Re: Warum wollen wir eine Seele haben?
21.04.2007, 14:33
Die Seelenproblematik sollte ja ebenso der Logik unterliegen, wie jeder andere Bereich. Von daher kann man den Begriff selbst ja wunderbar sezieren. Allerdings ist mir Seele zu allgemein und ungenau. Daher koche ich das Wort mal auf "Bewusstsein" herunter (obwohl einige damit wahrscheinlich nicht einverstanden sein werden). Aber über eine Sache sollten wir uns einig sein: Ohne Bewusstsein keine Seele!
Bewusstsein ist etwas äußerst subjektives. Vor allen Dingen gibt es für jeden einzelnen von uns keine Möglichkeit herauszufinden, ob jemand anderes ein Bewusstsein hat. Alle Handlungen könnten auch ohne jenes subjektive Empfinden motiviert sein. Von daher darf man sich gerne die Frage nach dem "Zweck" stellen. Witzig daran ist, dass wir das Leben ohne Bewusstsein als zwecklos bezeichnen würden. Für ein außenstehendes Wesen ohne Bewusstsein würde die gesamte Diskussion äußerst merkwürdig anmuten
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Aber nun zur logischen Auseinandersetzung. Angenommen, es gäbe eine Seele, also ein Ich-gebundenes körperloses Bewusstsein. Nehmen wir an es wäre möglich eine exakte Kopie unseres Körpers herzustellen. Hätte die Kopie ein Bewusstsein? Offenbar gäbe es keinen Grund daran zu zweifeln, immerhin sprechen wir anderen Menschen ja Bewusstsein zu, ohne uns dessen sicher zu sein. Warum nicht also auch der Kopie, wenn sie unsere angesetzten Maßstäbe erfüllt (und das würde sie). Hätte die Kopie eine Seele? Fatal wäre die Annahme, dass sie keine hätte. Denn es ist ja offenbar ein Bewusstsein vorhanden. Ich könnte ebenso ein seelenloses Wesen mit Bewusstsein sein. Ich hätte keine Möglichkeit den Unterschied zwischen Seele und Bewusstsein zu erkennen!
Also haben wir eine Kopie mit Seele. Gehen wir einen Schritt weiter. Angenommen wir vernichten das Original und behalten die Kopie. Das Original stirbt, ohne Frage. Der Körper wird vernichtet. Die Kopie lebt weiter, ist aber ein anderes Individuum, übernimmt also nicht die Seele seines "Zwillings". Der Tod des einen ist also unabhängig von der Selbstwahrnehmung des anderen.
Richtig lustig wird es erst jetzt. Unser eigener Körper hat einen Stoffwechsel und tauscht dabei stets Substanzen mit der Umgebung aus. Er erstellt also ständig eine Kopie seiner Selbst und vernichtet das Original. Wenn wir uns die obigen Überlegungen angucken, müssen wir uns fragen, wo da noch Platz für eine Seele bleibt. Noch quälender ist aber dann die Frage, was wir da eigentlich subjektiv wahrnehmen (objektiv ist es ja (eventuell noch) nicht messbar).
Das obige Logikkonstrukt steht und fällt natürlich mit der Richtigkeit der Annahmen. Noch ist es nicht klar, ob eine exakte Kopie einer Person herstellbar ist oder wie sich diese verhalten würde. Allerdings gibt es momentan nichts was dagegen spräche (und jetzt kommt mir bitte nicht mit Quanteneffekten. Auch eine nicht exakte Kopie von einer Person mit ein paar komplexeren Annahmen stützt den exemplarischen Gedankengang).
Was ist meine persönliche Schlussfolgerung? Ändert sich über die Jahre mein Bewusstsein, so dass ich im Alter eine andere Person bin? Weil die Wahrnehmung des eigenen Ich subjektiv ist, werde ich es wohl nie mit Gewissheit sagen können. Es könnte sein, dass ich vor einer Sekunde "gestorben" bin und ein neues Wesen "geboren" wurde, das meine Erinnerungen und Fähigkeiten geerbt hat.
Was also ist dieses merkwürdige Phänomen der Ich-Wahrnehmung. Auch wenn wir es Illusion nennen, muss dieses Universum eine Regel oder eine Vorschrift bereithalten, damit diese subjektive Wahrnehmung entstehen kann. Obwohl das Fernsehbild eine Illusion ist, braucht es ein Vorbild, einen Fernseher und vor allen Dingen jemanden der hinsieht (kleine Metapher). Am logischsten erscheint mir zur Zeit die Annahme, dass keine Seele existiert. Unser Bewusstsein könnte eine Art Reflexion der Wirklichkeit im Zerrspiegel unserer Wahrnehmung sein. Es handelt sich möglicherweise also nicht um unser Bewusstsein, sondern einfach nur um das Bewusstsein.