Re: Ein Briefwechsel zwischen Spell und Don
30.05.2008, 22:39
moin rinatus
ich bin selbst noch etwas unsicher ueber die idee, wie es wohl sich entwickeln wird, was andere davon halten usw. auch wenn ich nun versuche, die mitleserschaft fuer meine antworten nicht zu beruecksichtigen, wird es vielleicht doch einfließen..
du hast mit dem thema ja schon ein relativ konkrees gebiet angesprochen, ohne dass ich weiss wie du nun gerade auf das "hoeren" kommst. bevor ich inhaltlich naeher drauf eingeh, frag ich mal, welche bedeutung du dem hoeren beimisst, oder wieso du es so spannend findest? hat das hoeren fuer dich noch irgend eine metaphorische bedeutung?
ich finde ja andere sinnesbereiche mindestens genauso spannend, auch wenn manche vielleicht weniger oder mehr beachtung bekommen. insgesamt aber musste ich seit einiger zeit oefter mal bei meinen philosophischen eroerterungen stoppen, und mich fragen, was sie eigentlich sollen. was nicht heisst, dass sie gaenzlich unwichtig waeren.
nun, aber jetzt mal zu deinen fragen; die uebrigens ja schon sehr weit greifen. fast jede frage fuehrt ja schon in verschiedene kompliziertere philosophische "probleme".
lustig: du hast mich gefragt, ob ich deine stimme hoere beim lesen. dann hab ich gemerkt, dass ich im hintergrund meine stimme gehoert habe (aber bisher nicht gemerkt hatte). und daraufhin hat sich die stimme kurz in deine umgeaendert.
was das hoeren ist - ich glaube das beantworte ich erst einmal nicht allzu ausfuehrlich. zuerst gehe ich vom alltaeglichen verstaendnis davon aus: also eine bestimmte wahrnehmung mit dem ohr. allerdings kann ich dann kaum sagen, was das hoeren in der vorstellung ist (also ohne das ohr), ohne auf das hoeren mit ohr zu verweisen.
wie kann man feststellen, dass einer gerade etwas gehoert hat - vor allem, wenn man auch das hoeren in der vorstellung zum hoeren zaehlen will? ich glaube nicht, dass es unmoeglich ist, das festzustellen. man wird es wohl herausfinden koennen, wenn man beobachtet, wie jemand sich daraufhin verhaelt. z.b. wenn jemand eine tonfolge gehoert hat, wird er sie vielleicht auch nachahmen oder zumindest umschreiben koennen. oder wenn jemand z.b. gerade boese stimmen im kopf hat, wird er moeglicherweise seine ohren zuheben und sich verkrampfen, obwohl es von aussen gehoert voellig ruhig ist. oder wenn einer musikalisch begabt ist, kann er vielleicht eine tonfolge von einer phantasierten melodie mitschreiben in notenschrift. in vielen faellen wird es wohl nicht so einfach sein, aber prinzipiell ist es denke ich moeglich. vor allem wenn es ums hoeren mit dem ohr geht.
man kann also schon ueber das hoeren reden, glaube ich. denn wir wissen ja, was "hoeren" bedeutet und dass wir uns etwa das gleiche darunter vorstellen. oder zumindest koennen wir das noch herausfinden. denn was du unter hoeren verstehst, weiss ich nicht genau. aber ich nehme mal an, du hast da ein aehnliches alltagsverstaendnis wie ich. sonst koennten wir uns auch im alltag nicht sinnvoll ueber das hoeren verstaendigen. ich glaube auch, wir haben alle die begriffe gleich aehnlich gelernt, weswegen wir natuerlich auch das gleiche darunter verstehen. also wir haben nicht jeder einzeln einen begriff zum hoeren erfunden, der zufaellig gerade mit dem der anderen uebereinstimmt. so entstehen ja keine sprachen.
aber was meinst du mit lokalisierbar? das hoeren ist glaube ich, kein gegenstand. es ist aber auch nicht unbedingt ein "immaterieller gegenstand", sondern eher ein komplexes verhaltens- und wahrnehmungs-"muster" (das in vielen verschiedenen faellen aber auch unterschiedlich ausgepraegt ist). man kann z.b. die ursache des hoerens verorten im ohr - weil, z.b., wenn man es zu haelt, man nichts mehr hoert. oder man registriert andere kausale zusammenhaenge, z.b. in bestimmten gehirnbereichen. - aber diese zusammenhaenge sind ja vielmehr moegliche ursachen oder wirkungen des hoerens, und nicht das hoeren selbst.
aehnlich mit der frage, ob es eine sinnestaeuschung ist: eine sinnestaeuschung ist ja immer nur ein spezialfall von wahrnehmung. man kann sinnestaeuschungen ja prinzipiell - und normalerweise - nachweisen, indem man wiederum die sinne benutzt: z.b. wenn ein ton irgendwie fremd klingt, kann man den selben ton mehrmals abspielen lassen und dann merkt man vielleicht, dass man sich zuerst getaeuscht hatte, weil man z.b. gerade hinter einem tonverzerrenden medium saß.
also was der normalfall ist, das kann glaube ich auch garnicht eine taeuschung sein, weil wir ueber den normalfall bestimmen, was ueberhaupt taeuschungen sind. anders gesagt: eine taeuschung kann nicht normal sein, dann ist es naemlich keine taeuschung mehr in dem sinne.
was aber sonst haettest du meinen koennen mit der frage, ob das hoeren eine illusion sei?
man koennte natuerlich sagen, dass alle wahrnehmungen im geist sind, und nicht in der materiellen welt. und dass sie deswegen alle irgendwie illusion sind. aber das halte ich fuer unsinnig, denn der geist ist wie ich glaube ein teil der materiellen welt: als ein bestimmtes, "geistreiches", verhalten. und anders gesagt ist auch die materie teil der geistigen welt: als eine bestimmte wahrnehmung / vorstellung.
soweit erstmal.. ich bin immernoch nicht sicher, inwiefern dieses thema viel raum fuer weitere gespraeche bereitet. oder inwiefern es eine relevanz hat.
freu mich auf deine antworten.
ps: schoenes bild mit dem verdauenden kuehlschrank ^^
spell
Bin nicht mehr hier, aber noch erreichbar.
Bitte keine coronaleugner