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Ein paar Gedanken zur Sprache

RE: Ein paar Gedanken zur Sprache
#61
30.03.2009, 08:29
Zwischen den Zeilen "liest" man eigentlich nicht. Man erkennt eher. Man erkennt den Sinn der EIGENTLICHEN Sinn der Aussage, man findet versteckte Hinweise, Symbole und Absichten.
»Some people have vivid imagination, some not so vivid, but everybody has vivid dreams.«

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RE: Ein paar Gedanken zur Sprache
#62
30.03.2009, 10:31
(30.03.2009, 08:29)Mario schrieb: Zwischen den Zeilen "liest" man eigentlich nicht. Man erkennt eher. Man erkennt den Sinn der EIGENTLICHEN Sinn der Aussage, man findet versteckte Hinweise, Symbole und Absichten.

Tut man nicht. Man interpretiert Aussagen auf der Basis eigener Erfahrung. Wirklich zwischen den Zeilen steht nichts.
Es gibt auch keinen absoluten Sinn, sondern nur was du darin siehst. Du schöpfst aus deinem geistigen Kontingent und erfindest wild etwas dazu.
Ein Text ist immer von dessen Autor losgelöst, sobald der Text vollendet wurde.
Der Autor ist tot. Und die Intertextualität hat ihn getötet.
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RE: Ein paar Gedanken zur Sprache
#63
30.03.2009, 10:55
Da bin ich ein wenig anderer Meinung. In vielen Texten ist die eigentliche Absicht klar definiert und vom Autor auch so gewollt. Dies sieht jedoch nicht jeder. Natürlich gehört etwas gedankliche Freiheit dazu einen Text in manchen Situationen für sich interpretieren zu können. Man kann aber auch nicht sagen dass jeder Text einen versteckten Sinn hat, oder keinen Sinn enthält den man sich aus manigfaltigen Gedankengängen zurechtlegt.
lg
Mario
»Some people have vivid imagination, some not so vivid, but everybody has vivid dreams.«

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RE: Ein paar Gedanken zur Sprache
#64
30.03.2009, 11:16
Vieles, was man da "zwischen den Zeilen" liest, wird schlicht und einfach "falsch" sein, im Sinne von: Nicht der Intention des Schreibers entsprechend. Natürlich ist es schön, auch Bedeutungen zu sehen, die nicht geplant sind. Ich bin sicher, man kann aus jedem Text, sei es ein Gedicht, ein Kochbuch oder ein computergeneriertes Muster aus Zufallsbuchstaben, etwas lernen. Oft ist es vielleicht gar nicht so wichtig, was jemand wirklich gemeint hat, man kann auch etwas anderes davon für sein Leben mitnehmen.

In der Musik ist es von vornherein so, dass es kein Verstehen gibt, dennoch haben viele Leute das Gefühl, ein Stück verstanden zu haben. Das hat mit der Intention des Urhebers aber nicht unbedingt was zu tun.
...in einer anderen Herde. pink
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RE: Ein paar Gedanken zur Sprache
#65
30.03.2009, 11:27
Sicherlichbigwink Ich denke nicht dass der Schreiber eines Kochbuchs einen besonderen Sinn vermitteln möchte. Ich will damit nur sagen dass heutzutage einfach alles so hingenommen wird, wie es dargestellt wird. Deshalb "sollte" man öfters sprichwörtlich zwischen den Zeilen lesen um sich nicht für blöd verkaufen zu lassen. Natürlich darf man sich dann nicht stur daran halten, eigene Gedanken dazu bringen einen auch um ein vielfaches weiter.
lg
Mario
»Some people have vivid imagination, some not so vivid, but everybody has vivid dreams.«

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RE: Ein paar Gedanken zur Sprache
#66
30.03.2009, 12:24
(30.03.2009, 10:31)Caedryan schrieb: Es gibt auch keinen absoluten Sinn, sondern nur was du darin siehst. Du schöpfst aus deinem geistigen Kontingent und erfindest wild etwas dazu.

Ist dieses wild dazu erfundene dann das "Konstruierte", was bei der "Dekonstruktion" wieder entfernt wird?

Letztens war ich bei einem Konzert und es kam irgendeine Grindcore/Noise-Musik. Jedenfalls ziemlich extrem und chaotisch. Keinerlei für mich erkennbarer Rhythmus, keine Melodie, keine Struktur. Ein Philosophie-Student neben mir meinte dazu: "Ist das nicht grossartig? Die totale Dekonstruktion." Es war zu laut um das jetzt auszudiskutieren, aber so richtig hab ich nicht verstanden, was er damit meinte. Soll das irgendwie einfach nur bedeuten, dass im Grunde alle Musik letztlich nur Geräusche sind, und wir Menschen alle Bedeutung, Melodie usw... hineinkonstruieren?
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RE: Ein paar Gedanken zur Sprache
#67
30.03.2009, 15:36 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 30.03.2009, 15:39 von spell bound.)
(30.03.2009, 10:31)Caedryan schrieb: Tut man nicht. Man interpretiert Aussagen auf der Basis eigener Erfahrung. Wirklich zwischen den Zeilen steht nichts.
Es gibt auch keinen absoluten Sinn, sondern nur was du darin siehst. Du schöpfst aus deinem geistigen Kontingent und erfindest wild etwas dazu.
Ein Text ist immer von dessen Autor losgelöst, sobald der Text vollendet wurde.
das klingt ja fast schon zu postmodern. ich würde sagen, was man mit "zwischen den zeilen" meint, könnte man auch durch "neben den zeilen" beschreiben: als den textuellen kontext der stelle, die man interpretiert. insofern ist das auch keine absolut subjektive angelegenheit, da der kontext nicht völlig beliebig varriiert. man hat schon kriterien der intersubjektiven verständigung über texte, die auch im intertextuellen diskurs selbst ausgehandelt wird. selbst der "autor" existiert, möchte ich sagen, als eine gesamtheit von texten, die seinen namen tragen. es existiert sogar die "biographie" des autoren mit seinen dahinterstehenden "motiven", allerdings nie ausserhalb eines textes im weitesten sinne (im sinne derridas - in dem sinne sind auch tänze z.b. texte).
alles weitere interpretiere, was sich auf ein "dahinter" bezieht, das ausserhalb eines textes liegen soll, gehört dann allerdings schon in die metaphysische spekulation.
Bin nicht mehr hier, aber noch erreichbar.
Bitte keine coronaleugner
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"Zahl der deutschen Opfer erhöht sich auf 28"
#68
05.06.2009, 10:39
Heute ist in vielen Tageszeitungen eine dpa-Meldung zu lesen, die mit meinem persönlichen Sprachempfinden kollidiert:

Zahl der deutschen Opfer erhöht sich auf 28

Ich halte es zunächst mal für sinnvoll, davon auszugehen, dass in der Realitätskonstruktion der dpa-Redakteure alle 228 Passagiere des betreffenden Fluges tot sind.
D.h. niemand spekuliert ernsthaft, ob die Maschine nicht doch irgendwo (not)gelandet sein könnte.
Ferner ist keine Rede davon, dass einige Passagiere den Absturz zunächst überlebt und später erst ihren Verletzungen erlegen sein könnten.
(Das wäre nämlich der ÜBLICHE, UNSTRITTIGE Gebrauch der Formulierung:
"Die Zahl der Opfer hat sich erhöht")

Auch wird wohl kein Journalist so zynisch sein, diese unglücklichen Menschen mit Schrödingerschen Katzen zu vergleichen, die gleichzeitig lebendig UND tot sind, solange bis man sich Gewissheit über ihren Zustand verschafft.

Und wenn man so einen dpa-Mitarbeiter fragen würde:

"Ab wann waren sie denn tot?
Erst, als die Experten jegliche Hoffnung auf Überlebende verneinten, oder schon vorher?",

dann würde er wohl ohne zu zögern antworten:

"Natürlich schon vorher."

Und wenn dann so ein gemeiner Mensch wie ich (angestiftet von Sokrates) weiterfragen würde:

"Aha, und ab wann waren sie denn gegebenenfalls deutsch?
Erst, als bekannt wurde, wer von ihnen (auch) einen deutschen Pass besaß, oder schon vorher?"

Wenn er/sie auch dann (ohne rot zu werden) antworten würde:

"Natürlich ebenfalls schon vorher.",

dann würde ich wissen wollen:

"Ok, die >>deutschen Opfer<< waren also vorgestern alle schon tot und alle schon deutsch. Wie kann sich dann ihre Zahl von gestern auf heute von 26 auf 28 erhöht haben?"


Disclaimer:
Ich hatt beim Lesen durchaus sofort verstanden, wie die Meldung GEMEINT war: dass von zwei Passagieren erst gestern bekannt wurde, dass sie (auch) einen deutschen Pass besitzen.
Das dämpfte meinen Widerwillen gegen die meiner Meinung nach falsche Formulierung aber nur unerheblich.
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RE: Ein paar Gedanken zur Sprache
#69
05.06.2009, 16:58
@rhetor
was ist denn falsch an der formulierung wenn sie funktioniert, d.h. verstanden wird?
Bin nicht mehr hier, aber noch erreichbar.
Bitte keine coronaleugner
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RE: Ein paar Gedanken zur Sprache
#70
05.06.2009, 17:24
(05.06.2009, 16:58)spell bound schrieb: @rhetor
was ist denn falsch an der formulierung wenn sie funktioniert, d.h. verstanden wird?

Ich bin 'mal so forsch und antworte für Rhetor.

An der Formulierung ist falsch,
dass sie nicht wahrheitsgemäß bzw. irreführend ist.

Aber du wirst mir sicher gleich erklären, wo ich falsch abgebogen bin. bigwink
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RE: Ein paar Gedanken zur Sprache
#71
05.06.2009, 18:25
(05.06.2009, 16:58)spell bound schrieb: @rhetor
was ist denn falsch an der formulierung wenn sie funktioniert, d.h. verstanden wird?

Die Frage ist:
Von WEM muss sie verstanden werden, dass sich behaupten lässt, sie funktioniert?

Reicht es, wenn sie von mir und anderen verstanden wird, die wir die Meldungen in den letzten Tagen mitverfolgt haben?
Oder sollte sie auch von jemandem verstanden werden, auf den das nicht zutrifft?

Angenommen, man hielte die Schlagzeile jemandem unter die Nase, der gerade von einem nachrichtenlosen Wildnis-Urlaub zurückgekehrt ist, so käme dieser dadurch sehr wahrscheinlich zu dem falschen Schluss, dass zwei verunglückte Deutsche nun erst ihren Verletzungen erlegen sind - d.h. die Formulierung hätte in diesem Fall versagt.

Edit:

Die Kombination von "Zahl" als Subjekt mit der reflexiven Verwendung des Verbs "erhöhen" ("sich erhöht") ist es, die (mir zumindest) suggeriert, dass "Zahl" eine Abbildung einer Realität darstellt.
Hätte es geheißen:
"Die Zahl der deutschen Opfer wurde von 26 auf 28 nach oben korrigiert",
wäre dagegen klar gewesen, dass mit "Zahl" lediglich das jeweilige Ergebnis einer Datenerfassung gemeint ist, das korrekt oder unkorrekt sein kann.

Ich habe den Verdacht, dass sich manche Journalisten zu selten solcherlei Gedanken machen, sondern oft einfach Satzschablonen wiederverwenden, auch in Fällen, wo sie nicht richtig passen.
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