"Zahl der deutschen Opfer erhöht sich auf 28"
05.06.2009, 10:39
Heute ist in vielen Tageszeitungen eine dpa-Meldung zu lesen, die mit meinem persönlichen Sprachempfinden kollidiert:
Zahl der deutschen Opfer erhöht sich auf 28
Ich halte es zunächst mal für sinnvoll, davon auszugehen, dass in der Realitätskonstruktion der dpa-Redakteure
alle 228 Passagiere des betreffenden Fluges
tot sind.
D.h. niemand spekuliert ernsthaft, ob die Maschine nicht doch irgendwo (not)gelandet sein könnte.
Ferner ist keine Rede davon, dass einige Passagiere den Absturz zunächst überlebt und später erst ihren Verletzungen erlegen sein könnten.
(Das wäre nämlich der ÜBLICHE, UNSTRITTIGE Gebrauch der Formulierung:
"Die Zahl der Opfer hat sich erhöht")
Auch wird wohl kein Journalist so zynisch sein, diese unglücklichen Menschen mit Schrödingerschen Katzen zu vergleichen, die gleichzeitig lebendig UND tot sind, solange bis man sich Gewissheit über ihren Zustand verschafft.
Und wenn man so einen dpa-Mitarbeiter fragen würde:
"Ab wann waren sie denn tot?
Erst, als die Experten jegliche Hoffnung auf Überlebende verneinten, oder schon vorher?",
dann würde er wohl ohne zu zögern antworten:
"Natürlich schon vorher."
Und wenn dann so ein gemeiner Mensch wie ich (angestiftet von Sokrates) weiterfragen würde:
"Aha, und ab wann waren sie denn gegebenenfalls deutsch?
Erst, als
bekannt wurde, wer von ihnen (auch) einen deutschen Pass besaß, oder schon vorher?"
Wenn er/sie auch dann (ohne rot zu werden) antworten würde:
"Natürlich ebenfalls schon vorher.",
dann würde ich wissen wollen:
"Ok, die >>deutschen Opfer<< waren also vorgestern alle schon tot und alle schon deutsch. Wie kann sich dann ihre Zahl von gestern auf heute von 26 auf 28 erhöht haben?"
Disclaimer:
Ich hatt beim Lesen durchaus sofort verstanden, wie die Meldung GEMEINT war: dass von zwei Passagieren erst gestern bekannt wurde, dass sie (auch) einen deutschen Pass besitzen.
Das dämpfte meinen Widerwillen gegen die meiner Meinung nach falsche Formulierung aber nur unerheblich.