(14.02.2021, 18:05)Klar(ge)Sucht schrieb: 1. Das Träumen, die Traumbildung, ist nicht vom Bewusstsein abgetrennt, sondern
2. Zumindest ein Teil des für das Bewusstsein zuständigen Areales ist auch beim Träumen immer aktiv, bzw.
3. Arbeitet sogar aktiv an der Traumgestaltung mit.
4. Weil das Bewusstsein an der Traumgestaltung selbst teilnimmt, vielleicht sogar federführend ist, gibt es natürlich dann auch keinen Sinn, die eigene Schöpfung auf irgendwelche Logik- oder Wahrscheinlichkeitsfehler abzuklopfen, weil
5. die kritische Überprüfung der Trauminhalte für den Erkenntnisgewinn weder erforderlich noch zielführend ist. Sprich das Bewusstsein ist integriert, die Metakognition wird aus obigen Gründen irgendwie gebremst.
Hi
Search, oder Joey - danke dir auch für deine Rückmeldung und erst gleich mal sorry vorneweg, wenn ich nicht auf alles eingehen werde, was du geschrieben hast, der Zeitaufwand würde mir doch etwas zu viel werden. Die Traumerkenntnis ist ja nicht mal so eben herzustellen, da steckt eine lange Denktradition hinter, aus der ich ja auch schöpfe – wenn du da durchsteigen willst, ist viel Arbeit nötig. Zugleich heißt es von wissenschaftlicher Seite nach wie vor, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt noch sehr wenig über Träume wissen. Dabei hat der Mensch immer geträumt, und die Menschheit hat sich immer damit beschäftigt, das zeigt, wie kompliziert das Ganze sein muss. Ich stimme natürlich allen zu, die diesen Aspekt hier angesprochen haben.
Es geht eben um unsere geistige Wirklichkeit, oder auch „psychische Realität“, zu der auch das Bewusstsein gehört, und dies alles ist nun mal kein Ding, das sich auseinandernehmen, von allen Seiten betrachten, und wieder zusammenstecken lässt. Ich finde die Vergleiche mit der Technik ähnlich wie Liri auch sehr unbefriedigend, mich da an ein Vorbild, das aus binären Rechenoperationen besteht, halten zu sollen. Zum Beispiel bräuchte das Phänomen „Gedächtnis“ dringend eine klarere Erkenntnis – mit einem sich wie selbstverständlich eingebürgert habenden „Speicher“ und dem „abspeichern“ kann es nicht getan sein. Das Gedächtnis ist wie alles Geistige in ständiger Tätigkeit unterwegs, niemals ruhend, ein schöpferischer Prozess, der viel progressiver verlaufen müsste, als so eine festtackernde Vorstellung es ausdrücken kann.
Ja, getrennt würde ich da gar nichts betrachten, wir schlafen ein, verlieren das Bewusstsein über uns, während unsere psychische Realität weiterhin aktiv bleibt, der schlafenden Person sich trotzdem alles mitteilt, das sie zwar (meist) nicht bewusst wahrnimmt, aber doch auf irgendwelchen Spuren wahrnimmt. „Alles“ meint hauptsächlich innere Vorgängen, denn die Sinne ruhen, was die Außenwelt weitestgehend abschottet - und auf dieser Basis innerer Aktivitäten, kommt die schlafende Person dann irgendwann wieder zu sich.
Zuerst erwacht sie in den Traum, der ja alles andere als ein bewusstloser Zustand ist, sonst wäre er ja auch nicht erinnerbar. Inzwischen wird auch davon ausgegangen, dass wir überhaupt immer träumen wenn wir schlafen – dass diese rege Aktivität niemals erlischt. Ich würde das Bewusstsein in verschiedene Aktivitäten unterscheiden – wir sind wach und wir träumen, das sind zwei verschiedene Vorgänge der Tätigkeit des Bewusstseins. Wachbewusstsein und Traumbewusstsein, um die beiden Punkte als zwei des einen einzigen Bewusstseins hervorzuheben. Dann sind die zwei schon wieder in sich sehr verschieden, was die Möglichkeit der bewussten Wahrnehmung angeht, auch was passives Empfangen oder aktives Tun betrifft. Das alles hat wenig Festigkeit, dies ist hier, und das ist dort, sondern fließt (unbemerkt) ineinander. Liri hat schon beschrieben, dass verschiedene Bewusstseinsvorgänge auch parallel verlaufen. Ich kenne das von der Meditation, dass irgendwelche Dialogstücke oder kleine bildliche Szene plötzlich daher kommen, ohne dass ich die selber phantasiert oder bewusst zusammengestellt hätte. Normaler Weise ist nur eines der aktiven Bewusstseinsvorgänge im Vordergrund zu bemerken – in Wahrheit läuft da einiges gleichzeitig zusammen.
Von Don gibt es den interessanten Thread zur Introspektion, wo er auf diese Frage eingeht, der ist überhaupt sehr interessant und lesenswert:
https://www.klartraumforum.de/forum/show...rospektion
Halluzinationen in der Wachwelt erinnern an Träume. Wenn du sie als solche nicht erkennst, dann wird es Schizophrenie genannt. Es gibt aber auch Pseudohalluzinationen, dann ist es der Person bewusst, dass sie eine Halluzination hat - etwas sehr Spannendes für Kunstschaffende, dazu wurde auch viel experimentiert, seitens der Surrealisten zum Beispiel. Oder auch mit der Droge LSD eine Zeit lang. Das sind so die bekannten Phänomene, die etwas für viele Menschen Außergewöhnliches beschreiben, was scheinbar nicht dort hingehört, wo es passiert.
Ich gehe davon aus, dass die Bewusstseinsprozesse während des Schlafs, die irgendwann aufs Wachwerden hinauslaufen, sich in den Träumen abbilden. Da hast du mich richtig verstanden, sie sind Teil der Traumproduktion.
Das Ganze muss ich natürlich erst noch beweisen, ich beziehe mich da aber auf Autoren, es ist nicht meine Erfindung. Beispielsweise auf Herbert Silberer und seine Arbeiten.
Zitat:6. Der Traum - egal ob luzid oder nicht - immer, bevor er den Träumenden erreicht, bereits Vergangenheit darstellt
7. Wenn ich anhand eines Traumzeichens (z.B. verstorbene Person) klar werde, ist die Entscheidung dass ich anhand des Traumzeichens klar werden soll, schon bereits im Vorfeld, also bevor das Traumzeichen im Traum überhaupt erst erscheint
8. Der Klartraum unterscheidet sich in seinen Auswirkungen in keinster Weise von einem Trübtraum
9. Das Erwachen ist eine Folge einer Übererregtheit des Gehirnes aufgrund besonders aufwühlender oder freudiger Traumgeschehen
6.+7. Ja, was uns im Traum bewusst wird, ist schon passiert, und das Traumzeichen ist ein Wink, dass es so ist – davon würde ich ausgehen. Mir hat tatsächlich mal so ein Verstorbener im Traum ganz auffällig zugewunken, während er sich aus der Menge herauslöste, war witzig. Den Übergang merken wir nicht, das Bewusstsein muss ja schon entfaltet sein. Bei WILD soll es auch einen kleinen Sprung geben, und die Lücke kann dann so geringfügig ausfallen, dass die auch nicht zu merken ist. Keine Ahnung, ob die große Meditationskunst da näher ran kommt.
8. Ich glaube nicht nur, dass die Klarheit den Effekt des Weckens wegen großer Aufregung haben kann, sondern dass sie auch umgekehrt die Traumarbeit aktiv vorantreiben kann, um den Traum zu erhalten – oder beispielhaft ausgedrückt, dass ich schon mal länger geschlafen habe, weil ich klar geworden bin, da die Klarheit das Aufwachen aus dem Traum abgefangen hat.
Vielleicht ähnlich wie du, habe ich am Anfang gedacht, als ich vom Klarträumen hörte, oh je, ob das so richtig sein kann, in diesen schönen kreativen Vorgang des Träumens mit meiner öden Wachrationalität reinzugrätschen, um mir das Ganze von dort aus unter den Nagel zu reißen. Ich war zunächst skeptisch und dachte, es muss ja irgendeinen einen Sinn haben, warum es nicht gängig ist, so zu träumen. Aber mit der Praxis kommt ein ganz anderer Eindruck zustande. Ich kann mir vielleicht etwas wünschen, das der Traum für mich macht, aber die Geschichte erzählt er immer noch selber, die Regie wird nicht vom wachen Bewusstsein übernommen. Es scheint mir eher anders herum zu sein, dass der Traum sich die Klarheit unter den Nagel reißt.
9. Das Erwachen ist eine ganz natürlich Folge, die hoffentlich möglichst lange anhält
. Das unliebsame Gewecktwerden hängt mit aufkommenden Weckreizen zusammen, kann ne Mücke sein, aber auch eine seelische Erregung.
Nur noch kurz jetzt:
Zitat:A) Wenn ich mich im Vorfeld (halbes Jahr/ganzes Jahr) in keinster Weise mit meiner verstorbenen Großmutter beschäftigt habe - wie kommt mein Bewusstsein dazu sich quasi aus dem Nichts das als Thema für einen Traum herauszusuchen? Warum träume ich beispielsweise, dass ich mit ihr eine Zugfahrt nach Italien mache - obwohl wir weder jemals zusammen im Zug saßen - noch in Italien waren? Oder ist die Themenwahl dann doch eher einer Umstrukturierung bzw. Reorganisation irgendwelcher Gehirnareale geschuldet?...
„Quasi aus dem Nichts“ aber nicht wirklich aus dem Nichts
– vielleicht hast du jemand mit einem schrägen Zahn tagsüber gesprochen, und die Großmutter hatte auch so einen schrägen Zahn – die Assoziationswege sind unergründlich in ihrer Tiefe und Verzweigung, überhaupt unendlich in den Möglichkeiten, unausmesslich, und zumal auf Zufällen basierend, einmalige Einzelheiten in der Zusammenstellung – das Prinzip einer allgemeingültigen Wahrheit wird es nicht geben. Aber mit der Traumdeutung kannst du dann ein bisschen etwas davon aufdröseln, warum dies und nicht jenes. Das Bewusstsein mit seiner ständigen Aktivität lässt sich jedoch nicht zu einem gläsernen Objekt deines Denkens machen – das haben hier aber andere auch schon sehr richtig festgehalten, ich schließe mich an.
Grüße - Schuh