, mir so etwas angetan haben.
Warum fällt es so schwer, sich das einzugestehen? Weil man in diesem Moment alles verliert: Die Beziehung, die Sicherheit, das Vertrauen, den Schutz, den Stamm, Privilegien und die Familie. Man wird förmlich dazu gezwungen, unabhängig auf eigenen Beinen zu stehen und die unglaubliche Enttäuschung über die Menschen, denen man vertraut hat, irgendwie zu verarbeiten.
Die junge Frau im Video beschreibt es genau so, wie ich es selbst erlebt habe, als hin- und hergerissen sein. Ich empfand es oft als ein innere Zerissenheit, denn in meinem Fall, wo meine Eltern die Täter waren, kann man sich nicht vollständig von ihnen distanzieren, da sie eben immer noch meine Eltern sind und immer ein Teil meines Lebens sein werden. In meinen Erinnerungen sind all die schönen Erlebnisse mit ihnen, durchtränkt von missbräuchtlichen Erfahrungen und ich habe nichts Heiles, Ganzes mehr, seitdem, ich mir das eingestehen musste, was ich erlebt habe.
Persönlich sehe ich eine starke Verbindung zwischen dem Thema Rammstein und gesellschaftlichen Aspekten die derzeit öffenlich angesprochen werden, die ich aus dem Kontext von Entwicklungstrauma auch kenne.
Menschen, die von ihren Eltern traumatisiert wurden, stecken oft genau in diesen inneren Konflikten fest, die hier anhand des Rammstein-Beispiels aufgezeigt werden. Ich möchte mich den Worten der jungen Frau anschließen und mich hinter die Opfer stellen, um sie zu ermutigen, ihre Stärke und Unabhängigkeit zu finden und ihr Schweigen zu brechen.
Ich denke jedoch auch, dass es in diesem Kontext kein eindeutiges "richtig" oder "falsch" gibt. Jeder Mensch muss seinen eigenen Weg finden, um mit seinem Trauma umzugehen. Wir haben alle unterschiedliche Ressorcen und nicht jeder der soetwas erlebt hat, hat überhaupt die Kraft dazu.
Was mich jedoch besorgt, ist die Tatsache, dass Menschen, die die Täter aus Löyalität legitimieren, oft selbst zu Tätern oder Mittätern werden. Hierbei spielt die Umkehrung der Rollen von Täter und Opfer sowie das Victim Blaming eine bedenkliche Rolle, die mit dem Grad der inneren Auseinandersetzung zusammen hängt.
Zitat:Victim Blaming - Wenn aus Opfern Täter*innen werden
Auch der englische Begriff „victim blaming”, auf Deutsch „Opfer-Beschuldigung” wird oft verwendet. Dabei wird die Schuld und damit die Verantwortung für die Tat von den Täter*innen auf die Betroffenen abgewälzt.
Eine mangelnde Aufarbeitung des eigenen Traumas und der eigenen Opferrolle kann zu Victim Blaming führen, weil es eine ungesunde Verschiebung der Verantwortung mit sich bringen kann. Menschen, die ihr eigenes Trauma nicht vollständig verarbeitet haben, können unbewusst versuchen, die Schuld für das Geschehene auf das Opfer abzuwälzen, anstatt den eigentlichen Täter zur Verantwortung zu ziehen.
Dies kann verschiedene Gründe haben. Manche Menschen möchten möglicherweise nicht mit der eigenen Verletzlichkeit konfrontiert werden und suchen daher nach einer Möglichkeit, das Opfer zu beschuldigen, um sich selbst von jeglicher Schuld oder Verantwortung freizusprechen. Das Opfer, welches man selbst ist, wird dann sozusagen auf eine andere Person abgespalten, und häufig dort erniedrigt oder beschuldigt.
Zitat:Täter - Opfer - Umkehr
Wer den Vorwurf der „Täter-Opfer-Umkehr“ äußert, meint damit: Einem Opfer wird die Schuld für jene Tat zugeschrieben, die es erleiden musste. Bei einer „Täter-Opfer-Umkehr“ handelt es sich also im Kern um die Umkehr von Schuld. Wer „Täter-Opfer-Umkehr“ betreibt, behauptet: Nicht der Täter ist schuld, sondern das Opfer selbst. Ergo: Das vermeintliche Opfer ist der eigentliche Täter, weil es seine eigene Schuld fälschlicherweise einem anderen anlastet.
Die Täter-Opfer-Umkehr kann eine Rolle im Umgang mit Opfern spielen, wenn das eigene Trauma nicht ausreichend aufgearbeitet wird. Bei dieser Umkehrung der Rollen werden die Opfer fälschlicherweise als Täter dargestellt oder ihnen eine Mitschuld an ihrem eigenen Leiden zugeschrieben. Dies geschieht, wenn Menschen, die selbst traumatische Erfahrungen gemacht haben, sich nicht hinreichend mit ihrem eigenen Schmerz und ihrer Verletzlichkeit auseinandersetzen. Indem sie die Schuld und Verantwortung auf das eigentliche Opfer übertragen, versuchen sie möglicherweise, ihr eigenes Trauma zu entlasten oder zu verleugnen. Dies kann zu einer Verzerrung der Realität führen und das Leiden des Opfers weiter verstärken.
Zitat:Täterintrojekte
Täterintrojekte sind Täter-loyale Anteile, die in der Regel der Abwehr von Ohnmacht und Scham und dem Erhalt der Bindung zum Täter dienen.
Das nicht verarbeitete Trauma kann dazu führen, dass das Opfer die Ansichten und Überzeugungen des Täters übernimmt, wie zum Beispiel die Selbstbeschuldigung (Du bist selbst schuld), das Gefühl des Nichtwertseins (Du bist nichts wert) oder die Rechtfertigung der Gewalt (Du hast es nicht anders verdient). Diese übernommenen Gedanken und Empfindungen werden zum Teil des Selbst.
Das Täterintrojekt beeinflusst das Erleben und Verhalten der betroffenen Person. Es kann zu wiederholten selbstschädigenden Verhaltensweisen führen und das Selbstbild von Verachtung, Wertlosigkeit und Selbsthass prägen. Das Opfer trägt somit Täter- und Opferanteile in sich, wodurch es schwierig sein kann, die eigene Identität und die Handlungen des Täters zu unterscheiden. Das hört man in dem Beispiel im Video auch heraus, dass bei der jungen Frau Opfer und Täter - Anteile noch vermischt sind. Sie ist da wohl gerade noch in der Klärung und hat es noch nicht geschafft sich ganz vom Täter abzugrenzen.
Die Verarbeitung des Traumas und die Bewältigung des Täterintrojekts sind wichtige Schritte in der Traumatherapie. Es geht darum, das Täterintrojekt als etwas Externes zu erkennen, die übernommenen Ansichten zu hinterfragen und eine gesunde Selbstwahrnehmung und Selbstakzeptanz aufzubauen.
Ein nicht verarbeitetes Trauma kann dazu führen, dass die Betroffenen Schwierigkeiten haben, die Welt in ihrer neutralen Realität und objektivität wahrzunehmen. Eine angemessene Traumaverarbeitung und therapeutische Unterstützung können helfen, diese Verzerrungen zu erkennen und zu überwinden, damit die Betroffenen wieder eine klarere und neutralere Sicht auf die Welt entwickeln können, die durch Traumaerfahrungen oft korrumpiert ist.
Zitat:Spirituelles Bypassing
Der Begriff Spiritual Bypassing wurde vom Psychologen John Welwood im Jahr 1984 geprägt. Gemeint ist damit, dass spirituelle Praktiken und Überzeugungen genutzt werden, um sich schmerzhaften Gefühlen oder tiefen Wunden nicht stellen zu müssen (der englische Begriff „to bypass” heißt „umgehen” oder „überbrücken”).
Wenn das eigene Trauma nicht vollständig aufgearbeitet ist und stattdessen spirituelle Praktiken als Fluchtmechanismus genutzt werden, können sich verschiedene Auswirkungen ergeben:
Vermeidung des Schmerzes: Spirituelles Bypassing kann dazu führen, dass man den tatsächlichen emotionalen Schmerz und die Herausforderungen des Traumas nicht vollständig angeht. Statt sich mit den schwierigen Gefühlen auseinanderzusetzen, versucht man, sie zu umgehen oder zu übergehen, indem man sich auf spirituelle Überzeugungen oder Praktiken konzentriert.
Unterdrückung von Emotionen: Durch das spirituelle Bypassing kann man dazu neigen, unangenehme oder schwierige Emotionen zu unterdrücken oder zu verdrängen. Man versucht möglicherweise, sich auf positive oder "höhere" Gefühle zu konzentrieren und die negativen Emotionen zu ignorieren. Dies kann dazu führen, dass man die eigene emotionale Heilung und Verarbeitung des Traumas behindert.
Fehlende Integration und Verarbeitung: Spirituelle Praktiken können eine wertvolle Ergänzung bei der Traumaverarbeitung sein, sollten aber nicht als Ersatz dafür dienen. Es ist wichtig, dass man sein Trauma auf der menschlichen Ebene integriert, bevor man sich von seinem Ego distanziert und nach höheren spirituellen Ebenen strebt.
Wenn das eigene Trauma nicht vollständig aufgearbeitet wird, besteht die Gefahr, dass man spirituelle Praktiken als oberflächlichen Trost oder als Möglichkeit zur Vermeidung tieferer innerer Arbeit nutzt. Dadurch bleibt das Trauma ungelöst und wird durch spirituelle Höhenflüge nur vorübergehend kompensiert.
Ich persönlich habe einen hohen Anspruch an mich selbst und glaube, dass nicht jeder diesem Anspruch gerecht werden kann. Es muss jedoch noch eine andere Möglichkeit geben. Vielleicht kann man dies als Gnade bezeichnen, ein Wort, das ausdrücken soll, dass es darum geht, die Unvollkommenheit eines Menschen mitfühlend anzuerkennen. Ich merke, dass mein Trauma mich manchmal sehr streng macht und mir die Gnade fehlt, nachsichtiger zu sein.
Leider habe ich auch viel passive Gewalt und Abwertung von Menschen erfahren, die sich ihren ungelösten Tätermechanismen nicht gestellt haben. Dadurch fällt es mir schwer, nachsichtiger zu sein.
Dennoch wünsche ich mir, dass ich es schaffe, etwas nachsichtiger mit anderen Menschen und mir selbst umzugehen, zumindest um 10 %.