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Du sagst damit, dass die Probleme der Menschen durch ihre Individualität zustande kommen. Das mag ja sogar richtig sein, aber ich denke wirklich nicht, dass sie sich einfach dadurch lösen lassen (bzw. sie würden gar nicht erst entstehen), wenn jeder jetzt auf einmal seine Individualität aufgibt. Das halte ich für einen falschen Weg.
Diese ganze Diskussion ob es freien Wilen gibt, oder nicht, gabs ja
hier und auch
hier schon mal. Da sich bislang keine der beiden Möglichkeiten eindeutig beweisen läßt (wie bei allen vergleichbaren Diskussionen auch), lege ich mich hier auch auf keinen Standpunkt fest. Ich behalte beide Möglichkeiten im Hinterkopf. Ich sehe es aber auch hier nicht so, dass sich alle Probleme auflösen würden. Es würden sogar neue Probleme geschaffen werden - zB diese ganze Diskussion um die Folgen für das Strafrecht ist ja bekannt.
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-> hi owa,
entschuldige die verspätete antwort, aber ich war dieses wochenende nicht online ...
anzunehmen, dass neue probleme entstünden, ist ein irrglaube und ein häufiges missverständnis. wenn bekannt würde, dass es keinen freinen willen gibt (neurologen und hirnforscher haben das übrigens längst gezeigt), bedeutet das natürlich auch, dass es diesen bis jetzt nicht gab und demnach alles, was es an ereignissen in der phänomenalität gibt, teil der göttlichen komödie ist und sein soll. es würde sich überhaupt gar nichts ändern, wie auch, wenn es keine möglichkeit der freien entscheidung gibt?
es würde die gleichen handlungen geben und die gleichen taten würden geschehen.
das heißt, der mörder würde seinen mord trotzdem begehen (er kann ja nicht anders), richter würden ihn einsperren lassen (auch sie können nicht anders) und vertreter der medien würden weiterhin alles tun, um eine bestie zu kreieren (was auch genau das ist, wofür sie da sind).
als weiteres phänomen würde es aber menschen geben, und die gibt es auch schon jetzt, bei denen die erkenntnis, dass wir fremdgesteuerte wesen sind dazu führt, ALLES zu akzeptieren wie es ist. ohne ausnahme.
wer man ist, ist vollkommen egal. man spielt die einem zugeschriebene rolle, seis als mörder, opfer, richter, bäcker oder yoga-lehrer ... so wie jede der millionen von zellen ihren beitrag zum projekt 'menschlicher körper' leistet, leisten wir unseren beitrag zur gesellschaft in der wir leben. und zwar als genau das, was wir sind. übrigens gibt es auf biologischer ebene sehr viele ähnlichkeiten: manche zellen sind für den aufbau neuen gewebes zuständig, manche sind die müllabfuhr des körpers, manche sind 'bösartig' und werden von den 'guten' bekämpft und wer nicht funkioniert wird ausgetauscht. wir, diese einheit überblickend, würden nicht auf die idee kommen dieses ausgewogene system als fehlerhaft oder gar 'schlecht' oder 'ungerecht' zu beurteilen. was aber wenn die zelle meines rechten zehennagels plötzlich eine 'ach so tolle' gehirnzelle werden möchte? oder die zelle eines bösartigen tumors glaubt sie wäre irgendwie 'krank' und sich die guten und tollen zellen etwas darauf einbilden, dass sie sind, was sie nunmal sind? neid, eifersucht, verachtung, arroganz, stolz, ... wären die folge.
genau so, wie die sonne ihren beitrag leistet, die blätter am baum, die autos auf der straße, sind auch wir alle hier, um genau das zu sein was wir sind und das zu tun was wir tun. egal was es ist, es ist in ordnung. niemand ist kaputt und muss repariert werden.
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Wenn ich deine Beschreibung der beiden Szenarien noch mal durchlese, dann kommt es mir allerdings eher so vor, als würde man dabei von Szenario 2 in Szenario 1 wechseln. Die Handlungsfreiheit ist ist in Szenario 1 jedenfalls höher. Für mich ist das eher der Klartraum.
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-> also ich glaube nicht, dass du dir im trübtraum über die unwirklichkeit deiner selbst und der umgebung im klaren bist und du dann im klartraum beginnst, allen traumfiguren einschließlich dir selbst die fähigkeit frei zu denken und frei zu handeln zuzuschreiben, dieses handeln beurteilst und für dein eigenes handeln verantwortung übernimmst ...
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Kannst du wirklich von dir behaupten, dass du nicht auch in so einem Mischmasch-Szenario lebst? Sei bitte ehrlich.
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-> bei mir ist es so, dass ich ein leben lang in einem mischmasch-szenario gelebt habe . jetzt tue ich das auch noch, aber mit starker tendenz zu szenario zwei. intellektuell gibt es keinen zweifel mehr, auf handlungs- und emotionsebene wird man hin und her geworfen. mal so mal so.